SBB Ae 6/6

sechsachsige Universallokomotive der SBB
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Betrieb
Baujahr 1952-1966
Loknummern 10401-10520
UIC: Ae 610 401-520
Stückzahl Ablieferung 120
Stückzahl heute 110 (2005)
Einsatzgebiet Division Güterverkehr
Ausrangierung seit 2002
Technische Daten
Loktyp Elektro-Lokomotive
Hersteller SLM, BBC, MFO
Achsfolge Co'Co'
Höchstgeschwindigkeit 125 km/h
heute: 120 km/h
Leistung 4'300 kW (5'830 PS)
Stundenzugkraft 221 kN
Anfahrzugkraft 392 kN
Bergleistung 650-Tonnen-Zug
auf 26 ‰ Steigung
bei 75 km/h
Masse und Gewicht
Länge über Puffer 18'400 mm
Breite 2'970 mm
Höhe 4'500 mm
Gewicht 120 t
Prototypen: 124 t
Sonstiges
Besondere Merkmale 2 Prototypen mit
anderen Merkmalen.
Vorgänger SBB Ae 4/6
Nachfolger SBB Re 6/6

SBB Ae 6/6 (Gotthardlokomotive)

Die Ae 6/6 werden häufig als Kantonslokomotive bezeichnet, da die ersten 25 Lokomotiven die Wappen der 25 schweizer Kantone trugen. Am Lokkasten befanden sich Chrom-Zierlinien und an den Frontseiten ein Schnäuzchen. Diese Zierung, begleitet von den Wappen an den Seitenwänden, fand großen Anklang und machte diese leistungsstarken Maschinen europaweit berühmt. Die weiteren 95 Lokomotiven der Serie erhielten die Wappen der Kantonshauptorte sowie wichtiger Städte und Ortschaften, dabei jedoch nicht mehr die markanten Chromstreifen. Dort wo sich die Wappen befanden, war bei den ersten Lokomotiven erst die Fahrzeugnummer (z. B. 11401) abgebracht. Die Lokomotivtaufen wurden als festliche Anlässe durchgeführt.

Ursprünglich waren die Maschinen tannengrün lackiert. Heute haben etwa die Hälfte aller Lokomotiven einen roten Anstrich.

Vorgeschichte

Vor dem Erscheinen der Ae 6/6 waren im Verkehr auf der Gotthard-Strecke vor allem die SBB Ae 4/6, die SBB Ae 4/7 sowie die Be 6/8 (Krokodil-Lokomotive) eingesetzt. Sie waren - aus heutiger Sicht - nur für sehr bescheidene Anhängelasten zugelassen. Dadurch waren am Gotthard Vorspanndienste nötig, die zeitraubend, unpraktisch und unwirtschaftlich waren.

Anforderungen an die Ae 6/6

Vor allem aus diesen Gründen wollten die SBB eine neue Lokomotivserie anschaffen. Das 1949 erstellte Pflichtenheft sah vor, dass die zu entwickelnde Lokomotive einen 600-Tonnen-Zug mit 75 km/h über die Steigung von 26‰ am Gotthard befördern sollte. 1952 konnte der Prototyp mit der Nummer 11401 abgeliefert werden.

Erfahrungen mit den Prototypen

Mit diesen absolvierte man intensive Versuchs- und Testfahrten. Diese Prototypen hatten Drehgestelle mit starren Achsen, was im Kurvenlauf zu starkem Schienen- und Spurkranz-Verschleiß führte. Trotz anfänlicher technischer Mängel war man bei den SBB der Überzeugung, mit der Entwicklung der Ae 6/6 auf dem richtigen Weg zu sein. Nach Einbau seitenelastisch gelagerter Radsätze und Verkleinerung des Spurkranzes der mittleren Drehgestell-Räder konnte der Serienbau 1954 eingeleitet werden, dem 1955 die ersten Auslieferungen folgten.

Betriebseinsatz

Zusammenfassung

Zu den besten Zeiten, in den 1950er und 1960er Jahren, waren die Ae 6/6 die Gotthardlokomotive schlechthin sowohl im Reise- wie auch im Güterverkehr. Sie waren auch am Simplon im Einsatz. Sie wurden im Turnus dort eingesetzt, damit die Revision durch die Hauptwerkstätte Bellinzona gesichtert war. In den späten Sechzigerjahren wurden die beiden Prototypen vom Gotthard abgezogen; später folgten auch viele Serienlokomotiven. Sie wurden ins Flachland versetzt, da neuere, leistungsfähigere Lokomotiven auf dem Gotthard eingesetzt wurden. Seit den 1990er Jahren werden die Ae 6/6 fast nur noch im Güterverkehr eingesetzt, da sie für Reisezüge heute zu langsam sind.

Die Prototypphase

Die Lokomotive 11401 wurde 1952 abgeliefert. Es folgten verschiedene Versuchs- und Extrafahrten. 1953 erschien auch die Nr. 11402. 1955-1966 folgte die Ablieferung der Serienlokomotiven 11403-11520. Die nach und nach abgelieferten Ae 6/6 lösten zuerst die SBB Ae 4/7 und dann die jüngeren SBB Ae 4/6 ab. Während rund 20 Jahren lasteten praktisch die gesamten schweren Gottharddienste im Güter- wie auch im Personenverkehr auf dieser Lokomotive. Die Prototypen wurden seinerzeit in einem 2-Tagesprogramm auf der Gotthardstrecke erprobt. Dabei erreichten sie im Tag eine Leistung von über 900 Fahrkilometern. Allerdings waren zeitweise 1 oder 2 von den 6 Fahrmotoren defekt. Die Fahrmotoren wurden durch Ballast ersetzt, damit das Dienstgewicht von 120 t (Die Prototypen wiegen 124 t) noch stimmte. Die betroffenen Lokomotiven kamen dann vorübergehend in Dienste von Ae 4/7-Lokomotiven.

1970er-1990er Jahre

In den 70erjahren wurden die Prototypen 11401 und 11402 technisch weiterentwickelt. Sie erhielten aber nie die Qualität der Serienlokomotiven. 1971 wurden die Ae 6/6 durch die neue SBB Re 4/4 III auf der Gotthardstrecke etwas entlastet. Echte Konkurrenz bekamen sie jedoch ab 1975 durch die SBB Re 6/6, die als ihr Nachfolge-Typ vorgesehen war und beinahe die doppelte Leistung hat.

Der ehemalige Star des Gotthards wurde damit in niedergeordnete Dienste verdrängt und seither meist im Mittelland und im Jura und seit Mitte der 1990er Jahre fast nur noch im Güterverkehr eingesetzt. Dies, da er für den schnellen Reiseverkehr mit der von 125 km/h auf 120 km/h herabgesetzten Höchstgeschwindigkeit zu langsam ist.

Eine Ausnahme bildeten die von der BLS gemieteten einstigen Gotthardlokomotiven, die zur Fahrt über den Lötschberg sogar noch vor InterCity-Züge gespannt wurden.

Die Serienlokomotiven 11403-11420 wurden nach dem sogenannten Baukastensystem erstellt. Obwohl sie teils in schwere Unfälle verwickelt waren, konnten sie innert kurzer Zeit wieder instandgestellt werden. Da die Prototyplokomotiven 11401 und 11402 verschiedentlich anders konstruiert sind, konnten sie von diesem Baukastensystem weitgehend nicht profitieren. Am 12. April 1989 erlitt die Ae 6/6 11401 "Ticino" einen Zusammenprall mit einer Re 4/4 II in Winterthur. 1/3 des Lokkastens war beschädigt, und die Lokomotiv-Abteilung der Hauptwerkstätte Bellinzona wollte die Maschine schon abbrechen. Eisenbahnfreunde wehrten sich aber für den Erhalt dieser allerersten Ae 6/6-Lokomotive, so dass man ihr noch eine Change gab. Es war die aufwendigste und teuerste Lokomotiv-Revision aller Zeiten und dauerte 2 Jahre.

21. Jahrhundert

Alle 120 Maschinen überstanden die Jahrtausendwende. 2002 war die 11401 "Ticino" kurz nach ihrem 50. Geburtstag zu Gast am Tag der offenen Tür auf dem Rangierbahnhof Muttenz. Nach einem Kabelbrand wurde sie am 11. September 2003 ausrangiert und wird unter Anderem als Denkmallokomotive auf dem Bahnhof von Bellinzona gehandelt. Sie steht aber mit einer ungewissen Zukunft mit "Artgenossinnen" auf einem Abstellgleis in Biasca. Die Ae 6/6 11402 "Uri" ist als Denkmal- und historische Lokomotive für den Bahnhof Erstfeld vorgesehen.

Nahgüterzüge und Wappendiebstähle

Die noch betriebsfähigen Serienloks sind heute vor Nahgüterzügen anzutreffen, stehen aber meist auf grossen Rangierbahnhöfen. Dort wurden Wappen von Unbekannten abmontiert und entwendet, so dass die SBB-Division Güterverkehr, genannt SBB Cargo, anordnete, alle übrigen Gemeinde- und Kantonswappen abzumontieren.

Der Makel eines Schienenmörders

Da die Ae 6/6 Drehgestelle mit je 3 Achsen enthalten, haftet an ihnen der Makel von "Schienenmördern". Der Unmut wurde besonders aufgrund von Güterfahrten auf der der Chemin de fer du Jura (CJ) gehörenden Strecke Porrentruy-Bonfol laut.

Ausblick und Schlussbetrachtungen

1999 wurden auf Grund der Restrukturierung bei den SBB alle 120 Lokomotiven in die Division Güterverkehr eingeteilt. Im Güterverkehr ist die Ae 6/6 heute weiterhin eine sehr zuverlässige Lokomotive.

2002 wurde die erste Lokomotive dieser Serie, die 11410 Basel-Stadt unfallbedingt ausrangiert und abgebrochen. Seither wurden acht Maschinen, darunter auch die Prototypen 11402 Uri und 11401 Ticino ausrangiert. Voraussichtlich wird eine Ae 6/6 im Verkehrshaus von Luzern untergebracht. Das dürfte erst der Fall sein, wenn die Baureihe nicht mehr den Streckenlokomotiven, sondern den hisorischen Lokomotiven zugeordnet wird. Auch die Stiftung Historisches Erbe der SBB, genannt "SBB Historic", möchte eine Ae 6/6 käuflich erwerben. Das wird aber nicht die Nr. 11401 sein.

Für die jüngeren Lokomotiven wird die Ausrüstung mit der Führerstandsignalisierung (FSS) erwogen, so dass diese auf FSS-Strecken fahren können. Eine probehalber umgerüstete Lokomotive ist die 11512 Horgen. Als grösster Nachteil der Ae 6/6 wird häufig die fehlende Vielfachsteuerung erwähnt. Bisherige Pläne eines Umbaus wurden verworfen.

Im März 2005 wurden die Wappen vieler Ae 6/6 wegen zunehmender Diebstähle vorsorglich entfernt.

Siehe auch