Nonverbale Kommunikation

Teil der zwischenmenschlichen Kommunikation, der nicht durch gesprochene oder geschriebene Sprache erfolgt
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Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der nonverbalen Kommunikation des Menschen. Zu der Kommunikation bei Tieren siehe Tiersprache


Als nonverbale Kommunikation (lat.: "Non/verbal": "Nicht mit Hilfe der Lautsprache") wird der Teil der menschlichen Kommunikation bezeichnet, der sich nicht nach den konventionalisierten Regeln einer gesprochenen Sprache ausdrückt. Auch: "Zwischenmenschliche Verbindung, Verständigung durch Gestik, Mimik oder andere nicht sprachliche Zeichen, auch Habitus." (Duden, 1998)

Nonverbale Kommunikation wird manchmal auch als analoge Kommunikation bezeichnet, verbale Kommunikation als digitale. Siehe auch:Parasprache.

Die Kinesik ist die Wissenschaft, die sich mit der nichtsprachlichen Verständigung befasst.


Distanzzonen

Man unterscheidet zwischen:

  • intimer Distanz (etwa Armlänge)
  • Nahdistanz (1-3 Meter)
  • öffentliche Distanz (> 3 Meter)

Diese Distanzzonen haben sich aufgrund der möglichen Bedrohung des Menschen durch seine Umgebung evolutionär gebildet. Sie unterscheiden sich von Kontinent zu Kontinent. So sind zum Beispiel die Distanzzonen in Europa wesentlich geringer als in Nordamerika. Zum Teil beträgt die intime Distanz bis zu neun Meter, aber nur bei Menschen, die allein in einem abgeschiedenen Gebiet leben.

Wir lassen freiwillig nur ungern fremde Menschen in unsere Intimzone eindringen. Dies ist sicher mit ein Hauptgrund für die starke und - ökonomisch wie ökologisch vollkommen unsinnige - extreme Entwicklung des Individualverkehrs, der dem Menschen auch nach dem Verlassen seiner "Behausung" eine gesicherte Intimzone gewährt. In Großstädten stellt der eigene Pkw im Gegensatz zur Nutzung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs nach wie vor ein entsprechendes Statussymbol dar, das ungern aufgegeben wird.
Bei ungewolltem Eindringen in die Intimzone unter Platzmangel (vgl. überfüllter Bus, Lift) wird das Gegenüber meist schlichtweg ignoriert, das Gegenüber wird zur Unperson.

Die Nahdistanz hat sich auf Grund der mittleren Reichweite normal gesprochener Sprache gebildet. Hier kann von lebhafter Kommunikation ausgegangen werden, die andererseits nicht unmittelbar bedrohlich (handgreiflich) werden kann.

In der öffentlichen Distanz bewegen wir uns relativ sicher. Die "Obacht" lässt nach, da potenzielle Gegner aus dem Umfeld eine gewisse Distanz zu überbrücken haben, bis sie uns erreichen. Verbale Kommunikation ist mit erhobener Stimme möglich, oft werden Gesten zur Verständigung eingesetzt. Bei Versuchen an leeren Tischen in einem Restaurant bildet diese Zone regelmäßig die Zellenstruktur der Besetzung von Tischen, und zwar solange, bis der Raum gefüllt oder die attraktiven Plätze besetzt sind. Erst später werden soziale und intime Abstände gewählt.

In der Soziologie wird "Soziale Distanz" stärker formalisiert behandelt.

Rollenverhalten

Bei näherer Betrachtung und bewusster Wahrnehmung wird deutlich, dass nonverbale Kommunikation und Körpersprache zum überwiegenden Teil nicht steuerbar und oft auch nicht unmittelbar nachvollziehbar sind.

Die Teile der Körpersprache, die der Mensch hingegen im Rahmen sozialer Rollen zu kontrollieren versucht, kommen beim Gegenüber deswegen häufig als inkongruent an, weil sie "unbewusst" als unstimmig zur verbalen Aussage aufgedeckt werden. (Siehe auch Körpersprache im Rollenverhalten der Frau.) Diese Fähigkeit hat den Menschen bis zur Entwicklung des Großhirns evolutionär sinnvoll begleitet. Versuche diese Abläufe kognitiv zu überlagern, stellen eine enorme Anforderung an die Konzentration dar und sind nur mit jahrelangem Training möglich. In einer ausgeprägten Rolle kann der Mensch ohne intensives Training häufig nur Stunden, im besten Fall Tage ausharren, dann holt ihn seine angestammte und länger etablierte Körpersprache wieder ein.

Die Alternative besteht darin, neue Werte, Sozialumgebungen und Gewohnheiten zu entwickeln, in denen er langsam lernt, ein neues, sozialtypisches Körperverhalten zu zeigen.

Eine weitere Sicht des menschlichen Rollenverhaltens hat Moreno im medizinischen Rahmen für das Psychodrama entwickelt. Sein Konzept zum Rollenverständnis im Umgang mit Emotionen und zwischenmenschlichen Beziehungen entwickelt einen therapeutischen Zugang zur Persönlichkeit.

Nonverbale Lernstörung und Prosopagnosie

Menschen, die aufgrund ihrer angeborenen Neurologie Körpersprache nicht verwenden oder verstehen (Nonverbale Lernstörung engl. Nonverbal Learning Disorder (NLD)) sind für Körpersprache nicht empfänglich. Ein schmerzverzerrtes Gesicht bleibt für sie bedeutungslos. In den USA reichen Schätzungen über die Verbreitung der nonverbalen Lernstörung bis 0,5 Prozent der Bevölkerung. Menschen mit Prosopagnosie verstehen Körpersprache, aber sie erkennen Menschen nicht an ihren Gesichtern, sondern z.B. an ihrer Stimme. Daher reagieren sie möglicherweise nicht auf Körpersprache, solange sie ihren Kommunikationspartner nicht alleine am Aussehen erkannt haben. In einer Untersuchung unter 500 SchülerInnen in Münster wurden zwei Prozent mit Prosopagnosie diagnostiziert.

Zitate

  • "Der Körper ist der Übersetzer der Seele ins Sichtbare". (Christian Morgenstern)
  • "Vultus loquitur quodcumque tegis". (Deine Miene spricht aus, was auch immer Du verheimlichst.) (Seneca)
  • "Was jemand denkt, merkt man weniger an seinen Ansichten als an seinem Verhalten." (Isaac Bashevis Singer, Schriftsteller, Nobelpreisträger für Literatur)

Siehe auch



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