Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Seine Amtssitze sind das Schloß Bellevue in Berlin und die Villa Hammerschmidt in Bonn. In der Ausübung seiner Aufgaben unterstützt ihn das Bundespräsidialamt. Der Bundespräsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren von der Bundesversammlung gewählt. Derzeitiger Amtsinhaber ist Johannes Rau.
Aufgaben und Befugnisse
Der Bundespräsident hat in seiner Funktion als Staatsoberhaupt vor allem repräsentative Aufgaben. Er vertritt die Bundesrepublik völkerrechtlich, beglaubigt diplomatische Vertreter und hat auf Bundesebene das Begnadigungsrecht.
Im Politischen sind seine Aufgaben und Befugnisse hauptsächlich auf der formalen Ebene angesiedelt:
- Unterzeichnung und Verkündigung der Bundesgesetze (durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt). Hierbei hat er ein formales Prüfungsrecht, ob diese verfassungsgemäß zustande gekommen sind. (Die Existenz eines materiellen Prüfungsrechtes ist in der Rechtswissenschaft umstritten).
- Vorschlagen des Bundeskanzlers zur Wahl sowie dessen Ernennung bzw. Entlassung nach Wahl/Abwahl durch den Bundestag
- Ernennung und Entlassung von Bundesministern auf Vorschlag des Bundeskanzlers
- Ernennung und Entlassung von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren, sofern nichts anderes durch Anordnungen und Verfügungen bestimmt ist.
In all diesen Fällen ist der Bundespräsident nur Ausführender. Wirkliche politische Befugnisse wachsen dem Amt nur in eng umrissenen Ausnahmesituationen zu. So kann er in zwei Fällen den Bundestag auflösen: Sollte bei der Wahl des Bundeskanzlers der vorgeschlagene Kandidat für dieses Amt auch im dritten Wahlgang nur eine relative Mehrheit erhalten, kann der Bundespräsident ihn ernennen (Minderheitsregierung) oder aber den Bundestag auflösen. Ebenso kann der Bundespräsident den Bundestag nach einer gescheiterten Vertrauensfrage auflösen. Dies geschah in der bundesdeutschen Geschichte bisher zweimal. 1972 löste Gustav Heinemann den Bundestag auf, 1982 Karl Carstens. (Allerdings wurde diese Situation in beiden Fällen von den jeweiligen Regierungsfraktionen bewusst herbeigeführt, um gewünschte Neuwahlen zu ermöglichen). Außerdem ist der Bundespräsident, mit Zustimmung des Bundesrats, befugt, den Gesetzgebungsnotstand erklären.
Diese schwache Position des Bundespräsidenten ist eine Reaktion auf die Erfahrungen der Weimarer Republik. Während der Beratungen des Parlamentarischen Rates herrschte weitgehender Konsens aller Beteiligten, dass dem Präsidenten nicht wieder eine solch überragende Stellung im politischen System zukommen sollte wie seinerzeit dem Reichspräsidenten (zum Beispiel Paul von Hindenburg).
Aus dieser Konstellation ergibt sich, dass der Bundespräsident politische Wirkung hauptsächlich durch Reden erzielt, die gesellschaftliche Diskussionen aufgreifen oder anstoßen. Als Beispiele hierfür gelten die Weizsäcker-Rede anlässlich des 40. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges (1985) und die so genannte 'Ruck-Rede' Roman Herzogs von 1997. Wie kein anderer Spitzenpolitiker ist der Präsident unabhängig von der Tagespolitik und kann daher wesentlich freier als andere Politiker Themen und Zeitpunkt seiner Äußerungen bestimmen, die der Überparteilichkeit verpflichtet sind (alle bisherigen Präsidenten ließen ihre Parteimitgliedschaft für die Dauer der Amtszeit ruhen). Eine weitere bislang ungebrochene Regel ist, dass ein ehemaliger Bundespräsident keine weiteren politischen Ämter mehr anstrebt, sondern allenfalls als elder statesman am öffentlichen Leben teilnimmt.
Die Vertretung des Bundespräsidenten wird durch den Bundesratspräsidenten wahrgenommen.
Amtsenthebung
Während seiner Amtszeit genießt der Bundespräsident Immunität. Der Bundespräsident kann nicht abgewählt werden. Die einzige Möglichkeit ihn seines Amtes zu entheben ist die Präsidentenanklage vor dem Bundesverfassungsgericht nach Artikel 61 GG.
Die Präsidentenanklage kann auf Antrag eines Viertel der Mitglieder des Bundestages oder des Bundesrates durch Beschluss mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit von Bundestag oder Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden. Wenn der Bundespräsident gegen das Grundgesetz oder gegen ein Gesetz des Bundes verstoßen hat, kann das Bundesverfassungsgericht ihn des Amtes entheben oder erklären, dass der Präsident an der Ausübung seines Amtes verhindert ist.
Wahl des Bundespräsidenten
Der Präsident wird von der Bundesversammlung ohne Aussprache und geheim auf 5 Jahre gewählt. Er kann nur einmal wiedergewählt werden. Wählbar ist jeder Deutsche, der das 40. Lebensjahr vollendet hat. In der Bundesversammlung spiegelt sich das föderative System der Bundesrepublik Deutschland: Sie setzt sich zu gleichen Teilen aus den Mitgliedern des Bundestags und von den Bundesländern entsandte Wahlfrauen und -männer zusammen. (Üblicherweise sind dies die Abgeordneten aus den Länderparlamenten und einige Vertreter der "Allgemeinheit", z.B. aus Wirtschaftsverbänden oder Prominente). Bei der Wahl muss ein Kandidat die absolute Mehrheit auf sich vereinen, erst wenn dies in den ersten zwei Wahlgängen keinem Kandidaten gelingt, reicht im dritten Wahlgang die relative Mehrheit aus.
Kandidatenauswahl
Die Kandidatenauswahl im Vorfeld der eigentlichen Bundespräsidentenwahl ist stark von der absehbaren parteipolitischen Stimmverteilung in der Bundesversammlung und entsprechenden parteitaktischen Überlegungen geprägt. Je nach Ausgangslage versuchen die beiden großen Parteien, in einem (wie auch immer gearteten) innerparteilichen Prozess einen Kandidaten zu finden, für den sich in der Bundesversammlung eine Mehrheit organisieren lässt. Im Allgemeinen erfolgt auch dies bereits im Vorfeld mittels Absprachen zwischen einzelnen Parteien.
Kritik/Diskussionen
Die Dominanz von parteitaktischen Überlegungen bei der Kandidatenauswahl (statt der Persönlichkeit der möglichen Kandidaten) und häufige Absprachen im Vorfeld, die die Wahl durch das eigentlich zuständige Gremium zur reinen Formalität herabwürdigen, führten zu Diskussionen, eine Direktwahl des Bundespräsidenten durch das Volk zu ermöglichen. Befürworter argumentieren, eine Direktwahl durch das Volk würde das gesamte Wahlverfahren transparenter machen und Entscheidungen wieder aus politischen Hinterzimmern in das Licht der Öffentlichkeit bringen. Gegner einer Direktwahl meinen, dass eine Direktwahl den Prinzipien einer repräsentativen Demokratie zuwider laufen würde und außerdem das Amt des Präsidenten zu wenig Machtbefugnisse habe, um für eine Direktwahl in Frage zu kommen. Darüberhinaus würde das Amt sowie die Person des Bundespräsidenten im notwendig werdenden Wahlkampf beschädigt werden.
Zur Einführung einer Direktwahl wäre eine Verfassungsänderung notwendig.
Wahl 1999
Mit der Wahl am 23. Mai 1999 wurde der 8. deutsche Bundespräsident, Johannes Rau (SPD) gewählt. Rau konnte sich mit 690 Stimmen im zweiten Wahlgang gegen die Ilmenauer Hochschulprofessorin Dagmar Schipanski (CDU) mit 572 Stimmen und die Theologieprofessorin Uta Ranke-Heinemann mit 62 Stimmen durchsetzen. Keiner der Kandidaten verfügte über eine absolute Mehrheit, um im ersten Wahlgang die Wahl für sich entscheiden zu können. Nachdem die FDP-Fraktion ihren Mitgliedern die Abstimmung im zweiten Wahlgang freigestellt hatte, votierte eine deutliche Mehrheit der FDP-Delegierten für Rau, der somit im zweiten Wahlgang eine absolute Mehrheit erhielt.
Wahl 2004
CDU/CSU und FDP einigten sich auf Horst Köhler als gemeinsamen Kandidaten, während SPD und Grüne Gesine Schwan als Kandidatin nominierten. Da die Unionsparteien mit der FDP zusammen über 625 Sitze verfügen (dies sind 21 Stimmen mehr als für die absolute Mehrheit erforderlich), gilt Köhlers Wahl als sicher. Das Nominierungsverfahren allerdings, das zu seiner Kandidatur führte, stieß auf breite Kritik. Nach allgemeiner Einschätzung war die Art und Weise, wie die Diskussion geführt wurde, dem Amt nicht angemessen.
Deutsche Bundespräsidenten seit 1949
Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland | |||
Name | Amtszeit | Wahltermin | Partei |
---|---|---|---|
Theodor Heuss | 1949 - 1959 | 12. September 1949 | FDP |
Heinrich Lübke | 1959 - 1969 | 1. Juli 1959 | CDU |
Gustav Heinemann | 1969 - 1974 | 5. März 1969 | SPD |
Walter Scheel | 1974 - 1979 | 15. Mai 1974 | FDP |
Karl Carstens | 1979 - 1984 | 23. Mai 1979 | CDU |
Richard von Weizsäcker | 1984 - 1994 | 23. Mai 1984 | CDU |
Roman Herzog | 1994 - 1999 | 23. Mai 1994 | CDU |
Johannes Rau | 1999 - 2004 | 23. Mai 1999 | SPD |
Horst Köhler, Gesine Schwan (bisher aufgestellt) | 2004 - 2009 | 23. Mai 2004 | CDU/SPD |
Heinrich Lübke war katholisch, alle anderen Bundespräsidenten evangelisch.
Erfolglos kandidierten u.a.:
- Kurt Schumacher (SPD), 1949
- Carlo Schmid (SPD), 1959
- Gerhard Schröder (CDU), 1969
- Richard von Weizsäcker (CDU), 1974
- Annemarie Renger (SPD), 1979
- Luise Rinser, 1984
- Johannes Rau (SPD), 1994
- Dagmar Schipanski (CDU), 1999
- Uta Ranke-Heinemann (PDS), 1999