Systematik: Emydidae (Sumpfschildkröten). Emydinae. Emys (DUMÉRIL, 1806). Emys orbicularis (LINNAEUS, 1758). Die Europäische Sumpfschildkröte erhielt im Jahre 1617 von Conrad Gesner die lateinische Bezeichnung Testudo lutaria. Dieser Artname findet sich auch bei LINNÉ (1758). LINNÉ vergab in seiner „Systema naturae“ versehentlich noch einen anderen Namen, Testudo orbicularis, der später von BLANFORD (1876) nach den heute noch gültigen Nomenklaturregeln zum Artnamen bestimmt wurde. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde meist der auf SCHNEIDER (1783) zurückgehende Name Testudo europaea verwendet. Neben Testudo wurden im vorigen Jahrhundert auch die Gattungsnamen Lutremys, Terrapene und Cistudo verwendet. Die Gattung Emys, in die heute die Europäische Sumpfschildkröte als einzige Art gestellt ist, wurde von A. DUMÉRIL (1806) errichtet.
Unterarten: Neben der pontischen Unterart Emys obicularis orbicularis (LINNAEUS, 1758), zu der auch die Tiere in Deutschland gehören, und der ostmediterranen Unterart Emys orbicularis hellenica (VALENCIENNES, 1832) gibt es eine ganze Reihe weiterer Unterarten (FRITZ 1989, 1993, 1994, 1995, FRITZ et al. 1993).
Verbreitung: Das Areal der Europäische Sumpfschildkröte reicht von Nordafrika (Marokko, Tunesien) über die iberische Halbinsel, Südfrankreich, Korsika, Italien mit Sardinien und Sizilien, Polen, Ungarn, Rumänien, die Länder der Balkanhalbinsel und ganz Anatolien bis zum Aralsee und in den nördlichen Iran. In Russland reicht die nördliche Grenze der Europäische Sumpfschildkröte etwa bis auf die Höhe von Moskau. Das nördlichste Vorkommen kennen wir aus Litauen, aber auch in Ostdeutschland haben einige Populationen bis heute überlebt. In der Schweiz, den Benelux-Ländern, Westdeutschland, der Tschechei und dem grössten Teil von Österreich gibt es im besten Fall noch äusserst spärliche autochthone Bestände.
Beschreibung: Der Panzer der Europäischen Sumpfschildkröte ist oval und eher flach, bei den Weibchen ist er etwas stärker gewölbt als bei den Männchen. Die Gliedmassen und der Schwanz sind von groben Schuppen bedeckt, die Haut von Kopf und Hals ist glatt. Hinter dem Kopf sieht man eine Hautfalte, die beim Einziehen eine taschenartige Hülle bildet. Zwischen den fünf Zehen der Vorderbeine und den vier der Hinterbeine spannen sich Schwimmhäute. Die Färbung ist sehr variabel, gewisse Zeichnungselemente können für einzelne Unterarten typisch sein. Der oft dunkle, braune oder schwarze Rückenpanzer (Carapax) kann ein Muster aus feinen gelben Punkten oder Linien tragen, die oft auf den einzelnen Schildern von einem Zentrum ausstrahlend angeordnet sind. Es gibt aber auch Formen mit dunkler Zeichnung auf hellem Hintergrund. Der Bauchpanzer (Plastron) kann einheitlich gelb, wolkig gefleckt, gesprenkelt, dunkel oder sogar völlig schwarz sein. Adulte Weibchen haben einen flachen, Männchen einen konkaven Plastron. Bauch- und Rückenpanzer sind an der Brücke durch elastisches, häutiges Gewebe verbunden. Die mittlere Naht des Bauchpanzers entwickelt sich bei älteren Tieren zu einem Scharnier, das dem vorderen Plastron-Lappen eine gewisse Beweglichkeit ermöglicht. Im Vergleich zu anderen Wasserschildkröten gehört die Europäische Sumpfschildkröte zu den langschwänzigen Arten. Bei männlichen Tieren ist die Schwanzwurzel verdickt, die Kloake liegt deutlich hinter dem Carapax-Rand. Auch die Augenfärbung kann je nach Geschlecht unterschiedlich sein: adulte Männchen haben bei einigen Unterarten, insbesondere bei der Nominatform Emys orbicularis orbicularis eine rötliche Iris, während die Iris der Weibchen gelb ist.