Benutzer:3mnaPashkan/Herzogtum Mähren

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Das Mährerreich unter Mojmír I.
Das Mährerreich unter Rastislav
Das Mährerreich unter Svatopluk I.

Das Mährerreich (lateinisch: regnum Marahensium), in der Fachliteratur häufig auch Großmähren (slowakisch: Veľká Morava, tschechisch: Velká Morava) oder Altmähren genannt (slowakisch und tschechisch: Stará Morava) bezeichnet das frühmittelalterliche Staatsgebilde der Mährer, dessen Kerngebiet sich in der historischen Region Mähren und der heutigen Slowakei befand. Die Machtzentren bildeten die Städte Mikulčice, Staré Město und Nitra.[1] Das Mährerreich bestand in unterschiedlicher Ausdehnung zwischen dem 9. und 10. Jahrhundert und wurde in dieser Zeit von der Mojmíriden-Dynastie regiert.

Von großer kultureller Bedeutung war das Mährerreich im Zusammenhang mit dem Wirken der byzantinischen Gelehrten und Slawenapostel Kyrill und Method, welche 863 in Mähren als erstem slawischen Land die von ihnen auf Basis der glagolitischen Schrift kodifizierte altslawische Sprache als Liturgiesprache einführten. Diese breitete sich dann vom Mährerreich ausgehend ab 886 auch im Bulgarischen Reich, der Kiewer Rus, Serbien und Kroatien aus, wo daraus das spätere Kyrillisch entstand.

Das Mährerreich wird heute insbesondere von der Slowakei, aber auch von Tschechien (da Mähren 1019 zu Böhmen kam), als eine Art früher Vorläuferstaat angesehen. Die Slowakei bezieht sich in der Präambel ihrer Verfassung explizit auf das „geistige Erbe von Kyrill und Method und das historische Vermächtnis des Großmährischen Reiches“.[2]

Begriff

Der in der gegenwärtigen Geschichtsschreibung am weitesten verbreitete, in zeitgenössischen Quellen des 9. Jahrhunderts jedoch unbekannte Begriff „Großmähren“ bzw. „Großmährisches Reich“ wurde von der griechischen Bezeichnung hé megalé Morabia des byzantinischen Kaisers Konstantin VII. abgeleitet, welcher diese im 10. Jahrhundert einige Male verwendete. Kaiser Konstantin verwendete diesen Begriff jedoch weder im Bezug auf die damalige Größe des mährischen Staates noch für dessen Macht. In der Geschichtsschreibung hat sich der Begriff jedoch genau in diesem Verständnis eingebürgert. Neuere historische Arbeiten kritisieren die Übersetzung des hé megalé Morabia mit „Großmähren“ als eine Fehlinterpretation, welche oft von modernem Nationalismus gefärbt sei. Die Bezeichnung Kaiser Konstantins VII. wird als „das hinter den Grenzen des Reiches liegende Mähren“ übersetzt.[3] In neueren Arbeiten tschechischer Historiker wird die Bezeichnung „Großmähren“ nur noch selten verwendet, favorisiert werden die Begriffe „Mährerreich“ (tschechisch: Moravská ríše)[4] und „Altmähren“ (tschechisch: Stará Morava)[5]. Beide Begriffe sind auch in der deutschsprachigen Geschichtsschreibung in Gebrauch.[6] Der Begriff „Mährerreich“ wird vom verstorbenen führenden Experten der mährischen Geschichte, dem Historiker Lubomír E. Havlík, als die korrekte Bezeichnung für das mährische Staatsgebilde angesehen – als „Ergebnis einer Expansion der Mährer, der sich formierenden frühmittelalterlichen mährischen Nation“.[7]

Die zeitgenössischen lateinischen Quellen erwähnen den mährischen Staates als das „Mährerreich“ (Regnum Marahensium, Regnum Marahaorum, Regnum Marauorum, Regnum Margorum), die „Mährerreiche“ (pl. Regna Marahensium), „Mährisches Land“ (terra Maraouorum) oder einfach als „Mähren“ (Marawa, Marauia, Maraha). Daneben sind noch die Bezeichnungen „Reich des Rastislav“ (Regnum Rastizi) und „Reich des Svatopluk“ (Regnum Zwentibaldi) überliefert. In den Aufzeichnungen arabischer Händler wird das Land als „Mähren“ (M.ráwa.t) bezeichnet. Die altslawischen Quellen sprechen von dem „Mährischen Land“ (Moravьska země), den „Mährischen Ländern“ (pl. Moravьskyję strany), dem „Mährischen Gebiet“ (Moravьska oblastь), den „oberen Mähren“ (pl. vyšnęję Moravy) oder nur von „Mähren“ (Morava, Marava, Murava).[8]

In der slowakischen Geschichtsschreibung versuchen manche nationalistische Historiker (z.B. Milan Stanislav Ďurica) das Mährerreich als einen slowakischen Staat darzustellen und verwenden die Bezeichnung „Slowakisches Reich“ (slowakisch: Slovenská ríša).[9] Diese Interpretation wird jedoch vom Historischen Institut der Slowakischen Akademie der Wissenschaften entschieden abgelehnt.[10]

Geschichte

Entstehung

 
Grundstein der mährischen Burganlage in Mikulčice
 
Die mährische Burg Devín in der heutigen Slowakei

Wann genau sich der slawische Stamm der Mährer bildete ist unbekannt. Der tschechische Historiker Dušan Třeštík vermutet, dass sich die Mährer wahrscheinlich gemeinsam mit den anderen slawischen Stämmen an der Wende des 6. Jahrhunderts zum 7. Jahrhundert formierten.[11] Schriftliche Zeugnisse über die Slawen nördlich der Donau, in der historischen Region Mähren und der Slowakei, beginnen erst im Jahr 822, allerdings lässt sich deren Geschichte schon im 8. Jahrhundert anhand bedeutender archeologischer Quellen zurückverfolgen. Zu dieser Zeit kristallisierten sich entlang des Flusses March (slawisch: Morava) mehrere Zentren hervor, so die Burganlagen in Mikulčice, Staré Město und Olomouc, welche das weitreichende Gebiet Mährens beherrschten. Auf dem Gebiet der heutigen Slowakei gab es mit Ausnahme der Zentren an der March im 8. Jahrhundert noch keine weiteren Burganlagen.[12] Diese enstanden erst zur Wende des 8. zum 9. Jahrhundert, nachdem die heutige Westslowakei ausgehend von den mährischen Zentren vom Einfluss der Awaren befreit wurde. Zu den bedeutendsten Burganlagen auf slowakischem Gebiet gehörten Devín und Nitra.[13] Im Jahr 796 wurde das Gebiet der Mährer dem Bistum Passau unterstellt, um das Jahr 800 erfolgte der Bau der ersten christlichen Kirchen.[14] Irgendwann zwischen 817 und 822 erkannten die Mährer die Souveränität des bayerisch-fränkischen Königs Ludwigs des Deutschen über ihr Gebiet an, in Folge dessen ihre Boten 822 am Landtag in Frankfurt teilnahmen.[15]

Das genaue Datum der mährischen Staats- bzw. Reichsgründung ist umstritten, Dušan Třeštík geht davon aus, dass der mährische Staatswerdungsprozess ca. 790 einsetzte und um etwa 831 unter dem mährischen Knjaz Mojmír I. abgeschlossen war. Nachdem er die Mährer unter seiner Herrschaft vereint hatte, setzte Mojmír 831 eine christliche Massentaufe der mährischen Führungsschicht durch und ging ab 833, als er den profränkischen mährischen Lokalfürsten Pribina aus Nitra vertrieb, auf Konfrontationskurs zum Fränkischen Reich.[16] In der früheren Geschichtsschreibung galt traditionell das Jahr 833 als das eigentliche Gründungsdatum „Großmährens“. Im slowakischen Standartwerk zum Thema Nitrianske kniežatstvo vertritt der Historiker Ján Steinhübel die These, auf dem Gebiet der heutigen Slowakei und Teilen Nordungarns hätte in den Jahren 805 bis 833 ein unabhängiges Fürstentum Nitra bestanden, welches erst 833 von Mojmír I. an dessen Mährerreich angegliedert worden sei. Durch den Zusammenschluss dieser beiden Staatsgebilde sei dann der neue „großmährische“ Staat entstanden. Diese Behauptung wird jedoch von führenden tschechischen und britischen Historikern abgelehnt,[17] zumal Steinhübel seine These weder mit schriftlichen noch archeologischen Quellen belegt.[18]

Im August 846 zog Ludwig der Deutsche mit einem fränkischen Heer gegen das Mährerreich, setzte Mojmír ab und installierte dessen Neffen Rastislav als neuen mährischen Herrscher, von welchem sich Ludwig eine größere Vasallentreue erhoffte. Die genauen Hintergründe, die zur Absetzung Mojmírs I. führten, sind unter Historikern umstritten. Der Historiker Eric J. Goldberg vertitt die Auffassung, Mojmír sei aufgrund seiner Politik hin zu einem souveränen christlich-slawischen Königreich eine ernste Bedrohung für König Ludwig geworden und wurde deshalb abgesetzt. Dem hält Dušan Třeštík entgegen, dass Formulierung in den Primärquellen zu allgemein sei und Ludwig die Mährer wohl eher als Teil einer Gesamtoffensive gegen die angrenzenden Slawen attackierte.[19]

Blüte

 
Ikone Knjaz Rastislavs als Heiligen der orthodoxen Kirche
 
Fresko der Slawenapostel Kyrill und Method

In den frühen 850er Jahren begann Rastislav eine zunehmend vom Ostfrankenreich unabhängige Politik zu führen. Im Jahr 855 zog Ludwig der Deutsche mit einem fränkischen Heer gegen die Mährer, wurde aber bei Rastislavs Festung von diesem besiegt. In der Folge konnte Rastislav die Tributzahlungen an das Ostfrankenreich vorübergehend einstellen und verjagte den gesamten bayerischen Klerus aus seinem Land. Von geschichtlicher Bedeutung wurde Rastislavs Bemühen, mit Hilfe von Byzanz und der Ostkirche sein Land aus dem fränkischen Einflussbereich zu entziehen. Nachdem Papst Nikolaus I. Rastislavs bitte, slawischsprachige Priester zum Aufbau einer eigenen mährischen Kirchenorganisation zu entsenden nicht entsprach, wandte sich Rastislav 862 an den byzantinischen Kaiser Michael III.

Dieser Entsprach den Forderungen des mährischen Knjazen und entsendete die byzantinischen Priester und Gelehrten Kyrill und Method, welche 863 im Mährerreich ankamen.[20] Die von Kyrill mit Hilfe des glagolitischen Alphabets geschaffene altslawische Sprache wurde im Mährerreich als erstem slawischen Land als Liturgiesprache eingeführt. Im Jahr 864 griff Ludwig der Deutsche das Mährerreich an und zwang Rastislav bei der Devín zu Kapitulation. Die vertriebenen bayerischen Geistlichen konnten zwar nun nach Mähren zurückkehren, dass Wirken Kyrills und Methods sowie der slawischen Liturgie blieb aber weiterhin bestanden. Kyrill und Method gingen 867 nach Rom, um dort ihre slawische Liturgiesprache durch den Papst gegenüber dem bayerischen Klerus legitimieren zu lassen. Im selben Jahr erhob Papst Hadrian II. die slawische Liturgiesprache als mit dem Lateinischen, dem Griechischen und dem Hebräischen gleichberechtigt.[21] Zwei Jahr später starb Kyrill in Rom, sein Bruder Method wurde 870 zum mährischen Erzbischof[22] (des Mährerreiches und des Plattensee-Fürstentums[23]) ernannt, konnte aber erst 873 nach einer dreijährigen Inhaftierung in Bayern nach Mähren zurückkehren.

 
Reiterstatue von Knjaz Svatopluk I. auf der Burg Bratislava
 
Der päpstliche Brief Industriae tuae an Svatopluk aus dem Jahr 880

Im Mährerreich war es währenddessen zu einem Machtwechsel gekommen. Nachdem Ludwig der Deutsche bei einem weiteren Angriff auf Mähren 869 erneut von Rastislav geschlagen wurde, nutzte er dessen Mitregenten und Neffen Svatopluk I., um Rastislav 870 abzusetzen und das Mährerreich zu besetzen. Nachdem 871 auch Svatopluk von den Ostfranken des Verrats beschuldigt und als mährischer Herrscher abgesetzt und verschleppt wurde, brach unter Führung des mährischen Knjazen Slavomír ein erfolgreicher antifränkischer Aufstand aus, in deren Folge Svatopluk entlassen wurde und sich erneut als Knjaz des Mährerreiches durchsetzen konnte.[24]

Svatopluk vernichtete noch 871 das fränkische Besatzungsheer und schloss 874 mit Ludwig dem Deutschen ein Friedensabkommen, welches ihm unter Beibehaltung der Treue gegenüber den Franken und der Abführung von Tributzahlungen eine weitgehende Handlungsfreiheit ermöglichte. Nach dem Abkommen begann Svatopluk mit einer zügigen Ausdehnung des Mährerreiches durch Eroberungskriege und Heitratspolitik. In der Zeitspanne von 874 bis 884 konnte Svatopluk so Wislanien, Pannonien, das hintere Theißland, Schlesien, Böhmen und die Lausitz dem Mährerreich einverleiben.[25] Das so geschaffene slawische Großreich umfasste etwa 350.000 km² mit ungefähr einer Million Einwohnern.[26] Die Angriffe des neuen ostfränkischen Königs Arnulf von Kärnten und das von diesem nach Mitteleuropa gerufene nomadische Reitervolk der Magyaren in den Jahren 892 bis 893 wehrte Svatopluk erfolgreich ab.[27] In der Kirchenpolitik verfolgte Svatopluk eine am Vatikan orientierte Linie und bat diesen 880 das Mährerreich direkt unter die Schutzherrschaft des Heiligen Stuhls zu unterstellen. Im selben Jahr entsprach der Papst mit seinem Schreiben „Industriae tuae“ Svatopluks ersuchen und erkannte damit das Mährerreich als unabhängigen Staat an.[28] Nach dem Tod Erzbischof Methods 885 verbat Svatopluk auf Wunsch von Papst Stephan V. die unter Rastislav eingeführte altslawische Liturgie und ersetzte sie wieder durch die lateinische. 886 folgte dann eine Massenvertreibung der mährischen Priester, die an der slawischen Liturgie festhalten wollten.[29]

Niedergang

 
Kirche in Kopčany – das einzige erhaltene Gebäude aus der Zeit des Mährerreiches
 
Mährischer Schmuck aus dem 9. Jhdt., Armreifen mit byzantinischem Doppelkreuz
 
Landnahme der Magyaren im Karpatenbecken

Im Jahr 894 starb Knjaz Svatopluk I., sein Nachfolger auf dem mährischen Thron wurde sein ältester Sohn Mojmír II. Dieser sah sich sofort einer Reihe erster Probleme gegenüber, so der Loslösung eroberter Territorien, dem Druck des Ostfrankenreiches, der stetig steigenden magyarischen Gefahr sowie innerstaatlichen Konflikten. Laut Dušan Třeštík gelang es Mojmír II. jedoch von Beginn an diese geschickt zu bewältigen. Noch im Todesjahr seines Vaters schloss er einen Friedensvertrag mit dem ostfränkischen König Arnulf von Kärnten, um seine Machtübernahme im Mährerreich gesichert antreten zu können.[30]

Im Jahr 895 sagten sich die Böhmen vom Mährerreich los, worauf Mojmír II. einen vergeblichen Rückeroberungsfeldzug gegen sie führte. Im Jahr 896 siedelten sich mit Erlaubnis der Mährer die Magyaren im hinteren Theißland an und unternahmen mit den Mährern gemeinsame Plünderungszüge gegen die Franken. 897 erklärten sich auch die Sorben für vom Mährerreich unabhängig. Im Mährerreich selbst kam es unterdessen 899 zu einem Bürgerkrieg zwischen Mojmír II. und seinem wahrscheinlich in Nitra residierenden Bruder Svatopluk II., während welchem die bayerische Armee den besiegten Svatopluk II. befreite und nach Bayern brachte. Im Jahr 900 besetzten die Magyaren nach einem Feldzug in Italien das fränkische Pannonien, um sich definitiv im Karpatenbecken niederzulassen.[31]

Laut dem tschechischen Historiker Martin Wihoda zwang das zunehmende Selbstvertrauen der Magyaren die Mährer zum Handeln. Zu Beginn des Jahres 901 schloss Mojmír II. einen Friedensvertrag mit den Bayern und wehrte mit deren Hilfe 902 einen magyarischen Angriff aus dem von diesen beherrschtem Pannonien ab. Die mit dem beiderseitigen Friedensschluss aufgekommene Stabilität im mittleren Donaugebiet begünstigte in den nächsten Jahren auch den bayerisch-mährischen Handel, wie ihn die Raffelstettener Zollordnung nachweist. Im Jahr 904 wurde jedoch der magyarische Fürst Kurszán bei einer Festtafel in Bayern ermordet, woraufhin sich die Rache der Magyaren nicht nur gegen die Bayern, sondern auch gegen das mit diesen Verbündete Reich Mojmírs II. richtete.[32] Dušan Třeštík vermutet, dass das mährische Heer 905-906 in einer einzigen Schlacht bei Nitra von den Magyaren vernichtet wurde, in deren Verlauf auch Mojmír II. starb. In Folge dieser Katastrofe soll das Mährerreich archeologischen Quellen zufolge in Chaos und heidnischen Aufständen versunken sein. Die vernichtende Niederlage der Bayern bei der Schlacht von Pressburg im Jahr 907, bei welcher diese nochmals versuchten die alten Verhältnisse wieder herzustellen, bedeutete den entgültigen Fall des Mährerreiches.[33]

Da die Sachsenchronik im Jahr 906 von einem Sieg der Mährern über die Magyaren berrichtet, äußern manche Historiker die Vermutung, das Mährerreich habe auch nach 906 bzw. 907 fortbestanden. So vertritt etwa Lubomír E. Havlík die These, das Mährerreich sei erst zwischen 924-926 von den Magyaren zu Tributzahlungen genötigt worden, die mährischen Kirchenorganisation habe überdauert und die alten Herrscherschichten wären erst 1055 vom böhmischen Herzog Spytihněv II. beseitigt worden.[34] Havlík argumentiert damit, spätere schrifliche Quellen für 910 vier in Mähren siedelnde Bischöfe erwähnen, der mährische Erzbischof Johannes (Jan) sein Amt bis 925 innegehabt haben soll und in Salzburg von 925–927 ein gewisser Mojmír und von 925–931 ein gewisser Svatopluk auf Dokumenten als Zeugen geführt werden. Dabei soll es sich um Angehörige der Mojmíriden-Dynastie gehandelt haben, die in Folge eines magyarischen Angriffs auf das mährische Gebiet 924–925 ins Exil geflüchtet waren.[35] Darüberhinaus sagte ein magyarischer Kriegsgefangener noch 942 in Spanien aus, dass sich nördlich des Siedlungsgebietes der Magyaren eine Stadt/ein Land Namens „Morava“ (Mähren) befindet.[36]

Zeittafel

  • 791:
  • 796:
  • 805:
  • 811:
  • 815:
  • 817: Bei der Aufteilung des Fränkischen Reiches scheint Mähren noch nicht als dessen Bestandteil auf.
  • 822: Auf der von Ludwig dem Deutschen einberufenen Versammlung in Frankfurt werden namentliche die Mährer das erste Mal und die Awaren das letzte Mal erwähnt.
  • 828: Erzbischof Adalram weiht für den mährischen Lokalherrscher Pribina in Nitra die erste Kirche auf dem Gebiet der heutigen Slowakei ein.
  • 831: Massentaufe der Mährer unter Mojmír I. durch den Passauer Bischof Reginhar.
  • 832-833: Der mährische Knjaz Mojmír I. verbannt den nitraer Lokalherrscher Pribina aus Mähren.
  • 840: Pribina erhält von Ludwig dem Deutschen das Plattensee-Fürstentum als Lehen.
  • 843: Die Mährer verfügen laut dem Bayerischen Geographen über 11 Burgen, ihr Siedlungsgebiet wird im Berreich zwischen den Böhmen und den Bulgaren lokalisiert. Im Nachtrag aus der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts verfügen die Mährer bereits über 30 Burgen.
  • 846: Ludwig der Deutsche maschiert in Mähren ein und instaliert Rastislav, einen Neffen Mojmírs I., als neuen mährischen Herrscher.
  • 854: Rastislav organisiert in der Marcha orientalis einen Aufstand gegen die Ostfranken.
  • 855: Ludwig der Deutsche marschiert im Mährerreich ein und wird von Rastislav besiegt.
  • 857: Plünderung des Mährens durch die Ostfranken.
  • 861: Bündnis zischen Karlmann und Rastislav gegen Ludwig den Deutschen. Pribina stirbt im Kampf gegen die Mährer.
  • 862: Bitte Rastislavs an Kaiser Michael III. um slawische Gelehrte und einen Bischof.
  • 863: Ankunft der byzantinischen Gelehrten und Priester Kyrill und Method in Mähren. Sie führen die altslawische Sprache als Liturgiesprache ein und bilden heimische mährische Priester aus.
  • 864: Die Ostfranken unter Ludwig dem Deutschen fallen im Mährerreich ein. Rastislav kapituliert bei der Burg Devín, überlässt Ludwig so viele Gefangene wie dieser Will und schwört Ludwig den Treueeid.
  • 867: Spätestens in diesem Jahr erhält Rastislavs Neffe Svatopluk I. ein eigenes regnum innerhalb des Mährerreiches (währscheinlich das Fürstentum Nitra). De facto Aufteilung des Mährerreiches in zwei Teile
  • 890: Das Ostfrankenreich tritt Böhmen offiziell an das Mährerreich ab.
  • 892-893: Svatopluk I. währt die Angriffe der Ostfranken und Magyaren ab.
  • 894: Svatopluk I. stirbt, auf dem mährischen Thron folgt ihm sein Sohn Mojmír II., sein zweiter Sohn Svatopluk II. wird Lehensherr von Nitra. Die Ostfranken besetzen Pannonien. Friedensschluss zwischen Mojmír II. und Arnulf von Kärnten.
  • 895: Die Böhmen lösen sich vom Mährerreich und unterwerfen sich dem ostfränkischen König Arnulf.
  • 896: Die Magyaren wandern ins Karpatenbecken ein und besetzen Pannonien.
  • 897: Die Sorben lösen sich vom Mährerreich los und unterwerfen sich den Ostfranken.
  • 898-899: Bürgerkrieg innerhalb des Mährerreiches zwischen Mojmír II. und Svatopluk II.
  • 899: Mojmír II. bittet den Papst um die Erneuerung der eigenständigen mährischen Kirchenprovinz, daraufhin wird das Mährerreich von den Bayern geplündert.
  • 900: Past entspricht der Bitte Mojmírs II. und entsendet vier Bischöfe ins Mährerreich.
  • 901: Mojmír II. und der ostfränkische König Ludwig schließen Frieden
  • 902: Sieg der Mährer über die Magyaren.
  • 902-906: Die Raffelstettener Zollordnung belegt den fränkisch-mährischen Handel in dieser Zeit.
  • 906: Vermutete Vernichtung des mährischen Heeres bei Nitra durch die Magyaren. Laut der Sachsenchronik jedoch Sieg der Mährer.
  • 907: Vernichtnung des bayerischen Heeres durch die Magyaren bei der Schlacht bei Pressburg, die Mährer werden nicht mehr erwähnt.
  • 910: Ein nachträglicher Vermerk aus dem .. Jhdt. über 4 in Mähren befindliche Bischöfe.
  • 919-924: Die südliche Slowakei wird von den Magyaren besetzt.
  • 924/25: Beim Angriff auf Sachsen überqueren die Magyaren die „Grenzen der Mährer“.
  • 942: In Spanien gefangen genommene magarische Krieger sagen aus, dass sich nördlich der Magyarengebiete ein Land Mähren bzw. eine Stadt Morava befindet.
  • 955: Vernichtung des magyarischen Heeres bei der Schlacht auf dem Lechfeld
  • 965:
  • 1000: Gründung des Königreiches Ungarn unter Stephan I.
  • 1003: Eroberung Mährens und durch Boleslaw I.
  • 1019: Mähren wird entgültig von Böhmen
  • 1030: Die Slowakei (Niedermähren) wird entgültig Teil Ungarns.
  • 1055: Beseitigung der mährischen Führungsschicht durch den böhmischen Herzog Spytihněv II. und deren Ersetzung durch den böhmischen Adel.

Siehe auch

Literatur

"Tschechisch"

  • Lubomír E. Havlík: Svatopluk Veliký, král Moravanů a Slovanů [Svatopluk der Große, König der Mährer und Slawen]. Jota, Brno 1994, ISBN 80-85617-19-6.
  • Lubomír E. Havlík: Kronika o Velké Moravě [Chronik über Großmähren]. Jota, o.O. 2013, ISBN 978-80-8561-706-1.
  • Dušan Třeštík: Počátky Přemyslovců. Vstup Čechů do dějin (530–935) [Die Anfänge der Přemysliden. Der Eintritt der Tschechen in die Geschichte (530–935)]. Nakladatelství Lidové noviny, o.O. 2008, ISBN 978-80-7106-138-0.
  • Dušan Třeštík: Vznik Velké Moravy. Moravané, Čechové a střední Evropa v letech 791–871 [Die Entstehung Großmährens. Mährer, Tschechen und Mitteleuropa in den Jahren 791–871]. Nakladatelství Lidové noviny, o.O. 2010, ISBN 978-80-7422-049-4. (Standardwerk)
  • Martin Wihoda: Morava v době knížecí 906–1197 [Mähren im Zeitalter der Fürstenherrschaft 906–1197]. Nakladatelství Lidové noviny, Prag 2010, ISBN 978-80-7106-563-0

"Slowakisch"

  • Ľubomír Feldek et. al.: Na písme zostalo. Dokumenty Veľkej Moravy [Es blieb auf der Schrift. Dokumente Großmährens]. Perfekt, Bratislava 2012, ISBN 978-80-8046-594-0.
  • Matúš Kučera: Kráľ Svätopluk [König Svätopluk.] Matica slovenská, Martin 2010, ISBN 978-80-7090-965-2.
  • Richard Marsina: Metodov boj [Methods Kampf]. Vydavateľstvo Spolku slovenských spisovateľov, Bratislava 2012, ISBN 9788080616472.
  • Ján Steinhübel: Nitrianske kniežatstvo. Počiatky stredovekého Slovenska [Das Fürstentum Nitra. Die Anfänge der mittelalterlichen Slowakei]. Rak, Bratislava 2004, ISBN 80-224-0812-3. (Standardwerk)

"Englisch"

  • Paul M. Barford: The Early Slavs: Culture and Society in Early Medieval Eastern Europe. Cornell University Press, 2001
  • Charles R. Bowlus: Franks, Moravians and Magyars: The Struggle for the Middle Danube, 788–907. University of Pennsylvania Press, 1995, ISBN 0-8122-3276-3.
  • T. C. Champion: Centre and Periphery: Comparative Studies in Archaeology. Ausgabe 11 von One world archaeology series, Unwin Hyman Verlag, Routledge 1989. (online)
  • Francis Dvornik: The Slavs in European History and Civilization. Rutgers University Press, 1962
  • Eric J. Goldberg: Struggle for Empire: Kingship and Conflict under Louis the German, 817-876. Cornell University Press, 2006, ISBN 978-0-8014-3890-5. (online)
  • Jozef Stanislav Kirschbaum: Historical Dictionary of Slovakia. online
  • Alexis P. Vlasto: The Entry of the Slavs into Christendom. An Introduction of the Mediaval History of the Slavs. Cambridge University Press, London/New York 1970, ISBN 0-521-07459-2. (online)

"Deutsch"

  • František Graus: Die Nationenbildung der Westslawen im Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1980, ISBN 3-7995-6103-X
  • Sebastian Brather:Archäologie der westlichen Slawen. Berlin 2008, ISBN 978-3-11-020609-8
  • Josef Poulík, Bohuslav Chropovský: Großmähren und die Anfänge der tschechoslowakischen Staatlichkeit. Academia, 1986.
  • Willibald Katzinger, ‎Gerhart Marckhgott: Baiern, Ungarn und Slawen im Donauraum. Ludwig-Boltzmann-Institut für Stadtgeschichtsforschung, Linz 1991.
  • Martin Eggers: Das „Großmährische Reich“ – Realität oder Fiktion? Anton Hiersemann Verlag, 1995.
  • Martin Eggers: Das Erzbistum des Method: Lage, Wirkung und Nachleben der kyrillomethodianischen Mission. Verlag Otto Sagner, 1996.
  • Rudolf Schieffer: Die Karolinger. online

Einzelnachweise

  1. Havlík: Kronika o Velké Moravě, S. 177-178.
  2. Verfassung der Slowakischen Republik vom 1. September 1992. Abgerufen am 30. Juli 2013, 19:08.
  3. Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 263, Goldberg: Struggle for Empire, S. 138, Karl Kaus/Péter Tomka: Hunnen + Awaren: Reitervölker aus dem Osten, Amt der Burgenländischen Landesregierung, 1996, S. 447, Thomas Winkelbauer: Kontakte und Konflikte: Böhmen, Mähren und Österreich: Aspekte eines Jahrtausends gemeinsamer Geschichte. Waldviertler Heimatbund, 1993, S. 31.
  4. Siehe dazu insbesondere die Arbeiten von Lubomír E Havlík: Svatopluk Veliký und Kronika o Velké Moravě
  5. siehe insbesonere Wihoda: Morava v době knížecí
  6. zu „Mährerreich“ siehe Alois Schmid, Katharina Weigand: Bayern nach Jahr und Tag: 24 Tage aus der bayerischen Geschichte, S. 72, siehe auch die Arbeiten von Walter Pohl: Die Awaren: Ein Steppenvolk in Mitteleuropa 567 - 822 n. Chr., C.H.Beck Verlag, 2002, S. 261, Alois Niederstätte: Geschichte Österreichs. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-17-019193-8, S. 21, Rudolf Schieffer: Die Zeit des karolingischen Großreichs 714–887. Klett-Cotta, 2005, S. 152, zu „Altmähren“ und „Altmährisches Reich“ siehe Brather: Archäologie der westlichen Slawen, S. 68, František Graus: Die Nationenbildung der Westslawen im Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1980, ISBN 3-7995-6103-X, Thomas Winkelbauer: Kontakte und Konflikte: Böhmen, Mähren und Österreich : Aspekte eines Jahrtausends gemeinsamer Geschichte. 1993, S. 31.
  7. Havlík: Svatopluk Veliký, S. 45.
  8. Havlík: Kronika o Velké Moravě, S. 354-355.
  9. siehe Milan S. Ďurica: Dejiny Slovenska, S. 44-45.
  10. Frank Hadler: Das Großmährische Reich: tschechoslowakischer oder slowakischer Ur-Staat? Deutungskämpfe im 20. Jahrhundert. In: Dietmar Willoweit, Hans Lemberg (Hrsg.): Reiche und Territorien in Ostmitteleuropa: Historische Beziehungen und politische Herrschaftslegitimation. Oldenbourg Verlag, 2006, S. 360.
  11. Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 270.
  12. Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 107.
  13. Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 109 u. 112.
  14. Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 268.
  15. Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 125.
  16. Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 107, Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 271, Goldberg: Struggle for Empire, S. 138.
  17. Havlík: Kronika o Velké Moravě, S. 103, Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 131, Třeštík: Počiatky Přemyslovců, S. 271; Vlasto: The Entry Slavs, S. 24.
  18. Rezession zu Steinhübels Arbeit von Beata Pinterová, In: Südost-Forschungen 67, Bratislava 2008, S. 17.
  19. Goldberg: Struggle for the Empire, S. 138, Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 147-155, Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 272.
  20. Hoensch: Geschichte Böhmens, S. 36.
  21. Kováč: Dejiny Slovenska, S. 30.
  22. Havlík: Svatopluk Veliký, S. 27.
  23. Havlík: Svatopluk Veliký, S. 8.
  24. Třeštík: Vznik Velké Moravy, S. 199-200.
  25. Třeštík: Počiatky Přemyslovců, S. 280-281.
  26. Havlík: Kronika o Velké Moravě, S. 363, Steinhübel: Nitrianske kniežatstvo, S. ?
  27. Třeštík: Počiatky Přemyslovců, S. 280-282.
  28. Havlík: Svatopluk Veliký, S. 91-93.
  29. Třeštík: Počiatky Přemyslovců, S. 284.
  30. Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 285.
  31. Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 285.
  32. Wihoda: Morava v době knížecí, S. 87.
  33. Třeštík: Počátky Přemyslovců, S. 286-287.
  34. Wihoda: Morava v době knížecí, S. 87-89.
  35. Havlík: Kronika o Velké Moravě, S. 303-308.
  36. Havlík: Kronika o Velké Moravě, S. 309.