Die Fürsten und Grafen zu Stolberg sind ein weitverzweigtes Adelshaus im Hochadel des Heiligen Römischen Reiches.


Geschichte
Über die Abstammung der Grafen zu Stolberg gibt es über zehn verschiedene Theorien, von denen sich jedoch keine endgültig durchsetzen konnte. Am wahrscheinlichsten scheint eine Abstammung von den Grafen von Hohnstein zu sein. Als erster Vertreter dieser Familie kommt in einer Urkunde von 1210 Graf Heinrich zu Stolberg vor, der bereits 1200 als Graf Heinrich von Voigtstedt erwähnt wird. Während zunächst Voigtstedt bei Artern der Sitz dieses Grafengeschlechts war, wurde dies spätestens zu Beginn des 13. Jahrhunderts Stolberg (Harz). Die dortige Burg war bis zur Enteignung durch die Bodenreform 1945 im Besitz der Familie.
1429 gelang es den Grafen zu Stolberg im Rahmen eines Erbvertrages, die Grafschaft Wernigerode im Nordharz zu erwerben und dadurch ihr Einflussgebiet wesentlich zu erweitern.
1535 starb Eberhard IV. von Eppstein und sein Neffe Ludwig zu Stolberg erbte per Testament die Grafschaft Königstein mit der Residenz Burg Königstein im Taunus sowie die Herrschaft Gedern und Anteile am Amt Ortenberg. Königstein fiel 1581 an das Kurfürstentum Mainz, Gedern und Ortenberg sind bis in die Gegenwart im Besitz der Linien Wernigerode bzw. Roßla geblieben.
1645 erfolgte die dauerhafte Teilung in die ältere Hauptlinie Stolberg-Wernigerode und die jüngere Hauptlinie Stolberg-Stolberg. Von Stolberg-Wernigerode zweigte sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Linien Stolberg-Gedern (bis 1804) und Stolberg-Schwarza (bis 1748) ab. Stolberg-Stolberg wurde 1706 in die beiden Linien Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla geteilt.
Vertreter der Linie Stolberg-Gedern erreichten 1742 die Erhebung in den Reichsfürstenstand durch Kaiser Karl VII..
Im 18. Jahrhundert (Mediatisierung) mussten sich die reichsunmittelbaren Grafen zu Stolberg-Wernigerode dem Königreich Preußen und die Grafen zu Stolberg-Stolberg sowie die Grafen zu Stolberg-Roßla dem Kurfürstentum Sachsen unterordnen. Mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation 1806 verloren die Stolberger ihre Reichsgrafenwürde und wurden 1815 endgültig preußische Standesherren.
Der jeweilige Standesherr bzw. dessen erstgeborener Sohn und präsumtiver Nachfolger im Stammgut der Häuser Stolberg-Wernigerode bzw. Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla erhielt am 22. Oktober 1890 bzw. 1893 vom Kaiser Wilhelm II. die Genehmigung zum Führen des fürstlichen bzw. prinzlichen Titels. Ein Zweig der Linie Stolberg-Stolberg wurde 1980 dem niederländischen Adel einverleibt, jedoch ohne Anerkennung des Fürstentitels.
Besitzungen (Auswahl)
Reichsunmittelbare Territorien
Güter
- Allstedt (1542–1575)
- Adliges Gut Bramstedt, Holstein (um 1650 - 1797)
- Haus Bruch (Hattingen) (1853 - ?)
- Schloss Diersfordt, Wesel (1831 - 1996)
- Ebersburg (Harz) (ab 1326)
- Elbingerode (Harz) (1427 - 1600)
- Forstgut Emskirchen, Mittelfranken (seit ? bis heute)
- Burg Erichsberg (1320 - 1346)
- Jagdhaus Ernstburg
- Schloss Gedern, Hessen (1535 - 1987) und Forstgut Gedern (seit 1535 bis heute)
- Grasburg (Rottleberode), frühgeschichtliche wallförmige Fliehburg im Alten Stolberg
- Burg Heinrichsberg mit Dorf Breitenstein (Harz) (ab 1307)
- Burg Hohnstein (Harz) (ab ca. 1420); Hohnsteiner Forst in Dietersdorf bei Roßla (zurückerworben)
- Kloster Ilsenburg und Schloss Ilsenburg (seit dem 16. Jhd. - 1945)
- Schloss Jannowitz, Niederschlesien (? - 1945)
- Burg Königstein (1535 – 1581)
- Schloss Kreppelhof, Niederschlesien (1765 - 1945)
- Hofgut Luisenlust in Hirzenhain, Hessen ( seit ? bis heute)
- Morungen (1445 - 1496)
- Oberröblingen (1446 - 1520)
- Schloss Ortenberg (Hessen) (seit 1535 bis heute)
- Schloss und Herrschaft Peterswaldau, Niederschlesien (1765 - 1945)
- Räckelwitz, Oberlausitz (18?? - 1903)
- Hofgut Ranstadt, Hessen
- Schloss Roßla, Harz (1341 - 1945)
- Schloss Schlemmin, Vorpommern (1892 - 1945)
- Schloss und Kammergut Schwarza (Thüringer Wald) (1549 - 1885)
- Schloss Stolberg (um 1200 - 1945) und Forstgut in Stolberg (Harz), teilweise zurückerworben
- Schloss Wernigerode (1429 - 1945)
- Gut Westheim, Sauerland (1840 - 1947)
Die Grafen zu Stolberg hatten auch Ansprüche auf das belgische Agimont und führten diesen Namen in ihrem Titel. Allerdings war dabei ein orthographischer Fehler unterlaufen. Erst durch ein Reskript vom 6. Dezember 1780 korrigierte Graf Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode die bis dahin verwendete falsche Schreibweise Aigmont in Agimont.
Bedeutende Vertreter (Auswahl)
Ältere Stolberger Grafen
- Graf Heinrich zu Stolberg († 1357), Bischof von Merseburg
- Graf Botho zu Stolberg der Ältere († 1455)
- Gräfin Katharina zu Stolberg (1463–1535), Äbtissin des Klosters Drübeck
- Graf Heinrich der Jüngere zu Stolberg (1467–1508), Statthalter von Friesland
- Graf Botho zu Stolberg (1467–1538)
- Graf Wolfgang zu Stolberg (1501–1552)
- Anna II. zu Stolberg (1504–1574), Reichsäbtissin von Quedlinburg
- Anna III. zu Stolberg (1565–1601), Reichsäbtissin von Quedlinburg
- Graf Ludwig zu Stolberg (1505–1574)
- Gräfin Juliana zu Stolberg (1506–1580), Gräfin von Nassau-Dillenburg, Stammutter des Hauses Oranien
- Graf Heinrich zu Stolberg (1509–1572)
- Graf Wolf Ernst zu Stolberg (1546–1606)
- Graf Heinrich Ernst zu Stolberg (1593–1672), Stifter des älteren Hauptlinie des Hauses Stolberg
- Graf Johann Martin zu Stolberg (1594–1669), Stifter des jüngeren Linie des Hauses Stolberg
- Graf Ernst zu Stolberg (1650–1710)
Linie Stolberg-Wernigerode
- Graf Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1691–1771), Regent der Grafschaft Wernigerode
- Graf Heinrich Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1716–1778), Regent
- Graf Christian Friedrich zu Stolberg-Wernigerode (1746–1824), Regent
- Gräfin Luise zu Stolberg-Wernigerode (1771–1856), Äbtissin des Klosters Drübeck
- Graf Henrich zu Stolberg-Wernigerode (1772–1854), letzter Regent der Grafschaft Wernigerode, Herr der Herrschaft Gedern, Vertreter des Gesamthauses Stolberg beim Wiener Kongress
- Graf Anton zu Stolberg-Wernigerode (1785–1854), Majoratsherr zu Kreppelhof, Niederschlesien
- Erbgraf Hermann zu Stolberg-Wernigerode (1802–1841), Erbgraf
- Graf Wilhelm zu Stolberg-Wernigerode (1807–1898), preußischer Politiker und General
- Graf Eberhard zu Stolberg-Wernigerode (1810–1872)
- Gräfin Anna zu Stolberg-Wernigerode (1819–1868), Oberin zu Bethanien
- Graf Bolko zu Stolberg-Wernigerode (1823–1884), Landrat des Kreises Franzburg
- Graf Theodor zu Stolberg-Wernigerode (1827–1902), Mitglied des deutschen Reichstags
- Gräfin Eleonore zu Stolberg-Wernigerode (1835–1903)
- Fürst Otto zu Stolberg-Wernigerode (1837–1896), Oberpräsident der Provinz Hannover, deutscher Vizekanzler unter Bismarck
- Fürstin Anna zu Stolberg-Wernigerode (1837–1907), Ehefrau von Fürst Otto
- Graf Udo zu Stolberg-Wernigerode (1840–1910)
- Graf Constantin zu Stolberg-Wernigerode (1843–1905), Oberpräsident der Provinz Hannover
- Fürst Christian-Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1864–1940), deutscher Standesherr, 2. Fürst zu Stolberg-Wernigerode
- Wilhelm zu Stolberg-Wernigerode (Diplomat) (1870–1931), deutscher Politiker
- Magdalene Gräfin zu Stolberg-Wernigerode (1875–1955), Äbtissin des Klosters Drübeck
- Albrecht Graf zu Stolberg-Wernigerode (1886–1948)
- Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode (1893–1984)
- Fürst Botho zu Stolberg-Wernigerode (1893–1989), 3. Fürst
Linie Stolberg-Gedern
- Fürst Friedrich Carl zu Stolberg-Gedern (1693–1767), Herr der Herrschaft Gedern
- Prinzessin Luise zu Stolberg-Gedern (1752–1824), Gemahlin von Charles Edward Stuart („Bonnie Prince Charlie“)
Linie Stolberg-Stolberg
- Gräfin Sophie Eleonore zu Stolberg-Stolberg (1669–1745), Leichenpredigtensammlerin
- Graf Christoph Friedrich zu Stolberg-Stolberg (1672–1738 in Stolberg), Regent der Grafschaft Stolberg
- Graf Christian zu Stolberg-Stolberg (1748–1821), Übersetzer und Lyriker
- Graf Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg (1750–1819), Dichter, Übersetzer und Jurist
- Gräfin Augusta Louise zu Stolberg-Stolberg (1753–1835), Schwester von Christian und Friedrich Leopold
- Gräfin Marianne zu Stolberg-Stolberg (1780–1814), geb. Gräfin von der Mark
- Graf Cajus zu Stolberg-Stolberg (1797-1874), Rittergutsbesitzer und Reichstagsabgeordneter
- Graf Leopold Friedrich zu Stolberg-Stolberg (1799–1840), Kreishauptmann
- Gräfin Louise zu Stolberg-Stolberg (1799–1875), Lyrikerin, Übersetzerin und Herausgeberin
- Graf Joseph Theodor zu Stolberg-Stolberg (1804–1859), katholischer Politiker
- Graf Alfred zu Stolberg-Stolberg (1835–1880), Rittergutsbesitzer und Reichstagsabgeordneter
- Graf Friedrich zu Stolberg-Stolberg (1836-1904), Herrschaftsbesitzer und Reichstagsabgeordneter
- Graf Adalbert zu Stolberg-Stolberg (1840-1885), Rittergutsbesitzer und Reichstagsabgeordneter
- Hermann Joseph Graf zu Stolberg-Stolberg (1854–1925) auf Gut Westheim, Politiker
- Christoph Graf zu Stolberg-Stolberg (1888–1968), Generalmajor
Linie Stolberg-Roßla
- Graf Jost Christian zu Stolberg-Roßla senior (1676–1739)
- Graf Friedrich Botho zu Stolberg-Roßla (1714–1768), ab 1739 Regent in Roßla
- Graf Jost Christian zu Stolberg-Roßla junior (1722–1749), 1739 kurzzeitig Mitregent
- Graf Wilhelm Christoph zu Stolberg-Roßla (1748–1826), Regent der Grafschaft Stolberg-Roßla
- Graf Karl zu Stolberg-Roßla (1822–1870), deutscher Standesherr
- Fürst Botho zu Stolberg-Roßla (1850–1893), deutscher Standesherr
- Fürst Christoph Martin zu Stolberg-Roßla (1888–1949), deutscher Standesherr, Herr auf Roßla und Ortenberg
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Gräfin Juliana zu Stolberg (1506–1580), Gräfin von Nassau-Dillenburg, Stammutter des Hauses Oranien
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Luise zu Stolberg-Gedern (1752–1824), Gräfin von Albany, Gemahlin des englischen Thronprätendenten
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Friedrich Leopold Graf zu Stolberg-Stolberg (1750-1819), Dichter
Wappen
Stammwappen: In Gold ein schreitender schwarzer Hirsch; auf dem Helm mit schwarz-goldenen Decken ein natürlicher Pfauenschweif zwischen 2 silbernen Straußenfedern.
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Stammwappen
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Stolberg-Wernigerode
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Stolberg (erweitertes Wappen von 1597)
Siehe auch
Literatur
- Stammtafel des mediatisierten Hauses Stolberg. s. n., Donaueschingen 1887.
- Jörg Brückner: Zwischen Reichsstandschaft und Standesherrschaft. Die Grafen zu Stolberg und ihr Verhältnis zu den Landgrafen von Thüringen und späteren Herzögen, Kurfürsten bzw. Königen von Sachsen (1210 bis 1815) (= Veröffentlichungen des Landesheimatbundes Sachsen-Anhalt e. V. zur Landes-, Regional und Heimatgeschichte. Band 2). Verlag Janos Stekovics, Dößel 2005, ISBN 3-89923-119-8 (Chemnitz, Techn. Univ., Diss., 2003).
- Genealogisches Handbuch der fürstlichen Häuser (= Genealogisches Handbuch des Adels. Bd. 141). Band 18. Starke, Limburg/Lahn 2007, ISBN 978-3-7980-0841-0.
- Philipp Fürst zu Stolberg-Wernigerode, Jost-Christian Fürst zu Stolberg-Stolberg (Hrsg.): Stolberg 1210–2010. Zur achthundertjährigen Geschichte des Geschlechts. Verlag Janos Stekovics, Dößel 2010, ISBN 978-3-89923-252-3.
- Michael Schroeder: Schloß Ortenberg. Ein Führer zu Burg und Schloß Ortenberg sowie zur Familiengeschichte des Fürstlichen Hauses Stolberg-Roßla. Ortenberg 2010.