Protozoen (Einzahl: Protozoon, [alt]griechisch πρωτόζωο[ν], protósoo[n], „das erste Tier“, von πρώτο, próto, „das erste“ und ζώο[ν], zóo[n], „das Tier, das Lebende“) oder Urtiere ist eine veraltete Bezeichnung für aufgrund ihrer heterotrophen Lebensweise und ihrer Mobilität als tierisch angesehene Einzeller, die keine Zellwand, aber im Gegensatz zu Bakterien einen Zellkern besitzen.
Die Bezeichnung wurde von dem Deutschen Georg August Goldfuß 1818 in die Wissenschaft eingeführt. Die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Erforschung der Protozoen beschäftigt, wird als Protozoologie bezeichnet.
Zunächst stellte man die Protozoen zusammen mit anderen kernhaltigen Einzellern in ein eigenes Reich der Lebewesen, nämlich ins Reich der Protista. Man weiß jedoch heute, dass die Begriffe „Protozoen“ und „Protista“ ebenso wenig systematische Taxa sind wie die Begriffe „Algen“, „Amöben“ oder „Flagellaten“, da die Einteilung hauptsächlich aufgrund von ins Auge springenden Merkmalen, dem so genannten Habitus getroffen wurde, nicht aber aufgrund natürlicher Verwandtschaft.
Von den etwa 40.000 beschriebenen „Protozoen-Arten“ sind etwa 8.000 Parasiten, von denen wiederum etwa 70 beim Menschen parasitieren. Nur etwa 40 Infektionen durch Protozoen können auch eine Krankheit hervorrufen. Einige Parasiten sind jedoch eigentlich den Algen; sie enthalten einen Leukoplasten (z. B. die Apicomplexa, zu denen Plasmodium, der Erreger der Malaria gehört oder Helicosporidium, eine farblose Grünalge)
Momentaner Stand der Systematik
Die systematische Einteilung der verschiedenen Evolutionslinien befindet sich in einem ständigen Revisionsprozess und die verschiedenen Vorschläge werden nicht von allen Forschern akzeptiert. Adl et al. verwenden den Begriff Supergruppe und nicht Reich.
Einteilung nach Adl et al. 2005 (Journal of Eukaryotic Microbiology 52: 399-451):
Amoebozoa
- Tubulinea
- Flabellinea
- Stereomyxida
- Acanthamoebidae
- Entamoebidae
- Mastigamoebidae
- Pelomyxa
- Emycetozoa
Opisthokonta
- Fungi (Pilze)
- Mesomycetozoa
- Choanomonada
- Metazoa (Tiere)
Rhizaria
- Cercozoa
- Haplosporidia
- Foraminifera
- Gromia
- Radiolaria
Archaeplastida*
- Glaucophyta
- Rhodophyceae**
- Chloroplastida*** (Grünalgen und Landpflanzen)
Chromalveolata
- Cryptophyceae****
- Haptophyta****
- Stramenopiles (u. a. Braunalgen und Goldalgen)
- Alveolata (Dinoflagellaten, Apicomplexa, Ciliata)
Excavata
- Fornicata
- Malawimonas
- Parabasalia
- Preaxostyla
- Jakobida
- Heterolobosea
- Euglenozoa
* Wird in anderen Veröffentlichungen auch als Reich Plantae (Reich der Pflanzen) bezeichnet (Saunders & Hommersand 2004). ** auch Unterreich Rhodoplantae (Saunders & Hommersand 2004). *** bekannter unter der Bezeichnung Viridiplantae (= grüne Pflanzen) **** Die Zugehörigkeit der Cryptophyceae zu den Chromalveolaten ist noch umstritten.
Diese systematische Einteilung ist eine Folge von auf DNA-Sequenzen beruhenden phylogenetischen Bäumen in Kombination mit morphologischen Merkmalen, und spiegelt die natürlichen Verwandtschaften wieder. Aus dieser Einteilung geht hervor, dass die Tiere und Landpflanzen aus Protistenlinien hervorgegangen sind. Fasst man die sog. Protisten als systematische Gruppe zusammen, lässt aber Tiere und Landpflanzen außen vor, ergibt sich eine unnatürliche Systematik.
Siehe auch: Parasiten des Menschen