Zum Inhalt springen

Irmfried Eberl

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 3. Mai 2004 um 12:47 Uhr durch Pidou Bleu (Diskussion | Beiträge) (Literatur zu Eberl). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Irmfried Eberl (* 8. September 1910 in Bregenz (Österreich), † 16. Februar 1948 in Ulm durch Selbstmord) war als Arzt von 1940 bis 1942 medizinischer Leiter der "Euthanasie" im Rahmen der Aktion T4 und des Vernichtungslagers Treblinka.

Von 1928 an studierte Eberl Medizin an der Universität Innsbruck. 1931 wurde er Mitglied der NSDAP. 1939 promoviert er zum Dr. med.

Im Januar 1940 nahm er mit anderen T4-Ärzten an der ersten Probevergasung von Kranken in der Heilanstalt Brandenburg teil. Am 1. Februar 1940 trat er seinen Dienst als erster Leiter der Euthanasieanstalt Brandenburg an. Dort nahm er, soweit anwesend, sämtliche Ermordungen eigenhändig vor. Seinem erhaltenen Taschenkalender zufolge, vergaste er am 10. Juli zum ersten Mal jüdische Kranke. Im November 1940 übernahm Eberl als Leiter die neu errichtete Euthanasieanstalt Bernburg.

Wie er in einem Brief mitteilte, hielt sich Dr. Eberl am 24. April 1942 im fertiggestellten, aber noch nicht eröffneten Vernichtungslager Sobibor auf, offenbar um als für Treblinka vorgesehener Lagerleiter an der zur selben Zeit stattfindenden Probevergasung teilzunehmen. Spätestens seit Juni 1942 hielt er sich in Warschau beim SS- und Polizeiführer in Warschau auf, um sich um die Materialanforderungen für das neue Vernichtungslager Treblinka zu kümmern. Ende des Monats schrieb er seiner Frau:

Die letzten Tage waren eine tolle Hetzjagd, umsomehr als sich die Aufbauarbeiten dem Ende nähern und wir den Termin, 1.7. nicht halten können, aber nur so wenig als möglich überschreiten wollen. (...) Im Laufe dieser Woche werde ich dann endgültig nach T. übersiedeln. Meine dortige Anschrift ist: SS-Untersturmführer Dr. Eberl, Treblinka b/Malkinia, SS-Sonderkommando.

Am 22. Juli 1942 begann die Liquidierung des Warschaer Ghettos. Am folgenden Tag trafen die ersten jüdischen Opfer aus Warschau in Treblinka ein. Eine Woche später schrieb Eberl seiner Frau:

Daß ich in der letzten Zeit etwas wenig geschrieben habe weiß ich, konnte dies aber nicht ändern, da die letzten Warschauer Wochen von einer Hetze begleitet waren, die unvorstellbar war, ebenso hat hier in Treblinka ein Tempo eingesetzt, das geradezu atemberaubend ist. Wenn ich vier Teile hätte und der Tag 100 Stunden, dann würde das wahrscheinlich auch noch nicht ganz reichen.

Ende August 1942 kam es in Treblinka zu einem Zusammenbruch der Tötungsmaschinerie. Tausende von Leichen lagen im ganzen Lagerbereich herum, das Lagerpersonal kam mit dem Verscharren in Massengräbern nicht mehr mit. Dr. Eberl wurde von seinen herbeigeeilten Vorgesetzten Odilo Globocnik, beauftragt mit der Durchführung der Aktion Reinhardt im Generalgouvernement, und Christian Wirth, dem Inspekteur der Vernichtungslager, für die im Lager herrschenden Zustände verantwortlich gemacht, umgehend seines Postens enthoben und durch den aus Sobibor herbeigerufenen Lagerleiter Franz Stangl abgelöst.

Nach dem Krieg ließ sich Dr. Eberl als Arzt im schwäbischen Blaubeuren nieder, wo er zunächst ungestört praktizieren konnte. 1947 hatte das Amtsgericht Bernburg Haftbefehl gegen ihn erlassen, am 8. Januar 1948 wurde er von der US-Militärregierung in Untersuchungshaft genommen. Eberl bestritt energisch, mit dem Gesuchten identisch zu sein, wurde jedoch später von ehemaligen T4-Angehörigen eindeutig überführt. Am 15. Februar erhängte sich in seiner Gefängniszelle in Ulm.

Literatur

  • Dietmar Schulze: "Euthanasie" in Bernburg. Die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg/Anhaltinische Nervenklinik in der Zeit des Nationalsozalismus. Verlag Die Blaue Eule, Essen 1999, ISBN 3-89206-954-9 (Kurzbiographie Dr. Irmfried Eberls, S. 155-157)