Untermainkai

Uferstraße in Frankfurt am Main
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Der Untermainkai ist eine rechtmainische Uferstraße in den Frankfurter Stadtteilen Altstadt, Innenstadt, Bahnhofsviertel und Gutleutviertel.

Untermainkai
Wappen
Wappen
Straße in Frankfurt am Main
Basisdaten
Ort Frankfurt am Main
Ortsteil Altstadt, Innenstadt, Bahnhofsviertel, Gutleutviertel
Angelegt 19. Jahrhundert
Anschluss­straßen Mainkai (Osten), Speicherstraße (Westen)
Querstraßen Hofstraße, Neue Mainzer Straße, Untermainbrücke, Untermainanlage, Mainluststraße, Holbeinsteg, Windmühlstraße, Unter der Friedensbrücke, Wiesenhüttenstraße
Technische Daten
Straßenlänge ~ 1.100 Meter

Lage

Die Straße beginnt im Osten noch in der Altstadt auf der Höhe der Seckbächer Gasse respektive des ehemaligen Degussa-Areals, das gegenwärtig unter dem Projektnamen Maintor völlig neu entwickelt wird. Der Verlauf durch die Altstadt endet bereits nach rund 120 Metern an der Kreuzung von Hofstraße, Neuer Mainzer Straße und Untermainbrücke. Es folgt ein rund 200 Meter langes Teilstück durch die Innenstadt bis zur Untermainanlage.

Im anschließenden Bahnhofsviertel ist der Untermainkai die einzige Straße zum Fluss. Sie wird dabei regelmäßig von Mainluststraße, Holbeinsteg, Windmühl- und schließlich der Wiesenhüttenstraße geschnitten, die auch den Übergang in das Gutleutviertel darstellt. Dort gibt es bis zur Friedensbrücke, an der der Übergang von Untermainkai zur Speicherstraße erfolgt, keine weiteren Querstraßen.

Die Straße ist durchgängig dreispurig ausgebaut und spielt insbesondere mittels der Untermain- und der Friedensbrücke in der Verteilung von rechts- und linkmainischem Individualverkehr eine zentrale Rolle. Südlich, unterhalb der dort steil abfallenden ehemaligen Kaimauern, folgt auf fast voller Länge das Nizza, eine über 4 Hektar große Parkanlage. Da der Begriff des Nizzas nicht so verbreitet ist wie der des Untermainkais als Straßenname, wird letztere Bezeichnung auch häufig (fälschlich) synonym für die Parkanlage gebraucht.

Geschichte

 
Frankfurt von Südwesten, um 1618 – Weinmarkt, Mainzer Bollwerk (noch ohne Schanze auf der vorgelagerten Maininsel) und die Windmühle sind gut erkennbar
(Ausschnitt eines Kupferstichs von Matthäus Merian d.Ä.)

Im Mittelalter und der frühen Neuzeit befand sich nur der kurze, heute im Stadtteil Altstadt verlaufende Abschnitt des jetzigen Untermainkais innerhalb der Frankfurter Stadtbefestigung. Auf voller Breite zwischen der jetzigen Neuen Mainzer Straße und der Untermainanlage zog die dort besonders stark ausgeführte Westflanke der Verteidigungsanlagen vom sogenannten Mainzer Bollwerk vom Mainufer nach Norden. Dem Ufer selbst folgte eine hohe Mauer, auf deren Rückseite im Bereich des Untermainkais die Häuser der Alten Mainzer Gasse gebaut waren.

Das mit einer vorgelagerten Schanze teilweise in den Main und direkt vor die Mauer gesetzte Mainzer Bollwerk erlaubte keinen Kai oder Hafen an dieser Stelle. Daher erstreckte sich ein solcher östlich davon, im Bereich des heutigen Mainkais etwa von Höhe des Karmeliterklosters bis hinauf zur Leonhardskirche, der als Weinmarkt genutzt wurde. Dort verzollten und schließlich löschten Schiffe selbst aus damals entfernten Orten wie Straßburg ihre entsprechende Ladung.

Bereits seit dem 17. Jahrhundert hatten Frankfurter Familien, etwa die der Guaita und Loën, außerhalb der Stadtmauern Sommervillen mit großen Landschaftsgärten besessen. Im 18. Jahrhundert nahmen derartige Bauunternehmungen der städtischen Oberschicht deutlich zu, über 500 Gesuche dieser Art wurden zwischen 1720 und 1800 verzeichnet. Besonders beliebt war das klimatisch begünstigte Gebiet am Flusslauf westlich der alten Stadtmauern.

Topographisch gehörte dieses zum Galgenfeld, das im Westen bis zur Gemarkungsgrenze auf Höhe der heutigen Galluswarte reichte. Obwohl der südlich der Warte direkt am Main gelegene Gutleuthof, ein mittelalterliches Lepra-Spital, und der namensgebende Galgen in der Mitte des Feldes nicht unbedingte beste Vorbedingungen für ein Wohngebiet darstellten, entwickelte sich, dicht an das Ufer gedrängt, bis zum Ende des Jahrhunderts bis etwa zur heutigen Friedensbrücke ein dichtes Netz von Gärten und Landhäusern.

 
1845: Blick von Höhe des Untermaintors nach Osten in den Untermainkai, die zehn ersten klassizistischen Häuser sind links gut zu erkennen, rechts der „Kleine Main“ und die Mühlinsel
(Stahlstich von Wilhelm Lang nach Vorlage von Jakob Fürchtegott Dielmann)

Nach der Entfestigung des frühen 19. Jahrhunderts, also dem Abbruch fast aller Stadtmauern und -türme, wurde auch der Untermainkai bald nach 1818 als Bauland ausgewiesen. Die Aufschüttung des in der Fluss reichenden Mainzer Bollwerks begründet den Versatz in der Bebauung des Mainufers, der bis heute sichtbar geblieben ist und noch immer den Übergang vom Mainkai zu Untermainkai markiert. In den 1820er Jahren entstanden dort bis hinab zur neuen Untermainanlage, wo das Untermaintor als neues Stadttor errichtet wurde, zunächst zehn klassizistische Häuser.

Fünf Gebäude wurden östlich der ebenfalls neu angelegten, nach Norden führenden Neuen Mainzer Straße auf einstigem altstädtischen Gebiet errichtet und an ältere Gebäude der Alten Mainzer Gasse angebaut. Weitere fünf entstanden westlich der Neuen Mainzer Straße auf dem Gebiet der Untermainanlage. Zu dieser Zeit kam auch erstmals die Bezeichnung für den Untermainkai als Straße auf, obgleich die rein topographische Unterscheidung zwischen Ober- und Untermain schon im Mittelalter bekannt war. Die Bauausführung folgte dem Gesamtplan des damaligen Stadtbaumeisters Johann Georg Christian Hess, dem gesamten Mainufer ein einheitliches klassizistisches Erscheinungsbild zu geben.

 
Das Gartenlokal „Mainlust“ am „Kleinen Main“ und die Mühlinsel, vor 1858

Bis zur Parzellierung des Bahnhofsviertels in den 1880er Jahren war der Uferabschnitt westlich des Untermaintors allerdings nicht als Untermainkai, sondern als An der Windmühle bekannt. Dies ging auf eine jahrhundertealte, direkt vor dem Tor am Ufer gelegene Windmühle zurück, die bereits auf einer Stadtansicht von Matthäus Merian d. Ä. aus der Zeit um 1618 zu erkennen ist. 1832 errichtete der Gastwirt Johann Georg Ried an ihrer Stelle das Gartenlokal „Mainlust“, das in den folgenden Jahrzehnten legendären Ruf erlangte und in zahlreichen Reisebeschreibungen Eingang fand, obwohl es schon 1873 wieder abgerissen wurde. Noch heute erinnert der Name der Windmühlstraße an den Vorgängerbau, die Mühle befand sich allerdings eher auf Höhe der heutigen Mainluststraße.

1839–50 entstanden auf dem ehemaligen Galgen-, nun Gallusfeld westlich der Gallusanlage mit den Westbahnhöfen die Vorgängerbauten des heutigen Hauptbahnhofs. Für die Main-Neckar-Eisenbahn wurde an der Stelle der heutigen Friedensbrücke mit der Main-Neckar-Brücke zum ersten Mal seit dem Ende der reichsstädtischen Zeit überhaupt eine neue Mainquerung von der Stadt errichtet. Damit war die spätere und noch heutige Westgrenze des Untermainkais etabliert.

Die Aufschüttung des „Kleinen Mains“ zwischen der Mühlinsel ermöglichte 1858 die Einrichtung eines neuen, tiefer in den Main reichenden Kais zwischen Leonhardskirche und der Windmühlstraße. Doch die Folgen der Industrialisierung drohten den noch wenige Jahre zuvor hochgelobten noblen Charakter des klassizistischen Städtebaus an dieser Stelle nachhaltig zu beeinträchtigen. Vom im selben Jahr eingerichteten neuen Winterhafen am Grindbrunnen, direkt westlich der Friedensbrücke, zogen sich alsbald Gleise das ganze Mainufer entlang, unansehnliche Lagerschuppen folgten.

Der damals hochbetagte Stadtgärtner Sebastian Rinz, der die Umwandlung der alten Befestigungen in die Wallanlagen geleitet hatte, konnte noch durchsetzen, dass ein Großteil der Lagerschuppen im Bereich des Untermainkais wieder verschwand. Unter seinem Nachfolger Andreas Weber entstand in den folgenden Jahrzehnten südlich des eigentlichen Untermainkais mit dem Nizza als Verlängerung der Frankfurter Wallanlagen eine grüne Promenade. Nach dem Bau der Untermainbrücke 1872–74 und der Mainkanalisierung 1883–86 hatte der Untermainkai zum Ufer hin überwiegend seine noch heutige Form erhalten.

Die Errichtung des heutigen Hauptbahnhofs bildete den Auftakt für die planmäßige Bebauung des gleichnamigem Viertels auch entlang der Stadtseite des Untermainkais. Einzelne Häuser waren noch in spätklassizistischem Duktus bereits in den 1870er Jahren entstanden, das Gros wurde zwischen 1880 und 1900 errichtet. Der Lage entsprechend handelte sich um repräsentative großbürgerliche Häuser in den damals gängigen reichen Mischformen des Historismus. Dominierte im östlichen Bereich die Bauweise des geschlossenen Blockrands, war im Westen eher eine halboffene bis offene Villenbauweise verbreitet.

Die Schäden des Zweiten Weltkriegs fielen am Untermainkai gemessen am Gesamtzerstörungsgrad und der Nähe zur Altstadt verhältnismäßig gering aus. Von den ersten zehn Häusern blieben mit der Nr. 4 (Hermann-Schlosser-Haus) und den Nr. 12–15 exakt die Hälfte erhalten. Sie zählen damit heute zu den frühesten und bedeutendsten Beispielen des Frankfurter Klassizismus und den ältesten Bürgerhäusern der Alt- und Innenstadt. Auch die bis zur Friedensbrücke folgende Bebauung des Historismus ist aus denkmalpflegerischer Sicht weniger durch vereinzelte Kriegsverluste und Abrisse als vielmehr die unmaßstäblichen Großbauten vor allem des InterContinental Frankfurt und des Union Investment-Hochhauses in seiner Wirkung gestört.

Literatur

  • Tobias Picard: Wohnen, Leben und Arbeiten am Fluß. Die Mainufer im 19. und 20. Jahrhundert in Bildern und Fotografien. In: Dieter Rebentisch und Evelyn Hils-Brockhoff im Auftrag der Gesellschaft für Frankfurter Geschichte e. V. in Verbindung mit dem Institut für Stadtgeschichte (Hrsg.): Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. Band 70, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-7829-0559-8, S. 289–325.
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