Lüftungskanäle oder Lüftungsrohre sind ein wesentlicher Bestandteil von Lüftungsanlagen und dienen hauptsächlich zur Luftführung. Diese Luftleitsysteme bestehen zumeist aus rechteckigen oder runden Bauteilen, das heißt aus Kanälen bzw. Wickelfalzrohren. Strömungstechnisch betrachtet, ist die Verwendung von Rohren die optimale Variante, da in Kanälen nur der hydraulische Durchmesser genutzt wird. In kleineren Luftverteilsystemen werden auch Ovalrohre, mit einem hydraulischen Durchmesser (gleichwertiger Rohrdurchmesser) analog von Rundrohren, verwendet.

Die Luft strömt in diesen Kanal- oder Rohrsystemen, als Laminare oder Turbulente Strömung, analog von Wasser. Für die wichtigsten Berechnungen verwendet man genau die Selben Gleichungen, wie in der Wassertechnik. Unter anderem also die Bernoullische Gleichungoder die Kontinuitätsgleichung. Detaillierte Kenntnisse der entsprechende Reibungswerte (R-Wert) von Quadratrohren, die Reibungskennziffern (Zetawert) von diversen Formstücken und der Differenzdruck von Kanaleinbaukomponenten, vergrößern die einzelnen Berechnungen und Betrachtungen. Die Planung dieser Luftleitsysteme erfolgt auf der Grundlage nach VDI 2087 oder aktueller Normung nach DIN EN 13779.
Sehr große Lüftungskanäle, für Luftmengen von zum Beispiel 300.000 m³/h wie an einem Flughafen, werden gemauert oder aus Beton gegossen, und können unterirdisch auch einige km lang sein.
Ein weiteres Unterscheidungskriterium bei der Beschaffenheit eines Lüftungskanal oder Rohr, ist die Differenzierung zwischen Niederdruck-, Mitteldruck- und speziellen Hochdruckanlagen. „Nach DIN EN 12237 für Rohre und Formteile -750 bis +2000Pa,davon abweichend sind nach Prüfung und ggfs. mit Zusatzmaßnahmen größere Drücke realisierbar.“ [1] Nachfolgende Beschreibung bezieht sich auf Niederdruck- und Mitteldrucksysteme im Sinne der DIN EN 12237.
Material
Die meisten Lüftungskanäle und -rohre in Niederdruck- und Mitteldruckanlagen werden aus dünnem, verzinktem Stahlblech hergestellt. Für besondere Anforderungen werden aber auch Kanäle und Rohre aus Edelstahl, Aluminium oder diversen Kunststoffen verwendet. In bestimmten Brandabschnitten eines Gebäudes sind auch Kanäle und Formteile aus Promat möglich bzw. aus Brandschutz technischer Sicht, gar zwingend vorgeschrieben.
Weitere Qualitätsmerkmale sind die Stabilität des Luftkanals, das heißt die Materialdicke und der in Serie produzierte Luftkanalprofilrahmen (SBM-Flange) aus Strangpressprofilen, über welchen die einzelnen Kanalsegmente miteinander verschraubt werden. Hingegen werden Rohre mit Bundkragen, Muffen oder Nippel verbunden. Bei öl- und fettdichten geschweißten Lüftungskanälen oder -rohren werden geschweißte Flansche verwendet.
Bestehen Anforderungen an die Verwindung von Luftkanälen, werden diese in den Flächen geschränkt oder durch Versteifungen im Kanal sichergestellt.[2] Es werden aber auch Versteifungen aus Profilstahl auf den Außenseiten eines Lüftungskanal aufgeschweißt. Um die Luftströmung in Formteilen laminar zu halten, werden zum Beispiel Anströmkalotten oder Luftleitbleche in größeren Bögen oder Formteilen eingebaut.
Schweiz: „Lüftungskanäle müssen aus nicht brennbarem Material bestehen. Innerhalb von Wohnungen und Einfamilienhäusern sind davon einbetonierte Lüftungsleitungen, Erdregister sowie Leitungen von Anlagen mit einer Lufttemperaturbis 40 °C ausgenommen. Bei den erwähnten Ausnahmen muss allerdings die Brandkennziffer 4.2 (VKF-Richtlinien) eingehalten werden. Für Küchenabluft (Dampfabzug) gilt diese Ausnahme nicht.“ [3]
Formstücke
Ein komplettes Kanal- oder Rohrsystem besteht zudem aus passenden Formteilen wie Bögen, Übergänge, Reduzierungen, Abgänge, T-Stücke, Hosenstücke, Bundkragen, Schiebeflansch, Dachdurchführung, Deflektorhaube usw.
Kanaleinbaukomponenten
Neben den Luftführungselementen Kanal oder Rohr, werden in einem kompletten Luftleitsystem aber auch Kanaleinbaukomponenten wie Segeltuchstutzen, Taschenfilter, Ionisationsgeräte, Dampfluftbefeuchter, Elektrostatische Luftreiniger, Drosselklappen, Schieber, Rückschlagklappen, Prallbleche, Fühler für Temperatur/Feuchte/CO, Brandschutzklappen, Aktivkohlefilter Schalldämpfer, Volumenstromregler, Heizregister, Kühlregister, Luftauslässe usw. direkt in das dafür vorgesehen Kanal- oder Rohrstück, integriert. Diese Kanaleinbaukomponenten fließen mit ihrem ganz eigenen Druckverlust ebenso in die Druckverlusberechnung ein und sind beim hydraulischen/pneumatischen Abgleich zu beachten!
Die Luft in einem Kanal- oder Rohrsystem strömt in der gewünschten Menge und in die vorgesehen Luftrichtung, aufgrund des gezielten Einsatzes von Ventilatoren, die den Druck im System erhöhen und die Richtung vorgeben. Je nach Lüftungsanlage werden hierfür Radial- oder Axialventilatoren, mit unterschiedlichen Leistungskurven, verbaut. Kompakte Lüftungsgeräte, mit diversen Einbaukomponenten zur Veränderung der Lufttemperatur, der Luftfeuchtigkeit usw. werden ebenso berechnet, dimensioniert und eingebaut.
Anbringung
Ein Kanal- oder Rohrsystem wird zumeist auf oder in Decken, aber auch in Böden oder in Steigschächten montiert. Die Befestigung erfolgt am Kanal durch Winkelbleche und am Rohr durch Rohrschellen, mit Gewindestangen an Decken oder Wänden. Diverse Profilstähle in Form von Konsolen, Traversen, Ständer, Abhängungen usw. sind jederzeit möglich, um das Gewicht abzufangen. Die Entkoppelung des Lüftungskanal vom Baukörper ist aus schalltechnischer Sicht zwingend erforderlich und erfolgt durch runde Gummipuffer oder Moosgummistreifen in den Schellen.
Dichtheit
Die Dichtheit von Luftleitsystemen, die in Dichtheitsklassen definiert wird, hat einen großen Einfluss auf die Bau- sowie die Betriebskosten einer Lüftungsanlage. Leckagen treten zumeist an Flanschverbindungen auf. Je höher die Dichtheitsanforderung, je höher der Aufwand bei der Herstellung der Kanal- und Rohrteil selbst, und der sauberen Montage im Bau.
„ Im Vertrag kann eine bestimmte Dichtheitsklasse direkt angegeben sein. Dies ist auch indirekt möglich, wenn im Vertrag Bezug auf eine Norm genommen wird, die die Dichtheitsmessung festlegt. So beziehen sich beispielsweise die Norm EN 12237 auf das Leitungssystem und die Norm EN 12599 auf die Übergabe.“ [4]
Besondere Anforderungen an die Dichtheit werden vor allem bei öl- und fettdichten Kanälen oder Rohren zum Beispiel in Küchenanlagen oder bei Ölnebelabsaugungen an CNC-Maschinen gestellt. Im Rahmen der Inbetriebnahme kann die Dichtheit insgesamt begutachtet, gemessen und nach berechnet werden.
Hydraulische Kanal- oder Rohrnetzberechnung
Mit einer Kanalnetzberechnung werden die Komponenten einer Anlage hydraulisch so dimensioniert, dass sich die erforderlichen Volumenströme im Betrieb auch tatsächlich einstellen. Bei einer Luftkanalnetzberechnung sind dies der Außenluftstrom (ODA), Zuluftstrom (SUP), Abluftstrom (ETA), Fortluftstrom (EHA), Umluftstrom (RCA) und Mischluftstrom (MIA). Diese sind in Abhängigkeit von der realen Situation verschieden groß und müssen einzeln ausgelegt werden.
Für die vereinfachte Druckverlustberechnung benötigt man unter anderem die Bernoullische Gleichung, die Kontinuitätsgleichung sowie Kenntnisse der Reibungswerte (R-Wert) von Quadratrohren und den Druckverlustbeiwert (Zeta-Wert) von Formstücken und Anlagenkomponenten wie Filter etc.
Grundsätzlich gibt es drei Vorgehensweisen für eine vereinfachte Betrachtung:
- Kanalnetzberechnung durch Geschwindigkeitsannahme,
- Kanalnetzberechnung nach konstantem Druckgefälle,
- Kanalnetzberechnung nach gegebener Druckdifferenz.
In umfangreichen Rechenprogrammen und -algorithmen werden für die verschiedensten Anwendungen die aktuellen/gewünschten Parameter wie Luftgeschwindigkeiten, Strömungskennzahlen, Rohrreibungsbeiwerte, Widerstandsbeiwerte etc. eingegeben, welche die Anlage dimensionieren.
Komplette Kanal- und Rohrnetzberechnungen können bereits vor der eigentlichen Realisierung am Bau, auf der Basis von Zeichnungen zum Kanalsystem, vorgenommen werden. Dieser vereinfachte theoretische Ansatz dient zur abschätzenden Bestimmung der notwendigen Druckerhöhung (Pascal) und der Festlegung des passenden Ventilatortyp (Axial- oder Radialventilator) bzw. der Leistungsaufnahme (kW).
Neben dem vereinfachten Ansatz, bei dem die experimentellen Druckverluste der Einzelwiderstände addiert werden, berücksichtigt die numerische Strömungsmechanik (engl. CFD: Computational Fluid Dynamics) die Wechselwirkung aller hintereinander geschalteten Bauteile und ermöglicht eine viel genauere Dimensionierung des Ventilators bzw. optimalen Betriebspunktes.
Pneumatisch unabgeglichene Kanalsysteme unterliegen folgenden Aspekten:
- Kanalsysteme mit zu niedrigen Luftgeschwindigkeiten sind im Kanal- oder Rohrquerschnitt überdimensioniert und reine Material- und Platzverschwendung.
- Kanalsysteme mit zu hohen Luftgeschwindigkeiten sind unterdimensioniert und verursachen laute Strömungsgeräusche.
- Kanalsystem mit einem übermäßigen Anteil an ungünstigen Formteilen und hierdurch erhöhtem Strömungswiderstand, überschreiten evtl. die zuvor ausgelegte Ventilatorleistung (Pa + kW) und können somit die geplanten Luftmengen nicht realisieren. Stärkere Ventilatoren verbrauchen hiernach einfach nur mehr Strom.
- Kanalsysteme mit hydraulisch unsinnigen Abgängen oder Anschlüssen und mangelhafter Reguliermöglichkeit (Drosselklappe) führen zur Über- oder Unterversorgung diverser Teilbereiche (Luftmangel oder Zugluft+Strömungsgeräusch).
- Kanalsysteme mit einer viel zu hohen Differenzdruckbelastung neigen zu einer hörbaren und gar sichtbaren Bauchung bzw. Laibung der Lüftungskanäle, die gerade beim Einschalten der Ventilatoren auftreten und zu erheblichen Schäden führen.
- Kanalsysteme, die permanent von einer idealen Laminar Strömung in eine turbulente Strömung verfallen, verbrauchen für diese Turbulenzen erheblich mehr Energie, die nur durch Druckerhöhung (mehr Antriebsenergie) ausgeglichen werden kann.
Elektrolytische Spannungsreihe
Komplette Kanal- und Rohrsysteme bestehen, nach Fertigmontage im Bau, zumeist aus sehr unterschiedlichen Werkstoffen. Diese unterschiedlichen Spannungspotentiale führen zu einer elektrolytischen Spannungsreihe, wobei das Material mit dem niedrigsten Spannungspotential als erstes in Lösung geht (rostet/korrodiert). Aber auch aufgrund der permanent strömenden Luft im System, und der hierbei auftretenden Reibungsverluste, wird die elektrolytische Spannungsreihe zusätzlich mit Energie versorgt.
Der elektrolytischen Spannungsreihe ist durch fachgerechte Montage von Schutzleitern im ganzen System und anschließendem Potentialausgleich durch Erdung an einer Potentialausgleichsschiene entgegenzuwirken.
Luft hat einen Sauerstoffanteil von ca. 21 % und verfügt somit selbst über eine gewisses Oxidationspotential. Die Außenluft im Außenraum, also in Städten, ländlichen Gegenden oder in Bergregionen hat verschiedene Ionenkonzentrationen. Dem Menschen ist eine Ionenkonzentration von ca. 1700 Ionen/cm³ am angenehmsten, denn die Sauerstoffausnahme durch die Lunge ist optimal.
Beim Transport dieser Außenluft im Kanalsystem gibt der geladene Sauerstoff seine Oxidationsenergie an das Kanalsystem größtenteils ab und gelangt später, mit geringerer Ionenkonzentration, zu seinem Bestimmungsort im Innenraum.
Isolierung
Lüftungskanäle werden zur Vermeidung von Wärme- oder Kälteverlusten bzw. zur Vermeidung von Kondenswasserbildung, außen oder innen, isoliert. Auf die Isolierung kann verzichtet werden, wenn die in den Lüftungskanälen transportierte Luft die gleiche Temperatur hat, wie die der Umgebung bzw. wenn eine Wärmeübertragung über die Kanaloberfläche als nicht kritisch angesehen wird. Typisch ist die Verwendung von Steinwolle, Mineralwolle(alukaschiert) oder Hart-/Weichschaumplatten zum Beispiel aus Amaflex, Kaiflex oder Styrodur. Die Materialstärke/Dicke der Isolierung richtete sich nach der erwarteten Temperaturdifferenz und der Wärmeleitfähigkeit der verwendeten Isolierung. Das zu verwendende Material richtet sich auch danach, ob auf oder in der Kanaloberfläche eine Kondensation, durch Taupunkt-Unterschreitung, verhindert werden soll. In diesen Bereichen wird häufig eine Isolierung aus diffusionsdichten Weichschaumplatten gewählt. Erhältlich sind auch Luftkanalsysteme in Segmentbauweise, die selbst aus steifem Isoliermaterial bestehen und auf die Verwendung eines klassischen Luftkanals verzichten. In zugänglichen Bereichen/Laufwegen werden diese Isolierungen an einem Lüftungskanal, durch Blechverkleidungen geschützt. Stoßecken, die im Kopfbereich liegen, werden zusätzlich mit Puffern und Signalbändern versehen. Bei Sonderkanalstücken, zum Beispiel Brandschächten, wird auch eine hitzebeständige Innenisolierung aus Kieselgur oder Steinwolle verwendet.
Hygiene
Luft ist ein grundlegendes Lebensmittel von Mensch und Tier. Der "Transport" dieser in einem Lüftungskanal, muß regelmäßig überprüft werden. „Die Norm DIN EN 15780 beschreibt Anforderungen und Verfahren zur Beurteilung der Sauberkeit und des möglichen Reinigungsbedarfs, besonders für Luftleitungssysteme von zentralen RLT-Anlagen.“ [5]
Lüftungskanäle und -rohre sollten mit möglichst vielen großen und kleinen Revisionsöffnungen, also wieder verschließbare Deckel, versehen werden, um regelmäßige Sichtkontrollen bzw. Kontrollen im Rahmen der VDI 6022 durchführen zu können. Die Mindestmaße von Reinigungsöffnungen in Lüftungskanälen und -rohren ist in DIN ENV 12097 festgelegt.
Verschmutzte Lüftungskanäle bilden eine idealen Brutstädte für Mikroorganismen, die sich vermehren und permanent Giftstoffe, Viren, Sporen und Bakterien an den Luftstrom abgeben. Diese gelangen über die "Zuluft" in den Lebensraum des Menschen und breiten sich ebenso dort aus.
Es liegt in der Verantwortung des Anlagenbetreiber, nicht nur die Lüftungsanlage zu nutzen, sondern auch zu überwachen! "In der Rechtsprechung BGH heißt es: Dem Anlagenbetreiber obliegen Anweisungs-, Auswahl- und Überwachungspflichten, soweit er Aufgaben oder Tätigkeiten an Beschäftigte oder Auftragnehmer delegiert". Konkretisiert werden diese in: §4, Ziffer 7 ArbSchG und §15, SGB VII und den danach erlassen Unfallverhütungsvorschriften.
Weblinks
- Luftfuehrung in eckigen Luftkanälen - Produktbeschreibung, Rechtliches, Detailinfo´s (PDF; 517 kB) BerlinerLuft GmbH, Abgerufen 18. Juni 2013
Einzelnachweise
- ↑ Luftleitungen in EdelstahlPDF des Hersteller Lindab, abgerufen 23. Mai 2013
- ↑ Patent Lüftungskanal-Versteifung EP030982A2, abgerufen am 21. Mai 2013.
- ↑ Dimensionierungshilfe KomfortlüftungPDF, EnergieSchweiz, abgerufen am 04. Juli 2013
- ↑ Lindab DichtheitsprüfgerätPDF, abgerufen 23. Mai 2013
- ↑ Sauberkeit von Luftleitungsbauteilen in der Presse nach VDI 6022 und nach DIN EN 15780PDF PR-Lindab, abgerufen 23. Mai 2013