Raumzeit
In der Relativitätstheorie werden Raum und Zeit zu einem einheitlichen vierdimensionalen Gebilde verschmolzen, in dem die räumlichen und zeitlichen Koordinaten bei Transformation in andere Bezugssysteme miteinander vermischt werden können. Zwar lässt sich ein absolut gültiger Abstandsbegriff für Raumzeitpunkte („Ereignisse“) definieren, jedoch ist es vom Bewegungszustand des Beobachters und der Anwesenheit von Masse und/oder Energie (z.B. in Feldern) abhängig, was davon als räumlicher und zeitlicher Abstand erscheint.
Raumzeit in der speziellen Relativitätstheorie
In der speziellen Relativitätstheorie werden die dreidimensionalen Raumkoordinaten (x,y,z) um eine Zeitkomponente ct erweitert, also (x,y,z,ct).
Im dreidimensionalen kartesischen Koordinatensystem wird der räumliche Abstand eines (räumlichen) Punktes vom Ursprung durch
berechnet. In der Raumzeit hat ein „Punkt“ drei Raumkoordinaten und eine Zeitkoordinate, also einen Ort und eine Zeit. Ein Punkt entspricht deshalb einem Ereignis. Für Ereignisse wird ein raum-zeitlicher Abstand definiert, das Quadrat der vierten (Zeit-)Koordinate wird allerdings nicht addiert, sondern subtrahiert:
Dieser vierdimensionale Abstand ist, im Gegensatz zu seiner räumlichen und zeitlichen Komponente alleine, vom Bezugssystemen unabhängig. Für Licht, das sich vom Ursprung mit der Geschwindigkeit c fortbewegt, gilt für alle Zeiten und Bezugssysteme r=0. Daraus ergibt sich die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, das Ausgangsprinzip der speziellen Relativitätstheorie.
Zwei Ereignisse, für die das Argument der Wurzel positiv ist, sind raum-zeitlich soweit entfernt, dass ein Lichtstrahl nicht von einem zum anderen Ereignis gelangen kann. Hierzu wäre Überlichtgeschwindigkeit nötig. Da Information entweder über Licht oder Materie übertragen werden kann und Materie in der Relativitätstheorie niemals die Lichtgeschwindigkeit erreichen kann (und somit auch nicht schneller als diese sein kann), können solche Ereignisse niemals in einer Ursache-Wirkung-Beziehung stehen. Die Raumzeit ist also zweigeteilt: Ereignisse mit imaginärem Raumzeit-Abstand kann ein Beobachter sehen. Ereignisse, die zu weit entfernt sind und nur mit Überlichtgeschwindigkeit wahrgenommen werden können, sind prinzipiell unsichtbar.
Minkowski Diagramm
Im Minkowski-Diagramm können die Verhältnisse geometrisch dargestellt und analysiert werden. Wegen der komplexen Eigenschaft der Zeitkomponente wird dort die Drehung der Zeitachse mit umgekehrtem Vorzeichen wie die Drehung der Koordinatenachse dargestellt.
Raumzeit in der allgemeinen Relativitätstheorie
Nichteuklidische Geometrien
Grundlage zur Beschreibung der Raumzeit (ct,x,y,z) in der allgemeinen Relativitätstheorie sind die nichteuklidischen Geometrien. Die Koordinatenachsen sind hier nichtlinear, was als Raumkrümmung interpretiert werden kann. Für die vierdimensionale Raumzeit werden die gleichen mathematischen Hilfsmittel wie zur Beschreibung einer zweidimensionalen Kugeloberfläche oder für Sattelflächen herangezogen. Als unumstößlich angesehene Aussagen der euklidischen Geometrie, insbesondere das Parallelenaxiom, müssen in diesen Theorien aufgegeben werden. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist hier beispielsweise keine Gerade mehr. Sie wird Geodäte genannt, im Falle einer Kugeloberfäche sind die Geodäten die Großkreise. Die Winkelsumme im - aus Geodätenabschnitten bestehenden - Dreieck ist auch nicht mehr 180 Grad. Im Falle der Kugeloberfläche ist sie größer als 180 Grad, im Falle von Sattelflächen dagegen kleiner.
Raumkrümmung
Die Raumkrümmung wird durch Massen verursacht, die daraus resultierende krummlinige Bewegung von kräftefreien Körpern entlang der Geodäten wird der Gravitationsbeschleunigung bzw. -kraft zugeschrieben. In einem kleinen Raumabschnitt ist das erzeugte Gravitationsfeld näherungsweise konstant. Dies wird durch eine konstante Raumkrümmung mit dem Faktor g/c2 beschrieben. Die Krümmung der Weltlinien (Bewegungskurven in der Raumzeit) aller kräftefreien Körper in diesem Raumabschnitt ist gleich.
Im normalen, dreidimensionalen Raum ist nur die Projektion der Weltlinien auf die Bewegungsebene sichtbar. Hat der Körper die Geschwindigkeit v, so ist die Weltlinie gegenüber der Zeitachse geneigt, und zwar um den Winkel . Die Projektion der Bahn wird mit steigendem v um den Faktor länger, der Krümmungsradius um den gleichen Faktor größer, die Winkeländerung also kleiner. Die Krümmung (Winkeländerung pro Längenabschnitt) ist daher um den Faktor kleiner.
Mit
folgt dann aus der Weltlinienkrümmung g/c2 für die beobachtete Bahnkrümmung im dreidimensionalen Raum
- .
Raumkrümmung und Zentrifugalbeschleunigung
Für kleine Geschwindigkeiten v<<c ist die Bahnkrümmung g/v2 und entspricht damit dem Wert bei einer klassischen Zentrifugalbeschleunigung. Für Lichtstrahlen mit v=c hat der Faktor (1 + v2/c2) den Wert 2, die Krümmung entspricht also dem doppelten Wert 2g/v2 der klassischen Betrachtung. Die Winkelabweichung von Sternenlicht der Fixsterne in Sonnenähe sollte also doppelt so groß sein wie im klassischen Fall. Dies wurde durch eine Afrikaexpedition zur Beobachtung der Sonnenfinsternis von 1919 durch Arthur Eddington als Erstem verifiziert.
Wegen der geringen Abweichung vom klassischen Wert sind die Planetenbahnen auch keine exakten Ellipsen mehr, sondern Rosetten. An der Periheldrehung des Planeten Merkur wurde dies erstmals nachgewiesen.
Symmetrien
Die Raumzeit ist charakterisiert durch eine Anzahl von Symmetrien, die sehr wichtig für die darin geltende Physik sind. Zu diesen Symmetrien zählen neben den Symmetrien des Raumes (Translation, Rotation) auch die Symmetrien unter Lorentztransformationen (Wechsel zwischen Bezugssystemen verschiedener Geschwindigkeit). Letzteres stellt das Relativitätsprinzip sicher.
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Weblinks
- http://www.wasistzeit.de
- Albert Einstein: Space-Time, der klassische Lexikonartikel der Encyclopædia Britannica 1926