Gender

soziale oder psychologische Seite des Geschlechts einer Person
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Das deutsche Wort "Geschlecht" führt häufig zu Missverständnissen, weil es sowohl den biologischen als auch den sozialen Aspekt der Geschlechtszugehörigkeit lediglich mit einem einzigen Begriff (nämlich "Geschlecht") beschreiben kann. Um aber für eine deutliche semantische Unterscheidung auch die erforderlichen Termini Technici bereitzustellen, wurde das Wortpaar Sex und Gender aus dem Englischen übernommen.

Begriffe

Sex bezeichnet hier die körperlichen Geschlechtsmerkmale sowie die sich aus der biologischen Geschlechtlichkeit ergebenden körperlichen Funktionen. Weitere Bedeutungen siehe unter Sex.

Gender bezeichnet die soziale Geschlechtsrolle bzw. die sozialen Geschlechtsmerkmale. Gender bezeichnet also alles, was in einer Kultur als typisch für ein bestimmtes Geschlecht angesehen wird (z.B. Kleidung, Beruf usw.); es verweist nicht unmittelbar auf die körperlichen Geschlechtsmerkmale (Sex).

Bei den meisten Menschen fallen Sex, Gender und Identitätsgeschlecht zusammen, sie besitzen also die Merkmale eines bestimmten Geschlechts, verhalten sich kulturabhängig diesem Geschlecht entsprechend und fühlen sich diesem Geschlecht auch zugehörig. Ist dies nicht der Fall, spricht man von Transgender.

Genderproblematik

Gender bezeichnet ein von sozialen und kulturellen Umständen abhängiges Geschlecht; es ist daher eine soziokulturelle Konstruktion.

Besonders die Gender Studies bestreiten den kausalen Zusammenhang von biologischem und sozialem Geschlecht und dessen Kontinuitätsbestreben. Das soziale Geschlecht wird vielmehr bezeichnet als eine Konstruktion von Geschlecht. Hierbei geht es zwar vordergründig um die Zuordnung von Menschen in eine "typisch männliche" oder "typisch weibliche" Rolle, in Wahrheit aber auch um den Wert der Geschlechtsrolle. Gender beschreibt also vor allem die Art und Weise, in der Männer und Frauen sich zu ihrer Rolle in der Gesellschaft selbst positionieren und wie sie diese Rolle bewerten. Insofern könnten beispielsweise (eine Minderheit von) Frauen ein eigenes Geschlecht, ("Gender") bilden, das sich einerseits auszeichnet durch die natürliche Anbindung an ihr biologisches Geschlecht und andererseits durch die Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht. Genau die Ursachen und Auswirkungen dieses Umstandes beleuchtet der Begriff Gender. Die soziale Bedeutung eines solchermaßen konstruierten "sozialen" Geschlechts ist außerdem nicht feststehend, sondern variabel. Geschlecht und besonders seine Bewertung hängen ab von den in einer Gesellschaft vorherrschenden Machtstrukturen. So ist die Genderproblematik in einer matriarchalen Gesellschaft auf einer deutlich anderen Ebene angesiedelt als in einer patriarchalen, weil die Begriffe Männlichkeit und Weiblichkeit in den verschiedenen Gesellschaften auch unterschiedlich bewertet werden.

Literatur

  • Hadumod Bußmann, Renate Hof (Hgg.): Genus – Geschlechterforschung/Gender Studies in den Kultur- und Sozialwissenschaften. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-82201-6
  • Giesebner, Andrea, Feministische Geschichtswissenschaft. Eine Einführung.Von der Frauen- zur Geschlechtergeschichte, Wien: Löcker 2004, ISBN 3-85409-410-8 - Das Kapitel "Konstruktion und Dekonstruktion von Gender" erklärt klar die mit der Anwendung der Kategorie verbundenen Schwierigkeiten. Die Annahme eines ahistorischen 'biologischen' Geschlechts (sex) erwies sich als unhaltbar. Die Erfahrung der Geschlechtlichkeit (gender) z.B. des Frauseins ist auch innerhalb einer Gesellschaft höchst verschieden.
  • Judith Lorber: Genderparadoxien. Leske + Budrich, Opladen 1999, ISBN 3-8100-3743-5
    Die amerikanische Soziologin und Feministin Judith Lorber zeigt anhand eines sozial-konstruktivistischen Ansatzes auf, wie sich die Unterschiede von Mann/Frau und/oder Hetero-/Homosexualität in der gesellschaftlichen Praxis konstitutieren. Dabei geht Judith Lorber vom "Gender"-Begriff als einer Institution aus und beschreibt deren Möglichkeiten und Zwänge in der praktischen Umsetzung.
  • Frank Lohscheller: Typisch Junge? Kommunikations- und Konflikttraining für Jungen an Schulen. Unrast, Münster 2001, ISBN 3-89771-355-1
  • Ursula Pasero, Christine Weinbach (Hgg.): Frauen, Männer, Gender Trouble. Systemtheoretische Essays. Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3-518-29237-4
  • Paula-Irene Villa: Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper. Leske + Budrich, Opladen 1999 (Geschlecht und Gesellschaft, Band 23), ISBN 3-8100-2452-X
  • Frank Wichert: Der VorBildliche Mann. Die Konstituierung moderner Männlichkeit durch hegemoniale Print-Medien. Unrast, Münster 2005, ISBN 3-89771-736-0
  • Christiane Wortberg: Bye, Bye Barbie. Körperbild und Körpersprache in der Präventionsarbeit. Unrast, Münster 1997, ISBN 3-928300-72-5

Siehe auch: Liste der Transgender-Themen