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Adschara ist eine Autonome Republik Georgiens (georgisch აჭარის ავტონომიური რეპუბლიკა საქართველო, Ac'aris Avt'onomiuri Resp'ublikh'a Sakartvelo), begrenzt von der Türkei im Süden und dem Schwarzen Meer im Westen. Die Adscharier (Eigenbezeichnung Apsua) sind ethnische Georgier, die sich zum Islam bekennen.
- Hauptstadt: Batumi
- Fläche: 2.900 Quadratkilometer
- Bevölkerung: 376.000 (Volkszählung 2002), mehrheitlich Georgier sowie russische, ukrainische, armenische und griechische Minderheiten.
- Verwaltung: Fünf Regierungsbezirke: Keda, Kobuleti, Schuachewi, Chelwatschauri und Batumi.
- Wirtschaft: Wichtigste Industriezweige sind die Ölverarbeitung, Maschinenbau, Lebensmittelproduktion, Leichtindustrie und Bauholz. Die Landwirtschaft stellt Tee, Zitrusfrüchte, Weintrauben und Mais her. Die wichtigsten Häfen sind Batumi und Kobuleti. Bodenschätze sind Gold, Silber, Kupfer und andere Metalle.
Geschichte
Adschara war seit altersher ein Teil Georgiens. Die seldschukischen Türken besetzten das Gebiet im 11. Jahrhundert, die Mongolen im 13. Jahrhundert. Georgien verlor das Territorium im 17. Jahrhundert an das Osmanische Reich. In dieser Zeit konvertierten viele seiner Einwohner zum Islam. Als Ergebnis des Berliner Kongresses wurde Adschara am 13. Juli 1878 Russland zugeschlagen. Im Friedensvertrag von Brest-Litowsk trat die Sowjetunion das Land an die Türkei ab. Nach der Niederlage der Mittelmächte wurde es von Großbritannien besetzt.
Nach dem türkisch-sowjetischen Vertrag von Kars 1921 wurde Adschara der Sowjetunion eingegliedert. Es wurde als Adscharische Autnome Sozialistische Sowjetrepublik Teil der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Die Ursachen der Gründung einer Autonomen Republik sind nicht ethnischer Natur, da Georgier und Adscharier der gleichen Volksgruppe entstammen. Es wird vielmehr angenommen, dass die Moskauer Zentralregierung verhindern wollte, dass Georgien eine vollständige Kontrolle über die wichtigen Schwarzmeerhäfen gewinnt. Zudem wurde versucht, die kommunistischen Tendenzen unter den in der Türkei lebenden ethnischen georgischen Muslimen zu verstärken.
Anders als in Georgien äußerte sich die Unabhängigkeitsbewegung Adscharas nicht bürgerlich-demokratisch, sondern in einer anti-georgischen Allianz von Separatisten und Kommunisten. Am 22. April 1990 demonstrierten Separatisten mit roten Fahnen auf dem Leninplatz in Batumi für eine staatliche Unabhängigkeit Adscharas. Bei den georgischen Parlamentswahlen im Oktober 1990 erhielten die Kommunisten in Adschara 56% der Stimmen.
Um eine kommunistische Abspaltung Adscharas zu verhindern, übernahm Georgiens früherer Vizeminister für Versorgungsbetriebe, Aslan Abaschidse, im April 1991 kommissarisch das Amt des adscharischen Parlamentspräsidenten. Er entließ das alte Parlament und verhinderte den Zusammentritt eines neuen. Abaschidse errichtete ein autokratisches lokales Regime, das von Georgien weitgehend unabhängig ist. Adschara wird von Abaschidses Familie wie ein feudales Fürstentum regiert.
1998 wurde er mit 93 % der abgegebenen Stimmen zum Präsidenten Adscharas gewählt. Dabei half ihm die stille Unterstützung Russlands, das Truppen in Adschara und anderen sezessionistischen Gebieten Georgiens stationiert hat.
Unter der Herrschaft Abaschidses hat Adschara eigene Streitkräfte aufgestellt und zahlt keine Steuern an Georgien. Autos, die von Georgien nach Adschara einfahren, werden Grenzkontrollen durch die lokale Polizei unterworfen und müssen Gebühren zahlen. Kritik am Staatschef wird nicht geduldet. Politische Gegner Abaschidses wurden getötet, aus Adschara verwiesen oder wegen angeblicher Straftaten vor Gericht gestellt. Verschiedene georgische Fernsehsender dürfen ihre Prgramme in Adschara nicht ausstrahlen.
Georgiens früherer Staatspräsident Eduard Schewardnadse hat Adschara während seiner Amtszeit von 1992 bis 2003 mehrfach besucht, um eine Aussöhnung mit Abaschidse zu erreichen. 1995 trat die Partei Abaschidses, die Union für die demokratische Wiedergeburt (georgisch Demokratiuli Agordsinebis Kavshiri) Georgiens zusammen mit Schewardnadses Georgischer Bürgerunion zu den Parlamentswahlen an.
Konflikt mit Saakaschwili
Abaschidses Union für Demokratische Wiedergeburt hatte im 1999 gewählten georgischen Parlament 30 Sitze. Im Oktober 2003 widersetzte sie sich der samtenen Revolution in Georgien und steht heute in Opposition zum georgischen Staatspräsidenten Michail Saakaschwili und seiner Regierung. Sie ist besorgt, daß Saakschwilis Politik die Rechte der adscharischen Regierung beschneiden und Abaschidse schließlich beseitigen könnte.
Die neue georgische Regierung hat versprochen, die Interessen der Autonomen Republik zu wahren, doch sie besteht darauf, das georgische Recht und die Rechte der Zentralregierung auch in Adschara durchzusetzen. Abaschidse signalisierte Tiflis im Januar 2004 zunächst Kompromißbereitschaft und führte erstmals seit Jahren Steuern ab. Eine Abspaltung Adscharas vom georgischen Staat schloß er wie in den vergangenen Jahren aus.
Beflügelt vom Erfolg der georgischen samtenen Revolution hat sich in Adschara eine breite Opposition gegen die Regierung Abaschidse gebildet. Am 27. Dezember 2003 gründete sich das Oppositionsbündnis Unser Adschara (georgisch Chveni Adjara). Ihm gehören Vertreter intellektueller Gruppen und Mitglieder georgischer Parteien an. Am 27. Januar 2004 entstand die Oppositionspartei Demokratisches Adschara. Ihr Vorsitzender ist Eduard Surmanidse, zugleich Mitglied der georgischen Partei Nationale Bewegung - Demokraten. Am 3. Februar 2004 hat auch das georgische Studentenbündnis Genug (georgisch Kmara), das eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung der samtenen Revolution spielte, seine Tätigkeit in Adschara aufgenommen.
Die Regierung Abaschidse versucht, die Opposition mit Gewalt einzudämmen. Oppositionspolitiker und Journalisten wurden verpügelt, Oppositionsbüros verwüstet. Dabei tritt eine von Abaschidse aufgestellte paramilitärische Miliz in Erscheinung, die von der Bevölkerung wegen ihrer schwarzen Bekleidung Men in Black genannt wird.
Im März 2004 spitzte sich der Konflikt zwischen Adschara und der georgischen Regierung erneut zu. Präsident Saakaschwili verlangte die unmittelbare Kontrolle über den Hafen von Batumi sowie die Zollbehörden. Am 14. März verweigerte Adschara dem Präsidenten die Einreise. Georgien verhängte im Gegenzug eine Teilblockade über Adschara. Bis auf Russland beispielsweise stellten sich viele Staaten hinter Saakaschwili. Am 18. März 2004 räumte Regierungschef Abaschidse der Zentralregierung die Kontrolle über den Hafen, den Zoll, die Grenzen, die Kommunikation und die Staatsfinanzen Adscharas ein. Er verpflichtete sich, die paramilitärischen Milizen in Adschara zu entwaffen, freie und demokratische Wahlen sowie die Meinungsfreiheit zu garantieren.
Trotz des Einlenkens Abaschidses kam es immer wieder zu Spannungen zwischen Batumi und Tiflis. Entgegen ihren Zusicherungen verstärkte die adscharische Führung ihre paramilitärischen Verbände. Während der georgischen Parlamentswahlen am 28. März 2004 wurden nach den vermutlich diffamierenden Angaben der georgischen Zentralregierung in Adschara Wahllokale überfallen, Stimmen gestohlen und Wahlhelfer mit Gewalt bedroht. Gegen Protestkundgebungen der Opposition ging Adscharas Regierung immer härter vor. Am 24. April 2004 verhängte sie zum dritten Mal innerhalb von fünf Monaten den Ausnahmezustand über das Land. Das georgische Parlament forderte am 4. Mai einstimmig den Rücktritt Abaschidses. Präsident Saakaschwili hob eigenmächtig den Ausnahmezustand auf und appellierte an die bewaffneten Verbände, Befehlen der autonomen Regierung keine Folge zu leisten. Angesichts der militärischen Drohungen der georgischen Zentralregierung wandte sich der adscharische Präsident mit der Bitte um Vermittlung an die USA und Rußland. Saakaschwilis Konfronationskurs gegen die autonome Republik wird gemäßigt vom Ministerpräsidenten und dem Parlamentsvorsitzenden, jedoch bezweifeln viele Beobachter einen Erfolg ihrer Bemühungen und befürchten einen Bürgerkrieg in Georgien.