Joseph Roth

österreichischer Schriftsteller und Journalist
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Joseph Roth (* 2. September 1894 in Brody bei Lemberg; † 27. Mai 1939 in Paris) war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist.

Leben

Joseph Roth wuchs in seiner Geburtsstadt Brody auf, einer kleinen Stadt in der Nähe von Lemberg (ukrainisch Lwiw) in Galizien, das damals noch zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte und stark jüdisch geprägt war. Brody war Grenzstadt zum russischen Wolhynien. Zum wegweisenden Erlebnis wurde für Roth der 1. Weltkrieg und der darauf folgende Zerfall Österreich-Ungarns. Nach Kriegsende musste Joseph Roth sein Studium, das er in Wien hoffnungsvoll begonnen hatte, abbrechen. Mit dem Untergang der Habsburgermonarchie verlor er seine Heimat, als die er ganz Österreich-Ungarn angesehen hatte. 1920 kam er nach Berlin und arbeitete hier als Journalist für die Neue Berliner Zeitung, ab 1921 für den Berliner Börsen-Courier und wurde später Feuilletonkorrespondent für die renommierte Frankfurter Zeitung. 1928 erkrankte seine Frau Friederike an Schizophrenie, was Roth psychisch wie finanziell in eine tiefe Krise stürzte. Diese Krise, die auch zu seinem zunehmenden Alkoholismus beitrug, verschärfte sich noch, als er 1933 Deutschland verlassen musste und seine Bücher dort verboten wurden.

Roth ging zuerst nach Wien und reiste in den folgenden Jahren quer durch Europa. Nach der Ermordung des österreichischen Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß ging er 1934 ins Exil nach Paris. Von 1936 bis 1938 lebte er mit der Schriftstellerin Irmgard Keun zusammen. Verarmt und verschuldet starb er 1939 in Paris an den Folgen einer beidseitigen Lungenentzündung im Delirium tremens. Sein Grab befindet sich auf dem Cimetière de Thiais im Süden von Paris. Die Inschrift auf seinem Grabstein lautet "écrivain autrichien mort à Paris". In seiner Heimatstadt Brody erinnert heute eine kleine in Ukrainisch und Deutsch beschriftete Gedenktafel an den großen Sohn der Stadt.

Werk

In seinen Werken schildert er häufig das Schicksal von heimatlosen, heimatsuchenden, herumirrenden Menschen: Juden, die schon aufgrund der Geschichte ihres Volkes mehr oder weniger zur Heimatlosigkeit verurteilt sind; Altöstterreicher, Weltbürger, die mit dem Vielvölkerstaat der österreichisch-ungarischen Monarchie ihre einzig mögliche Heimat verloren haben, den einzigen Staat, der es einem - nach den Worten Roths - erlaubte "ein Patriot und ein Weltbürger zu sein".

Besonders in seinen späteren Werken möchte Roth, der zu Beginn seiner Karriere unter dem Pseudonym "der rote Joseph" für kommunistische Blätter geschrieben hatte, die Monarchie noch einmal in ihrem alten Glanz auferstehen lassen. Dieser Rückzug in die Vergangenheit lässt sich zum Teil als Reaktion auf den (im Nationalsozialismus kulminierenden) Nationalismus erklären.

Typische Werke von Roths später Schaffensphase sind der Roman Radetzky-Marsch (1932), in dem, beispielhaft für den Niedergang der österreichischen k. und k. Monarchie, der Niedergang der nach der Schlacht von Solferino geadelten Familie Trotta beschrieben wird, und die Erzählung Die Büste des Kaisers (1934). Im Roman Die Kapuzinergruft, der direkt an die Handlung des Radetzkymarsch anschließt, schildert Roth das Schicksal eines, einem Seitenarm der Familie Trotta entsprungenen, Mitglieds der Wiener Dekadenz und schafft dadurch ein psychologisches Portrait des höheren Bürgertums und deren (wie seiner eigenen) Empfindungen nach dem Endes der österreich-ungarischen Monarchie. Charakteristisch für das Werk, wie vielleicht auch für die letzten Jahre von Roths Leben, steht der letzte Satz: "Wohin soll ich jetzt, ich, ein Trotta?...".

Darüberhinaus hat er sich in mehreren Werken mit dem Judentum auseinandergesetzt, so in dem Roman Hiob oder der Erzählung Der Leviathan. Er publizierte auch in der 1854 gegründeten deutschsprachigen Zeitung Ungarns Pester Lloyd.

Außerdem schrieb Roth, der die meiste Zeit seines Lebens als Journalist arbeitete, eine beachtliche Reihe von Feuilletons und Reisebeschreibungen.

Seine Erfahrungen mit dem Alkoholismus verarbeitete er in seiner Erzählung Die Legende vom Heiligen Trinker. Die Beziehung zum Katholizismus war für Roth immer sehr bedeutend, und in seinen letzten Lebensjahren konvertierte er, ohne dabei seine jüdische Herkunft verleugnen zu können oder zu wollen.

Werke

  • Der Vorzugsschüler, 1916
  • Das Spinnennetz, 1923
  • Hotel Savoy, 1924
  • Die Rebellion, 1924
  • Der blinde Spiegel, 1925
  • Die Flucht ohne Ende. Ein Bericht., 1927
  • Zipper und sein Vater, 1928
  • Rechts und links, 1929
  • Der stumme Prophet, 1929
  • Hiob. Roman eines einfachen Mannes, 1930
  • Radetzkymarsch, 1932
  • Stationschef Fallmerayer, 1933
  • Tarabas, 1934
  • Triumph der Schönheit, 1934
  • Die Büste des Kaisers, 1934
  • Die hundert Tage, 1936
  • Beichte eines Mörders, erzählt in einer Nacht, 1936
  • Das falsche Gewicht. Die Geschichte eines Eichmeisters, 1937
  • Die Geschichte von der 1002. Nacht, 1937
  • Die Kapuzinergruft, 1938
  • Die Legende vom heiligen Trinker, 1939
  • Der Leviathan, 1940

Über Joseph Roth

  • Eleonore Fronk/Werner Andreas: "Besoffen, aber gescheit". Joseph Roths Alkoholismus in Leben und Werk, Oberhausen 2002
  • Eva Raffel: Vertraute Fremde. Das östliche Judentum im Werk von Joseph Roth und Arnold Zweig, Tübingen 2002
  • Sebastian Kiefer: Braver Junge - gefüllt mit Gift. Joseph Roth und die Ambivalenz, Stuttgart, Weimar 2001
  • Dietmar Mehrens: Vom göttlichen Auftrag der Literatur. Die Romane Joseph Roths. Ein Kommentar, Hamburg 2000
  • Joseph Roth-Bibliographie. Bearb. von Rainer-Joachim Siegel, Morsum 1994.
  • Soma Morgenstern: Joseph Roths Flucht und Ende. Erinnerungen. zu Klampen, Springe 1994.
  • Heinz Lunzer, Victoria Lunzer-Talos: Joseph Roth – Leben und Werk in Bildern, Köln 1994
  • Bernd M. Kraske (Hrsg.): Joseph Roth – Werk und Wirkung, Bonn 1988
  • Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Text + Kritik. Sonderband Joseph Roth, München 1982
  • David Bronsen: Joseph Roth. Eine Biographie, Köln 1974. (überarbeitete Auflage 1993)

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