Kirgisen

turksprachige Ethnie in Zentralasien
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Die Kirgisen (Eigenbezeichnung: Kirgis, Pl. Kirgisdar) sind eines der älteren Turkvölker. Das Volk umfasst heute rund 4 Millionen Menschen. Die große Mehrheit lebt in der Kirgisischen Republik, mit Minderheiten in den benachbarten Ländern Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und China.

Namensherkunft

Die Volksbezeichung „Kirgis“ stammt wohl vom alttürkischen Wort Kyrk Kyz ab, das wohl mit „Steppen-Bewohner“ übersetzt werden kann. Die heutige türkische Schreibweise gibt uns Kırgız und für die Urform Kırk Kız vor. Eine andere Namensvariante schlägt uns Kyrlary gez (Steppen-Bewohner) als Ursprung vor. Beide Namensvarianten haben durchaus ihre Berechtigung, da die Alt-Kirgisen sowohl Steppen- als auch Bergbewohner waren.

Herkunft und Geschichte des kirgisischen Volkes

Bereits Ende des 3. Jahrhundert v. Chr. werden die Kirgisen von den Chinesen erwähnt. Die Chinesen nannten dieses „wilde Bergvolk“ unter anderem Hsia-chia-ssu bzw. Xiajiasi. Das Gebiet Xinjiang (vgl. Turkestan) sei nach ihnen benannt. Ihre Heimat war der Altai bis sie etwa 49 v. Chr. zum Jenissej umzogen, als Nachbar der Ting-ling, die ihrerseits zur Selenge weiterzogen.

Auf jeden Fall sind die Belege aus der kirgisischen Frühzeit mehr als dürftig, erst im 6. Jahrhundert wird die kirgisische Geschichte greifbar: 560 unterwarf der Göktürkenherrscher Muqan die Gebiete des oberen Jenissej und so erschienen die Kirgisen als Vasallen der Osttürken. Zu jener Zeit bauten die Jennisej-Kirgisen sogar Eisen und Gold ab, das sie mit „knirschenden Zähnen“ dem Göktürken-Herrscher als Tribut überlassen mußten (so vermerkten es jedenfalls 583 die chinesischen Chroniken).

 
Das kirgisische Volksgebiet des 9., 19. und 21. Jahrhunderts

Schließlich unterwarf der Westtürke Jubi Khagan (reg. 645-50) die Stämme der Kirgisen und gliederte sie nun dem Westreich der Otuz-Oghusen ein. Bereits zu jener Zeit hatten die kirgisischen Fürsten ersten Kontakte mit der chinesischen Tang-Dynastie aufgenommen und sie erbrachten dem chinesischen Herrscher alljährlich einen Tribut (Pferde), sodass sie als Vasallen der Chinesen erschienen.

Die Orchon-Inschriften beschreiben anschaulich den blutigen Krieg der Göktürken, den diese mit den Kirgisen und den südlich von ihnen siedelnden Az führten. Der Höhepunkt war kaum mehr als ein überraschender, winterlicher Überfall: Der angesehene Kirgisen-Herrscher Bars Beg fiel während des Kampfes (711/12). Er gilt als Prototyp des Helden des Manas Epos - der stark verschleierten Herkunfts-Sage der Kirgisen.

Dieses wiederholte sich 758 mit einer Niederlage gegen die Uyghuren: Die Uyghuren vernichteten ein 50.000 Mann starkes kirgisisches Heer. Doch die Uyghuren konnten, anders als die Oghusen, die Verbindungen zwischen dem Kirgisenreich und Tang-China endgültig unterbinden. Die Nachbarschaft dieser beiden Völker war mehr als feindseilig, sie haßten einander.

Nun versuchten die Kirgisen den Anschluss an den Westen: Sie unterstellten sich den Toguz-Oghusen und traten mit diesen in eine Allianz mit den Karluken. Bereits fürs Ende des 8. Jahrhunderts werden die Kirgisen-Klans auch am Ost-Tienschan vermutet, zumindest deuten überlieferte Klannamen der folgenden Zeit darauf hin.

 
Das Reich der Kirgisen (840-924)

Am Tienschan planten schließlich kirgisische Adlige den Sturz des Uyghurenreiches. Dabei kam ihnen ein schwerer Winter (839) und mehr noch ein uyghurischer Überläufer zu Hilfe: Der Uyghuren-General Külüg Bagha lief 840 zu den Kirgisen über und zusammen mit dem Fürsten des Jaglaqar-Klans Uje Khan († 847) wurde das Uyghurenreich blutig beseitigt. Uje, der auch als Ajo Khan bekannt war, entstammte dem Tiehle-Stamm, der ursprünglich mit dem Stamm der Tölös verwandt bzw. mit diesem sogar identisch war.

Die Kirgisen stiegen danach eine Zeitlang zur Hauptmacht Zentralasiens auf und sandten einige Gesandtschaften nach Tang-China. Ihr Machtbereich umfasste die Gebiete zwischen Lena, Irtysch, Tienschan und die Gebiete des Baikalsees - rund 198.000 km². Das Zentrum Ujes waren nach 840 die Du-man Berge in Tannu Tuwa. Man fand sogar byzantinische Münzen am Altai. Doch konnten die Kirgisen die neue Macht nicht voll nutzen, da der Tang-Herrscher Chinas nicht gewillt war, den kirgisischen Adel mit chinesischen Titeln aufzuwerten.

Aber auch die Kirgisen sahen in dem einstigen Uyghurenreich nur ihr "Hinterland" zum Jenissej. Somit wandten sie sich wieder dem Westen zu und suchten erneut bei Persern, Arabern und Westtürken politischen Anschluss.

Doch bereits 924 wurden das Reich der Kirgisen von den Kitan des Apaoka überrannt und das Volk auf seine eigentliche Stammlande zurückgedrängt.

Als Zentrum des Staates galt die Stadt Abakan, die den Mongolen als Khanssitz bekannt war. Von anderer Seite wird die Existenz mehrerer Städte und die Stadt Kemidjkat als Residenz erwähnt. Ausgrabungen bezeugen die Verbreitung von Ackerbau und sogar von Bewässerung, obwohl zeitgenössische türkische Darstellungen von Nomadentum reden.

In den Jahren 1207-08 unterwarfen sich die 3 oder 4 wesentlichen kirgisischen Fürsten den Mongolen von Dschingis Khans Sohn Dschudschin, rebellierten aber bald. Das Volk der Kirgisen wurde im Verlauf des 13. Jahrhunderts von den Mongolen aufgelöst, zum Teil 1293 nach der Mandschurei deportiert, verlor seine Runen-Schrift und den wenigen Ackerbau.

Die am Jenissej lebenden Gruppen der Kirgisen machten Anfang des 15. Jahrhunderts unter Ugechi (um 1402/03) und seinem Sohn Essekü († 1425) nochmal von sich reden, allerdings nur in verworrenen Kämpfen, welche letztlich die Oiraten dominierten. So geht die Ermordung eines mongolischen Khans namens Elbek (1399 oder 1401/02) auf Ugechis Konto.

Geringe Reste zogen wahrscheinlich auch 1220 im Heer von Dschudschin nach Mittelasien ans Tien-schan-Gebirge, wo sie noch heute leben. (Zumindest hat das E. Sarkisyanz aus der Volksüberlieferung heraus vermutet, was auch im Einklang mit Dschudschins Feldzug steht.) Dort entstand in Verschmelzung mit den Nachbarn das turkotatarische Volk der Neu-Kirgisen.

Im 15./16. Jahrhundert standen diese „Neu-Kirgisen“ in lockerem Bündnis mit den Kasachen, die damals auch als „Kasak-Kirgisen“ bezeichnet wurden, während die eigentlichen Kirgisen „Schwarze Kirgisen“ genannt wurden. Die Kasak-Kirgisen fassen somit die Steppenbewohner zusammen, während die Bewohner der Berglande die Kara-Kirgisen [türk. kara = schwarz] sind. Diese Farbbezeichnung (schwarz) zeigt auch an, dass sich die heutigen Kirgisen als Hauptvolk der als „Kirgisen“ bezeichneten Völkerschaften betrachteten (vgl. auch Karachaniden).

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kämpften die Kirgisen gegen den Tschagatai-Khan Abdur Raschid und dessen Sohn und unternahmen einige Raubzüge gegen Städte wie Taschkent. Nach und nach erhielten sie Zuzug von den im Jenissej-Raum verbliebenen Gruppen. So erreichten z.B. 1469 (unter Ababartsi Chinsang) und 1702 große Gruppen im Gefolge der Oiraten den Tienschan.


Siehe auch: Chakassen, Kirgisistan


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Hier der konkrete Grund, warum dieser Artikel auf den QS-Seiten eingetragen wurde: Der Artikel ist zwar sehr umfangreich, aber kaum gegliedert. Eine sinnvolle Gliederung sollte erarbeitet werden; außerdem ist die Chronologie für weite Abschnitte lückenhaft und erstreckt sich nicht bis in die Gegenwart.