Die Moltebeere (Rubus chamaemorus), auch Multebeere, Multbeere oder Torfbeere genannt, ist eine mehrjährige, schnellwüchsige Pflanze aus der Gattung Rubus. Der botanische Name entstammt dem Griechischen von chamae-: zwergig und morus: Brombeere, bedeutet also "Zwergbrombeere".
Moltebeere | ||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||
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Beschreibung
Die Moltebeere wird zwischen 10 und 30 cm groß. Am aufrechten, unverzweigten Stängel sitzen wechselständig schwach handförmige, fünf- bis siebenlappige, gesägte Blätter. Ab Mai finden sich an ihr weiße, gelegentlich auch rötliche, einzeln endständige Blüten mit je 6 Kronblättern. Aus ihnen reifen nach der Befruchtung durch Insekten wegen der kurzen Vegetationsperiode der Pflanze schon bis zum August himbeergroße Sammelsteinfrüchte von zuerst blassroter, mit zunehmender Reife bernsteinener Farbe, bestehend aus 5 bis 25 Steinfrüchten. Im Herbst verfärbt sich das Laub stark rot.
Verbreitungsgebiet
Mit einem borealen, zirkumpolaren Verbreitungsgebiet zwischen 78° und 44° nördlicher Breite liegt ihr Hauptvorkommen in Europa in den drei nordeuropäischen Staaten Schweden, Finnland und Norwegen sowie den Hochmooren Schottlands und Englands; einzelne Vorkommen finden sich jedoch auch in West-, Mittel- und Osteuropa sowie im Baltikum als eiszeitliche Überreste, sogenannte Glazialrelikte. In Grönland erreicht sie ihren nördlichsten Verbreitungspunkt.
In Nordamerika wächst sie von Kanada (in den dünn besiedelten Wäldern nördlich von Québec sowie auf den Magdalenen im Sankt-Lorenz-Strom) bis in die USA (Alaska, Maine, Minnesota, New Hampshire, New York), ist aber vielfach bereits bedroht. Auch in Sibirien und Nordjapan ist sie einheimisch.
In Deutschland, wo sie vor allem an Weser und Elbe zu finden ist, steht sie unter strengstem Naturschutz, das heißt auch das Pflücken ihrer Früchte ist verboten.
Die Moltebeere wächst an Moorrändern, in Sümpfen und Feuchtwiesen bis 1400 m Höhe. Sie bedarf sonniger bis halbschattiger Standplätze mit starksauren Böden (pH-Wert zwischen 3,5 und 5,2), toleriert bis zu -38°C Kälte und leichte mit mittelschwere Waldbrände, reagiert aber empfindlich auf Salze und starke Trockenheit.
Vermehrung
Hauptsächlich vermehrt sich die Moltebeere vegetativ durch ihr Rhizom und bildet an ihren Standorten mit der Zeit so umfangreiche Kolonien.
Die Vermehrung durch Samen ist demgegenüber nachrangig. Anders als viele Rubusarten ist die Moltebeere nämlich nicht selbstbefruchtend, das heißt die zweihäusige Pflanze (nur selten werden hermaphroditische Pflanzen gefunden) bedarf zur Befruchtung jeweils eine Pflanze des anderen Geschlechtes. Eine Aufnahme der Früchte durch Tiere und Vögel und die Ausscheidung der unverdaulichen Samen befördert die Ausbreitung. Die Moltebeere ist allerdings ein Kaltkeimer, das heißt ihre Samen bedürfen einer 270-tägigen Stratifikation und keimen dann erst bei Temperaturen ab 18°C.
Krankheiten
Die Moltebeere ist im allgemeinen eine robuste Pflanze, prinzipiell aber anfällig u.a. für Sternrußtau und die Brennfleckenkrankheit.
Verwendung
Verwendung als Lebensmittel
Die Frucht wurde wegen ihres hohen Ascorbin- und Benzoesäure-Gehaltes (letzterer bewirkt eine äußerst gute Lagerbarkeit) von nordischen Seeleuten und amerikanischen Inuit gleichermaßen als Mittel gegen Skorbut geschätzt.
Obwohl auch heutzutage, insbesondere in Norwegen, die Nachfrage als Delikatesse größer ist als das Angebot (Norwegen importiert jährlich 200 bis 300 Tonnen der Früchte aus Finnland), ist sie nach wie vor eine reine Wildfrucht.
Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die norwegische Regierung in Zusammenarbeit mit finnischen, schwedischen, schottischen und russischen Stellen im "Northberry"-Forschungsprojekt darum bemüht, um sie als Agrarfrucht zu kultivieren. Die ersten optimierten Pflanzen (männliche Sorte "Apolto", weibliche Sorten "Fjellgull" und "Fjordgull") werden seit 2002 an die Landwirtschaft abgegeben.
Roh gegessen hat die Moltebeere einen eigenartigen, zum Teil bitter-säuerlichen Geschmack. Vielfach wird aus ihr Marmeladen oder Gelee hergestellt oder sie wird zum Aromatisieren (zum Beispiel von Eiskrem) verwendet. In Schweden isst man sie gefroren mit Zucker ("Björnkulla"), in Finnland zusammen mit dem so genannten "Leipäjuusto" ("Brotkäse", ein hartes, teigartiges Käsegericht) und viel Zucker.
Ebenfalls in Finnland bereitet man einen Likör aus ihnen, in Kanada wird die Frucht unter anderem zur Aromatisierung einer Bierspezialität verwendet und in Schweden dient sie zur Essigbereitung.
Verwendung als Heilkraut
Die Blätter der Moltebeere werden aufgrund ihres Gehaltes an Gerbsäure gegen Diarrhöe verwandt. Die Pflanze enthält darüberhinaus Diosgenin, ein Steroid und Vorstufe des weiblichen Hormons Progesteron, das gegen Gicht und Rheuma angewandt wird.
Sonstiges
Die Moltebeere ist in Himbeeren eingekreuzt worden, um die so gezüchteten Sorten geschmacklich aufzuwerten.
Auf der finnischen 2-Euro-Münze sind Blätter und Früchte der Pflanze abgebildet. Sie gilt dort auch als das Wahrzeichen Lapplands.
Literatur
- Hegi, G., 1995, "Illustrierte Flora von Mitteleuropa.", 3rd ed. Vol. IV (2A)
- Weber, H. E., 1972, "Die Gattung Rubus L. (Rosaceae) im nordwestlichen Europa", In: Phanerog. Monogr., 7:100.
- Baskin, Carol C.; Baskin, Jerry M. 2002. Propagation protocol for production of container Rubus chamaemorus L. plants; University of Kentucky, Lexington, Kentucky. In: Native Plant Network. URL: http://www.nativeplantnetwork.org (accessed 23 April 2004). Moscow (ID): University of Idaho, College of Natural Resources, Forest Research Nursery.
- Harald Nielsen, 1976, "Lægeplanter i farver", København
- Martinussen, I., Rapp, K., Bhuvaneswari, T.V. and Junttila, O., 2002, "Flower Development in Cloudberry (Rubus Chamaemorus L.)", Acta Hort. (ISHS) 585:143-147