Ernst Robert Curtius

Gelehrter und Romanist
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Ernst Robert Curtius (* 14. April 1886 in Thann (Elsass); † 19. April 1956 in Rom) war ein Gelehrter, Romanist und Enkel des Philologen und Archäologen Ernst Curtius.

Curtius etablierte die Erforschung des lateinischen Mittelalters in der Literaturwissenschaft, gilt als einer der herausragenden Experten auf dem Gebiet der mittelalterlichen Literatur und zählt zu den bedeutendsten Vertretern der deutschsprachigen Romanistik.

Leben

Ernst Robert Curtius war der Sohn von Friedrich Curtius und der Schweizer Patrizierin Louise Curtius, geb. Gräfin von Erlach-Hindelbank. Er verbrachte seine Schul- und Studienzeit in Colmar und Straßburg, wo er 1910 promoviert wurde. Drei Jahre später habilitierte er sich in Bonn und lehrte anschließend in Marburg und Heidelberg.

1929 kehrte Curtius als Professor für Romanische und später auch für Mittellateinische Philologie an die Universität Bonn zurück, wo er bis 1951 lehrte. Von 1947 bis 1951 war der spätere Literaturkritiker Walter Boehlich sein Assistent. Curtius verehrte vor allem Goethe, pflegte aber auch regen Kontakt mit zeitgenössischen europäischen Autoren. Während der Zeit des Nationalsozialismus befasste er sich mit dem unverdächtigen Thema der lateinischen Lyrik des Mittelalters und behielt seinen Lehrstuhl. Mit seiner Veröffentlichung Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter setzte er sich 1948 als einer der führenden europäischen Literaturwissenschaftler der Nachkriegszeit durch. Nach seiner Emeritierung verlegte er seinen Wohnsitz nach Rom.

Curtius war 1930 Mitglied im Beirat der deutschen Abraham Lincoln-Stiftung (ALS), einem Ableger der Rockefeller-Stiftung. Neben dieser akademischen Verständigung waren die deutsch-französischen Beziehungen ihm ein Anliegen. Er definierte sie, ähnlich Arnold Bergstraesser, strikt elitär, sowohl was Initiatoren als auch was den Teilnehmerkreis beim Austausch und bei anderen Veranstaltungen anging. Als nach 1928 auf französischer Seite eine Ligue d’Études germaniques, vor allem unter Lehrern, entstand, tobte Curtius gegen den „subalternen Skribenten“ Christian Sénéchal, damals u. a. ein Lehrer[1], der das Elitenkonzept zu kritisieren gewagt hatte. Der produziere nach Ansicht Curtius’ lediglich „von Eitelkeit, Dummheit und Ressentiment geborene Insinuationen“.

Mit dem Ernst-Robert-Curtius-Preis für Essayistik, 1984 gestiftet von dem Bonner Buchhändler und Verleger Thomas Grundmann, wird nicht nur sein wissenschaftliches Werk geehrt. So heißt es in der Satzung der Stiftung: „Insbesondere mit seinen Essays hat er (auch) zu einem neuen Verständnis gemeinsamer europäischer Geistesgeschichte beigetragen.“

Die Ehrendoktorwürde der Sorbonne war eine von vielen Ehrungen, die ihm nach 1945 verliehen wurden. 1951 erhält er die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main.

Werke

  • 1960: Büchertagebuch (Kolumnen)
  • 1952: Französischer Geist im 20. Jahrhundert: Gide, Rolland, Claudel, Suarès, Péguy, Proust, Valéry, Larbaud, Maritain, Bremond.
  • 1952: Marcel Proust
  • 1950: Kritische Essays zur europäischen Literatur (erw. 1954)
  • 1948: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter (zuletzt neu aufgelegt 1993 in der 11. Auflage)
  • 1932: Deutscher Geist in Gefahr
  • 1931: Die französische Kultur
  • 1929: James Joyce und sein Ulysses
  • 1925: Französischer Geist im neuen Europa
  • 1923: Balzac
  • 1919: Die literarischen Wegbereiter des neuen Frankreich
Zur Mannheim-Curtius-Kontroverse
  • Curtius: Soziologie – und ihre Grenzen. In: Volker Meja und Nico Stehr (Hrsg.): Der Streit um die Wissenssoziologie. 2. Band: Rezeption und Kritik der Wissenssoziologie. Frankfurt 1982, S. 417–426. Zuerst erschienen in: Neue Schweizer Rundschau 22 (Oktober 1929), S. 727–736.
  • Karl Mannheim: Zur Problematik der Soziologie in Deutschland. In dsb.: Wissenssoziologie. Auswahl aus dem Werk, eingeleit. und hrsg. von Kurt H. Wolff, Berlin 1964, S. 614–624. Zuerst erschienen in: Neue Schweizer Rundschau 22 (November 1929), S. 820–829.

Literatur

Notizen

  1. Sénéchal war ein Historiker und Literaturwissenschaftler, der später durch etliche Veröffentlichungen bekannt wurde