Aggregatzustand
Als Aggregatzustände bezeichnet man verschiedene, temperatur- und druckabhängige physikalische Zustände von Stoffen.
Die Abhängigkeit des Aggregatszustandes von diesen Größen wird üblicherweise in einem so genannten Phasendiagramm dargestellt.
klassische Aggregatzustände
Es gibt drei klassische Aggregatzustände:
- fest - in diesem Zustand behält ein Stoff im Allgemeinen sowohl Form als auch Volumen bei (Festkörper).
- flüssig - hier wird das Volumen beibehalten, aber die Form ist unbeständig und passt sich dem umgebenden Raum an (Flüssigkeit).
- gasförmig - hier entfällt auch die Volumenbeständigkeit, ein Gas füllt den zur Verfügung stehenden Raum vollständig aus (Gas).
Nach neueren Überlegungen unterscheidet man:
- kristallin - ein spröder Stoff, der seine Form nicht verändert
- amorph - ein Stoff, der je nach Viskosität fest erscheint, oder sogar flüssig ist
- gasförmig - analog zur klassischen Bezeichnung
Ein typisches Phasendiagramm sieht folgendermaßen aus:
- Bei einem bestimmten Druck und einer bestimmten Temperatur (dem so genannten Tripelpunkt) können alle drei Aggregatszustände gleichzeitig vorliegen.
- Für Drücke unterhalb des Tripelpunkt-Druckes kann die Substanz nur fest (niedrige Temperatur) oder gasförmig (hohe Temperatur) sein. Die Trennlinie zwischen beiden Bereichen nennt man Sublimationskurve. Auf ihr können feste und gasförmige Phase gleichzeitig existieren. Die Sublimationskurve endet am Tripelpunkt.
- Für Drücke oberhalb des Tripelpunkt-Druckes ist die Substanz für Temperaturen unterhalb des temperaturabhängigen Schmelzpunktes fest, zwischen Schmelz- und ebenfalls temperaturabhängigem Siedepunkt flüssig, und oberhalb des Siedepunktes gasförmig. Die Trennlinie zwischen fester und flüssiger Phase, also die Kurve der Schmelzpunkte, nennt man Schmelzkurve, die Trennlinie zwischen Flüssigkeit und Gas nennt man Siedepunktskurve. Beide Kurven enden ebenfalls am Tripelpunkt.
- Die Siedepunktskurve verläuft vom Tripelpunkt bis zum so genannten kritischen Punkt. Für Temperaturen oder Drücke jenseits des kritischen Punktes verschwindet der Unterschied zwischen Flüssigkeit und Gas.
Einen Stoff im festen Aggregatzustand nennt man Festkörper, einen Stoff im flüssigen Aggregatzustand nennt man Flüssigkeit und einen Stoff im gasförmigen Aggregatzustand nennt man Gas.
Änderung des Aggregatzustands
Die Übergänge zwischen den verschiedenen Aggregatzuständen haben spezielle Namen:
- fest → flüssig Schmelzen
- fest → gasförmig Sublimieren
- flüssig → fest Erstarren, bei Wasser auch Gefrieren
- flüssig → gasförmig Verdampfen, Sieden, bei Wasser auch Kochen
- gasförmig → fest Resublimieren
- gasförmig → flüssig Kondensieren
Das Schmelzen und Erstarren findet bei einer spezifischen, druckabhängigen Temperatur statt, der Schmelz- bzw. Erstarrungstemperatur. Sublimation und Verdampfen kommt hingegen auch unterhalb der Sublimations- bzw. Siedetemperatur vor. Man spricht hier von der so genannten Verdunstung.
nicht-klassische Aggregatzustände
Neben den drei klassischen Aggregatzuständen gibt es weitere, die nur unter extremen Bedinungen auftreten:
- Der Plasmazustand: Er tritt in Sonnen oder in Fusionsreaktoren auf. Bei sehr hohen Temperaturen werden die Atome in Atom-Kern und -Hülle zerlegt, freie Elektronen entstehen.
- Das Bose-Einstein-Kondensat: Hierbei handelt es sich um eine Menge extrem kalter Atome, die den gleichen quantenmechanischen Zustand einnehmen und dadurch ununterscheidbar werden, quasi ein Atomhaufen, der sich wie ein riesiges Atom verhält.
Teilchenmodell
Die Eigenschaften der klassischen Aggregatzustände läßt sich mit einem Teilchenmodell erklären. Dabei nimmt man an, dass ein Stoff aus so genannten kleinsten Teilchen besteht.
In der Wirklichkeit sind diese kleinsten Teilchen Atome oder Moleküle.
fest/kristallin
Die kleinsten Teilchen schwingen bei Temperaturen über 0 K in einer festen Position. Je höher die Temperatur, desto heftiger schwingen sie, und der Abstand zwischen den Teilchen nimmt zu.
Das Mittel der so genannten Brownschen Molekularbewegung, d.h. die mittlere Geschwindigkeit aller Teilchen stellt die Temperatur dar.
Zwischen den kleinsten Teilchen wirkt eine Kraft, die sie zusammen hält, die Van-Der-Waalschen Kräfte, oder einfach Kohäsionskraft.
flüssig/amorph
Die kleinsten Teilchen haben sich so weit voneinander entfernt, dass sie sich frei bewegen können. Die Van-Der-Waalschen Kräfte sind nicht mehr stark genug, die Teilchen an ihrem Platz zu halten, aber sie hängen weiter aneinander.
gasförmig
Beim gasförmigen Zustand unterliegt die Kohäsionskraft der Energie der kleinsten Teilchen: sie halten nicht mehr zusammen; stossen immer wieder zusammen, und halten sich auf Distanz.
In einem Vakuum würden sich die kleinsten Teilchen nun gleichmäßig im gesamten zur Verfügung stehenden Raum verteilen.
In einem geschlossenen Raum führt das Aneinanderstossen der kleinsten Teilchen zum Druck des Gases.
In der Physikalischen Chemie unterscheidet man zwischen einem so genannten Dampf, und einem so genannten Gas.
Beide sind physikalisch gesehen nichts anderes, als der gasförmige Aggregatzustand; die Begriffe haben auch nicht direkt mit Realem Gas und Idealem Gas zu tun. Und das, was umgangsprachlich als "Dampf" bezeichnet wird, ist physikalisch gesehen ein Aerosol aus flüssigen und gasförmigen Bestandteilen.
Dampf
Ein physikalisch-chemischer Dampf kann durch Kompression verflüssigt werden. Verkleinert man den Raum um dieses Gas, steigt der Druck. Die kleinsten Teilchen kommen dadurch immer enger aneinander.
Irgendwann bringt die äußere Kraft die kleinsten Teilchen so nahe aneinander, dass die Van-Der-Waalschen Kräfte wieder wirken, und der Stoff wird flüssig.
Gas
Ab einer bestimmten Temperatur ist die Energie der kleinsten Teilchen viel zu groß, um sie durch Erhöhen des Drucks wieder flüssig zu bekommen.
Z.B. in Sonnen sind sich die kleinsten Teilchen zwar so nahe und näher, wie in einer Flüssigkeit, aber es wirkt keinerlei Anziehungskraft, durch die die kleinsten Teilchen wechselwirken.
Man hat es also im Prinzip immer noch mit einem Gas zu tun.
Plasma
Bei äußerst hohen Temperaturen über 5000 K zerfallen nicht nur Moleküle, sondern sogar die Atome lösen sich auf - Es entstehen Kationen und freie Elektronen.
Diesen Zustand bezeichnet man als Plasma.
Bei immer höheren Temperaturen können sogar die Atomkerne gänzlich freigelegt werden, was für die Kernfusion interessant ist.
Grundsätzlich verhält sich ein Plasma aber wie ein Gas, nur mit Elektronen und Kationen oder Atomkernen als kleinste Teilchen.
Für den Übergang zwischen Gas und Plasma gibt es keinen Namen. Hierbei werden letztlich nur Elektronen abgestoßen oder eingefangen und es gibt keine Unterscheidung, ob ein Gas nur ionisiert ist, oder die Atomkerne bereits frei liegen.
Schmelzen
Durch Erhöhen der Temperatur bewegen sich die kleinsten Teilchen immer heftiger, und ihr Abstand voneinander wird immer größer.
Die Van-Der-Waalschen Kräfte halten sie aber in ihrer Position.
Erst ab der so genannten Schmelztemperatur wird der Abstand so groß, dass die kleinsten Teilchen aneinander vorbei kommen, und dadurch verliert der Feststoff seine Form.
Erstarren
Mit sinkender Temperatur nimmt die Bewegung der kleinsten Teilchen ab und ihr Abstand zueinander wird immer geringer.
Bei der so genannten Erstarrungstemperatur wird der Abstand so klein, dass sich die kleinsten Teilchen gegenseitig blockieren - sie nehmen eine feste Position in einem dreidimensionalen Gitter ein.
Verdampfen & Sublimation
Die Geschwindigkeit der kleinsten Teilchen ist nicht gleich. Ein Teil ist schneller, ein Teil ist langsamer als der Durchschnitt. Dabei ändern die Teilchen durch Kollisionen ständig ihre aktuelle Geschwindigkeit.
An der Grenze eines Festkörpers oder einer Flüssigkeit, dem Übergang einer Phase in eine gasförmige, kann es mitunter vorkommen, dass ein Teilchen von seinen Nachbarn zufällig einen so starken Impuls bekommt, dass er aus dem Einflußbereich der Kohäsionskraft entweicht.
Dieses Teilchen tritt dann in den gasförmigen Zustand über, und nimmt etwas Wärmenergie in Form des Impulses mit, d.h. die feste oder flüssige Phase kühlt ein wenig ab.
Ist die Sublimations- oder Siedetemperatur erreicht, geschieht dieser Vorgang kontinuierlich, bis alle kleinsten Teilchen in die gasförmige Phase übergetreten sind.
In diesem Fall bleibt die Temperatur in der verdampfenden Phase in der Regel unverändert, weil alle Teilchen mit einer höheren Temperatur aus dem System verschwinden.
Wenn Teilchen von einem Aggregatzustand in einen anderen übergehen, nehmen sie mehr Energie auf, als beim normalen Erhöhen der Temperatur. Siehe Verdampfen. Daher wird zwischen Verdunstung und Sieden unterschieden.
Wenn die Kohäsionskräfte sehr stark sind, bzw. es sich eigentlich um eine viel stärkere Metall- oder Ionenbindung handelt, dann kommt es nicht zur Verdampfung.
Kondensation & Resublimation
Der umgekehrte Vorgang ist die Kondensation bzw. Resublimation. Ein kleinstes Teilchen trifft zufällig auf einen festen oder flüssigen Stoff, überträgt seinen Impuls und wird von den Kohäsionskräften festgehalten.
Dadurch erwärmt sich der Körper um die Energie, die das kleinste Teilchen mehr trug, als der Durchschnitt der kleinsten Teilchen in der festen bzw. flüssigen Phase.
Stammt das Teilchen allerdings von einem Stoff, der bei dieser Temperatur gasförmig ist, sind die Kohäsionskräfte zu schwach, es fest zu halten. Selbst wenn es zufällig so viel Energie verloren hat, dass es gebunden wird, schleudert es die nächste Kollision mit benachbarten kleinsten Teilchen wieder in die Gasphase.
Durch Absenken der Temperatur kann man den kleinsten Teilchen ihre Energie entziehen.
Dadurch ballen sie sich beim Unterschreiten der Sublimations- oder Erstarrungstemperatur durch die Van-Der-Waalschen Kräfte mit anderen Teilchen zusammen und bilden wieder einen Feststoff oder eine Flüssigkeit.