Angela Merkel
Angela Dorothea Merkel, geb. Kasner, (* 17. Juli 1954 in Hamburg-Barmbek) ist eine deutsche Politikerin (CDU). Seit dem 22. November 2005 ist sie die erste Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.
Von 1991 bis 1994 war sie Bundesministerin für Frauen und Jugend und von 1994 bis 1998 Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Von 2002 bis 2005 war sie Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Seit 2000 ist sie die Bundesvorsitzende der CDU.
Biografie
Persönlicher Werdegang
Angela Merkel wurde als Tochter des evangelischen Pfarrers Horst Kasner und der Lehrerin Herlind Kasner (geb. Jentzsch) geboren. Im Herbst 1954 zog die Familie von Hamburg in die DDR, weil der Vater Pfarrer in Quitzow bei Perleberg wurde. Ab 1957 wuchs Angela Merkel mit ihren beiden jüngeren Geschwistern Marcus und Irene im brandenburgischen Templin (Uckermark) auf.
In den Jahren 1977–1982 war sie mit dem Physiker Ulrich Merkel verheiratet. Die beiden bewohnten in Ost-Berlin eine Wohnung. Nach ihrer Scheidung im Jahre 1982 behielt sie den Namen Merkel bei.
Merkel ist seit dem 30. Dezember 1998 in zweiter Ehe mit dem Berliner Chemieprofessor Joachim Sauer verheiratet. Sie hat keine Kinder.
Ausbildung und beruflicher Werdegang
Von 1961 bis 1971 besuchte Merkel die Polytechnische Oberschule in Templin. Dank ihrer überdurchschnittlichen Begabungen in Mathematik und Sprachen (Merkel spricht fließend Russisch und Englisch) absolvierte sie das Abitur 1973 mit der Note 1.
Anschließend studierte Merkel bis 1978 Physik an der Universität Leipzig und erwarb dabei einen Abschluss als Diplom-Physikerin. Nach dem Studium arbeitete sie bis 1990 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften in Berlin und forschte dabei auf dem Gebiet der Quantenchemie.
1986 promovierte sie bei Lutz Zülicke zum Dr. rer. nat. Die Dissertation befasst sich mit der Berechnung von Geschwindigkeitskonstanten von Reaktionen einfacher Kohlenwasserstoffe. Sie trägt den Titel: „Untersuchung des Mechanismus von Zerfallsreaktionen mit einfachem Bindungsbruch und Berechnung ihrer Geschwindigkeitskonstanten auf der Grundlage quantenchemischer und statistischer Methoden“ (Signatur H 86b/5809 der Deutschen Bibliothek in Frankfurt am Main).
Politische Laufbahn
Wie die meisten Schüler in der DDR trat Merkel in die FDJ ein und wurde später bis 1984 Mitglied der FDJ-Kreisleitung und Sekretärin für Agitation und Propaganda an der Akademie der Wissenschaften. Statt der Jugendweihe wurde sie, wie bei kirchlich geprägten Familien auch in der DDR üblich, konfirmiert.
Merkel war vor der Wende weder in einer der offiziellen Blockparteien noch in einer der Oppositionsgruppen aktiv. 1989 wurde sie dann Mitglied im Demokratischer Aufbruch, dessen Pressesprecherin sie später wurde.
Ein Angebot, für das Ministerium für Staatssicherheit zu arbeiten, lehnte sie 1978 ab. In ihrer Stasi-Opferakte werden ihre kritische Haltung gegenüber der DDR und dem Kommunismus („politisch-ideologische Diversion“) und ihre Zustimmung zur polnischen Gewerkschaft Solidarność vermerkt.
Nach der Volkskammerwahl 1990 übernahm sie das Amt der stellvertretenden Regierungssprecherin der letzten Regierung der DDR unter Ministerpräsident Lothar de Maizière. Im August 1990 wurde sie durch die Fusion des DA mit der CDU der DDR Mitglied der Christdemokraten. Im Dezember wurde Merkel als Direktkandidatin im Wahlkreis 267 (Stralsund-Rügen-Grimmen) in den Bundestag gewählt. Im Kabinett von Helmut Kohl wurde Angela Merkel am 18. Januar 1991 Bundesministerin für Frauen und Jugend. Im Dezember desselben Jahres wurde sie auch zur Stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU Deutschlands gewählt. Von Juni 1993 bis Mai 2000 war sie außerdem Landesvorsitzende der CDU in Mecklenburg-Vorpommern.
Am 17. November 1994 wurde sie als Nachfolgerin von Klaus Töpfer zur Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ernannt. In dieser Funktion verfügte sie nach einem vorwiegend von den Grünen als Skandal bezeichneten Zwischenfall einen zeitweiligen Stopp der Castor-Transporte. Rücktrittsforderungen der Opposition, insbesondere von Bündnis90/Die Grünen, hatten keine Auswirkungen auf ihre Position. Nach der verlorenen Bundestagswahl von 1998 musste sie dieses Amt an Jürgen Trittin (Bündnis90/Die Grünen) abgeben.
Im November 1998 wurde sie vom neuen Bundesvorsitzenden Wolfgang Schäuble für das Amt der Generalsekretärin der CDU vorgeschlagen und kurz darauf vom Parteitag gewählt - eine Funktion, die sie bis zum April 2000 ausübte.
Während der Parteispendenaffäre um den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl wandte sich Angela Merkel von ihrem bisherigen Förderer Kohl ab, der sie einst „das Mädchen“ nannte. Sie forderte die Partei auf, einen Neuanfang ohne Helmut Kohl zu beginnen, lehnte dann aber als Parteivorsitzende am 8. November 2001 eine mögliche Auskunftsklage gegen Kohl ab. Auch dem erst 1998 ins Amt des Parteivorsitzenden gelangten Wolfgang Schäuble wurden Unkorrektheiten und eine unzutreffende Aussage im Bundestag vorgeworfen, so dass dieser schließlich zurücktrat. Auf fünf erstmals durchgeführten „Regionalkonferenzen“ wurde Merkel von der Parteibasis derart gefeiert, dass sie schließlich trotz großen Interesses anderer Kandidaten von der Parteiführung einstimmig zur Parteivorsitzenden nominiert wurde. Am 10. April 2000 wurde Angela Merkel auf dem Essener Parteitag mit knapp 96 % der Stimmen als Nachfolgerin Wolfgang Schäubles zur Bundesvorsitzenden der CDU gewählt. Auf dem Parteitag am 6. Dezember 2004 in Düsseldorf wurde sie in ihrem Amt bestätigt, dies aber mit dem bisher schlechtesten Ergebnis, das sie bei einer Wahl zur Parteivorsitzenden erhielt: 88,4 %.
Ihre Machtposition festigte sich, als sie nach der Bundestagswahl 2002, bei der sie die Unionskanzlerkandidatur dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber überlassen musste („Wolfratshausener Frühstück“), mit 93,7 Prozent der Stimmen als Nachfolgerin von Friedrich Merz auch zur Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und damit zur Oppositionsführerin gewählt wurde.
Im Frühjahr 2003 stellte Merkel sich gegen Stimmen in der eigenen Partei im Dritten Golfkrieg demonstrativ an die Seite der USA. Sie formulierte, dass es unverantwortlich sei, „den Einsatz militärischer Gewalt als das letzte Mittel kategorisch auszuschließen. Als letztes Mittel wird er in manchen Konflikten, so auch in diesem, unausweichlich sein und bleiben.“ Diese Position stützte sie auf UN-Resolution 1441, der das Prinzip friedliche Entwaffnung durch ernst gemeinte Drohung zugrunde liegt. Um ihre Haltung zu untermauern, unternahm sie eine Reise in die USA. Eine geplante USA-Reise vor der angestrebten Bundestagswahl 2005 sagte sie allerdings ab.
Im Februar 2004 bereiste sie drei Tage lang die Türkei, um für das Modell der privilegierten Partnerschaft als Alternative zur Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union zu werben.
Anfang 2004 setzte Merkel Horst Köhler als Kandidaten von CDU/CSU und FDP für das Amt des Bundespräsidenten durch, der anschließend auch von der Bundesversammlung gewählt wurde.
Am 30. Mai 2005 wurde Angela Merkel für die angekündigten vorgezogenen Neuwahlen zur Kanzlerkandidatin der CDU/CSU nominiert. Die von ihr geführte Union errang bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag am 18. September 2005 35,2 % vor der SPD mit 34,2 %. Damit blieb sie deutlich hinter den Prognosen zurück und konnte ihr Wahlziel, die absolute Mehrheit der Mandate für CDU/CSU und FDP, nicht erreichen.
Am 20. September wurde Merkel von der erstmalig nach der Wahl zusammengetretenen Unions-Bundestagsfraktion in geheimer Wahl mit 98,6 % oder 219 von 222 Stimmen zur Fraktionsvorsitzenden wiedergewählt. In Presseveröffentlichungen wurde Merkel mitunter trotzdem als unter Druck stehend beschrieben, da Bundeskanzler Gerhard Schröder zunächst Angela Merkel als Kanzlerin auch im Rahmen einer Großen Koalition ablehnte. Da zwar die SPD im Bundestag stärkste Partei ist, die CDU/CSU Fraktion aber die stärkste Koalitionsfraktion ist, gebührte nach traditionellen Regeln der CDU/CSU der Personalvorschlag für die Kanzlerschaft.
Am 10. Oktober 2005 veröffentlichten SPD, CDU und CSU nach langwierigen Sondierungsgesprächen eine Vereinbarung, wonach Angela Merkel vom 16. Deutschen Bundestag in das Amt des Bundeskanzlers gewählt werden soll. Am 12. November 2005 stellte Angela Merkel nach fünfwöchigen Verhandlungen der CDU/CSU mit der SPD den Koalitionsvertrag vor.
Am 22. November 2005 wurde Angela Merkel mit 397 der 611 gültigen Stimmen (Gegenstimmen: 202; Enthaltungen: 12) der Abgeordneten im 16. Deutschen Bundestag nach sieben männlichen Amtsvorgängern als erste Frau in das Amt des Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Merkel hat von den Abgeordneten des Bundestages mehr Stimmen erhalten als irgend ein Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland je zuvor, prozentual lag ihr Wahlergebnis mit 64,9 Prozent der Stimmen im Bundestag aber schlechter als das von Kurt Georg Kiesinger, der 68,5 Prozent erreichte, jedoch stellte die Große Koalition 1966 damals über 90,1 Prozent der Sitze, die heutige Große Koalition unter Merkel stellt jedoch nur knapp 73 Prozent der Sitze im 16. deutschen Bundestag, nämlich 443.
Mit 51 Jahren ist Merkel die jüngste Inhaberin dieses Amtes in der Geschichte.
Wahlkreis
Angela Merkel wurde mit 41,3 % der Erststimmen im Wahlkreis 15 (Stralsund, Landkreis Nordvorpommern und Landkreis Rügen) in den 16. Deutschen Bundestag gewählt. Ihr Landesverband ist Mecklenburg-Vorpommern.
Siehe auch: Kabinett Kohl IV, Kabinett Kohl V, Kabinett Merkel
Politische Positionen
Laut dem Wahlprogramm der CDU zur Bundestagswahl 2005 möchte Merkel den Kurs der sozialen und wirtschaftlichen Reformen unter Gerhard Schröder (SPD), insbesondere am Arbeitsmarkt intensivieren. Einige der Reformen der rot-grünen Koalition sollten aber rückgängig gemacht werden: die Ich-AG wurde z.B. als wirkungslos kritisiert.
Des Weiteren soll es über „Bündnisse für Arbeit“ Arbeitgebern und Belegschaft erlaubt werden, von den Flächentarifverträgen abzuweichen.
Einen möglichen Beitritt der Türkei zur EU lehnt sie ab, stattdessen soll eine privilegierte Partnerschaft angeboten werden.
Merkel ist gegen eine Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien, bei den Statusverhandlungen müssten ihrer Auffassung nach in jedem Fall die Interessen Belgrads Berücksichtigung finden.
Sie tritt für eine Verlängerung der Restlaufzeit von Atomkraftwerken ein, will aber den Atomausstieg nicht rückgängig machen.
Merkel verzichtete bereits vor der Bundestagswahl 2005 darauf, die von Prof. Paul Kirchhof vorgeschlagene radikale Steuerreform vollständig bzw. zeitnah umsetzen zu wollen. Sie tritt allerdings weiterhin wie er mittelfristig für eine erhebliche Vereinfachung des Steuersystems und die Abschaffung der Subventionstatbestände ein. Dazu zählen etwa die Steuerfreiheit von Nachtarbeitszuschlägen und die Eigenheimzulage. Eine Abschaffung der Eigenheimzulage hatte die CDU bislang immer abgelehnt und entsprechende Vorstöße der rot-grünen Koalition im Bundesrat stets zu Fall gebracht, die Große Koalition unter Merkels Führung will eine Abschaffung nunmehr durchsetzen.
Werke
Naturwissenschaftliche Schriften
- Zs. m. Ilka Böger, Hans Joachim Spangenberg, Lutz Zülicke: Berechnung von Hochdruck-Geschwindigkeitskonstanten für Zerfalls und Rekombinationsreaktionen einfacher Kohlenwasserstoffmoleküle und –radikale. In: Zeitschrift für physikalische Chemie. 1982, 263 (3), S. 449-460.
- Zs. m. Lutz Zülicke: Berechnung von Geschwindigkeitskonstanten für den C-H-Bindungsbruch im Methylradikal. In: Zeitschrift für physikalische Chemie. 1985 266 (2), S. 353-361.
- Zs. m. Lutz Zülicke: Nonempirical parameter estimate for the statistical adiabatic theory of unimolecular fragmentation carbon-hydrogen bond breaking in methyl. In: Molecular Physics. 1987, 60(6), S. 1379-1393.
- Zs. m. Zdenek Havlas, Rudolf Zahradnik: Evaluation of the rate constant for the SN2 reaction fluoromethane + hydride: methane + fluoride in the gas phase. In: Journal of American Chemical Society. 1988, 110(25), S. 8355-8359.
Politische Schriften
- Der Preis des Überlebens. Gedanken und Gespräche über zukünftige Aufgaben der Umweltpolitik. Stuttgart 1997, ISBN 3-4210-5113-5
- Europa und die deutsche Einheit. Zehn Jahre Wiedervereinigung: Bilanz und Ausblick. Freiburg 2000, ISBN 3-451-20140-2
Literatur
- Wolfgang Stock: Angela Merkel. Eine politische Biographie. Neuauflage. München 2005, ISBN 3-7892-8168-9
- Jacqueline Boysen: Angela Merkel. Zweite erweiterte Auflage. Berlin 2005, ISBN 3-5483-6302-4
- Evelyn Roll: Das Mädchen und die Macht. Berlin 2001, ISBN 3-8713-4429-X
- Hugo Müller-Vogg: Mein Weg. Frankfurt/M. 2003, ISBN 3-4550-9417-1
- Gerd Langguth: Angela Merkel. München 2005, ISBN 3-423-24485-2
- Angela Merkel: Mein Weg. Ein Gespräch mit Hugo Müller-Vogg. Aktualisierte Ausgabe. Hoffmann und Campe, Hamburg 2005, ISBN 3-455-09538-0
Zitate
Siehe auch
Weblinks
- Homepage der Bundeskanzlerin
- Homepage von Angela Merkel
- Vorlage:PND
- Angela Merkel. In: FemBio. Frauen-Biographieforschung (mit Literaturangaben und Zitaten).
- Mehrere Artikel über Angela Merkel
- Bildergalerie "Aufstieg bis zur Bundeskanzlerin in Bildern" beim Handelsblatt.
Personendaten | |
---|---|
NAME | Merkel, Angela |
KURZBESCHREIBUNG | Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland (CDU) |
GEBURTSDATUM | 17. Juli 1954 |
GEBURTSORT | Hamburg |