Rhetorisches Stilmittel
Herkunft
Die in der Rhetoriktheorie, Poetik und Sprachwissenschaft geläufigen Stilfiguren stammen ursprünglich v.a. aus der altgriechischen und lateinischen Dichtung und Rhetorik; die ersten Versuche zur Unterscheidung, Benennung und Systematisierung der Figuren wurden ebenfalls in der antiken Rhetoriktheorie gemacht.
Die Bezeichnungen selbst stammen meist aus dem Griechischen oder Lateinischen, in Ausnahmefällen aus dem Französischen (z. B. Enjambement) oder anderen neuzeitlichen Sprachen. Teils sind auch deutsche Namen geläufig. Die Benennung der Figuren ist nicht einheitlich: teils trägt dieselbe Figur mehrere Namen (z. B. Pleonasmus und Tautologie), teils bezeichnet ein Name mehrere Figuren (z. B. Katachrese). Auch die Abgrenzung ähnlicher Figuren ist oft sehr schwierig (z. B. bei Metapher, Metonymie und Synekdoche) und variiert je nach benutztem Buch (z. B. Hypallage, Enallage und Zeugma).
Nicht alle Figuren sind auf alle Sprachen übertragbar. Im Altgriechischen und im Deutschen ist z. B. eine fast beliebige Möglichkeit zur Bildung neuer Wörter durch Zusammensetzung gegeben (vgl. Neologismus); im Altgriechischen, Lateinischen und (etwas eingeschränkt) auch im Deutschen ist die Wortstellung besonders in poetischer Sprache sehr frei, was eine Vielzahl von Wortstellungsfiguren (z. B. Hyperbaton, Anapher, Epipher etc.) erlaubte. In anderen Sprachen sind entsprechende Figuren nur teilweise möglich.
Einsatz
Die Wirkung der Stilmittel ist meistens eine besondere Betonung, die der Leser oder Zuhörer unbewusst aufnimmt. Während die meisten Stilmittel absichtlich in Reden oder Schriftwerke eingebaut werden, sind einige alltäglich, z. B. die Ellipse, eine Auslassung von Wörtern: Du kannst gut singen, ich nicht müsste eigentlich Du kannst gut singen, ich kann nicht gut singen heißen.
Klassifizierung rhetorischer Figuren
Seit der Antike gibt es mehrere, einander teilweise ausschließende Klassifikationen rhetorischer Figuren, die heute zu einer kaum noch überschaubaren Vielzahl von Einteilungen geführt hat.
Eine der ältesten und weitestverbreiteten ist die grundlegende Zweiteilung:
- Wortfiguren oder genauer Sprachfiguren (lat. figurae verborum) sind all jene Figuren, die auf verbalsprachlicher Ebene entstehen, also bei einer Umformulierung entfallen – so z. B. Alliteration, Anapher usw.
- Gedankenfiguren (lat. figurae sententiarum) sind jene Figuren, die auf gedanklicher Ebene entstehen und sprachlich verschieden ausformuliert werden können – so z. B. Metapher, Paradoxon, Antithese usw.
Ebenfalls aus der Antike stammt die in der Rhetorik übliche Einteilung nach den vier Änderungskategorien, die v.a. auf die Sprachfiguren (s.o.) zutrifft. Sie geht mit der Devianztheorie von einem zugrunde liegenden 'einfachen' oder 'direkten' Ausdruck aus, dem verbum proprium (eigentlichen Wort), das in der Formulierung nun nach einer der Kategorien variiert wird:
- figurae per adiectionem (durch Zugabe) erweitern den sprachlichen Ausdruck – zum Beispiel Geminatio, Hendiadyoin, Pleonasmus usw.
- figurae per detractionem (durch Auslassung) verkürzen den sprachlichen Ausdruck – zum Beispiel Ellipse, Brachylogie usw.
- figurae per transmutationem (durch Vertauschung) verändern die Abfolge des sprachlichen Ausdrucks – z.B: Hyperbaton, Hysteron-Proteron, usw.
- figurae per immutationem (durch Ersetzung) ersetzen den sprachlichen Ausdruck vor Ort – zum Beispiel Metapher, Metonymie, Ironie usw.
Neuere Einteilungen unterscheiden oft detaillierter:
- Bildhafte Figuren :
- Figuren, die statt der Bezeichnung eine Ersatzbezeichnung setzen. Als solche gilt der Tropus (griech., Pl. Tropen – Vertauschung des Begriffes durch einen bildlichen Ausdruck). Zu diesem zählen Figuren wie Emphase, Hyperbel, Litotes und andere.
- Sprachbilder, die eine anschauliche Darstellung ermöglichen, wie Gleichnis oder Vergleich.
- Satz- und Wortfiguren :
- Sprachmittel, die sich durch eine besondere syntaktische Stellung (Satzfigur) oder durch originelle Verbindung ihrer Einzelglieder (Wortfigur) auszeichnen, z. B. Klimax, die wiederholenden Figuren.
- Klangfiguren :
- Sprachmittel, bei dem ein besonderer Effekt durch den Klang der Wortverbindung erreicht wird, z. B. Alliteration, Assonanz.
- Sonstige Stilfiguren
- z. B. Isolog, Stichomythie.
Tabelle rhetorischer Figuren
Stilfiguren, die (fast) nur in Reden, nicht aber in literarischen Texten verwendet werden können, sind mit einem R gekennzeichnet.
| Bezeichnung | Beschreibung oder deutsche Bezeichnung | Beispiel |
|---|---|---|
| Adynaton | Betonung durch Vergleich mit Unmöglichem | Eher geht die Welt unter, als dass ... |
| Akkumulation | Anhäufung thematisch zusammengehörender Wörter (siehe auch Hendiadyoin, Pleonasmus, Tautologie) | Feld, Wald und Wiesen |
| Akrostichon | Die Anfänge (häufig: Initialen der Verse eines Gedichtes) ergeben hintereinander gelesen einen Sinn (Thema des Gedichtes, Name des Autoren oder Adressaten, Botschaft, ...) | Halte nicht zurück deine Meinung! Aus dem Herzen in die Welt |
| Allegorie | Verbildlichung, ausgeführte Metapher; eine Allegorie ist im Allgemeinen ein Gleichnis. Häufig wird hierbei eine abstrakte Idee durch etwas Gegenständliches ausgedrückt. | Auf dem Theater der Welt sind alle Menschen Spieler: mancher bekommt die Rolle eines Königs, mancher die eines Bettlers ... usw. |
| Alliteration (auch Stabreim) | Anfangsbuchstabe wiederholt | Kind und Kegel, Mensch Meier, Veni vidi vici |
| Allusion | Anspielung | Sie wissen, was ich meine. |
| Anachronismus | Sonderfall des Hysteron-Proteron, falsche zeitliche Abfolge, das Frühere kommt nach dem Späteren. | Asterix Comics: Szenen im Kolloseum um 50 vor Christus, obwohl dieses erst 70 nach Christus erbaut wurde |
| Anadiplose | Sonderfall der Repetitio, Wiederholung eines (satz-)versschließenden Wortes am Beginn des nächsten Satzes/Verses (Schema: ... x / x ...) (siehe auch Anapher, Epipher, Geminatio, Kyklos, Symploke) | Mit dem Schiffe spielen Wind und Wellen, Wind und Wellen spielen nicht mit seinem Herzen. (Johann Wolfgang von Goethe) |
| Anakoluth | Satzbruch, Herausfallen aus der Bauart, der Satzeseine; plötzliche Änderung in der grammatischen Konstruktion, dem Aufbau eines Satzes. | "Korf erfindet eine Mittagszeitung, welche, wenn man sie gelesen hat, ist man satt." (Christian Morgenstern) |
| Anapher | Sonderfall der Repetitio, Wiederholung am Satz-/Versanfang, häufig auch mit Parallelismus; (Schema: x ... / x ...) (siehe auch Anadiplose, Epipher, Geminatio, Kyklos, Symploke) | Ich fordere Moral. Ich fordere Verständnis. |
| Anastrophe | Vertauschung zweier zusammengehörender Wörter (siehe auch Inversion) | "des Glaubens wegen" (anstelle von "wegen des Glaubens") |
| Anthropomorphismus (auch Personifikation) | Zusprechen menschlicher Eigenschaften auf unbelebte Gegenstände (siehe auch: Verdinglichung) | Vater Staat, Mutter Erde |
| Antiklimax | abfallende Steigerung, Gegenteil zum Klimax | "Urahne, Großmutter, Mutter und Kind" (Gustav Schwab: Das Gewitter) |
| Antilabe | Text einer (vom Rhythmus her zusammengehörenden) Zeile wird auf mehrere Sprecher verteilt | DER HERR: Kennst du den Faust? / MEPHISTOPHELES: Den Doktor? / DER HERR: Meinen Knecht! (Johann Wolfgang von Goethe: Faust I) |
| Antiphrasis (auch Antiphrase) | Es soll das Gegenteil des eigentlich Gesagten ausgedrückt werden. Diese Figur kann sich auf ein einzelnes Wort, einen Satz oder eine Passage beziehen.
Die Antiphrase ist eine der häufigsten Formen der Ironie. |
|
| Antithese | Polarität (Gedanklicher Gegensatz) (siehe auch Antitheton) | Er konnte alles, aber er konnte dies nicht., Sein Blut ist heiß, sein Blut ist kalt. |
| Antitheton | Gegenüberstellung zweier entgegengesetzter Gedanken (kein Widerspruch) (siehe auch Antithese) | Das wird Schaden, nicht Nutzen bringen. |
| Antonomasie | Sonderfall der Synekdoche, Eigenname als Gattungsbegriff (oder umgekehrt) | Herkules als Bezeichnung für einen starken Menschen, Kritikerpapst für Marcel Reich-Ranicki |
| Apherese | Wegfall eines Vokales, eines Doppellautes oder einer Silbe am Anfang eines Wortes. (siehe auch Apokope, Elision) | 'S ist vollbracht!; 'ne ganze Menge; raus anstelle von heraus |
| Apokope | Wegfall eines Vokales, eines Doppellautes oder einer Silbe am Ende eines Wortes. (siehe auch Apherese, Elision) | "ich hab" anstelle von ich habe; "dem Freund" anstelle von dem Freunde; in der französischen Poesie häufig: encor anstelle von encore |
| Aposiopese | Gedankenabbruch, Verschweigen des Wichtigen | Er kam, sah und ..., Du wirst doch wohl nicht... |
| Apostrophe | Abwendung vom anwesenden Publikum, (feierliche) Anrufung von visionären Gestalten | Alter Freund! Immer getreuer Schlaf, fliehst du mich? |
| Archaismus | Veralteter sprachlicher Ausdruck | Wams für Jacke; gülden für golden |
| Assonanz | vokalischer Halbreim | "Ottos Mops trotzt." (Ernst Jandl), "Unterpfand - wunderbar" |
| Asyndeton | Unverbundene Reihung gleichwertiger Elemente; Bindungswörter und Konjunktionen werden weggelassen. (siehe auch Polysyndeton) | Wasser, Feuer, Erde, Luft – ewig werden sie bestehen. |
| Bathos | Gegenüberstellung eines höheren Wertes mit einem niedrigeren | Die Explosion zerstörte alle Häuser auf der anderen Straßenseite und meinen Briefkasten. |
| Binnenmajuskel (auch CamelCase) | Großschreibung innerhalb eines Wortes; Oft verwendet bei Inflektiven | SonnenStudio, SparAktion, ColorSync |
| Brachylogie | (griech.: Schnelle) Kürze, Auslassung von Satzgliedern (siehe auch Ellipse, Zeugma) | Das Gras verdorrt in der Sonne; das Hähnchen im Grill. |
| Buchstabendreher | (meist) Vertauschung der anlautenden Konsonanten, seltener der Vokale, zweier zusammengehöriger Wörter, so dass sich ein neuer, meist alberner Sinn oder Klang ergibt, Sonderfall: Schüttelreim (siehe auch Paronomasie, Polysemie, Wortspiel) | Hauptpreis sind ein Paar kopflose Schnurhörer (schnurlose Kopfhörer), Bechstaben verwuchseln (Buchstaben verwechseln), Manche Leute meinen, lechts und rinks kann man nicht velwechsern, werch ein Illtum (Ernst Jandl) |
| Captatio benevolentiae R | Eine Rede wird gleich mit Komplimenten für den Gegner begonnen | Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, heute abend hier zu Ihnen sprechen zu dürfen... |
| Chiasmus | Überkreuzstellung von syntaktisch oder semantisch entsprechenden Satzteilen (siehe auch Epanodos, Parallelismus) | Ich bin groß, klein bist du., Wie viel schneller man die Welt mit einem Könige versorge, als Könige mit einer Welt. |
| Chiffre | Zeichen, dessen Inhalt rätselhaft und letztlich nicht (oder nur vom Autor/im Gesamtzusammenhang) zu erfassen ist | Erkanntes Leben, Stadt als Symbol der Hoffnungslosigkeit in der expressionistischen Lyrik |
| Chrie | Spruchweisheit, Merkspruch, ethische Maxime | Den Freunden gutes tun, den Feinden böses tun. |
| Constructio ad sensum | siehe Synese | |
| Contradictio in adjecto | (lat.: Widerspruch in sich selbst) Spezialfall des Oxymoron, widersprüchliche Kombination von Adjektiv und Substantiv | fünfeckiger Kreis, unbefleckte Empfängnis, geschliffener Rohdiamant, gerade Kurve |
| Correctio | (lat.: Verbesserung) | Es war ein Erfolg, was sage ich, ein Triumph. |
| Dreier-Figur | siehe Trikolon | |
| Diärese | Zwei aufeinander folgende Vokale werden getrennt. Sie werden als zwei Silben gesprochen. Häufig ist dies für das Metrum von Gedichten wichtig. | ideal |
| Dikolon | zweigliedriger Ausdruck, bei dem die Teile semantisch gleich aufgebaut sind und zueinander parallel und/oder chiastisch stehen. (siehe auch Tetrakolon, Trikolon) | |
| Distichon | Gruppe von zwei Versen, die zusammen einen (vollständigen) Sinn ergeben. | Im Hexameter steigt des Springquells flüssige Säule. Im Pentameter drauf fällt sie melodisch herab. |
| Elision | Auslassung eines unbetonten Vokales, entweder am Ende eines Wortes, wenn das nächste Wort mit einem Vokal beginnt (1) oder Auslassung eines unbetonten Vokales innerhalb eines Wortes (2). (siehe auch Apherese, Apokope) | (1) Da steh’ ich nun ich armer Tor! (J. W. v. Goethe: Faust I) (2)„Mut’ger Augen lichter Schein“ |
| Ellipse | Auslassung von Satzteilen (siehe auch Brachylogie, Zeugma) | Na und? / Wer? Ich! Aber auch: Ich kann dies, du nicht |
| Emphase | Nachdrückliche Hervorhebung eines Wortes zur Gefühlsverstärkung | Menschen! Menschen! Falsche heuchlerische Krokodilsbrut! |
| Enallage | siehe Hypallage | |
| Enjambement | Fortführung eines Satzes über das Vers-/Zeilenende hinaus | Die Wellen schaukeln Den lustigen Kahn (Heinrich Heine) |
| Enumeration | Aufzählung | die grünen, die blauen, die roten und die gelben Blumen |
| Epanalepse | Wiederholung eines Wortes/einer Wortgruppe am Satzanfang (siehe auch Repetitio) | "Mein Vater, mein Vater, jetzt fasst er mich an." (Johann Wolfgang von Goethe: Erlkönig) |
| Epanodos | Sonderfall des Chiasmus, Wiederholung von Worten in umgekehrter Reihenfolge | Wer nicht kann, was er will, der wolle, was er kann. |
| Epipher | Sonderfall der Repetitio, Wiederholung am Satz/Versende, (Schema: ...x/ ...x) (siehe auch Anadiplose, Anapher, Geminatio, Kyklos, Symploke) | Ich fordere Moral, ich lebe Moral. |
| Epiphrase | syntaktisch scheinbar beendeter Satz erhält Nachtrag zur Abrundung | Mein Retter seid ihr und mein Engel. |
| Epitheton (ornans) | stehendes Beiwort, das eigentlich nicht notwendig ist | der listenreiche Odysseus, die rosenfingrige Eos |
| Etymologische Figur (figura etymologica) | Verb verbunden mit einem stammverwandten Substantiv | einen Kampf kämpfen; eine Schlacht schlagen |
| Euphemismus | beschönigende Umschreibung | kräftig (anstelle von dick), das Zeitliche segnen (anstelle von sterben), Seniorenresidenz (anstelle von Altersheim) |
| Exclamatio | Ausruf | Stirb! |
| Exemplum | Ein Beispiel verdeutlicht einen konkreten Sachverhalt. Typischerweise werden dabei sowohl Beispiele aus der Gegenwart, als auch solche aus der Vergangenheit eingesetzt. | Hierzu werfen wir einen Blick in unsere Geschichte. Die Zeit der Weimarer Republik zeigt beispielhaft auf, warum das Recht des Parlaments auf Selbstauflösung in unserem Grundgesetz nicht vorhanden ist. |
| Geminatio | Sonderfall der Repetitio, Verdoppelung (Schema: ...x(,) x...) (siehe auch Anadiplose, Anapher, Epipher, Kyklos, Symploke) | Diese, diese Unverschämtheit! |
| Gleichnis | siehe Vergleich | |
| Hiatus | zwei Vokale folgen aufeinander, entweder innerhalb eines Wortes, wenn die beiden Vokale auf zwei Silben verteilt sind (1) oder "zwischen" zwei Wörtern (2). | (1) Kooperation; liirt; beanstanden (2) sagte er; schwarze Erde |
| Hendiadyoin | Verdopplung: zwei Wörter für eine Bedeutung, die aber erst zusammen die Bedeutung des Gesamtausdrucks geben (1), oft ist auch einer der zwei Begriffe allein ungebräuchlich (2) (siehe auch Akkumulation, Pleonasmus, Tautologie) | (1) Tag und Nacht für immer, (2) klipp und klar |
| Homoioteleuton | Endungsgleichheit, (End-)Reim nahe aufeinanderfolgender Wörter | "und er fraß die fade Made ohne Gnade Schade ...." Heinz Erhardt: Die Made |
| Hypallage (auch Enallage) | Verwechslung, Vertauschung | das blaue Lächeln seiner Augen, Dunkel gingen sie durch die schweigende Nacht. (Vergil) |
| Hyperbaton (auch Sperrung, Sperrstellung) | Einschub durch Umstellung; Zwei Wörter, die syntaktisch (und inhaltlich) zusammengehören, werden künstlich durch einen Einschub voneinander getrennt | "Hier", rief er, "bin ich". |
| Hyperbel | Übertreibung (siehe auch Untertreibung) | todmüde, fuchsteufelswild, Schneckentempo |
| Hypotaxe | (kunstvolles) Gefüge aus Haupt- und Nebensätzen (siehe auch Parataxe) | Weil sie ihren Vater besuchen wollte, fuhr sie, als das Wochenende herangerückt war, mit dem Zug nach Bonn. |
| Hysteron-Proteron | Nachholtechnik; Das logisch/zeitlich nachfolgende wird an den Anfang gestellt (Sonderfall: Anachronismus) | Pompeji ging unter, der Vesuv brach aus. |
| Imperativ | Befehl oder Ausrufesatz (siehe auch Exclamatio) | Geh!, Stehen bleiben!, aber auch Es zieht! (indirekter Aussagesatz) |
| Inflektiv | Infinite, unflektierte Verbform als Kurzform außerhalb der Syntax ganzer Sätze | seufz, ächz |
| Inkonzinnität | Bewusste Vermeidung von Parallelem in Syntax, Wortwahl, Tempora (siehe auch Konzinnität) | Germanien ist von den Sarmaten und Dakern durch gegenseitige Furcht und Berge getrennt. (Tacitus: Germania I) (semantische Variation: Psychisches/Physisches) |
| Interjektion | Ausruf, Gefühlsausdruck | Ah!, Oh! |
| Inversion | Umkehrung der normalen Wortstellung im Satz zur Hervorhebung des Umgestellten (siehe auch Anastrophe) | "Ein Dieb ist er!" (anstelle von "Er ist ein Dieb!") |
| Invokation | siehe Apostrophe | |
| Ironie | Gegensatz von wörtlicher und wirklicher Bedeutung (siehe auch Sarkasmus, Zynismus) | Schöne Bescherung!, Das hast du ja mal wieder toll gemacht! |
| Katachrese (1.) | Metapher/Metonymie als Ersatz für fehlendes Wort (vor Allem bei Technischen Neuerungen) | der Arm eines Flusses, eines Gerätes usw. |
| Katachrese (2.) | Bildbruch, Bildmissbrauch, Falsche Verbindung zweier Bilder | Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht., Der Zahn der Zeit, der schon so viele Tränen getrocknet hat, wird auch Gras über diese Wunde wachsen lassen. |
| Klimax | Stufenweise Steigerung, Gegenteil zum Antiklimax | Sie arbeiten zehn, zwölf, ja vierzehn Stunden täglich am Erfolg... |
| Komposita / Kompositum | Wortzusammensetzung | Windlicht, Bergrücken, Talsohle (zum Teil auch Metapher) |
| Konzinnität | Klanglich-rhythmische Ebenmäßigkeit, syntaktische Eleganz (siehe auch Inkonzinnität) | |
| Kyklos | Sonderfall der Repetitio, Wiederholung des Satz/Versanfangs am Ende (Schema: x ... x) (siehe auch Anadiplose, Anapher, Epipher, Geminatio, Symploke) | Entbehren sollst du, sollst entbehren. (Johann Wolfgang von Goethe) |
| Lithismus | Sonderfall der Tautologie, à la Gertrude Stein (Erste Person, die dieses Stilmittel literarisch verwendete, siehe Beispiel) | A rose is a rose is a rose. |
| Litotes | Hervorhebung eines Begriffs durch Untertreibung, Abschwächung oder doppelte Verneinung | meine Wenigkeit oder nicht wenig verdienen (Sonderfall Negation); ich hasse dich nicht (anstelle von ich liebe dich) |
| Metapher | Ersatz durch bildlichen Ausdruck, wobei zwischen Beiden eine (oder auch mehrere) besondere Eigenschaft(en) verbindend wirkt (siehe auch Metonymie, Synekdoche) | Löwe für tapferen Kämpfer (besondere Eigenschaft: Tapferkeit) |
| Metonymie | Ersatz durch bildlichen Ausdruck, wobei eine reale Beziehung zwischen Beiden besteht: (1) Ursache/Wirkung, (2) Rohstoff/Produkt, (3) Gefäß/Inhalt,... (siehe auch Metapher, Synekdoche) | (1) Schiller lesen, (2) das Eisen für das Schwert, (3) ein Glas trinken |
| Montage | Ineinanderverschieben verschiedener Sprach-/Inhaltsebenen | zum Beispiel im Gedicht "Reklame" (Ingeborg Bachmann) |
| Neologismus | Wortneuschöpfung | Riester-Rente |
| Onomatopoesie | Lautmalerei | Quak! Kuckuck! Muh! Bumm! Peng! Zisch! Auch: Es knistert und knastert |
| Oxymoron | Innerer Widerspruch (Sonderfall: Contradictio in adjecto) | Verschlimmbesserung, Flüssiggas, hübschhässlich |
| Parabel | Veranschaulichung einer allgemeinen Lebensweisheit durch Vergleich aus einem anderen Vorstellungsbereich | Ringparabel: Nathan der Weise (von Gotthold Ephraim Lessing) |
| Paradoxon | scheinbare Widersprüchlichkeit; Formulierung einer Idee, die der üblichen/gemeinläufigen Meinung widerspricht (zum Beispiel, um die Leser/das Publikum/ die Adressaten zu schockieren) | Der Entwurf ist teuflisch, aber wahrlich - göttlich (zugleich Antithese), "Die Verbrechen bringen unermessliche Wohltaten hervor und die größten Tugenden entwickeln unheilvolle Konsequenzen" (Paul Valéry) |
| Parallelismus | Gleichlauf | Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft. (Emil Zátopek) |
| Paraphrase | erklärende Umschreibung (als Zusatz) (siehe auch Periphrase) | Fische, die stummen Meeresbewohner |
| Parataxe | Nebeneinanderstellen gleichwertiger Hauptsätze bzw. beigeordneter Nebensätze (siehe auch Hypotaxe) | Es war ein Schöner Morgen. Hans ging zum Blumenladen. Er wollte seine Frau überraschen. |
| Parenthese | Einschub | Das ist - wie gesagt - unwichtig. |
| Paronomasie (auch Annominatio) | Sonderfall eines Wortspiels, Verbindung zweier von der Bedeutung her unterschiedlicher, aber ähnlich klingender Begriffe (siehe auch Buchstabendreher, Polysemie, Schüttelreim) | Wer rastet, der rostet, Lieber arm dran als Arm ab, Lärche - Lerche |
| Pars pro toto | Sonderfall der Synekdoche: Etwas wird durch einen Teil benannt | Köpfe für Personen, Ich sah seine Augen., Ein Dach über dem Kopf haben., Seine Füße trugen ihn. |
| Periphrase | Umschreibung eines Begriffs durch Einzelmerkmale (siehe auch: Paraphrase) | Der den Tod auf Hiroshima warf, Der Vater des Wirtschaftswunders (Ludwig Erhard) |
| Personifikation | siehe Anthropomorphismus | |
| Pleonasmus | Häufung sinngleicher, der Wortart nach verschiedener Wörter, wobei beide Worte schon die Bedeutung des Gesamtbegriffs beinhalten (siehe auch Akkumulation, Hendiadyoin, Tautologie) | weißer Schimmel, großer Riese, kleiner Zwerg |
| Pluralis auctoris | Verwendung des Plurals durch den Autor auf sich selbst, um Einverständnis mit dem Leser zu signalisieren (siehe auch Pluralis maiestatis, Pluralis modestiae) | Das haben wir wirklich gut gemacht. |
| Pluralis maiestatis | Bezeichnung der eigenen Person im Plural zum Ausdruck von Macht/Überlegenheit (siehe auch Pluralis auctoris, Pluralis modestiae) | Wir, Papst Benedictus PP. XVI im 1. Jahr Unseres Pontifikates |
| Pluralis modestiae | Benutzung des Plurals als Ausdruck von Höflichkeit/Bescheidenheit/zur Vermeidung von "Ich" (siehe auch Pluralis auctoris, Pluralis maiestatis) | Das haben wir wirklich gut gemacht. |
| Pointe | Zuspitzung | Als schwarze Lesbe in Bayern zu wohnen ist eigentlich gar nicht so schwer, man muss nur ... |
| Polyptoton | Wiederholung eines Wortes in verschiedenen Beugungsformen (siehe auch Repetitio) | Aug um Auge |
| Polysyndeton | Mehrfach verbundene Reihung, häufige Bindewörter sind und, oder. (siehe auch Asyndeton) | Einigkeit und Recht und Freiheit (Deutsche Nationalhymne) |
| Praeteritio | Vorgebliche(!) Übergehung/Auslassung; bei dieser rhetorischen Figur täuscht der Autor vor, etwas auszulassen, auf das er in Wirklichkeit fest besteht. | Ganz zu schweigen davon, dass Caesar auch in Gallien ... , ich werde Ihnen nicht die Schande bereiten, Sie daran zu erinnern, dass ... (woran man den jenigen also sehr wohl erinnert) |
| Prolepsis R | Vorwegnahme (z.B. eines möglichen Einwandes) | Natürlich könnte man hier einwenden, dass... |
| Redundanz | Überladung einer Aussage mit nicht notwendigen sprachlichen/inhaltlichen Mitteln | Politikerdeutsch: "das muß einmal gesagt werden" (wird in diesem Moment ja gerade gesagt) "Ich bekam Sonnenbrand, da ich keine Sonnencreme benutzte und in Afrika gab es einen Sandsturm und in China fiel ein Reissack um und in Deutschland wurde jemand von einer Mücke gestochen." |
| Repetitio | Wiederholung eines Wortes/Satzteils (siehe auch Anadiplose, Anapher, Epipher, Geminatio, Kyklos, Lithismus, Polyptoton Symploke) | bald da, bald dort |
| Rhetorische Frage | Frage, die keine Antwort erwartet | Was ist schon normal?!, Seh ich so blöd aus? |
| Sarkasmus | beißender, bitterer und verletzender Spott und Hohn, auch boshafte, manchmal bittere Art der Ironie als Reaktion auf einen Angriff (siehe auch Ironie, Zynismus) | Sarkastisch ist es, wenn der Geschlagene, anstelle zu weinen, sagt: "Natürlich! Gleich noch mal!!" |
| Scheindefinition | Gibt vor etwas zu erklären, ist aber nur die Meinung des Sprechers | Purex ist Geschmack. |
| Sentenz | knapper, treffend formulierter Sinnspruch, der einen Satz zusammenfasst und zu allgemeiner Bedeutung erhebt. | "Die Axt im Haus erspart den Zimmermann" (Schiller, "Wilhelm Tell") |
| Solözismus | Grober sprachlicher Fehler, bes. in der syntaktischen Verbindung der Wörter | Wo Du wolle? |
| Stabreim | siehe Alliteration | |
| Stichomythie | Schlagabtausch mit wenigen Worten, Rednerwechsel von Vers zu Vers | Dialog zwischen Haimon und Kreon in Sophokles' Antigone |
| Sustentio | Überraschung | Selbsterkenntnis ist der beste Weg zur Verstellung. |
| Symbol | Feststehendes Bild, das auf eine abstrakte Vorstellung verweist | weiße Taube (Frieden), rotes Herz (Liebe) |
| Symploke | Verbindung von Anapher und Epipher (siehe auch Anadiplose, Geminatio, Kyklos) | Was ist der Toren höchstes Gut? Geld! Was verlockt selbst die Weisen? Geld! |
| Synästhesie | Verbindung verschiedener Sinneseindrücke | "Das nasse Gras klang wie ein Liebeslied", "Süßer die Glocken nie klingen..." |
| Synekdoche | Ersetzung durch numerisch verwandten Begriff: Teil/Ganzes, Gattung/Art, Singular/Plural, früheres/späteres (siehe auch Antonomasie, Metapher, Metonymie, Pars pro toto, Totum pro parte) | Dach für Haus, Kopf für Mensch, die Deutschen für viele Deutsche, usw. |
| Synese (auch Constructio ad sensum) | Nicht nach grammatikalischen Erfordernissen, sondern nach dem Sinn oder der inhaltlichen Bedeutung formuliert. | Eine Menge (Singular) Menschen liefen (Plural) zusammen, Der Worte sind genug gewechselt |
| Tautologie | Häufung, Wiederholung des Gesagten mit sinnverwandtem Wort, wobei bereits beide Wörter die Bedeutung des Gesamtausdrucks beinhalten. Beide Wörter gehören hierbei der selben Wortart an. (siehe auch Akkumulation, Hendiadyoin, Pleonasmus) | hegen und pflegen, immer und ewig, angst und bange |
| Tetrakolon | viergliedriger Ausdruck, bei dem alle vier Teile semantisch gleich aufgebaut sind und zueinander parallel und/oder chiastisch stehen. (siehe auch Dikolon, Trikolon) | |
| Totum pro parte | Sonderfall der Synekdoche, Etwas wird durch den Oberbegriff seines Bedeutungsfeldes ausgedrückt | Wald für Baum, Deutschland punktet. |
| Trikolon (auch Dreierfigur) | dreigliedriger Ausdruck, bei dem alle drei Teile semantisch gleich aufgebaut sind und zueinander parallel und/oder chiastisch stehen. (siehe auch Dikolon, Tetrakolon) | Veni, vidi, vici |
| Untertreibung | nicht genau das ansprechen, was eigentlich gemeint ist, indem man es herunterspielt,seinen Wert mindert, untertreibt. | Das ist nicht übel. |
| Variation | Gleichklangs-/Wiederholungsvermeidung | |
| Verdinglichung | Zuordnung nicht-menschlicher Eigenschaften zu Personen (siehe auch Anthropomorphismus) | Die Dachdecker brechen entzwei |
| Vergleich (auch Gleichnis) | Veranschaulichung, gekennzeichnet durch das Wort "wie" | stark wie ein Löwe, Augen wie ein Adler |
| Wortspiel | vgl. Buchstabendreher, Paronomasie, Polysemie, Schüttelreim | Jesuiter - Jesuwider |
| Zeugma | Verbindung nicht zusammengehöriger Satzglieder | Er hob den Blick und ein Bein gen Himmel. |
| Zeugmo | Verbindung polysemer Wortstämme mit einem Ergänzungsstrich | gehobene Stimme und -ung |
| Zynismus | sich durch boshaft verletzende Äußerungen zeigende Haltung eines Menschen als Demonstration der Macht/Überlegenheit (siehe auch Ironie, Sarkasmus) | Zynisch ist es, wenn der Schläger sagt: "Hat es dir gefallen? Soll ich noch mal draufhauen?" |
Siehe auch
Weiterführende Informationen im Internet
- Stilmittel mit lateinischen Beispielen
- Englische Stilmittel
- Sammlung rhetorischer Stilmittel
- Grundbegriffe und Stilmittel
Literatur
- Wolfram Groddeck: Reden über Rhetorik. Zu einer Stilistik des Lesens. Basel und Frankfurt am Main: Stroemfeld, 1995. ISBN 3-86109-107-0