Die Güterumgehungsbahn Hannover entlastet den Hauptbahnhof Hannover vom durchfahrenden Güterverkehr. Sie trennt auf zuführenden Strecken den Güterverkehr vom Personenverkehr und führt ihn als Umgehungsbahn durch westliche und südliche Randgebiete der Stadt um das Stadtzentrum und den Hauptbahnhof herum.
Strecken
Die Güterumgehungsbahn Hannover führt von Wunstorf über Seelze und die hannoverschen Stadtteile Ahlem, Limmer, Linden, Waldhausen, Waldheim, Kirchrode und Misburg-Süd nach Lehrte. Die 44 km lange Bahnstrecke entlastet die Ost-West-Verbindungsstrecken ebenso wie die Nord-Süd-Verbindungen. Am Westkopf des Bahnhofes Wunstorf zweigt sie an der Strecke Hannover–Minden und Strecke nach Bremen ab, überquert im südlichen Stadtbereich die Strecken Hannover–Altenbeken und Hannover–Kassel und bindet am Nord- und Ostkopf des Bahnhofs Lehrte an die Strecken nach Celle und Hamburg, nach Wolfsburg, nach Braunschweig und nach Hildesheim an.
Die Güterumgehungsbahn Hannover ist über Verbindungskurven an die folgenden zulaufenden Strecken angebunden:
- Seelze–Hannover Hgbf (von Seelze und von Ahlem)
- Hannover–Altenbeken
- Hannover–Göttingen (von Waldhausen und von Waldheim)
- Hannover–Lehrte (Das Verbindungsgleis Tiergarten–Misburg ist seit 2003 abgebunden)
Geschichte
Die Güterumgehungsbahn wurde im Mai und Juli 1909 in Betrieb genommen. Im Zweiten Weltkrieg wurde häufig der Personenverkehr über die Güterumgehungsbahn umgeleitet.
1973 wurde mit dem Bau der Empelder Verbindungskurve zur Strecke nach Hameln–Altenbeken eine direkte Verbindung vom Rangierbahnhof Seelze dorthin geschaffen. Zuvor nutzten Güterzüge teilweise noch die Strecke der Süntelbahn, die danach abschnittsweise aufgegeben wurde. Die letzten größeren Erweiterungen waren 2008 die Umbauten östlich vom Bahnhof Lehrte, die eine kreuzungsfreie Ein- und Ausfahrt der Güterzüge von und nach Wolfsburg, Braunschweig und Hildesheim ermöglichten.
2012 wurde die alte Stahlgitterbrücke über die Ihme östlich des Bahnhofs Linden/Fischerhof durch eine Stahlbetonbrücke ersetzt. Dabei brach in der Nacht vom 1. auf den 2. Dezember 2012 beim Einschieben die Tragkonstruktion zusammen. Die 120 Meter lange Brückenkonstruktion wurde beschädigt. Die Fertigstellung der Brücke verzögerte sich jedoch nur unwesentlich und konnte noch im Dezember abgeschlossen werden.
Betrieb
Güterzugaufkommen in den Hauptkorridoren um Hannover | |||
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Güterzüge | pro Tag (Im Jahr ??) | daraus errechnet | |
pro Std. | Abstand in Minuten | ||
Hamburg – Hannover | 200 | 8,3 | 7,2 |
Bremen – Hannover | 150 | 6,3 | 9,6 |
Hannover – Fulda/Gießen | 250 | 10,4 | 5,8 |
Minden – Hannover – Braunschweig – Magdeburg |
160 | 6,7 | 9,0 |
Quelle: Schienennetz 2025/2030: Ausbaukonzeption für einen leistungsfähigen Schienen- güterverkehr in Deutschland[2] Dort tägliches Aufkommen. Umgerechnet auf 24 Std. pro Tag und Abstand in Minuten. Zusätzlich Züge des Personenverkehrs, dadurch sind Zugfolgen noch dichter |
Die Güterumgehungsbahn gehört zu den wichtigsten zweigleisigen Bahnstrecken in Deutschland. Durch die Überlagerung von Seehafen-Hinterland-Verkehren der Nord-Süd-Richtung mit den Verkehren der West-Ost-Richtung rollen die Züge bis auf eine relative Ruhe am Montagmorgen praktisch durchgehend. Dadurch, dass parallele Strecken rückgebaut wurden oder nicht elektrifiziert sind (wie die Bahnstrecke Löhne–Elze), ist eine so starke Konzentration eingetreten, dass minimale Störungen bereits zu Staus für den Schienengüterverkehr führen. Bei Lokführern heißt sie deshalb auch „Güterschleichweg“.
Durch die Verbindung zwischen den Zulaufstrecken von Hamburg über Verden und Celle und die Abfuhr über Hameln–Altenbeken und die Nord-Süd-Strecke können Züge von Norden sowohl nach Westen wie auch nach Osten die Strecke nutzen.
Bei Sonderverkehren oder Bauarbeiten kommt ihr eine zusätzliche Funktion zu. Bei Bauarbeiten am Ostkopf Hannover Hbf werden z. B. die S-Bahnen Weetzen–Hannover und zurück über die Empelder Kurve und Ahlem gefahren. Auch auf dem westlichen Ast Wunstorf bis zur Ahlemer Kurve gibt es Personenverkehr bei Störungen. Zeitweilig wurden aber auch planmäßig Personenzüge darüber geleitet, in Seelze ist ein stillgelegter Bahnsteig (Gleis 5) in Richtung Wunstorf vorhanden; in Dedenden-Gümmer ist ebenfalls ein Bahnsteig an der Strecke vorhanden (Gleis 3 am Richtungsgleis Wunstorf; beschildert "in Richtung Hannover").
Planmäßig wird die Umgehungsbahn auch von Reisezügen befahren, die nicht in Hannover Hauptbahnhof halten, so vom ICE Sprinter Berlin–Frankfurt–Süddeutschland. Auch Züge anlässlich der Hannover Messe zum Messebahnhof gehören mehrmals im Jahr dazu.
Unterbau und Oberbau
Zwischen Ahlem und Misburg besteht die Trasse nahezu durchgehend aus einem Damm, in dem sich eine große Anzahl von Brücken über Wasserläufe und Verkehrswege befinden. Viele der Brücken sind durch Verbreiterung der Verkehrswege mehrfach in ihrer lichten Weite vergrößert worden. So wurde die zunächst zwei Gleise überspannende Brücke über die Strecke nach Göttingen mit dem Bau der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg auf die Breite von vier Gleisen verlängert. Vor der EXPO 2000 wurde die Durchfahrt nochmals um ein S-Bahn-Gleis erweitert. In den Jahren seit 2000 sind Gleise und Weichen mit Betonschwellen B70 und Schienenprofil UIC 60 erneuert worden.
Lärm und Lärmschutz
Bei ihrem Bau führte die Strecke noch durch ländliches Gebiet. Insbesondere in der Stadt Hannover sind die besiedelten Gebiete immer näher an die Strecke herangewachsen. Als von 1990 an vermehrt lärmintensive Reichsbahn-Diesellokomotiven der Baureihe 132 zum Einsatz kamen, bildete sich eine Bürgerinitiative für mehr Lärmschutz an der Strecke. Die Bundestagsabgeordnete und spätere Bundesministerin Edelgard Bulmahn, durch deren Wahlkreis die Strecke zu einem hohen Anteil verläuft, unterstützte die Forderung. Die Strecke gehörte zu den ersten, die nach der Bereitstellung von Haushaltsmitteln für Lärmschutz an vorhandenen Eisenbahnstrecken (= Lärmsanierung) durch den Deutschen Bundestag einen entsprechenden Lärmschutz bekamen.
Die Lärmausbreitung und -belastung durch den Schienenverkehr entlang der Güterumgehungsbahn Hannover ist aus der bundesweiten Schienenlärmkartierung ersichtlich, die vom Eisenbahn-Bundesamt auf der Grundlage der EG-Umgebungslärmrichtlinie von 2002 erstellt und veröffentlicht wurde.[3] Die Lärmbelastungen während der Nachtstunden (22 bis 6 Uhr, LNight) mit ihrem hohen Aufkommen an Güterzügen zeigen die beiden Karten aus dem nordwestlichen[4] und südlichen[5] Teilbereich entlang dieser Trasse.
Der Tagesmittelwert der Lärmbelastungen (LDEN), gewichtet aus den stärker berücksichtigten Abend- und Nachtwerten und den Tageswerten) ist in zwei weiteren Karten[6] [7] für diese Teilbereiche veranschaulicht (weitere Erläuterungen zur Methodik s. Schienenlärmkartierung).
Literatur
- Alfred Gottwaldt: Hannover und seine Eisenbahnen. Alba Buchverlag, Düsseldorf 1992, ISBN 3-87094-345-9
Einzelnachweise
- ↑ Eisenbahnatlas Deutschland 2007/2008. 6. Auflage. Schweers + Wall, Aachen 2007, ISBN 978-3-89494-136-9.
- ↑ Umweltbundesamt (Hrsg.): Schienennetz 2025/2030: Ausbaukonzeption für einen leistungsfähigen Schienengüterverkehr in Deutschland (PDF-Datei, 43,9 MB), S. 50.
- ↑ Eisenbahnbundesamt: Umgebungslärmkartierung, Bonn, abgerufen am 12. Feb. 2012
- ↑ Eisenbahnbundesamt: Umgebungslärmkartierung, Ballungsgebiet Hannover, Nachts Nord-West (PDF; 5,2 MB), Bonn, abgerufen am 12. Feb. 2012
- ↑ Eisenbahnbundesamt: Umgebungslärmkartierung, Ballungsgebiet Hannover, Nachts Süd (PDF; 4,8 MB), Bonn, abgerufen am 12. Feb. 2012