Uthman ibn Affan ([arabisch عثمان بن عفان, DMG ʿUṯmān b. ʿAffān; * 574 in Mekka; † 17. Juni 656 in Medina), auch bekannt unter dem Namen Osman oder Usman, war nach Abu Bakr und Umar ibn al-Chattab der dritte Kalif der Muslime (644-656) und gilt bei den Sunniten als der dritte rechtgeleitete Kalif.
],Herkunft und Wahl zum dritten Kalifen
Uthman gehörte der Familie der Umayyaden an und hatte als Tuchhändler beträchtlichen Reichtum erworben. Obwohl er ein Neffe Abu Sufyans, eines der Hauptgegner Mohammeds, war, schloss er sich schon früh dem Islam an und heiratete zwei Töchter Mohammeds. Nach dem Tod von Umar ibn al-Chattab (634-644) wurde Uthman in Medina von einer kleinen Gruppe auserwählter Männer zum neuen Kalifen gewählt.
Umayyadische Familienpolitik
Bereits unmittelbar nach seiner Amtseinführung setzte Utman Verwandte aus seiner eigenen Familie in zentrale Statthalterposten ein. Syrien befand sich ohnehin schon seit Umar in der Hand des Umayyaden Muawiya. Er war der Sohn von Mohammmeds ehemaligen Gegner Abu Sufyan ibn Harb. Aber auch in Kufa und Ägypten wurden jetzt Umayyaden als Gouverneure eingesetzt. Sa'd ibn Abi Waqqas, der Gründer von Kufa, musste als Gouverneur dieser Stadt Uthmans Verwandtem, Walīd ibn ʿUqba, weichen. ʿAmr ibn al-ʿĀs, der Eroberer Ägyptens, der noch im Jahre 645 einen byzantinischen Versuch, Ägypten wiederzuerobern, erfolgreich abwehren konnte, wurde als Gouverneur durch ʿAbd Allāh ibn Saʿd ibn Abī Sarḥ, einen Vetter Uthmans mit zweifelhafter Vergangenheit,[1] ersetzt. Als im Jahre 649/50 Beschwerden über den Statthalter von Basra, Abu Musa al-Aschari, eintrafen, wurde schließlich auch dieser Posten mit einem Umayyaden, nämlich ʿAbdallāh ibn ʿĀmir, besetzt. Zum engsten Berater des Kalifen stieg Marwān ibn ʿAbd al-Ḥakam auf, ebenfalls ein Umayyade. Diese nepotistische Politik führte zu einer Entfremdung zwischen dem Kalifen und dem Gremium von Prophetengefährten, die ihn in dieses Amt gewählt hatten.
Fortsetzung der Expansion
Dennoch konnten die Eroberungszüge unter Uthman und seinen Gouverneuren erfolgreich fortgesetzt werden. Muʿāwiya hatte schon 642 von Damaskus aus den Heerführer Ḥabīb ibn Maslama zum Kampf in den Kaukasus entsandt. Er konnte 645 die georgische Hauptstadt Tiflis einnehmen und bis 652 Armenien unterwerfen. Außerdem baute Muʿāwiya in den syrischen Hafenstädten eine Flotte auf, besetzte 649 Zypern und drängte Byzanz aus dem östlichen Mittelmeer zurück. ʿAbdallāh ibn Saʿd unternahm von al-Fusṭāṭ aus Expeditionen an der nordafrikanischen Küste entlang in Richtung Westen und eroberte 647 Tripolitanien. 652 unterwarf er außerdem Oberägypten und brachte das Königreich Nubien in ein Tributverhältnis zum islamischen Staat. Zur Kontrolle der nubischen Tributzahlungen wurde in der Stadt Syene eine Militärgarnison stationiert. ʿAbdallāh ibn ʿĀmir vollendete 650 mit der Einnahme von Persepolis die Eroberung der Persis (Fārs) und besetzte 651/2 die sassanidische Nordostprovinz Chorasan mit den Städten Nischapur, Marw, Balch und Harāt.[2] Im gleichen Jahr fiel der Sassaniden-Herrscher Yazdegerd III. in Marw einem Mordanschlag zum Opfer, womit die Sassaniden-Dynastie endgültig erlosch.
Unter Uthman begann auch der Aufbau diplomatischer Beziehungen. So wurden 651 Kontakte zum chinesischen Kaiserhof in Chang'an aufgenommen und 652 ein Vertrag, der sogenannte "Baqṭ" (von lat. pactum), mit dem christlichen Nubien abgeschlossen.[3]
Kanonisierung des Korans
Besondere Bedeutung erlangte Uthman vor allem dadurch, dass er den Koran in einer standardisierten Version aufzeichnen ließ. Andere Versionen des Koran, das heißt solche in anderen Dialekten des Arabischen, wurden vernichtet. Dadurch machte er sich Feinde vor allem bei denen, die den Koran auswendig konnten (siehe: Hafiz). Die von ihm redigierte Fassung verdrängte in der Folge alle anderen Varianten des Korans, sodass heute nur noch seine Version übrig geblieben ist.
Entstehung einer religiös-politischen Opposition
Die Absetzung der Heerführer als Statthalter, die angeblich ungerechte Verteilung der Kriegsbeute und die Einsetzung von Angehörigen seiner eigenen Sippe, der Umayyaden, in den Provinzen, führte bald zu Spannungen.
Wegen dieser Bevorzugung der eigenen Sippe bildete sich bald eine Opposition gegen Uthman, die ihre Zentren in Ägypten und dem Irak hatte, wo die Verteilung der Steuern zwischen dem Heer und dem Staat umstritten war. Neben der Prophetenwitwe Aischa bestritt auch Ali Ibn Abi Talib die Herrschaft Uthmans, da seine Ansprüche auf das Kalifat, als Schwiegersohn des Propheten Muhammad, bei der Wahl Uthmans erneut übergangen worden waren.
Ermordung und Spaltung der Umma
656 erreichten die Spannungen ihren Höhepunkt als Kritiker Uthmans die muslimische Garnisonsstadt Fustat in Ägypten unter ihre Kontrolle brachten und den vom Kalifen eingesetzten Gouverneur an seinen Amtsgeschäften hinderten. Mehrere Hundert Mitglieder der Opposition zogen danach zum Kalifensitz Medina. Gleichzeitig zogen mehrere Gruppen aus Kufa und Basra nach Medina. Uthman ging auf die meisten Forderungen der Rebellen ein und versprach sogar die Absetzung des von ihm eingesetzten Gouverneurs. Als sich die ägyptischen Rebellen wieder in ihre Heimat aufmachten, fingen sie allerdings eine Nachricht Uthmans ab, die den angeblich abgesetzten Gouverneur von Ägypten zu harten Repressionen gegen die Rebellen aufrief. Als die Rebellen ihn mit der Nachricht konfrontierten, stritt Uthman jede Beteiligung daran ab. Er wurde am 17. Juni 656 in seiner Residenz von den Rebellen gelyncht.[4]
Es wird von manchen angenommen, dass außerdem Aischa, Talha und Az-Zubayr in den Mord verwickelt waren. Dieser Mord stellt einen Präzedenzfall in der islamischen Geschichte dar, da die Führungsfrage innerhalb des Kalifats erstmals mit Gewalt gelöst wurde.
Nach dem Tode Uthman ibn Affan wurde Ali ibn Abi Talib (Ali) zum Kalifen gewählt (656-661). Diese Wahl wurde aber von dem Umayyaden Muʿāwiya nicht anerkannt. Dies führte letztlich zur Spaltung des Islams in die Sunniten, die Schia ("Partei Alis") und die Charidschiten.
Siehe auch
Literatur
- Claude Cahen: Der Islam 1: Vom Ursprung bis zu den Anfängen des Osmanenreiches (= Fischer Weltgeschichte. Bd. 14) Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1991 , ISBN 3-596-60014-6.
- Wilferd Madelung: The succession to Muḥammad. A study of the early caliphate. Cambridge 1997. S. 78-140.
- Ulrich Haarmann (Hrsg.): Geschichte der Arabischen Welt. 4. Auflage. Beck, München 2001, ISBN 3-406-47486-1.
- Gernot Rotter: Die Umayyaden und der zweite Bürgerkrieg. Steiner, Wiesbaden 1982, ISBN 3-515-02913-3.
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Tilman Nagel: Mohammed. Leben und Legende. München 2008. S. 142.
- ↑ Vgl. H.A.R. Gibb: Art. "ʿAbdallāh ibn ʿĀmir" in Encyclopaedia of Islam. Second Edition. Bd. I, S. 43.
- ↑ Vgl. F. Loekkegaard: Art. "bakṭ" in Encyclopaedia of Islam. Second Edition. Bd. I, S. 966.
- ↑ Ephraim Karsh: Islamic Imperialism - A History. New Haven 2007 S. 32f.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Umar ibn al-Chattab | Rechtgeleitete Kalifen 644-656 | ʿAlī ibn Abī Tālib |
Personendaten | |
---|---|
NAME | Uthman ibn Affan |
KURZBESCHREIBUNG | dritter Kalif |
GEBURTSDATUM | 574 |
GEBURTSORT | Mekka |
STERBEDATUM | 656 |
STERBEORT | Medina |