Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Konfessionsgruppe der Mormonen
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Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, LDS, im folgenden Die Kirche) ist eine Glaubensgemeinschaft mit christlichen Wurzeln. Zusammen mit weit kleineren Abspaltungen bildet sie die Mormonen genannte Konfessionsgruppe. Formell gegründet wurde die Kirche von Joseph Smith jun. am 6. April 1830 in Fayette im US-Bundesstaat New York. Heute hat sie ihren Hauptsitz in Salt Lake City im US-Bundesstaat Utah.

Mitglieder der Kirche, die sich selbst „Heilige der Letzten Tage“ (englisch Latter-day Saints) nennen, verstehen ihren Glauben als eine durch Gott eingerichtete Wiederherstellung der Kirche, die, wie im Neuen Testament beschrieben, ursprünglich durch Jesus Christus gestiftet wurde. Daher sehen sie sich als Christen, doch unterscheiden sich Lehre und Praxis der Kirche in vielen Punkten deutlich von denen der traditionellen christlichen Zweige. Nach Ansicht der ökumenischen Kirchen ist die Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage daher keine christliche Kirche, aber auch keine Sekte, die sich von einer traditionellen Kirche abgespalten hat, sondern eine synkretistische Neureligion. Die Konsequenz aus dieser Sichtweise ist, dass diese Kirchen die Taufe der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage nicht anerkennen.

Lehre

Alle anderen christlichen Gemeinschaften betrachtet sie als unvollständig und als nicht von Gott bevollmächtigt. Die Kirche bezeichnet sich selbst als die "einzig vollständig wahre Kirche auf Erden". Folgerichtig bringt sich die Kirche nicht in die Ökumene ein. Ein Dialog zum gegenseitigen Verstehen mit anderen und auch nichtchristlichen Religionsgemeinschaften wird hingegen gepflegt.

Gottesbild

Die Gottheit besteht aus den drei individuellen Personen dem Himmlischen Vater, Jesus Christus und dem Heiligen Geist. Gottvater ist ein erhöhter Mensch mit einem Körper aus Fleisch und Gebein. Er steht über allem. Er wohnt nahe des, nur innerhalb des Mormonenglaubens bekannten, Sterns "Kolob".

Jesus Christus ist der Erstgeborene der Geistkinder des Himmlischen Vaters, den Gottvater zusammen mit der "Himmlischen Mutter" gezeugt hat.

Christus nimmt im Plan der Erlösung als Erretter eine besondere Rolle ein. Jesus Christus ist Jahwe, Gott des Alten Testamentes und hat zusammen mit anderen Geistkindern und Göttern, unter anderm Adam, welcher der Erzengel Michael ist, die Erde erschaffen. Jesus von Nazareth wurde von Gottvater und Maria im Fleische gezeugt.

Der Heilige Geist ist ein Wesen aus Geist ohne Körper. Seine Aufgabe ist es als Offenbarer, Bestätiger von Wahrheit, Tröster und Warner seinen Einfluss auf die Menschen individuell auszuüben, und wird unterschieden vom sog. Geist Gottes, der dazu dient mit den Menschen in Verbindung zu treten.

Luzifer, der Sohn des Morgens, ist ebenfalls ein Geistkind Gottvaters. Er wurde aber wegen seiner Rebellion und seines Wunsches sich über Gott Vater zu erheben ausgestoßen. Er ist als der böse Bruder, der für die Menschen Böses will der Gegenpol seines Bruders Jesus Christus, der für die Menschen das Gute will.

Offenbarung

Durch fortlaufende Offenbarung von Jesus Christus wird die Kirche direkt angeleitet. Dies geschehe durch Propheten, Apostel und andere Kirchenführer. Darüber hinaus erklärt sie, dass jeder Mensch ein Anrecht darauf habe, für seinen persönlichen Bereich und kirchliche Aufgaben (zum Beispiel auf Gemeinde-Ebene) direkte göttliche Offenbarung zu empfangen. Das Fortlaufen der Offenbarung impliziert auch, dass der Schriftenkanon nicht abgeschlossen ist. So wie Gott damals zu den Propheten des Alten Testaments gesprochen hat, so ist es Gott möglich, auch heute noch in den beschriebenen Weise zu den Menschen zu sprechen.

Schriftenkanon

Als kanonische Schriften anerkennt die Kirche das Buch Mormon, die Bibel mit Altem und Neuem Testament sowie Lehre und Bündnisse und die Köstliche Perle. Dieser Schriftenkanon ist nicht abgeschlossen, da die Kirche für sich in Anspruch nimmt, fortgesetzt Offenbarung zu erhalten, die dann gegebenenfalls (jedoch eher selten) als Erweiterung in den Kanon einfließt.

Der Wert der Bibel wird dadurch relativiert, da sie als nicht vollständig überliefert und durch Übertragungsfehler teilweise entstellt angesehen wird, was auch damit begründet wird, dass es heutzutage etliche Bibelübersetzungen gibt, die teilweise unterschiedlich interpretiert werden können. Dazu gibt es die sogenannte Joseph-Smith-Übersetzung, eine stellenweise Ergänzung und Neuinterpretation der King-James-Bibel. Die Joseph-Smith-Übersetzung konnte jedoch durch den Tod von Joseph Smith nicht fertiggestelllt werden und erhebt daher auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Für die englische Sprache wird in der Kirche eine eigene Ausgabe der King-James-Bibel verwendet, in der als Fußnoten bzw. als Anhang die Übersetzungen von Joseph Smith aufgenommen sind. Außerdem enthält sie Querverweise zu anderen kanonischen Schriften der Kirche. Die Fußnoten sind ähnlich zu den Bibelkommentaren anderer Bibelanstalten.

Deutschsprachige Mitglieder benutzen heute im offiziellen Gebrauch die Einheitsübersetzung der Bibel. Daher finden sich wesentliche Teile der Joseph-Smith-Übersetzung im Schriftenführer, der im Zuge der deutschsprachigen Neuausgabe 2003 in die Dreifachkombination (Buch Mormon, Lehre und Bündnisse und Köstliche Perle in einem Band) aufgenommen wurde.

Plan der Erlösung

Die Kirche sieht den Zweck der Erde darin, den Menschen, die alle Geistkinder Gottes seien, einen Ort weiteren Lernens in der Körperlichkeit zu verschaffen. Damit sei auch ein vorübergehendes Vergessen eines vorirdischen Daseins als Geistwesen verbunden. Die Menschen beteiligen sich an diesem Plan, indem sie durch das Zeugen von Kindern Geistwesen das Erdenleben ermöglichen.

Jeder Mensch könne sich immer entscheiden, ob er das Gute oder das Böse tun wolle. Allerdings seien die natürlichen und für die Entwicklung notwendigen Schwächen die Ursache dafür, dass jeder Mensch Falsches tue, also sündige. Damit sei er verunreinigt und aus eigener Kraft nicht im Stande, in die Gegenwart Gottes zurückzukehren.

Jesus Christus habe durch sein Sühnopfer allen Menschen die Möglichkeit gegeben, von ihren Sünden umzukehren und nach allem, was sie selbst tun können, aus Gnade errettet zu werden. Dazu sei die Taufe durch einen dazu Bevollmächtigten unerlässlich. Diese Taufe kann frühestens nach Vollendung des 8. Lebensjahres vollzogen werden, mit der Begründung, dass sonst keine wirksame Entscheidung des Täuflings möglich sei. Die Kirche kritisiert vor diesem Hintergrund scharf die in ihren Augen nichtige Kindertaufe der großen christlichen Kirchen.

Nach dem Tod habe der Mensch den Körper verloren, lebe aber als Geistwesen weiter und könne weiter lernen. Wer im Erdenleben die gültige Taufe durch einen Priester der Kirche nicht empfangen habe, für den könne dieses Sakrament stellvertretend von einem Lebenden empfangen werden (siehe Totentaufe).

Am Ende der Entwicklung stehe die Auferstehung mit dem Jüngsten Gericht, in dem Jesus Christus jedem die ihm gebührende Herrlichkeit zuteilen werde: Dies sind nach der Lehre der Kirche das Celestiale Reich mit der größten Herrlichkeit (Gegenwart Gott Vater), das Terrestriale Reich (Gegenwart von Jesus Christus) als mittleres und das Telestiale Reich (Wirkung des Heiligen Geistes) als niederstes. Nur wer bewusst Gott leugnet, obwohl er ihn erkannt hat, der werde in die äußerste Finsternis gestoßen und ein Sohn des Verderbens werden. Mehr dazu siehe unter Reiche der Herrlichkeit.

Nach dieser Lehre spielt die Entscheidungsfreiheit des Menschen eine wesentliche Rolle im göttlichen Plan. Daher wird der Fall von Adam und Eva, der im Garten Eden stattfand - nach Lehre der Kirche lag dieser geographisch im heutigen US-Bundesstaat Missouri - nicht als "Sünden"fall angesehen, sondern als freiwillige Entscheidung, um den Erlösungsplan in Gang zu setzen, da so die Sterblichkeit mit all ihren lehrreichen Mühen und den Versuchungen der Sünde durch das Erkennen von Gut und Böse erst in die Welt kamen.

Der Zusammenhang des Falles von Adam und Eva mit dem Sühnopfer Jesu Christi und die Rolle die der einzelne Mensch dabei spielt, ist die zentrale Lehre, auf die in Predigten, Seminaren und Unterrichten sehr häufig Bezug genommen wird. Auch im Tempel spielt dies eine zentrale Rolle.

Die Zweite Salbung

Schon zu irdischen Lebzeiten, können Propheten und ranghöher Funktionäre der Kirche zu Göttern gesalbt werden.


Vollmachtsanspruch

Die Kirche erklärt, dass nur jemand, der die Vollmacht von Jesus Christus bekommen habe, in seinem Namen sprechen und heilige Handlungen durchführen dürfe. Die ersten Bevollmächtigten seien die Apostel Petrus, Jakobus und Johannes. Sie seien Joseph Smith als auferstandene Wesen erschienen und hätten ihm diese Vollmacht übertragen. Von Joseph Smith ausgehend sei sie von Generation zu Generation in ungebrochener Linie weitergegeben worden. Nach Meinung der Kirche habe niemand ausserhalb dieser Apostolischen Sukzession diese Vollmacht.

Der Name der Kirche

In Lehre und Bündnisse, Abschnitt 115 Vers 4, schreibt Joseph Smith am 26. April 1838 als Offenbarung von Gott: "denn so soll meine Kirche in den letzten Tagen genannt werden, nämlich: Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage." Bei ihrer Gründung am 6. April 1830 hieß sie noch "Die Kirche Christi". Dieser Name wurde jedoch am 3. Mai 1834 durch den einstimmigen Beschluss der Kirchenführung in »Die Kirche der Heiligen der Letzten Tage« geändert. Eine letzte Änderung erfolgte am 26. April 1838: der Name Jesu Christi wurde wieder eingefügt.

Durch den Namen wird verdeutlicht, dass in der Kirche Jesus Christus im Mittelpunkt stehen soll und auch, dass es sich um die wiederhergestellte "Kirche Jesu Christi" aus dem Neuen Testament handele. Die Formulierung "der Letzten Tage" unterscheidet namentlich die Kirche von eben dieser ursprünglichen "Kirche Jesu Christi" in neutestamentlicher Zeit. Smith sah mit seiner Mission die Endzeit eingeläutet, an einen unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang glaubte er allerdings, soweit festzustellen, nicht.

Entstehung und Geschichte

Die Kirche entstand im ländlichen Norden des Staates New York am Anfang des 19. Jahrhunderts, als diese Gegend noch zivilisatorisches Neuland war. Die dort lebende Bevölkerung war im wesentlichen protestantisch und bibelgläubig, gehörte aber oft keiner Kirche an. Auch abergläubische Vorstellungen waren weit verbreitet. Manchmal bekannten sich verschiedene Familienmitglieder zu unterschiedlichen Konfessionen.

Gründung (1820-1830)

Der spätere Gründer, Joseph Smith jun., erklärte, im Jahre 1820 nach einem Gebet über die Frage, welche Kirche die wahre sei, eine Vision gehabt zu haben. In dieser so genannten Ersten Vision seien ihm Gott Vater und Jesus Christus erschienen. Diese hätten ihm mitgeteilt, dass alle zu jener Zeit bestehenden Kirchen im Irrtum seien und er sich keiner anschließen solle. Einer anderen Version der "Ersten Vision" nach, welche Jahre zuvor von Joseph Smith niedergeschrieben wurde, soll Joseph Smith nur Jesus Christus erschienen sein.

In den Jahren von 1823 bis 1827 habe er weitere Erscheinungen gehabt, diesmal von einem Engel namens Moroni, der ihm den Auftrag gegeben habe, das Buch Mormon von goldenen Platten, die seit Jahrhunderten in einem von Moroni Cumorah genannten nahen Hügel lagerten, zu übersetzen, wozu Smith die bei den Platten aufbewahrten "Sehersteine" Urim und Tummim zu Hilfe genommen habe. Das Buch wurde 1830, kurz vor der Gründung der Kirche, erstmals veröffentlicht.

1829 sei Joseph Smith und seinem Mitarbeiter Oliver Cowdery der auferstandene Johannes der Täufer erschienen und habe ihnen das Aaronische Priestertum verliehen, mit der Vollmacht zu taufen. Einige Wochen später seien die Apostel Christi Petrus, Jakobus und Johannes erschienen und hätten ihnen das Melchisedekische Priestertum übertragen, wodurch der Weg für die "Wiederherstellung" der Kirche Jesu Christi frei gemacht worden sei. Die formelle Gründung erfolgte am 6. April 1830 mit Joseph Smith als "erstem Ältesten" und Präsidenten und Oliver Cowdery als "zweitem Ältesten", Hyrum und Samuel Smith (Brüder von Joseph), sowie Peter Whitmer jun. und David Whitmer als eingetragene Mitglieder.

Die Kirche fand rasch glühende Anhänger und erbitterte Gegner. Bereits im Jahre 1830 sandte Joseph Smith seinen Bruder Samuel als ersten Missionar aus. Relativ viele Menschen aus dem Umland schlossen sich der neuen Kirche an. Gegner der Kirche griffen zu Mitteln wie Boykott und Anzeigen, aber auch teilweise zu Tätlichkeiten. Aus dieser Zeit stammen die ersten Zeitungsartikel und Flugblätter, die sich auch gegen Joseph Smiths Persönlichkeit richteten. Zeitungsartikel und Kritik, die sich gegen die Führer und Gründer der Kirche richteten, wurde in der Kirche oft als mittelbares Wirken des Satans gegen das wiederhergestellte Evangelium eingestuft.

Kirtland und Missouri (1830-1840)

Wegen dieser unerquicklichen Umstände verlegte Joseph Smith den Hauptsitz der Kirche bereits 1831 nach Kirtland in Ohio. Dies bedeutete den Umzug der meisten Mitglieder unter Verlust ihrer Farmen und Geschäfte, die sie im noch kaum besiedelten Ohio neu aufbauten.

In Kirtland errichtete die Kirche ihren ersten Tempel, in dem Joseph Smith 1836, wie er in Lehre und Bündnisse Abschnitt 110 ausführt, weitere Vollmacht, im Namen Gottes zu handeln, erhalten haben will. 1834 war das "Kollegium der zwölf Apostel" als Führungsgremium unter Joseph Smith als Propheten in Leben gerufen worden.

Aufgrund des Zusammenbruchs der "Kirtland Safety Society Anti-Banking Company", eines von Joseph Smith privat gegründeten Kreditinstitutes im Jahr 1837, verloren viele, auch führende Mitglieder der Kirche, viel Geld. Dies veranlasste eine größere Anzahl, das göttliche Mandat Joseph Smiths nicht nur zu bezweifeln, sondern als Lüge zu bekämpfen.

Bereits 1831 hatte sich Joseph auch nach Missouri – damals die Grenze der USA im Westen – orientiert und dort Kircheneinheiten gegründet. Er wollte die Kirche langfristig zentral dorthin verlegen und steckte in der Stadt Far West bereits einen Platz für einen weiteren Tempel ab. Nach blutigen Verfolgungen im Jahr 1833 flohen die dortigen "Heiligen", wie sie sich nannten, in nördlichere Kreise des Staates Missouri. Nach dem Zusammenbruch von Kirtland musste Smith mit seinen Getreuen Ohio verlassen und folgte den "Heiligen" nach Missouri. Dort wurde Joseph Smith 1838 verhaftet und gemeinsam mit mehreren Mitarbeitern unter Arrest gestellt.

Durch Gegner der Kirche aufgehetzt, erließ Gouverneur Lilburn Boggs 1838 einen Ausrottungsbefehl, der besagte, die „Mormonen müssen aus dem Staat vertrieben oder vernichtet werden“.

Nauvoo (1840-1845)

Die Heiligen wurden in Illinois aufgenommen und gründeten dort als neuen Anfang am Ufer des Mississippi am Ort Commerce die Stadt, die sie dann Nauvoo nannten. Von dort aus begann das Missionswerk in alle Welt, besonders nach Europa. Wieder wurde ein Tempel gebaut. Nauvoo erhielt einen Sonderstatus, praktisch als Stadtstaat mit eigener Miliz, der Nauvoo Legion.

1842 wurde in Nauvoo die Frauenhilfsvereinigung als Organisation der Frauen in der Kirche unter der Leitung von Emma Smith, der Ehefrau des "Propheten", gegründet.

Nach der Zerstörung der Druckerpresse der mormonenkritischen Zeitung "Nauvoo Expositor" – dieser prangerte in seiner einzigen erschienenen Ausgabe vor allem die heimliche Polygamie der Kirchenführer an – durch einen vom Bürgermeister Joseph Smith beauftragten Marshall, entzündete sich der Volkszorn umliegender Gemeinden gegen die Kirche. Dies gipfelte schließlich in der Ermordung von Joseph Smith und seines Bruders Hyrum durch einen Mob am 27. Juni 1844. Über der Nachfolgefrage entstand ein heftiger Streit, der zu einer Reihe von Abspaltungen führte. Der dienstälteste Apostel, Brigham Young, übernahm die Führung des Hauptteils der Mitglieder. Die meisten der anderen Fraktionen wiedervereinigten sich wesentlich später (ab 1860) zur RLDS-Kirche, die sich seit 2001 Gemeinschaft Christi nennt.

Der Exodus

Schon Joseph Smith hatte sich mit der Frage beschäftigt, ob die Kirche nicht in eine menschenleere Gegend ziehen solle, um weiteren Verfolgungen zu entgehen. Dies realisierte Brigham Young mit dem (vorzeitig erzwungenen) Auszug fast aller "Heiliger" aus Nauvoo und deren Übersiedlung in das Tal des Großen Salzsees in den Rocky Mountains.

Im Selbstverständnis der Kirche ist dies „das große, teils tragische, teils glorreiche Epos der Heiligen der Letzten Tage, auf das in Reden, Theaterstücken und Filmen immer wieder Bezug genommen wird“. (Zitat eines Mitglieds der Kirche.)

Salt Lake City, seither Hauptsitz der Kirche, wurde mit Ankunft von Brigham Young am 24. Juli 1848 praktisch gegründet.

Konsolidierung in Salt Lake City (1850-1896)

Zunächst wurde das neue Territorium erschlossen. Bald wurden aber auch wieder Missionare ausgesandt, die vor allem im Osten der USA, in Kanada und Europa versuchten, Menschen von der Wahrheit ihrer Lehren zu überzeugen. Dazu gehörte damals auch die „Sammlung in Zion“, das Auswandern in den neu gegründeten "Staat Deseret". Mit den Neuankömmlingen und der starken Vermehrung, bedingt durch das religiös begründete Ausüben einer Mehrehe, welches ab 1852 auch öffentlich geschah, wuchsen Zahl der Mitglieder und Einfluss der Kirche.

Die frühe Geschichte von Utah und die des "Staates Deseret" wurden sehr stark durch die Kirche geprägt. In diesem Zusammenhang steht auch der Utah-Krieg von 1857.

Verbunden mit der Sklavenfrage kämpfte die amerikanische Innenpolitik gegen die Vielehe und erschwerte durch immer restriktivere Gesetze diese Praxis der Kirche. Die Durchsetzung des Rechts führte zu Massenverhaftungen von Mitgliedern und groß angelegten Beschlagnahmungen von Kircheneigentum, wie z.B. Grundstücken und Kirchengebäuden. Als Reaktion darauf erklärte im Jahr 1890 der damalige Präsident und Prophet Wilford Woodruff die Vielehe als nicht mehr akzeptabel in der Kirche (siehe Amtliche Erklärung Nr. 1 im Buch Lehre und Bündnisse). Dies war ein wesentlicher Faktor dafür, dass 1896 Utah die Eigenständigkeit als Bundesstaat zugebilligt wurde. Aber erst unter der Präsidentschaft von Joseph F. Smith (1901-1918), dem Neffen des Gründers, konnte innerhalb der Kirche die Polygamie vollständig abgeschafft werden. Zu dieser Zeit kam es auch zu weiteren Abspaltungen, welche die Polygamie teilweise bis heute noch leben.

Weltweite Ausbreitung (seit 1900)

Nach der rechtlichen Anerkennung und der finanziellen Konsolidierung und noch einmal verstärkt seit dem Ersten Weltkrieg begann die Kirche, sich international zu positionieren. Zu dieser Zeit wurde auch die Auffassung aufgegeben, dass sich möglichst alle Mitglieder in Utah sammeln sollen. Stattdessen erhielten die Mitglieder den Auftrag, die Kirche in den Gegenden der Welt aufzubauen, in denen sie zu Hause sind.

Bis 1978 konnten Männer mit schwarzafrikanischer Herkunft das Priestertum nicht bekommen und folglich auch keine Führungsaufgaben übernehmen. Sie durften auch nicht den Tempel besuchen und konnten keine Tempelrituale empfangen. Somit waren es ihnen nicht möglich, die Voraussetzungen für das Erlangen der höchsten Erfüllung des mormonischen Glaubens zu erreichen. Veranlasst durch großen Zulauf von Bekehrten mit schwarzafrikanischer Herkunft in Brasilien erließ Präsident Spencer W. Kimball die Amtliche Erklärung Nr. 2 (siehe Lehre und Bündnisse), die besagt, dass nunmehr alle Männer, unabhängig von ihrer rassischen Herkunft, das Priestertum erhalten können.

Mittlerweile hat die Kirche mehr als 12 Millionen Mitglieder (Stand 2004), von denen mehr als die Hälfte außerhalb der USA leben. Wichtige Schwerpunkte sind Lateinamerika und Afrika. Ein Zeichen für die stärkere internationale Präsenz der Kirche ist der seit ca. 1990 massiv gesteigerte Bau von Tempeln der Kirche. Während die Kirche in Osteuropa ein starkes (Nachhol-)Wachstum aufweist, ist die Mitgliederzahl in den westeuropäischen Industriestaaten eher rückläufig oder stagnierend.

Organisation

In allen Kirchenebenen werden Mitglieder in Ämter berufen. Eine Berufsgeistlichkeit gibt es nicht, auch keine schulische Ausbildung zum Geistlichen.

In der Kirche herrscht strenge Hierarchie, die aber zeitlich stark wechselt und flexibel den Gegebenheiten der Zeit und des Ortes angepasst werden kann. Niemand kann sich um ein Amt bewerben, sondern man wird in ein Amt berufen, nach Überzeugung der entsprechenden Verantwortlichen, stützt sich die Auswahl eines bestimmten Funktionsträgers auf persönliche Offenbarung an denjenigen, der ihn beruft. Wer wen in welcher Organisationsebene zu berufen hat, ist genau festgelegt. Nachdem jemand ausgewählt wurde, wird er oder sie in einem vertraulichen Gespräch vom Verantwortlichen gefragt, ob er das Amt annimmt. Ist dies der Fall, wird er in einer öffentlichen Versammlung den betroffenen Mitgliedern zur Zustimmung vorgelegt. Durch Handaufheben erkären sich die Mitglieder mit der Berufung einverstanden und verpflichten sich, die Person in ihrer neuen Berufung zu unterstützen. Sie haben auch die Möglichkeit sich ebenfalls durch Aufheben der Hand dagegen auszusprechen. Auch der Prophet wird so bestätigt. (Extrem selten wurde bisher eine Berufung wegen Verweigerung der Zustimmung nicht wirksam.)

Dieser Grundsatz gilt nur für die Kirche in ihrer seelsorgenden Funktion selbst, nicht für von ihr gegründete, unterstützende Organisationen, wie beispielsweise das Bildungswesen der Kirche oder die Bereiche Verwaltung, Bauwesen, Lehrmittelherstellung, Übersetzung usw., die professionelle, vollzeitige berufliche Arbeit erfordern.

Berufungen werden, mit Ausnahme der Funktion des Propheten und der Apostel, die bis zum Lebensende währen, für begrenzte Zeit ausgesprochen. Dadurch wechselt die Position eines Mitgliedes in der Hierarchie üblicherweise mehrmals im Leben und kann von Aufgaben auf Gemeindeebene durchaus zu Aufgaben auf Weltebene und wieder zurück führen.

Auch wenn Frauen nicht das Priestertum tragen können, haben sie dennoch Führungsaufgaben auf allen Ebenen inne, allerdins unter der Führung von männlichen Priestertumsführern.

In der Führung der Kirche spielt der Grundsatz der Offenbarung eine sehr wichtige Rolle. Es wird gelehrt, dass jeder ganz persönlich im Zwiegespräch mit Gott Antwort auf Fragen und Hilfe beim Lösen von Problemen erhalten könne, aber nur bezogen auf seinen Verantwortungsbereich. So könne beispielsweise ein Gemeindeleiter Offenbarung bezüglich Fragen in der Leitung der Gemeinde, aber nicht für die gesamte Kirche erhalten. In dieser Lehre manifestiert sich wiederum die streng geordnete Hierarchie der Kirche. Wenn sich jeder Amtsträger in seinen Entscheidungen darauf beruft, er habe ein Anrecht auf Offenbarung und er habe solche Offenbarung auch erhalten, ist im Rahmen der Organisation eine "Reform von unten" oder gar eine "Revolution von unten" undenkbar.

Weltebene

Datei:Allgemeine Organisation der LDS-Kirche.png
Schematische Darstellung der allgemeinen Organisation

Regionale Ebene

Datei:Regionale Organisation der LDS-Kirche.png
Schematische Darstellung der regionalen Organisation

Lokale Ebene

Datei:Lokale Organisation der LDS-Kirche.png
Schematische Darstellung der lokalen Organisation

Kirchenleben

Ein wesentlicher Teil des Kirchenlebens spielt sich in für diesen Zweck errichteten Gemeindehäusern ab. Sie sind für alle Veranstaltungen allgemein zugänglich. Neben den Gottesdiensten finden dort gesellige Veranstaltungen von Ballspielen bis zu Theaterstücken und Tanzabenden statt. Die Gemeinden sind überschaubar gehalten und umfassen nicht mehr als 500 Mitglieder.

Ein weiterer Ort für das Kirchenleben sind die Tempel. Sie sind Mitgliedern vorbehalten, die sich zuvor bereit erklärt haben, nach den Grundsätzen der Kirche zu leben und von ihrem Bischof und ihrem Pfahlpräsidenten für würdig befunden wurden.

Ansonsten beeinflusst die Kirche das Familienleben sehr stark.

Der Kirchenbeitritt

Hat jemand den Wunsch, ein Mitglied der Kirche zu werden, so muss er zunächst in den grundsätzlichen Lehren unterrichtet werden, welche Aufgabe normalerweise Missionare übernehmen. Danach wird der Taufklandidat eine Unterredung mit einem führenden Missionar haben, um sicherzustellen, dass er die Lehre in ihren Grundzügen verstanden hat, dass er weiß, welche Gebote er in Zukunft zu halten hat und dass er von bisherigen Sünden umgekehrt ist. Bei schwerwiegenden Übertretungen (z.B. Verwicklung in eine Abtreibung, egal ob Frau oder Mann) muss der Missionspräsident die Umkehr feststellen.

Ist geklärt, dass der Kandidat in Zukunft ein Leben nach den Grundsätzen der Kirche führen will und seine bisherigen Verfehlungen gegen Gottes Gebote soweit möglich bereut und bereinigt hat, so wird er zur Taufe zugelassen.

Die Taufe wird durch vollständiges Untertauchen von einem bevollmächtigten Priestertumsträger im Beisein von mindestens zwei Zeugen vollzogen. Durch die Taufe wird der Täufling von allen früheren Sünden, sofern er davon umgekehrt ist, befreit. Vollständig wird der Kirchenbeitritt erst durch die üblicherweise einige Tage später ausgeführte Spendung des Heiligen Geistes durch Auflegen der Hände von mehreren Trägern des Melchisedekischen Priestertums. Dabei wird auch die Mitgliedschaft wörtlich bestätigt.

Sonntagsgottesdienst

Der übliche Gottesdienst am Sonntag umfasst:

Dies ist der wichtigste Teil des Gottesdienstes. Hier wird das Abendmahl in Form von Wasser und Brot gereicht, es werden Kirchenlieder gesungen und es gibt einige Predigten von Mitgliedern, männlich und weiblich, auch von Jugendlichen. Ursprünglich wurde das Abendmahl mit Wein gefeiert, doch wurde nach Einführung des "Wortes der Weisheit", der Wein durch Wasser ersetzt. Familien nehmen komplett daran teil. Besucher des Gottesdienstes sollen sollen anständig und dezent gekleidet sein. Dies gilt besonders für Priestertumsträger, die während des Gottesdienstes heilige Handlungen vollziehen, so dass die Würde des Anlasses unterstrichen und nicht von der heiligen Handlung abgelenkt wird. Männer sollen vorzugsweise Hemd und Kravatte, eventuell auch ein Jackett tragen, Frauen Röcke oder Kleider statt Hosen, um ihre Weiblichkeit zu betonen.
Hier gibt es unterschiedliche Klassen für Erwachsene, Jugendliche und für interessierte Außenstehende. Es werden Themen aus den Schriften, Aussagen von Propheten und anderer Kirchenführer besprochen.
  • Kollegiumsversammlung (50 min)
Hier treffen sich die Priestertumsträger nach Kollegien getrennt: "Diakone" (12 bis 14 Jahre), "Lehrer" (14-16 Jahre), "Priester" (16-18 Jahre), "Älteste und Hohepriester" (ab 18 Jahre). Ebenso treffen sich die Frauen in der Frauenhilfsvereinigung und die Mädchen von 12-18 Jahren in den Versammlungen der Jungen Damen. Hier werden die Lehren speziell für die Gruppe besprochen und diskutiert.
  • Primarvereinigung (während Sonntagschule und Kollegiumsversammlung)
Dies ist die wesentliche religiöse Erziehung der Kinder bis 12 außerhalb der Familie nach Altersgruppen getrennt.

Gebete

Die öffentlichen und die persönlichen Gebete richten sich stets an den "Himmlischen Vater" und werden mit "Im Namen Jesu Christi, Amen" beendet. Wenn ein öffentliches Gebet gesprochen wird, dann ist es üblich, dass die Anwesenden nach der Beendigung des Gebetes mit "Amen" zustimmend antworten. Man betet in kniender, stehender oder sitzender Haltung. Mitglieder sind dazu angehalten, täglich persönlich, als Familie und vor dem Essen zu beten. Alle Gebete werden frei gesprochen, außer den Abendmahlsgebeten und dem Taufgebet, die wörtlich festgelegt sind. Normalerweise enthalten Gebete einen Dank und eine Bitte je nach den persönlichen Umständen und dem Anlass des Gebetes

Aufgaben des Priestertums

Neben dem Lehren des Evangeliums hat das Priestertum auch die Aufgabe, ”Heilige Handlungen” zu vollziehen (Taufe, Konfirmation, Abendmahl, Priestertum übertragen usw.) und Segen zu spenden (Kindersegnung, Krankensegen, Väterlicher Segen usw.).

Religionserziehung

Neben den sonntäglichen Versammlungen gibt es für Jugendliche von 14 bis 18 das Seminarprogramm und für junge Erwachsene von 18 bis 30 das Institutprogramm. Beides wird vom Bildungswesen der Kirche (CES) organisiert. Es findet je nach den örtlichen Umständen wöchentlich am Abend statt oder täglich am Morgen vor der Schule bzw. Arbeit statt. Die meist ehrenamtlichen Lehrer werden von CES gestellt und fortgebildet.

Seelsorge

Die Seelsorge ist wie die sonstigen kirchlichen Aufgaben auf die Schultern vieler verteilt. Im Einzelnen handelt es sich dabei um ein Paar von Priestertumsträgern, die häufig aus einem Jugendlichen (Lehrer oder Priester im aaronischen Priestertum) und einem Träger des melchisedekischen Priestertums bestehen. Sie sind gemeinsam einigen Familien als sog. Heimlehrer zugeteilt und haben die Aufgabe, ihnen in allen Arten von Nöten zu helfen. Dazu gehört auch ein monatlicher Seelsorgebesuch, bei dem eine geistige Botschaft vermittelt wird. Heimlehrer helfen ihren 'Schäfchen' auch, wenn sie ein Problem mit dem Halten eines Gebot haben. Frauen sind paarweise einige Frauen zugeteilt, denen sie als "Besuchslehrerinnen" dienen. Auch sie vermitteln monatlich eine geistige Botschaft und helfen wo es nötig erscheint.

Monatliches Fasten

Den Mitgliedern, die alt genug und gesund sind, wird empfohlen am ersten Sonntag im Monat zu fasten, um ihre Geistigkeit zu stärken. Das bedeutet, auf zwei Mahlzeiten zu verzichten und während dieser Zeit auch nichts zu trinken. Das dadurch eingesparte Geld wird üblicherweise zweckgebunden für die Versorgung von Bedürftigen gespendet.

Das Fasten soll durch Gebet begleitet werden und endet in der Fasten- und Zeugnisversammlung. Das ist eine Abendmahlsversammlung in der jeder, der möchte, die Gelegenheit hat, seine Glaubengewissheit mitzuteilen.

Familienleben

Die Familie ist gemäß der Lehre der Kirche für die Errettung von besonderer Wichtigkeit. Ein aktives und positives Familienleben wird von den Kirchenführern sehr stark betont (siehe Proklamation für die Familie). Die Rolle der Frau als Mutter genießt höchstes Ansehen.

Die Familie nimmt nicht nur an den Sonntagsgottesdiensten teil, sondern kommt auch möglichst montags zu einem Familienheimabend zusammen. Dort können Probleme und Vorhaben der Familie besprochen werden. Die Eltern nutzen diesen Abend, um die Lehre ihren Kindern in einer fröhlichen und entspannten Atmosphäre nahezubringen.

Die Siegelung im Tempel soll die Familienbande ewig machen. Sie entspricht einer Eheschließung, die jedoch die Kinder ausdrücklich einschließt.

Tempel

Von den Mitgliedern der Kirche wird der Tempel als ganz besonders heiliger Ort verstanden. Dort geht man Gott gegenüber besondere Verpflichtungen ein und wird über den Erlösungsplan in symbolischer Weise belehrt. Neubeigetretene Mitglieder müssen sich für mindestens ein Jahr als treu erweisen, bevor ihnen der Zugang zum Tempel gewährt wird.

Tempelbesucher verpflichten sich, über besonders heilige Teile des Tempelrituals außerhalb des Tempels überhaupt nicht zu sprechen.

Siehe auch: Tempel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Missionsdienst

Jedes Mitglied soll die Lehren unter seinen Bekannten nach Möglichkeit verbreiten, dabei aber nicht aggressiv auftreten, sondern die göttliche Entscheidungsfreiheit des einzelnen respektieren.

Junge Männer sollen ab dem 19. Lebensjahr 24 Monate lang einen vollzeitigen Missionsdienst absolvieren. Auch Frauen ab 21 und ältere Ehepaare im Rentenalter können diesen Dienst, aber zeitlich verkürzt (meist 18 Monate bei jungen Frauen und 12 bis 18 Monate bei älteren Ehepaaren), erfüllen. Dies wird jedoch von ihnen nicht so stark erwartet wie von den jungen Männern.

Die Arbeit dieser vollzeitigen Missionare wird von einem Missionspräsidenten beaufsichtigt, der für ein bestimmtes geographisches Gebiet zuständig ist und direkt dem "Kollegium der Zwölf Apostel" unterstellt ist. Finanziert wird der Lebensunterhalt für diese Zeit von den Missionaren selbst (aus Erspartem) oder von ihren Familien und Freunden.

Siehe auch: Missionare der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage

Prägende Gebote

Mitglieder der Kirche sind dazu angehalten, völlig auf den Genuss von Alkohol, Tabak, Kaffee und schwarzem Tee zu verzichten sowie keine Drogen zu nehmen und sich gesund zu ernähren. Dieser Grundsatz, dessen Einhaltung eine Bedingung für den Besuch eines Tempels darstellt, ist bekannt als "Das Wort der Weisheit". Tätowierungen und Piercings werden abgelehnt. Jeweils ein Ohrloch bei Frauen bildet eine Ausnahme. Jede Art von als Verstümmelungen betrachteten Veränderung am Körper haben die Mitglieder zu unterlassen. Dies hängt damit zusammen, dass der Körper als Tempel für den Geist betrachtet wird, der nicht verunreinigt werden darf.

Die Mitglieder zahlen den "Zehnten", also zehn Prozent ihres Einkommens. Die Zehnteneinnahmen werden für die Finanzierung von Bauprojekten, Gebäudeunterhalt, Lehrmittel, Aktivitäten und anderes verwendet. Auch dies ist Bedingung für den Tempelbesuch.

Das Gebot der Keuschheit bedeutet völlige sexuelle Enthaltsamkeit vor der Ehe und vollständige Treue in der Ehe. Dazu gehört auch das Verbot von Selbstbefriedigung. Auch dieses Gebot ist eine Bedingung für den Besuch von Tempeln. Übertretungen hinsichtlich dieses Gebotes führen grundsätzlich zu Sanktionen wie Gemeinschaftsentzug bis hin zur Exkommunikation, wenn sie den Kirchenoberen bekannt werden.

Unter "Sabbatheiligung" versteht man in der Kirche den Besuch des Gottesdienstes und den Verzicht auf kommerzielle und sportliche Betätigung (etwa Schwimmen im Freibad) am Sonntag. Statt dessen soll man sich mit familienzentrierten und geistlichen Dingen, wie dem Studium der "heiligen Schriften", befassen.

Wirkung nach außen

Neben dem Missionsprogramm tritt die Kirche vermehrt mit Internetauftritten, mit Interviews von Kirchenführern in öffentlichen Medien und mit Zeitungsberichten an die Öffentlichkeit.

Die Kirche betreibt umfangreiche Ahnenforschung, da dies für die Mitglieder als religiöse Pflicht gilt. Sie ist mit ihren riesigen Archiven, vor allem durch die Genealogische Gesellschaft von Utah, auch Nichtmitgliedern bei der Ahnenforschung behilflich, wobei diese nicht zu einer Mitgliedschaft gedrängt werden.

Viele internationale Hilfsorganisationen loben zudem die Zusammenarbeit mit der Kirche in humanitären Hilfsprojekten.

Die evangelische Kirche in Deutschland bezeichnet die Kirche als eigenständige synkretistische Neu-Religion. Ein Übertritt zum Mormonentum bedeute daher eine völlige Abkehr von der christlich-ökumenischen Kirchengemeinschaft. Die evangelische Kirche vertritt außerdem den Standpunkt, dass kirchliche Register nicht den Mormonen zum Zwecke ihrer Genealogiearbeit zur Verfügung gestellt werden können, aufgrund der Sonderlehre der Totentaufe. Ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage kann nicht als Taufpate zugelassen werden. Weiter ist die kirchliche Trauung eines Mormonen nicht möglich. Ebenso ist die gastweise Zulassung zum evangelischen Abendmahl Mormonen nicht möglich. Mit Ausnahme der Verweigerung des Zugangs zu genealogischen Daten werden die geschilderten Maßnahmen der evangelischen Kirche von Mormonen akzeptiert, ja für folgerichtig und selbstverständlich gehalten.

Kritik

Kritik an der Kirche und deren Führern wird innerhalb der Kirche nicht geduldet, darum stammen folgende Kritikpunkte von Außenstehenden, wie z. B. einigen konfessionellen Weltanschauungsbeauftragten und Wissenschaftlern, sowie von ehemaligen Mitgliedern.

Grundsätzlich werden Zweifel bezüglich Joseph Smith und der Authentizität seiner Visionen geäußert. Smith habe demnach keine Offenbarungen erhalten, sondern seine Werke mittels Phantasie und Adaption anderer Lehren erstellt oder sie - nach anderer Ansicht - von Dämonen erhalten. Details hierzu findet man unter Buch Mormon, Lehre und Bündnisse und Buch Abraham.

Die Lehre von der "Mehrzahl der Götter" (engl. plurality of Gods) sei Polytheismus und deshalb nicht mit dem Christentum zu vereinbaren. Ähnlich verhält es sich auch mit der Lehre, die besagt, dass jeder Mensch ein Gott werden und Welten erschaffen könne. Auch wird kritisiert, dass die Kirche entgegen dem christlichen Verständnis, die Sintflut dahingehend interpretiert, dass sie dazu dienen sollte, die gesamte Erde durch Untertauchen zu taufen. Ferner wird kritisiert, dass Minderjährige regelmäßige Interviews über ihr Sexualleben mit dem örtlich zuständigen Bischof führen sollen.

Einige Christen kritisieren auch die Lehre der Kirche, die besagt, dass Jesus ein Bruder Satans sei. Gerade von Protestanten wird der Kirche oft Werkgerechtigkeit vorgeworfen. Manche Kritiker sehen einen Widerspruch zwischen dem allgemeinen "Anrecht auf Offenbarungen" einerseits und der internen Hierarchiebildung durch Offenbarungen andererseits. Der Kirchenführung wird außerdem vorgeworfen, die eigene Geschichte zu verfälschen und negative Punkte zu verheimlichen.

Kritisiert werden ferner ihr autoritärer Führungsstil, die Forderung der Abgabe des "Zehnten" und manche geschäftliche Aktivitäten. Tatsächlich ist die Abgabe aber freiwillig (wenn auch mit einem merklichen sozialen Druck verbunden), und es wird jedes halbe Jahr von der Kirche ein Buchprüfungsbericht vorgelegt.

Die auf Druck der Öffentlichkeit (z.B. New York Times) von der Kirche eingeräumte Existenz des sogenannten "Strengthening the Members Committee" wird auf das Schärfste kritisiert. Dieses Komitee wird von Aposteln der Kirche geführt und unterhält eine geheime Liste von sogenannten Kirchengegnern und Kritikern.

Kirche regional

Insgesamt umfasst die Kirche nach eigenen Angaben zur Zeit (2004) rund 12 Millionen Mitglieder weltweit in über 160 Ländern und Territorien, davon ca. 5,5 Millionen in den USA. Auch die folgenden Daten entstammen den Angaben der Kirche.

Länder mit der höchsten Mitgliederzahl Länder bzw. Territorien mit der prozentual höchsten Mitgliederzahl

(mindestens 10 000 Mitglieder)

USA 5 503 192
Mexiko 980 053
Brasilien 866 988
Chile 530 739
Philippinen 526 178
Peru 384 663
Argentinien 330 349
Guatemala 192 207
Kanada 166 442
Ecuador 161 396
Tonga 46,0 %
Samoa 34,0 %
Amerikanisch-Samoa 19,1 %
Kiribati 10,0 %
Französisch-Polynesien 7,8 %
Chile 3,4 %
Uruguay 2,4 %
Neuseeland 2,3 %
Honduras 1,6 %
Bolivien 1,5 %

In Österreich

1883 wurde Paul Haslinger, das erste Mitglied auf österreichischem Gebiet, in Lambach getauft. Die erste Gemeinde wurde in Haag am Hausruck 1901 gegründet. Die Kirche wurde am 27. September 1955 in Österreich staatlich anerkannt.

Im Jahr 2004 gab es in Österreich 20 Gemeinden und 2 österreichischen Pfählen: Pfahl Wien mit Gemeinden und Zweigen in Wien (5x), Bruck an der Mur, Judenburg, St. Pölten, Graz und Wiener Neustadt. Pfahl Salzburg mit Gemeinden und Zweigen in Neumarkt am Wallersee, Haag am Hausruck, Innsbruck, Klagenfurt, Linz (2x), Salzburg, St. Johann im Pongau und Wels. Die Gemeinde in Dornbirn gehört zum Pfahl Zürich.

In Deutschland

Das erste Gemeindehaus auf „deutschem Boden“ (östlich der Oder/Neißelinie) wurde 1929 in Selbongen (jetzt Zełwągi in Polen) gebaut.

Die Kirche hat lediglich in zwei Bundesländern Hessen (seit 1954) und Berlin (seit 1954) den Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts. In den übrigen Ländern ist sie als rechtsfähiger Verein im Sinne des BGB - also privatrechtlich organisiert - eingetragen. Weiter soll die Kirche in diesen Ländern, den Antrag zur Verleihung der Körperschaftsrechte gestellt haben, jedoch ist bisher nicht eindeutig geklärt, wann diese Anträge gestellt wurden und wann in etwa mit einer Entscheidung der zuständigen Behörden darüber zu rechnen ist. Eine Meinung in der Staatskirchenrechtswissenschaft bezweifelt gar die Wirksamkeit des Körperschaftsstatus im Bundesland Berlin, da im Jahre 1954 entgegen den Bestimmungen der Berliner Landesverfassung Formerfordernisse im Verleihungsverfahren nicht eingehalten wurden (Quelle: Held, Die kleinen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften im Staatskirchenrecht der Bundesrepublik, S. 132, 149 f., München 1974). In Deutschland leben ca. 36 000 Mitglieder, davon sind ca. 35% aktiv, d.h. sie besuchen regelmäßig die Versammlungen und Aktivitäten der Kirche. Es gibt zwei Tempel: in Friedrichsdorf (Taunus) bei Frankfurt am Main (Frankfurt-Tempel) und in Freiberg in Sachsen (Freiberg-Tempel). Es gibt 184 Gemeinden und Zweige in den Pfählen München, Stuttgart, Nürnberg, Dresden, Leipzig, Berlin, Hamburg, Hannover, Neumünster, Dortmund, Mannheim, Frankfurt am Main, und den Distrikten Neubrandenburg und Erfurt.

Literatur

  • M. Russel Ballard, Our Search for Happiness: An Invitation to Understand the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, Desert Book Company, November 1993, ISBN 0-8757-9804-7
  • Legrand Richards: A Marvelous Work and a Wonder, Deseret Book Company, Juli 2000, ISBN 0-8757-9327-4
  • Bruce R. McConkie: Mormon Doctrine, Bookcraft, Salt Lake City 1958, ISBN 0-8849-4446-8
  • Christian Gellinek: Christus in Amerika, Mormonentum als christliche Religion, Agenda-Verlag, Münster 1999
  • Albert Mössmer: Die Mormonen. Die Heiligen der Letzten Tage, Walter Verlag, Solothurn/Düsseldorf 1995.
  • Rüdiger Hauth: Die Mormonen. Sekte oder neue Kirche Jesu Christi? Ein Ratgeber. Herder Verlag, Freiburg 1995.
  • Daniel C. Peterson: Entgegnung auf Rüdiger Hauth's Buch "Die Mormonen. Sekte oder neue Kirche Jesu Christi?" LDS BOOKS Schubert & Roth OHG, Bad Reichenhall.

Siehe auch