Der liberalisierte Energiemarkt beschreibt den Markt der leitungsgebundenen Energieversorgung mit Strom und Erdgas, bei dem möglichst viele Teile der Lieferkette dem freien Wettbewerb unterliegen. Über den Wettbewerb sollen die Verbraucher zu den günstigsten Konditionen marktgerecht versorgt werden. Die für die Versorgung benötigten Versorgungsnetze können nicht sinnvoll dem Wettbewerb unterzogen werden. Hier hat der jeweilige Netzbetreiber eine Monopolstellung. Damit der Netzbetreiber seine Monopolstellung nicht zu seinen Gunsten ausnutzt, werden die Entgelte für die Nutzung der Netze (Netznutzungsentgelte) staatlich reguliert.
Die Preise für die eigentlichen Energielieferung unterliegen dem Wettbewerb. Die Preise für die Nutzung der Netze unterliegen der Regulierung durch die zuständige Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur (BNetzA).
Die Liberalisierung der Energiemärkte schließt nicht die Versorgung mit Fernwärme ein. Sie wird nur mit lokalen Netzen betrieben. Die Wärmepreise müssen jedoch den Anforderungen des § 24 AVBFernwämeV genügen und die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen.
Übersicht gesetzliche Regelungen für die Strom- und Gasmärkte
- Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
- Stromnetzzugangsverordnung ((StromNZV)
- Stromnetzentgeltverordnung (StromNEV)
- Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV)
- Gasnetzentgeltverordnung (GasNEV)
- Konzessionsabgabenverordnung (KAV)
- Bundestarifordnung Elektrizität (BTOElt)
- Stromsteuergesetz (StromStG)
- Mineralölsteuergesetz (MinÖlStG), gilt auch für Erdgas
- Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
- Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWK-G)
- Allgemeine Versorgungsbedingungen für
Theoretischer Hintergrund für die Liberalisierung der Energiemärkte
Ursprünglich wurden die Strom- und Gasversorgung als natürliche Monopole angesehen, die auch in einer Marktwirtschaft als gerechtfertigt gelten. Die Basis für die Liberalisierung der Energiemärkte bietet dagegen die „essential facility“-Theorie. Sie besagt, dass natürliche Monopole nur auf den Teil der Wertschöpfungskette beschränkt werden, für den unter Beachtung der volkswirtschaftlichen Kosten ein Wettbewerb nicht sinnvoll ist. Für diese „wesentlichen Einrichtungen“, (engl. essential facility) gibt es eine Alleinstellung des Anbieters. Bei diesen „wesentlichen Einrichtungen“ handelt es sich zum Beispiel um die lokalen Verteilnetze und die überregionalen Übertragungsnetze für Strom und Erdgas. Für diese Netze ist ein Parallelbau in der Regel volkswirtschaftlich nicht sinnvoll.
Die Verfügungsmacht über die „wesentlichen Einrichtungen“ soll aber nicht zu einer marktbeherrschenden Stellung auf den vor- und nachgelagerten Märkten führen. Daher sind die wesentlichen Einrichtungen Dritten gegen eine angemessene Vergütung, die gegebenenfalls von einem Regulator festgelegt wird, zur Mitbenutzung zu überlassen.
Die „essential facility“-Theorie ist sowohl in Artikel 82 des EG-Vertrages, wie auch in § 99 des deutschen Kartellgesetzes verankert.
Schritte zum vollständig liberalisierten Energiemarkt
- Netzzugang Dritter zu Übertragungs- und Verteilnetzen
- Regulierung der Netznutzungsentgelte und Netzanschlußbedingungen
- Entflechtung der Netzbetreiber (Unbundling) um Dritten diskriminierungsfreien Wettbewerb zu ermöglichen (Waffengleichheit).
Historie
- 1996 EU-Richtlinie Elektrizitätsbinnenmarkt: RICHTLINIE 96/92/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt.
- 1998 durch EU-Richtlinien Rahmenvorgaben zur Liberalisierung des Gasmarktes an die Mitgliedsstaaten der EU
- 1998 Liberalisierung des deutschen Strommarktes. Die EU-Richtlinie zum Elektrizitätsbinnenmarkt wird mit dem novellierten Energiewirtschaftsgesetz des Jahres 1998 in nationales Recht umgesetzt
- 07.07.2005: Das novellierte Energiewirtschaftsgesetz setzt die europäischen Richtlinien zum Elektrizitäts- und Gasbinnenmarkt in nationales Recht um.
- 2004 – 2007 Liberalisierung des deutschen Gasmarktes
siehe auch
Ölpreisbindung der Erdgaspreise