Das Jüdische Museum Berlin ist das größte jüdische Museum Europas. Es zeigt dem Besucher zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte, die Höhe- und Tiefpunkte der Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden in Deutschland. Das Museum beherbergt eine Dauerausstellung, mehrere Wechselausstellungen, Archive, eine Bibliothek, das Rafael Roth Learning Center und Forschungseinrichtungen. All diese Abteilungen dienen dazu, jüdische Kultur und jüdisch-deutsche Geschichte darzustellen. Danke fur die Blumen

Das Museum in der Lindenstraße im Berliner Ortsteil Kreuzberg besteht aus dem Altbau des barocken Kollegienhauses (ehemals Kammergericht) und dem zickzackförmigen Neubau des US-amerikanischen Architekten Daniel Libeskind. Auf der gegenüber liegenden Seite der Lindenstraße wird seit 2011 eine Erweiterung des Museums in die ehemalige Blumengroßmarkthalle hineingebaut. Nach einem weiteren Entwurf von Libeskind sollen dort Bibliothek, Museumspädagogik und ein Garten Platz finden.[1] Die Umbaukosten von knapp zwölf Millionen Euro trägt mehrheitlich der Bund.[2]
Das Museum ist eine Stiftung öffentlichen Rechts in der Verantwortung des Bundes.[3][4] Direktor ist W. Michael Blumenthal.[5] Zur Direktion des Museums gehören außerdem Cilly Kugelmann,[6] Bülent Durmus[7] und Börries von Notz.[8] Das Museum hatte seit der Eröffnung 2001 bis Ende 2011 knapp 7,5 Millionen Besucher. Mit rund 722.000 Besuchern im Jahr 2011 gehört es zu den meistbesuchten Museen Berlins.[9]
Entstehung des Museums
Bereits am 24. Januar 1933,[10] sechs Tage vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, wurde Berlins erstes Jüdisches Museum eröffnet. Unter der Leitung von Karl Schwarz entstand damit neben der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße das weltweit erste Jüdische Museum, das neben Kunstwerken und historischen Zeugnissen der jüdischen Vergangenheit auch jüdische Kunst der Moderne sammelte und ausstellte.[11]
Am 10. November 1938 wurde das Museum durch die Geheime Staatspolizei geschlossen und das Museumsinventar beschlagnahmt. Heute befinden sich Teile dieser Kunstsammlung im Israel-Museum in Jerusalem und im Skirball Cultural Center in Los Angeles. Erst zum 300. Jahrestag der Jüdischen Gemeinde zu Berlin im Jahr 1971 entstand anlässlich der Ausstellung Leistung und Schicksal des Berlin Museums im Gebäude des alten Kammergerichts die Idee einer Neugründung des Museums. Aus der Jüdischen Abteilung des ehemaligen Berlin-Museums für Berliner Geschichte entstand das neue Jüdische Museum.
Im Jahr 1989 gewann Daniel Libeskind mit seinem Entwurf den ersten Preis eines Architektenwettbewerbs für die Erweiterung des Berlin-Museums. 1992 wurde der Grundstein für den Neubau gelegt. Während der sich lange hinziehenden Bauphase gab es heftige Diskussionen über die Nutzung des Neubaus und die Stellung der Jüdischen Abteilung. Im Dezember 1997 bekam das Museum einen neuen Direktor, W. Michael Blumenthal, der auf der Gründung eines eigenständigen jüdischen Museums im Altbau und im Neubau des Berlin-Museums und somit auf dessen Verlegung bestand. Am 1. Januar 1999 wurde das Jüdische Museum als Einrichtung des Landes Berlin gegründet. Schon zu diesem Zeitpunkt war der noch leere Neubau für Besucher geöffnet; er wurde mit dem Deutschen Architekturpreis 1999 gewürdigt. Unter der Leitung des neuseeländischen Projektdirektors Ken Gorbey wurde die Dauerausstellung des Jüdischen Museums in achtzehn Monaten entwickelt. Nach der feierlichen Gala-Eröffnung am 9. September 2001 war das Museum am 13. September 2001 für das Publikum zugänglich. Aufgrund der Terroranschläge auf das World Trade Center in New York am 11. September wurde der ursprünglich geplante Eröffnungstermin um zwei Tage verschoben. Der 14. Deutsche Bundestag verabschiedete 2001 das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung Jüdisches Museum Berlin. Als bundesunmittelbare Stiftung ist das Museum eine eigenständige juristische Person des öffentlichen Rechts und Bestandteil der mittelbaren Staatsverwaltung des Bundes. Cilly Kugelmann ist seit September 2002 Programmdirektorin des Jüdischen Museums Berlin und Stellvertreterin des Direktors.[12]
Stiftungsrat
„Der vom Bundespräsidenten berufene Stiftungsrat trat am 27. November 2001 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Satzungsgemäß sind nach den ersten fünf Jahren Neu- bzw. Wiederberufungen für den Stiftungsrat ausgesprochen worden. Seine Mitglieder sind:
- Vorsitzender: Bernd Neumann – MdB, Staatsminister bei der Bundeskanzlerin, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien
- Götz Aly – Historiker und Journalist (Nachfolger von Alexander Gauland)[13]
- Monika Grütters – MdB, Vorstand und Geschäftsführung Stiftung Brandenburger Tor der Bankgesellschaft Berlin
- Salomon Korn – Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland
- Hartmut Koschyk – Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen
- Michael Naumann – Staatsminister a. D.
- André Schmitz – Staatssekretär für Kulturelle Angelegenheiten in der Berliner Senatsverwaltung
- Johanna Wanka – Bundesministerin für Bildung und Forschung“
Gebäude/Architektur
Das Jüdische Museum Berlin besteht im Wesentlichen aus zwei Gebäuden, dem barocken Altbau des Kollegienhauses und dem Neubau im Stil des Dekonstruktivismus von Daniel Libeskind. Beide Häuser haben keine oberirdisch sichtbare Verbindung, sondern sind nur durch das Untergeschoss miteinander verbunden. Oberirdisch an den Altbau ist ein weiterer Neubau angeschlossen, der als Gruppeneingang und Gruppengarderobe dient und auch einen Zugang zum Garten bietet. Von der Lindenstraße ist dieser Bau allerdings durch das große Hoftor verdeckt. Teile der Verwaltung und anderer Abteilungen sind zudem in umliegenden Bürogebäuden untergebracht. Im September 2007 eröffnete das Museum den neuen Glashof, der nach einem Entwurf von Daniel Libeskind entstand. Das Glasdach überspannt den Innenhof des barocken Altbaus.
Kollegienhaus
Das Kollegienhaus wurde 1735 nach Plänen von Philipp Gerlach gebaut und beherbergte früher das preußische Kammergericht. Als dieses 1913 in den Neubau am Kleistpark verlegt wurde, brachte man hier das Konsistorium unter.
Im Zweiten Weltkrieg wurde es bis auf die Außenmauern zerstört. Zunächst war die vollständige Niederlegung für eine Autobahntangente (geplante A 106) vorgesehen. Erst 1963 bis 1969 erfolgte der Wiederaufbau. Bevor das Jüdische Museum das Haus bezog, war es Sitz des stadtgeschichtlichen Berlin Museums.
Heute sind im Altbau der Eingangsbereich mit Sicherheitskontrolle, Kartenverkauf, Information, Garderobe und Restaurant sowie Sonderausstellungsräume, ein Auditorium und Büros untergebracht.
Libeskind-Bau
Die Architektur des zickzackförmigen Neubaus, dessen feierliche Eröffnung am 23. Januar 1999 erfolgte,[15] zeichnet sich durch eine Titan-Zink-Fassade, ungewöhnlich geformte Fenster, viele spitze Winkel in den Wänden, geneigte Böden und grauen Sichtbeton aus.
Durch den Eingangsbereich im Altbau gelangen Besucher über eine schwarze Schiefertreppe ins Untergeschoss des Neubaus, in dem sich die Hauptausstellung des Museums, kleine temporäre Ausstellungen und das Rafael Roth Learning Center befinden.
Die Achsen
Nach dem Betreten des Neubaus trifft man zunächst auf drei sich kreuzende schiefe „Achsen“: die Achse der Kontinuität, die an einer hohen, zur Dauerausstellung führenden Treppe endet, die Achse des Exils und die Achse des Holocaust.
Garten des Exils
Die Achse des Exils führt aus dem Gebäude hinaus in den Garten des Exils, eine tiefer liegende quadratische Fläche, deren begrenzende Betonmauern die Sicht in die Umgebung verhindern. Im Garten des Exils stehen 49 sechs Meter hohe Betonstelen auf einem schiefen Grund, auf denen Ölweiden gepflanzt sind, da Ölbäume, die in der jüdischen Tradition Frieden und Hoffnung symbolisieren, das Klima nicht vertragen würden. Die Zahl 49 nimmt Bezug auf das Gründungsjahr des Staates Israel, 1948, während die 49. Stele in der Mitte für Berlin steht. Ursprünglich sollte sie mit Erde aus Jerusalem gefüllt werden.[16] Dieser Plan wurde jedoch nicht umgesetzt. Des Weiteren ist die Zahl Sieben im Judentum (7 × 7 = 49) eine heilige Zahl.
Man kann im Garten die Erfahrung des Exils hautnah erfahren. Der Besucher fühlt sich erst fremd, dann ist der Gang durch den Garten geprägt von Unsicherheit, denn aufgrund des schiefen Bodens gerät man leicht ins Taumeln und die Betonsäulen beschränken die Sicht ungemein. Im Frühsommer, während der Blütezeit der Ölweiden, wirkt der Garten aufgrund des starken unbekannten Duftes noch fremder.
Die Ähnlichkeit des Gartens des Exils mit dem Stelenfeld des Denkmals für die ermordeten Juden Europas sorgte 1999 für Plagiatsvorwürfe von Libeskind gegen dessen Architekten Peter Eisenman; der Streit konnte allerdings beigelegt werden.
Holocaust-Turm
Die Achse des Holocaust endet am Holocaust-Turm. Dies ist ein dunkler, kalter, hoher Gedenkraum, in den nur durch eine Spalte in der Decke Tageslicht eindringt. Auf die meisten Menschen wirkt dieser Raum beklemmend und unfassbar. Der Raum hat jedoch nur symbolische Bedeutung und ist nicht etwa der Nachbau einer Gaskammer, wie viele Besucher denken. In etwa zweieinhalb Metern Höhe gibt es eine für Wartungsarbeiten angebrachte Leiter im Turm, die bis zur Decke führt. Nach Meinung mancher Besucher dient diese als Rettungsweg oder als Symbol für das Unerreichbare.
Die Voids
Im Museumsneubau gibt es mehrere auf einer gebrochenen Linie angeordnete sogenannte „Voids“, vollkommen leere Räume, die sich vom Keller bis zum obersten Geschoss erstrecken. Sie sind mit Ausnahme des „Memory Voids“ von der Dauerausstellung aus nicht begehbar, von manchen Stellen aus aber einsehbar. Sie sollen an die leeren Stellen erinnern, die der Holocaust in Deutschland hinterlassen hat.
Glashof
Nach einem 2005 errichteten Gruppeneingang bildet der Glashof nach dem Entwurf „Sukkah“ (hebräisch für ‚Laubhütte‘) von Daniel Libeskind seit September 2007 die zweite bauliche Erweiterung des Museums. Ein Glasdach überspannt den 670 m² großen Innenhof des U-förmigen barocken Altbaus, dem ehemaligen Kollegienhaus, und wird von vier freistehenden Stützenbündeln aus Stahl getragen. Mit diesem Entwurf bezieht sich Daniel Libeskind auf das jüdische Laubhüttenfest Sukkot, einem frühen Erntedankfest, das seit der Zeit des Exils in Erinnerung daran gefeiert wird, dass die Israeliten während der Wüstenwanderung in Hütten gelebt haben. Mit dem Glashof gewinnt das Museum einen Veranstaltungsraum für rund 500 Personen. Er passt sich dem Altbau an, indem das Glasdach nur an wenigen Punkten mit dem Altbau konstruktiv verbunden ist und der Anschluss durch eine abgesetzte, niedrigere gläserne Fuge erfolgt. Neun Scheibentypen, die je zwei Mal gespiegelt zueinander in die Fronten eingebaut sind, erzeugen ein lebhaftes Relief der großen Oberfläche.
Akademie
Daniel Libeskind entwarf auch den Erweiterungsbau auf der Westseite der Lindenstraße. In der ehemaligen Blumengroßmarkthalle sollen Archiv, Bibliothek und Räumlichkeiten für diverse Bildungsangebote untergebracht werden. Die feierliche Eröffnung fand am 17. November 2012 statt.
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Laubengang im Park des Jüdischen Museums
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Platanenwäldchen im Park des Jüdischen Museums
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Straßenfront, Teilansicht
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Detail der Fassade
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Kreuzförmige Fenster in der Fassade
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Boden außerhalb des Museums
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Blick von Süden auf das Jüdische Museum, im Vordergrund der Garten des Exils
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Die schief stehenden Stelen des Garten des Exils
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Betonstelen im Garten des Exils
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Innenansicht des Holocaustturms: Es fällt nur wenig Tageslicht durch eine einzige Öffnung
Ausstellungen
Ständige Ausstellung – Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte
Die Dauerausstellung Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte vermittelt einen Blick auf Deutschland aus der Sicht seiner jüdischen Minderheit. Sie beginnt mit den mittelalterlichen SCHUM-Städten am Rhein, Speyer, Worms und Mainz. Den Barock erleben die Besucher durch Glikl bas Judah Leib (1646–1724, alias Glückl von Hameln) und deren Tagebuch, das ihr Leben als jüdische Kauffrau in Hamburg veranschaulicht. Das 18. Jahrhundert wird durch das intellektuelle und persönliche Erbe des Philosophen Moses Mendelssohn (1729–1786) erfahren. Ergänzt werden diese Sichtweisen durch die Beschreibung jüdischen Lebens am Hof und auf dem Land. Das Bild der Emanzipation des 19. Jahrhunderts ist von Optimismus, sozialen und politischen Errungenschaften und zunehmendem Wohlstand geprägt. Doch auch die Rückschläge und Enttäuschungen für die jüdischen Gemeinden jener Zeit werden thematisiert. Die Erlebnisse deutsch-jüdischer Soldaten des Ersten Weltkriegs stehen am Anfang der Darstellung des 20. Jahrhunderts. In der Sektion über den Nationalsozialismus sehen Besucher, wie jüdische Mitbürger auf ihre zunehmende Diskriminierung reagierten und wie dies beispielsweise zu Neugründungen jüdischer Schulen und Sozialdienste führte. Die Ausgrenzung und Vernichtung der Juden setzte diesen Initiativen jedoch ein baldiges Ende. Nach der Schoa fanden sich 250 000 Überlebende in Lagern für Displaced Persons zusammen, wo sie auf eine Emigrationschance warteten. Zugleich entstanden neue kleine jüdische Gemeinden in Ost und West. Die Ausstellung schließt mit einem Überblick über die Einwanderung von etwa 200 000 Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland, mit denen ein neues, noch ungeschriebenes Kapitel des jüdischen Lebens in Deutschland beginnt.
Sonderausstellungen
Die Sonderausstellungen beschäftigen sich mit Themen aus unterschiedlichen Epochen, präsentiert in verschiedenen Genres. Besonders bemerkenswert waren die folgenden Ausstellungen:
- 2012–2013: R. B. Kitaj (1932–2007). Obsessionen
- 2011–2012: Heimatkunde. 30 Künstler blicken auf Deutschland
- 2009–2010: Kosher & Co. Eine Ausstellung über Essen und Religion
- 2008–2009: Raub und Restitution. Kulturgut aus jüdischem Besitz von 1933 bis heute
- 2008: typisch! Klischees von Juden und Anderen
- 2006–2007: Heimat und Exil
- 2005–2006: Weihnukka. Geschichten von Weihnachten und Chanukka
- 2004: 10+5=God
- 2003: Kontrapunkt. Die Architektur von Daniel Libeskind
Rafael Roth Learning Center
20 Computerstationen stehen für Einzelpersonen und Gruppen auf knapp 500 Quadratmetern bereit, um über deutsch-jüdische Geschichte und Kultur zu informieren. Die Besucher können hier gezielt nach Antworten auf ihre Fragen suchen oder sich von dem multimedialen Angebot leiten lassen. Das Learning Center bietet neben einem Lexikon und dem digitalen Katalog des Museums spannende, interaktiv erzählte Geschichten. Sie berichten von historischen Ereignissen und Persönlichkeiten, aber auch vom Alltag, von Religion und Traditionen, erhellen Hintergründe und Zusammenhänge. Biografien damaliger Prominenz geben Einblicke unter der Überschrift „Ostjüdische Karrieren“ in die Lebenswelt der Einwanderer beispielsweise im Berliner Scheunenviertel, im Frankfurter Ostend oder in Essen.
Installation Shalechet – Gefallenes Laub
Die Installation Shalechet – Gefallenes Laub von Menashe Kadishman befindet sich im „Memory Void“, einem der „Voids“, der Leerstellen oder Hohlräume, die das Gebäude durchziehen. Es befindet sich im Erdgeschoss des Neubaus. Im Raum sind über 10.000 Gesichter aus Stahlblech unterschiedlicher Ausführungen auf dem Boden verteilt, die nicht nur an die im Holocaust ermordeten Juden erinnern sollen, sondern allen Opfern von Krieg und Gewalt gewidmet sind. Dem Besucher steht es dabei frei, darüber zu gehen. Wenn man sich dafür entscheidet, über die Gesichter zu laufen, so erzeugt dies metallische Klänge. Es ist nicht möglich, sich leise fortzubewegen. Dies ist jedoch die Absicht des Künstlers: Dadurch, dass man darüber geht, gibt man den Menschen ihre Stimme zurück.
Besucherdienst
Die Besucher im Jüdischen Museum Berlin werden durch sogenannte „Hosts“ (engl. ‚Gastgeber‘) betreut, deren Aufgabe neben dem Schutz der Objekte vor allem darin besteht, als erste Ansprechpartner den Besuchern mit Rat und Tat bei Seite zu stehen. Im Jahr 2006 entstand über den Besucherdienst im Jüdischen Museum eine Reportage mit dem Titel Die Vermittler, der unter anderem auf ARTE und in der ARD ausgestrahlt wurde.
Leo-Baeck-Archiv
Seit September 2001 gibt es in Berlin eine Außenstelle des Archivs des New Yorker Leo Baeck Institutes. Sie erschließt in Deutschland fast die gesamten Bestände dieses weltweit bedeutendsten Archivs zur deutsch-jüdischen Geschichte. Das Leo Baeck Institute in New York wurde 1955 mit Zweigstellen in Jerusalem und London vom Council of Jews from Germany mit dem Ziel gegründet, wissenschaftliche Forschung zur Geschichte der Juden im deutschsprachigen Raum seit der Zeit der Aufklärung zu betreiben, das dazu nötige Material zu sammeln und entsprechende Veröffentlichungen zu fördern. Das Archiv besitzt die umfassendste Sammlung von Materialien zur Geschichte der Juden in Deutschland, Österreich und anderen deutschsprachigen Gebieten in Mitteleuropa während der letzten 300 Jahre – darunter etwa eine Million Dokumente wie Gemeindeakten, persönliche Unterlagen, Briefwechsel, ein Fotoarchiv sowie vielfältige Zeugnisse aus dem religiösen, sozialen, kulturellen, intellektuellen, politischen und wirtschaftlichen Leben. Einmalig ist die Sammlung von mehr als 1200 Memoiren deutschsprachiger Juden (auch und besonders aus der Nach-NS-Zeit). In New York besteht eine bedeutende Kunstsammlung mit Werken bekannter deutsch-jüdischer Maler, Illustratoren und Architekten, sowie eine große Zahl von Zeichnungen von Insassen der Konzentrationslager.
on.tour – Das JMB macht Schule
Mit dem Projekt „on.tour – Das JMB macht Schule“, das 2007 gestartet wurde, möchte das Jüdische Museum Berlin noch mehr Jugendliche erreichen. Inzwischen hat „on.tour“ alle 16 Bundesländer zum Teil mehrmals bereist und neben 130 Schulen auch die Jugendstrafanstalt Berlin besucht. Im direkten Kontakt zu ihnen soll das Interesse und die Begeisterung für deutsch-jüdische Geschichte geweckt und die Fähigkeit zu vorurteilsfreiem und kritischem Denken gestärkt werden. Indem das Museum zu den Schulen fährt, will es Lehrer und Lehrerinnen darin bestärken, sich im Unterricht mit der deutsch-jüdischen Geschichte zu beschäftigen – über die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus hinaus. Ein weiteres Ziel von „on.tour – Das JMB macht Schule“ formulierte W. Michael Blumenthal, Direktor des Jüdischen Museums Berlin: „Jeder Schüler und jede Schülerin in Deutschland sollte das Jüdische Museum Berlin mindestens einmal besucht haben, bevor sie die Schule beenden.“
Die mobile Ausstellung wird auf dem Schulhof oder im Schulgebäude aufgebaut. Fünf robuste und flexibel einsetzbare Ausstellungswürfel mit 16 Vitrinen und leicht verständlichen Texttafeln geben Einblick in die jüdische Geschichte und Lebenswelt. Anhand von Alltagsgegenständen und Zeremonialobjekten werden die Themen „Jüdischer Alltag“, „Leben und Überleben“, „Chancen und Diskriminierung“ und „Feste feiern“ vorgestellt. So verweisen beispielsweise koschere Gummibärchen, die mit dem Stempel des Rabbinats versehen sind, auf die jüdischen Speisegesetze. Das Spannungsfeld im 19. Jahrhundert zwischen dem Wunsch nach Anerkennung und Chancengleichheit einerseits, Berufsverboten und Diskriminierungen andererseits wird beispielhaft an den Lebensgeschichten des Kondomfabrikanten Julius Fromm und des berühmten Physikers und Weltbürgers Albert Einstein deutlich. Die Verknüpfung der deutsch-jüdischen Geschichte mit der Lebenswelt der Schüler soll auch Lust auf einen Besuch des Jüdischen Museums Berlin machen.
Sonstiges
Durch die Dauerausstellung werden Führungen mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten und in verschiedenen Sprachen angeboten. Themen sind beispielsweise das Mittelalter, Musik, jüdische Traditionen, Emanzipation, Architekturbetrachtungen und die jüdische Frauenbewegung.
Seit 2002 ehrt das Jüdische Museum Berlin Persönlichkeiten, die sich auf herausragende Weise um Verständigung und Toleranz verdient gemacht haben, mit dem Preis für Verständigung und Toleranz.[17]
Siehe auch
Literatur
- Zur Ausstellung
- Stiftung Jüdisches Museum Berlin: Geschichten einer Ausstellung – Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte. Berlin 2005, ISBN 3-8321-7535-0 (Ausstellungskatalog).
- Was wir vergessen wollten. Das Jüdische Museum öffnet die deutsche Geschichte. In: Die Zeit, 37/2001, Seite 1
- Zum Gebäude
- Elke Dorner: Daniel Libeskind – Jüdisches Museum Berlin. Gebr. Mann Verlag, Berlin, 3. Auflage 2006, ISBN 3-7861-2532-5.
- Christina Haberlik: 50 Klassiker. Architektur des 20. Jahrhunderts. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2001, ISBN 3-8067-2514-4.
- Bernhard Schneider: Daniel Libeskind. Jüdisches Museum Berlin. Zwischen den Linien. Prestel, München u.a. 1999, ISBN 3-7913-2073-4.
- Chris van Uffelen: Museumsarchitektur. Ullman, Potsdam 2010, ISBN 978-3-8331-6058-5. Seiten 214-217.
Weblinks
- Jüdisches Museum Berlin
- Suche in Sammlungsbeständen des Jüdischen Museums Berlin
- Museumskanal auf youtube
- Jüdisches Museum Berlin. In: archINFORM.
- Webseite Daniel Libeskind über das Museum und über den Glashof
- Fotogalerie – Jüdisches Museum Berlin
- Leo Baeck Institute, NY (engl. Homepage mit online-Katalog)
- Der Glashof (PDF; 1,34 MB) Baudokumentation vom Stahl-Informations-Zentrum
Einzelnachweise und Quellen
- ↑ Weixin Zha: Grüner Garten in Betonhalle. In: taz, 10. August 2011
- ↑ Jüdisches Museum erweitert. In: Berliner Zeitung online, 16. November 2012
- ↑ http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/03-Organisation/03-stiftungsgesetz.php
- ↑ http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/03-Organisation/00-organisation.php
- ↑ http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/03-Organisation/01-direktion.php?exp=,1,#h5-1
- ↑ http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/03-Organisation/01-direktion.php?exp=,2,#h5-2
- ↑ http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/03-Organisation/01-direktion.php?exp=,3,#h5-3
- ↑ http://www.jmberlin.de/main/DE/04-Rund-ums-Museum/03-Organisation/01-direktion.php?exp=,4,#h5-4
- ↑ Pressemitteilung des Jüdischen Museums Berlin, 9. Januar 2012
- ↑ Artikel: Jüdisches Museum. In: Vossische Zeitung, Nr. 42, 25. Januar 1933
- ↑ Auf der Suche nach einer verlorenen Sammlung – das Berliner Jüdische Museum 1933–1938
- ↑ JMB: Direktion
- ↑ http://www.morgenpost.de/printarchiv/kultur/article283699/Goetz-Aly-im-Rat-des-Juedischen-Museums.html
- ↑ Bei jmberlin.de
- ↑ 1,2 Millionen für neues Jüdisches Museum. In: Berliner Zeitung, 25. Januar 1999
- ↑ Bernhard Schneider: Daniel Libeskind. Jüdisches Museum Berlin (1999), S. 40
- ↑ JMB: Preis für Verständigung und Toleranz
Koordinaten: 52° 30′ 5″ N, 13° 23′ 44″ O