Im Frühtau zu Berge

Schwedisches Volkslied
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Im Frühtau zu Berge wir ziehn ist die deutsche Version eines sehr bekannten schwedischen Wanderlieds (schwedisch: Gångsång).

Text

Im Frühtau zu Berge

1. Im Frühtau zu Berge wir gehn, fallera,
Es grünen die Wälder, die Höh’n, fallera.
Wir wandern ohne Sorgen
Singend in den Morgen
Noch eh im Tale die Hähne krähn.

2. Ihr alten und hochweisen Leut,
Ihr denkt wohl, wir sind nicht gescheit?
Wer wollte aber singen,
Wenn wir schon Grillen fingen
In dieser herrlichen Frühlingszeit?

3. Werft ab alle Sorgen und Qual
Und wandert mit uns aus dem Tal!
Wir sind hinaus gegangen,
den Sonnenschein zu fangen:
Kommt mit versucht es auch selbst einmal!

Von Walther Hensel überarbeitete Fassung von 1923/24.[1]


Der Satiriker, Grafiker und Schriftsteller Dieter Höss schrieb 1967 eine Parodie, die heute noch aktuell erscheint:

Millionärslied[2]

 1. Beim Frühstück am Morgen sie sehn, fallera,
wie schlecht ihre Aktien wieder stehn, fallera,
und warten dann voll Sorgen
auf den Stand von morgen
und sehen sich alle schon betteln gehn.

2. Selbst kluge und steinreiche Leut, fallera,
sind heute vor Angst nicht mehr gescheit, fallera,
nur weil sie mal von ihren
Milliönchen drei verlieren
Und reden deswegen von Krisenzeit.

Herkunft

Den schwedische Text Vi gå över daggstänkta berg schuf der Maler und Dichter Olof Thunman. Das schwedische Lied wurde 1908 im Abraham Lundquist Verlag veröffentlicht. Von wem die Melodie stammt ist strittig. Gemäß der schwedischen Wikipedia hat Edwin Ericson die Melodie komponiert. In vielen deutschen Liederbüchern wird die Melodie zu unrecht Walther Henselzu geschrieben; dagegen haben die Forschungen des deutschen Historisch-kritischen Liederlexikons ergeben, dass die Melodie 1900 nach einer traditionellen schwedischen Melodie verfasst wurde.[1]

In Deutschland erschien die erste deutsche Übersetzung in einer von Robert Kothe (1869–1944) herausgegebenen Reihe mit Lautenliedern (Robert Kothe – Die 14. Folge für hohe und tiefe Stimme, 1917)[3]

Rezeption

Das Wanderlied gehörte in Schweden gemäß einer königlichen Verordnung, die von 1943 bis 1956 gültig war, zu den in der Schule zu lernenden und singenden Volksliedern. Die Verordnung wurde im schwedischen Lehrplan 1969 gestrichen, (Beleg?) das Lied wird aber weiterhin gesungen.

Bis 1933

Nach 1917 wurde das Lied in zahlreiche deutsche Liederbücher vor allem der Jugend- und [Wandervogel]]bewegung aufgenommen (z. B. Der Spielmann, 3. Auflage 1920, Fahrend Volk, 1923, Fahrtenlieder, Hrsg. Fritz Sotke und Auf Fahrt, 1928). Es wurde sowohl in christlichen (z. B. Freude in Fülle – Liederbuch für die christliche deutsche Mannesjugend, 1925) als auch in sozialistischen (Jugend-Liederbuch, 1929) Kreisen gesungen, und es war auch in rechtskonservativen Gruppierungen vertreten (z. B. im Liederbuch der Kyffhäuserjugend, 1932). Eingang fand das Wanderlied auch in deutsche Schulbücher (z. B. in Der Jungbrunnen – Ein Liederbuch für Schule und Leben, 1932 und in Deutsche Lieder Band 1 für die höheren Schulen, o. J.).[3]

1933 bis 1945

Wie viele andere Lieder der Jugendbewegung griffen die Nationalsozialisten das ursprünglich schwedische Lied auf. Gleich 1933 machte es sich die Hitlerjugend zu eigen (z. B. Blut und Ehre, Hrsg. Baldur von Schirach und Uns geht die Sonne nicht unter, 1934), der Reichsarbeitsdienst]] (z. B. Singend wollen wir marschieren, o. J.) und die SS (z. B. SS-Liederbuch, o. J.) folgten. Auch die Liederbücher der Wehrmacht enthielten das im 4/4-Takt stehende Lied (z. B. Das neue Soldatenliederbuch, Hrsg. Zentralverlag der NSDAP und Liederbuch des II. Korps, beide 1940). Vertreten ist es auch in den Schulbüchern wie in Ernte und Aussaat 2. Teil Oberstufe, 1940 und Klingendes Leben – Singebuch für Mädchen, Teil 1, 1941 sowie in Klingender Tag – Liederbuch für die Mittelstufe 1 und 2, 1942).

Außer Die Moorsoldaten, Der Winter ist vergangen, Ade zur guten Nacht und vielen anderen Lieder (insgesamt 180) wurde auch Im Frühtau zu Berge 1942 ins Lagerliederbuch des KZ Sachsenhausen aufgenommen.[3]

Ab 1945

1945 wurden in einem Flüchtlingslager in Dänemark deutsche Lieder gesammelt und das Liederbuch der deutschen Flüchtlinge in Dänemark herausgegeben,[3] und bereits 1946 kamen in Deutschland die ersten neuen Liederbücher heraus: in der DDR das Liederbuch der deutschen Jugend FDJ und in der BRD Lieder der Jugend (Hrsg.: Erzbischöfliches Jugendseelsorgeamt, München).

Betrachtet man die weitere Rezeption allein durch die Liederbücher, so wurde das Lied nach dem Zweiten Weltkrieg in allen Kreisen und Gruppierungen gesungen: Von Christen (Ein neues Lied für die evangelische Jugend, 1950) und Sozialisten (Wir Falken singen, 1946), von Fußballspielern (Liederbuch des deutschen Fußballbundes, 1953), Turnern (Deutsches Turnerliederbuch, 1954) und anderen Sportlern (Lieder der Sportjugend, 1955 und 1961), von der Wald- (Waldjugend-Liederbuch, 1959) und Zeltjugend (Wir singen, 1960) und später von der Malteser- (Mit Barett und Wimpel, 1987), der Bergsteiger- (Pulverschnee und Gipfelwind, 1988 und der Reformjugend (Liederbuch der deutschen Reformjugend, 1995).

Auch in Liederbüchern für die Schulen tauchte das Lied auf, so z. B. in Musik in der Grundschule (Bd. 3 1947), in Unser Liederbuch für Hessen (im 5. bis 8. Schuljahr 1955), ebenso wie im Liederbuch für die höheren Schulen, (Baden-Württemberg, o. J.)

Gesungen wurde es auch in verschiedenen Regionen Österreichs: Kärtner Singbuch (Liedersammlung für die Jugend Kärntens, 1961), Steierisches Liederbuch (1965), Kommt zum Singen (Südtiroler Liederbuch, 2004) und von den österreichischen Soldaten (Östereichisches Soldatenliederbuch, 1967) und Pfadfindern (Unter dem Babenberger Adler, 1987) sowie allgemein Komm sing mit uns (Österreichisches Liederbuch, 1980) und Volkslieder aus Österreich (Unsere schönsten Lieder, 2004).

In der Schweiz wurde 1975 eines der schönsten von Tomi Ungerer illustrierten Kinderliederbücher ediert: Das große Kinderliederbuch, das in allen deutschsprachigen Ländern auf ein großes Echo stieß. [3] In Deutschland wurde das Lied in eine Vielzahl von Liederbüchern für Kinder aufgenommen, z. B. in Die bunte Welt der Kinderlieder (1985), Kommt ein Vogel geflogen (2003), Mein kleines feines Kinderliederbuch (2005) oder Die schönsten Kinderlieder (2007) [4]

Nicht nur deutsche Soldaten sangen das 4/4-taktige Lied - in unregelmäßigen Abständen gab die Bundes Liederbücher mit Im Frühtau zu Berge heraus, z. B. 1958 Liederbuch der Bundeswehr, 1976 Hell klingen unsere Lieder und 1991 Kameraden singt -, sondern auch österreichische, z. B. nach dem Österreichischen Soldatenliederbuch (1967).[3]

Die größte Verbreitung erfuhr das Lied jedoch durch die Aufnahme in die erstmals 1953 erschienene Mundorgel, die bis 2012 eine verkaufte Textauflage von rd. 10 Millionen und eine Notenausgabe von 4 Millionen hatte. Da konnten selbst die relativ hohen Auflagen (ab 1978) des [[Fischer-Verlag|Fischer Taschenbuchs[] Volklieder aus 500 Jahren und Das große Liederbuch (ab 2000) des Clubs Bertelsmann nicht mithalten. Von den in den vergangenen 10 Jahren, in denen die Anzahl der aufgelegten Liederbüchern nachließ, seien noch folgende genannt: Jurtenburg (Liederbuch des Verbands christlicher Pfadfinderinnen und Pfadfinder, 2007), Wandervogel-Liederbuch (2007) und Das kleine Schwarze (2012).


Auf dem Album "Ottocolor" von Otto Waalkes aus dem Jahr 1978 gibt es eine musikalische Coverversion von Im Frühtau zu Berge nach dem Musikstil von Udo Lindenberg, Louis Armstrong, als Country Song und als eine japanische Version.

Literatur

  • Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon. Für das Deutsche Volksliedarchiv hrsg. von Eckhard John in Zusammenarbeit mit Waltraud Linder-Beroud und Tobias Widmaier. Derzeit nur online [1], eine Druckausgabe soll folgen.
  • Das große Liederbuch, Diogenes, Zürich 1975, ISBN 3-257-00947-X
    204 Deutsche Volks- und Kinderlieder aus dem 14. bis 20. Jahrhundert mit Originalnoten und -text. Ausgewählt von Anne Diekmann und illustriert mit über 150 Aquarellen von Tomi Ungerer.

Einzelnachweise

  1. a b Text aus dem Historisch-kritischen Liederlexikon. Tobias Widmaier, Quellenrecherche: Johanna Ziemann: Im Frühtau zu Berge 2011. In: Populäre und traditionelle Lieder. Historisch-kritisches Liederlexikon, nach: Walther Hensel (Hrsg.): Finkensteiner Blätter. Ein lebendiges Liederbuch in monatlicher Folge, 1. Jahrgang. Bärenreiterverlag, Augsburg-Aumühle 1923/24, S. 82, DVA: V 1/6646
  2. Dieter Höss: Schwarz Braun Rotes Liederbuch. 1967. Mit freundlicher Genehmigung des Verfassers zur Verwendung bei Wikipedia vom 30. April 2013.
  3. a b c d e f Deutsches Lied – Eine Heimat für das deutsche Lied und Volkslied. auf deutscheslied.com
  4. Deutsches Musikarchiv Leipzig dma/ Im Frühtau zu Berge