Uhuru Kenyatta

kenianischer Politiker und 4. Präsident von Kenia (2013–2022)
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Uhuru Muigai Kenyatta (* 26. Oktober 1961) ist der älteste Sohn der vier Kinder von Jomo Kenyatta, dem ersten Präsidenten von Kenia und seiner vierten Ehefrau Ngina Muhoho, genannt: Mama Ngina, die 1951 geheiratet hatten. Uhurus Vorname steht für das Kisuaheli-Wort „Freiheit“. Er ist - wie beide Eltern - ein Kikuyu.

Leben

Über sein Privatleben sind nicht allzu viele Einzelheiten oder gar Stories bekannt; manche nennen es sogar mysteriös. Er kam 1961 ganz kurz nach der völligen Freiheit seines Vaters auf die Welt (andere Quellen erwähnen den 26. Oktober 1960). Sein Vorname geht auf eine Idee des zweiten Vize-Präsidenten Kenias Joseph Murumbi zurück.

Seine Mutter nennt ihn einen „Mustersohn, auf den eine Mutter nur hoffen kann.“ Über seine Kindheit im Präsidentenpalast sagt Uhuru: „Das Aufwachsen im Kenyatta Haushalt hat uns vielerlei gelehrt. Mein Vater lehrte uns, jedermann fair zu behandeln. Er lehrte uns das Wesen von Gerechtigkeit und Fairness, er wies uns an, aus der Geschichte zu lernen, aber nicht in ihr zu leben.“ Er besuchte die berühmte katholische St. Mary's School in Nairobi, wo er als einer der besten Schüler bekannt war. Nach dem Abitur ging er zum Studium in die USA und studierte am Amherst College in Massachusetts Politikwissenschaft und Ökonomie mit dem BA-Abschluss (Bachelor). Er folgte mit diesem Studienplatz seinem Neffen Ngengi Muigai, der vor ihm den Kenyatte-Clan geführt hatte und heute im anderen politischen Lager steht. 1985 kehrte Uhuru nach Kenia zurück.

Er ist seit 1989 mit Margaret Wanjiru Gakuo, einer Tochter des Eisenbahnmanagers Dr. E. N. Gakuo verheiratet. Sie haben drei Kinder: Jomo, Ngina and Muhoho. Seine ältere Schwester ist Christine Wambui Pratt (* September 1952; in Nairobi verheiratet mit Victor Pratt, einem Liberianer), seine jüngere Schwester Anna Nyokabi lebt recht zurückgezogen auch in Nairobi. Sein jüngerer Bruder Muhoho Kenyatta (* 1964) managt heute die Familiengeschäfte.

Geschäft

In Kenia arbeitete er als Großfarmer und Geschäftsmann im leicht verwaisten Geschäftsimperium seines 1978 verstorbenen Vaters. So war er Manager der großen und sehr erfolgreichen Molkerei Brookside. Die Familie besitzt Land, angeblich in der Größenordnung der Provinz Nyanza, so die Taita Taveta Farm, Kahawa Sukari Farm, Gatundu Farm, Thika Farm, Brookside Farm, Muthaita Farm, Green Lee Estate, Njagu Farm in Juja, Kasarani Farm, Nakuru Farm in Rongai, Naivasha Ranch, einige weitere Farmen in Nairobi sowie einen Steinbruch in Dandora.

Solche Besitztümer sind auch bei anderen führenden Politikern von Regierung und Opposition nichts Besonders. Jackson Angaine, Njenga Karume, Mwai Kibaki, Kihika Kimani, Mbiyu Koinange, Isaiah Mathenge, Eliud Mahihu, Paul Ngei, Daniel arap Moi, Njoroge Mungai oder Charles Njonjo gehören zu den Großgrundbesitzern. Diese Tatsache schützt übrigens die meist weißen Großfarmen in der Laikipia-Ebene wie z.B. Ol ari Nyiro von Kuki Gallmann (Buch und Film: "Ich träumte von Afrika") davor, dass ihr Land an die Maassai „zurückgegeben“ oder riesige Summen bezahlt werden müssen, wie dies die Maassai im Sommer 2004 teils gewaltsam gefordert haben und die z.B. geschützte Wildtiere durch Niederreißen der Zäune „befreiten“. Denn Nachbar Mwai Kibaki oder Charles Njonjo, der Uhuru bei seiner Kampagne massiv unterstützt hatte, möchten ihr Land auch behalten. Und Großbritannien sowie die weißen Kenianer, fast alle englischen Ursprungs, möchten ebenfalls einen Präsidenten und eine Regierung, die die Landfrage zu ihren Gunsten entscheidet und keinen Harakiri-Kurs, wie ihn Robert Mugabe in Zimbabwe derzeit fährt. Vorbereitet und getragen wurden die Aktionen der Maassais in Laikipia übrigens von cleveren Anwälten.

Politik

Spätes politisches Engagement

Erst seit 1996 trat Uhuru Kenyatta auf regionaler Ebene als Vorsitzender der Kenya African National Union (KANU), der früheren Staatspartei seines Vaters, in Thika auf. 1997 verlor er seinen Wahlkreis Gatundu-Süd, den schon sein Vater gehalten hatte, an den Sozialdemokraten Moses Muihia. 1999 berief Moi den jungen Kenyatta, mit dem er ein enges Verhältnis pflegte, zum Vorsitzenden des Tourismus Board, der offiziellen Tourismus-Behörde Kenias und des Nationalen Katastrophenschutzes. In der Tourismusbehörde arbeitete er eng mit Nicholas Biwott zusammen. 2001 wird er durch Moi zum Abgeordneten ins Parlament und im gleichen Jahr zum Assistant Minister (Local Government) berufen. Im März 2002 wird er zum 2. Vorsitzenden der KANU gewählt. Seriöse Korruptionsvorwürfe gegen Uhuru Kenyatta wurden bisher nicht erhoben.

Präsidentschaftskandidat

Im Juli 2002 trat er als Überraschungskandidat des aus dem Amt scheidenden Präsidenten Daniel arap Moi für die anstehende Präsidentenwahl vom 27. Dezember 2002 auf und wurde dazu dann im Oktober 2002 auf Parteibasis auch gewählt. Damit stieß Moi viele potentielle Nicht-Kikuyu-Kandidaten vor den Kopf: George Saitoti, Raila Odinga, Musalia Mudavadi oder Kalonzo Musyoka. Mit der Ernennung eines Kikuyu konterkarierte Moi in gewisser Weise seine bisherige Anti-Kikuyu-Politik, die man als Tribalismus bezeichnen kann. Außerdem hatte sich das Wahlvolk nun zwischen zwei Kikuyus zu entscheiden, denn der andere Kandidat Mwai Kibaki entstammt der gleichen Ethnie, während die großen anderen Ethnien wie die Luhyas und Luos leer ausgingen. Besonders die Luos fühlten sich betrogen, hatte Moi doch angeblich ihrer Leitfigur Raila Odinga die Kandidatur versprochen. Odinga und andere KANU-Größen wechselten daraufhin zur NARC-Opposition.

Die Präsentation Uhuru Kenyatta wurde weitgehend als Trick des „Alten“ Daniel arap Moi verstanden, sich nach der Wahl des Schutzes der Familie Kenyatta sicher zu sein und den unerfahrenen Mann als „graue Eminenz“ steuern zu können. Moi hatte seinerseits die Witwe Kenyattas, Mama Ngina, „geschützt“. So durfte sie bis auf den heutigen Tag im alten Präsidentenpalast wohnen bleiben (wo Uhuru aufwuchs) und ihre Besitztümer (s.o.) behalten. Beide Regierungen und die von ihnen profitierenden Kreise waren möglicherweise über gleiche Interessen in der Landfrage und über den Missbrauch staatlicher Gelder verbunden. Uhurus „mysteriöse“ Vergangenheit rief Spekulationen hervor (angeblich erfolgloses Studium in den USA, Druck Daniel arap Mois zu politischer Tätigkeit, exzessiver Alkoholkonsum), die alle die These stützten, Uhuru sei lediglich eine blinde Marionette Mois und des korrupten Establishments.

Auch dass Uhuru so jung war und keinerlei politische Erfahrung hatte, sprach in einem Land, das so viel Wert auf die Reife eines Menschen legt und ältere Männer mit der würdevollen Anrede „Mzee“ tituliert (Jomo Kenyatta wurde z.B. immer nur so genannt) gegen den Kandidaten. Für Uhuru sprach, dass er unverbraucht, jung und damit vielleicht nicht in überkommene Seilschaften verstrickt war.

Wahlverlierer

Trotz der langen Geschichte als Staatspartei (sie regierte 39 Jahre lang) verlor der junge Kandidat auf der Liste der KANU gegen die oppositionelle „Regenbogenkoalition“ (National Rainbow Coalition, NARC) von Mwai Kibaki, einem ethnischen Parteienbündnis, dessen primäres Ziel es war, nach aufgrund der Zersplitterung der Opposition gescheiterten Versuchen von 1992 und 1997 Moi aus dem Amt zu drängen. Kibaki gewann in einer nach Beonbachtungen freien und fairen Wahl mit 62% zu 31% der Stimmen gegen Uhuru. Zu dem deutlichen Ergebnis wesentlich beigetragen haben dürfte die Tatsache, dass Kenyattas undemokratischer, korrupter und erfolgloser Mentor Moi in der Bevölkerung hoffnungslos jeden Rückhalt verloren hatte. Aber auch in der neuen Regierung blieben viele mit den beiden bisherigen Regierungen verbundene Politiker vertreten.

Oppositionsführer

Uhuru ist heute Parlamentsmitglied, hat aber bisher seine Einstandsrede im hohen Haus noch nicht gehalten. Er hat im innerparteilichen Machtkampf im Januar 2005 gegen den Scharfmacher der Regierung Moi, den umstrittenen Politiker Nicholas Biwott, überzeugend gewonnen und wurde mit 2.980 gegen 622 Stimmen der Parteitagsdelegierten gewählt. Biwott war so erbost, dass er zwei Mal wütend aus dem Saal stürmte. Uhuru Kenyatta ist augenblickliche der Oppositionsführer Kenias.

Die größte Leistung des bis 2002 politisch auf der Weltbühne nicht besonders hervorgetretenen Uhuru ist sicherlich die demokratisch selbstverständliche Akzeptanz des Wahlverlusts. Im Umfeld der Wahlen von 1992 und 1997 war es ja noch zu erheblichen Zusammenstößen mit Toten und teils bürgerkriegsähnlichen Zustanden gekommen. Wenn sich der persönlich integre Familienvater aus den Fallstricken der alten Politikergarde befreien kann, hat er alle Chancen, einer neuen Generation von afrikanischen Führern anzugehören, die ihre Länder demokratisch, unbestechlich und effektiv nach den Regeln des Good Governance führen. Er könnte 2007 der nächste Präsident Kenias sein.

Die Bevölkerung beobachtet derzeit neugierig, ob ihm die Metamorphose vom smarten Businessmann und Schüler Mois zum Führer einer Nation gelingt.