Soziale Rolle

soziologisches Modell
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Die soziale Rolle bezeichnet die Theorie wonach eine Reihe von Erwartungen, die an ein Individuum in einer bestimmten sozialen Position gestellt werden, und an dem sowohl Akteure ihre eigenen Handlungen orientieren als auch Beobachter die Handlung anderer bewerten. Rollen können auch die Handlungen der Person selbst sein. Es gibt keine scharfe Trennung zwischen den Erwartungen und den Handlungen.

Rollen sind verknüpft mit Positionen, die Akteure in einer Gesellschaft besetzen, nicht mit den Akteuren selbst.

Normalerweise wird Verhalten, das nicht den Erwartungen entspricht (nicht wesenskonform ist), vom sozialen Umfeld negativ sanktioniert und Verhalten, das der Rolle entspricht, positiv sanktioniert, also belohnt.

Ein Individuum nimmt in seinem Leben mehrere soziale Rollen ein, manchmal auch gleichzeitig. Welche Rolle es zu einem bestimmten Zeitpunkt innehat, wird von der aktuellen sozialen Konstellation bestimmt. Je nach sozialer Konstellation ist jeweils eine Rolle primär, die anderen sekundär. Zum Beispiel ist für eine Person im beruflichen Umfeld die Rolle "ManagerInn" primär, für dieselbe Person in der Partnerschaft die Rolle "Frau" bzw. "Mann" und in Interaktion mit ihren Kindern die Rolle "Mutter" bzw. "Vater".

Beispiel: Die soziale Rolle "Mutter" beinhaltet nach Meinung mancher folgende Punkte:

  • die Definition von "Mutter": eine Frau hat ein Kind geboren
  • Verhaltenserwartungen: eine Mutter sollte für ihr Kind sorgen, das Kindswohl sollte oberste Priorität sein usw.
  • Emotionale Erwartungen der Umwelt: eine Mutter liebt ihr Kind über alles, ist fürsorglich usw.

Andere Beispiele für Rollen sind beispielsweise die Geschlechterrollen (Frau/Mann), Verwandtschaftsbeziehungen (Vater/Mutter, Tochter/Sohn, Großvater/Großmutter,...), mit der Berufstätigkeit verbundene Rollen (Direktor, Bauarbeiter, Wissenschaftler,...).

Soziale Rollen, und was sie beinhalten, sind einem steten Wandel unterworfen, da sie zwar gesellschaftlich vorbestimmt sind, die Individuuen ihre Rollen aber in Funktion ihrer eigenen Persönlichkeit ausfüllen, was wiederum eine Rückwirkung auf die gesellschaftliche Definition der entsprechenden Rolle hat. So wurden z.B. die Geschlechterrollen in den letzten Jahrzehnten stark verändert.

Die Anforderungen und Erwartungen, die an eine soziale Rolle gestellt werden, können sich von einer Kultur zur Anderen stark unterscheiden. Beispiel: Was eine Frau "ist", wie sie "sein" soll, welche Aufgaben sie erfüllen sollte, welche charakterlichen Eigenschaften sie haben soll, wie sie sich ihren Ehegatten gegenüber verhalten soll usw., ist in Papua Neuginea anderes als in der westlichen postindustriellen Gesellschaft oder im fernen Osten. Das nennt man kulturelle Unterschiede.

In der feministischen Literatur ist unklar bzw. strittig, ob mit Rolle das Verhalten oder Erwartungen an eine Person gemeint ist.

Kritik

Frigga Haug (Haug 1994) bezweifelt, dass mit einem Rollenbegriff das gesellschaftliche Leben hinreichend und erkenntnisreich erläutert werden kann. Mit dieser Methaphorik, die dem Theater entlehnt wurde, verschwindet sowohl die Geschichte der Gesellschaft und ihre ökonomischen Bedingungen als auch das dialektische Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft. In einer Analyse entlang eines Rollenbegriffs kommt es auch zu verhüllenden Schlussfolgerungen.

Der Begriff der sozialen Rolle bietet eine Ansatzpunkt von Ideologie, da die Handlungen selbst bedeutungslos werden, als reines äußeres Handeln, während die Person sich in der inneren Emigration (s.a. Rollendistanz) wähnt. Die Wirklichkeit wird zur Inszenierung, die Gesellschaft als Spiel erscheint vorgezeichnet und gesellschaftlichen Verhältnissen folgend als unveränderbar. Die Rollentheorie ist konservativ, da sie Rollen als vorgegeben annimmt, gesellschaftliche Widersprüche werden in das Individuum verlegt und privat als Rollenkonflikte abgehandelt.

Siehe auch: Homo sociologicus, Rollendistanz, Psychodrama, Maske

Literatur