Kaiserinwitwe Cixi (慈禧, in vielen Quellen heißt sie Tze Hsi, * 1835 / † 15.11.1908) war eine Nebenfrau des Mandschu-Kaisers Xian Feng (reg. 1851-61), welche die höchste Macht ergriff.
Sie war die Tochter eines mandschurischen Mandarins aus Peking und kam im Alter von 17 als Konkubine in die Verbotene Stadt. Als Cixi/Tze Hi 1855 den männlichen Thronfolger Zai Chun gebar, wurde sie zur Nebenfrau zweiten Grades erhoben. Mit dem Tod Xian Fengs 1861 stieg sie zur zweiten Witwe neben der Kaiserinwitwe Cian (1836-1881) auf, regierte mit ihr und Prinz Kung während der Minderjährigkeit ihres Sohnes Zai Chun (Kaiser Tong Zhi, 1862-74).
Tong Zhi war immer sehr kränklich, starb mit 19 Jahren an Pocken und hinterließ keine Söhne. Die Schuld an seinem Tod bekam seine Frau, Kaiserin Alute, die daraufhin Selbstmord beging. Ihm folgte Prinz Zai Tian als Kaiser Guang Xu (1875-1908). Er war der Sohn von Cixis Schwester mit dem Prinzen Tschün, wurde von ihr als Vierjähriger adoptiert und auf den Thron gesetzt. Verheiratet wurde er mit ihrer Nichte Lungyu († 1913).
Doch auch Guang Xu regierte nicht lange selbst. Als er volljährig wurde, versuchte er unter dem Einfluß der Niederlage gegen Japan (1894) und einiger Reformer die Kaiserinwitwe ausschalten und einschneidende Reformen in Richtung Konstitutioneller Monarchie durchzuführen, was offenbar der bisherigen Passivität des kaiserlichen Hofes widersprach und in der Verbotenen Stadt als gefährliche Träumerei erachtet wurde.
Die Neuerungen, 40 Verordnungen zur Modernisierung der Bürokratie, Militär, Wirtschaft und Bildung stapelten sich 100 Tage lang in dem Amtstuben der Mandarine, die nichts zur Umsetzung des Dekrets taten, da sie um ihre Macht fürchteten. Cixi scharrte nun die Prinzen und Mandarine der höchsten Ränge um sich und handelte. Am Morgen des 22.09.1898 ließ sie ihren Neffen auf einer Insel im südlichen Palastsee internieren und verkündete, er sei schwerkrank. Fortan regierte sie in seinem Namen weiter.
Erlaubt wurde ihr Erfolg dadurch, daß sie die 3 modernen Beiyang-Armeen in der Pekinger Provinz hinter sich hatte, deren Befehlshaber ihr Freund Jung Lu war. Yuan Shikai, welcher Jung Lu beseitigen sollte, verriet den Kaiser Guangxu. Viele Reformer wurden hingerichtet, inhaftiert oder auch nur verbannt.
Die Kaiserinwitwe Cixi unterstützte 1900 den Boxeraufstand gegen die Ausländer im Land. Das tat sie a) weil sie die Ausländer hasste, und b) damit sich die Wut der "Boxer" gegen die Ausländer und nicht gegen ihre Dynastie richtete.
Am 11.01.1900 erlaubte sie die Boxerbewegung, die bereits die Hauptstadt erfasst hatte: "Wenn friedliche und gesetzestreue Menschen ihre Fertigkeiten in mechanischen Künsten üben, um sich und ihre Familien zu erhalten, steht das im Einklang mit dem Prinzip: 'Auf der Hut sein und sich gegenseitig helfen.'" (Die Boxer zerschlugen aufgrund weit verbreiteter Erwerbslosigkeit durch Importwaren fremde Maschinen und technische Einrichtungen, - vielleicht spielte Cixi mit "mechanischen Künsten" darauf an.)
Schlimmer noch: Auf eine gefälschte Depesche hin (19.06.) setzte sie einen Kopfpreis auf jeden getöteten Fremden, gleichgültig ob Mann, Frau, Kind aus. Ihre Truppen beteiligten sich an der Belagerung des Gesandtschaftsviertels. (Wobei Jung Lu ihr Vorgehen mißbilligte und sich weigerte, die Artillerie herauszugeben, was die Eingeschlossenen vor einem Massaker rettete.)
Als die europäischen Entsatztruppen am 14.08.1900 die Stadt erreichten, floh Cixi mit ihrer Garde und dem gefangenen Kaiser Guangxu (dessen "Perl"-Konkubine sie wegen "Respektlosigkeit" gleich noch in einen Brunnen springen und ertrinken ließ) aus der Stadt und begab sich auf "Inspektionsreise". Nun wechselte sie die Seite und distanzierte sich von den "Banditen", d.h. den Boxern.
Zuletzt kam es unter dem Druck der Ereignisse noch zu einigen Reformen. 1905 wurden die Beamtenprüfungen alten Stils abgeschafft, 1906 wurden neue Schulen nach westlichem Vorbild geschaffen und das Versprechen gegeben, im Laufe der nächsten neun Jahre eine verfassungsmäßige Monarchie einzuführen. Aber es war für das Überleben der Qing-Dynastie längst zu spät.
Auf ihrem Totenbett, zwei Tage vor ihrem Tod erklärte sie den Knaben Pu Yi, Sohn von Prinz Tschün II. zu ihrem Nachfolger, am Tag darauf vergiftete sie Kaiser Guang Xu und einen Tag später, am 15.11.1908 starb auch sie. Die "Cixi-freundliche" Interpretation spricht zwar von einer Tuberkulose des Kaisers, aber die zeitliche Abfolge seines Todes ist zu deutlich.
Cixi war dafür bekannt, dass sie hart, herrschsüchtig und grausam war. Zu ihrer Zeit kannte jeder in der Verbotenen Stadt die Geschichte des Eunuchen, der beim Schachspiel mit Cixi/Tze Hsi ausrief: "Der Sklave (denn das waren Eunuchen damals) schlägt das Pferd des erhabenen Stammvaters (Tze Hsi ließ sich gern als Mann anreden)." Daraufhin ließ Tze Hsi ihn hinausschleifen und zu Tode prügeln.
Ohne Zweifel verfügte sie über hohes Geschick sich an der Macht zu halten und war nicht zimperlich mit der Durchsetzung ihrer Interessen. Beim chinesischen Volk war die "Kaiserinwitwe", wie sie genannt wurde, sehr populär.
Das Bild von der grausamen, machthungeringen und von starken sexuellen Trieben geleiteten Frau wurde auch von der britischen Propaganda gefördert. Besonders der britische Peking-Korrespondent der Londoner Times, George Morrison, schilderte Tzu Tzi in seinen Berichten und Büchern als Monster und Meuchelmörderin. Heute ist bekannt, dass Morrison auf vermeintlich autenthische Berichte von "intimen Kennern des chinesischen Hofes" hineinfiel und seine Berichte mehr den Phantasien puritanisch orientierter Briten entsprach.