Fertighaus
Als Fertighaus wird ein Haus bezeichnet, das industriell vorgefertigt in Teilen an die Baustelle geliefert und dort endmontiert wird. Dies erfordert im Vorfeld einen erhöhten Planungsaufwand, der oft durch Standardisierung aufgefangen wird.

Entwicklung
Fertighaus bedeutet, dass das Haus nicht vor Ort gebaut wird, sondern in einem Werk vorgefertigt wird. Die Fertighausbranche hat sich dabei von der „Billigbauweise“ in den 1970er Jahren entfernt und eine alternative Technik entwickelt, die es ermöglicht, dass die Häuser heute individuell nach Kundenwunsch konzipiert werden. Fertighäuser haben bei Ein- bis Zweifamilienhäusern einen Anteil an den gesamten Neubauvorhaben von ca. 10–15 %. Die geforderten Energiewerte für Neubauten KFW 60 oder KFW 40 sowie KFW 15 (Passivhäuser) können bei der Holzrahmen- und Holztafelbauweise im Wandbereich einfacher erreicht werden als bei Massivhäusern.
Man unterscheidet traditionell „Holzrahmenbauweise“, „Holztafelbauweise“ und „Stahlbetontafelbauweise“. In den letzten Jahren wurde von einzelnen Anbietern der Vorfertigungsgrad massiver Wände weiterentwickelt, so dass es heute auch Fertighäuser in „Massivbauweise“, auch „massive Fertighäuser“ genannt, gibt.
Auch im größeren Maßstab gibt es Fertighäuser, zum Beispiel bei Industrie-Hallen.
Ablauf eines Bauvorhabens
Bauplanung
Der Bauherr wendet sich für die Bauplanung an einen Architekten oder direkt an die Fertighausfirma seiner Wahl.
Ein beauftragter Architekt entwickelt nach den Bedürfnissen des Bauherren und seiner finanziellen Vorstellungen einen Entwurf. In der Praxis werden Fertighausproduzenten jedoch direkt angesprochen, die Planung erfolgt dann von Mitarbeitern des Produzenten nach einem Baukastensystem.
Kriterien bei der Auswahl sind Bauart und Ausführungsqualität. Von den Anbietern gibt es oft Kataloge oder Musterhäuser, aus denen man sich ein Haus aussuchen kann. Natürlich muss sich dieses hinsichtlich des Bebauungsplanes für das Grundstück eignen, bzw. entsprechend angepasst werden. Die Haustypen der Hersteller bilden gelegentlich ein „Baukastensystem“ und lassen sich zu unterschiedlichen Varianten zusammensetzen.
Dann muss – wie bei jedem Bauvorhaben – eine Baugenehmigung eingeholt werden. Diese zusätzlichen Kosten fließen in die Baukosten ein, ebenso wie Steuer, Amtsgerichts- und Notargebühren, Hausanschlusskosten und div. andere Kosten, so dass hier 15-20 % der Gesamtkosten eingeplant werden sollten. [1]
Bemusterung
Bevor es an die Produktion des Hauses geht, findet eine Bemusterung statt. Bei diesem Treffen werden alle Details festgelegt, die für den Bauantrag noch nicht von Bedeutung waren, aber für die weitere Bearbeitung wichtig wird. Hierzu zählt die individuelle Ausstattung wie Fassadengestaltung und Innenausstattung, Farbe des Daches und seiner Deckung, Art und Herrichtung der Fenster und Haustüren, Art und Umfang der Haustechnik, des Heiz- und Klimasystems sowie Art und Qualität des Innenausbaus. Das Haus wird bei der Bemusterung endgültig festgelegt, so dass spätere Veränderungen an den Plänen zu einem erhöhten Planungsaufwand und somit zu zusätzlichen Kosten führen.
Vorfertigung und Bauvorbereitung
Dann werden die Fertigteile vom Hersteller produziert. Parallel wird das Grundstück vorbereitet und Grundbauarbeiten durchgeführt. Gegebenenfalls wird die Baugrube ausgehoben und der Keller gebaut oder eine Sohlplatte betoniert.
Bauablauf
Dann kann das Haus innerhalb kurzer Zeit aufgestellt werden. Bei anspruchsvollen Fertighausbauvorhaben muss mit etwa 10 bis 12 Wochen reiner Bauzeit gerechnet werden. Die gesamte Dauer der Bauzeit hängt unter anderem natürlich davon ab, welche vorbereitenden Arbeiten bezüglich der Adaption des Grundstückes durchgeführt werden müssen. Davon unabhängig lässt sich jedoch feststellen, dass der Aufbau und die Montage eines Fertighauses, wenn es als „Ausbauhaus“ oder „schlüsselfertiges Haus“ konzipiert ist, in der Regel nur wenige Tage in Anspruch nimmt. Wann das Haus dann schlussendlich bezugsfertig ist, hängt nicht zuletzt vom Innenausbau ab. Dieser obliegt jedoch den Vorstellungen des Bauherren und muss nicht zwingend in der vertraglichen Vereinbarung der Montage des Hauses durch den Hersteller inbegriffen sein[2].
Varianten
Viele Fertighausfirmen bieten einige Modellbau-Häuser an, bei denen der Kunde sich seine Variante wählen kann. Der Kunde hat dabei nicht alle Variationsmöglichkeiten, die ein Massivhaus bietet, kann demgegenüber aber von einem Preisvorteil profitieren, wenn er eine zu seinen Wünschen passende Variante findet.
Bausatzhaus
Bei einem Bausatzhaus handelt es sich um ein Gebäude, für welches die Baustoffe und Bauelemente in der erforderlichen Menge von einem Vertriebsunternehmen an die Baustelle geliefert werden. Die Montage liegt dann in der Eigenverantwortung des Bauherrn. Diese Bauart entspricht nicht dem klassischen Fertighaus.
Ausbauhaus
Das Ausbauhaus ist ein Fertighaus, dessen Innenausbau der Bauherr selbst übernimmt. In der Regel wird die äußere Hülle des Hauses komplett vom Anbieter inklusive Dach, Fenstern und Außenputz fertiggestellt. Alle weiteren Arbeiten des Innenausbaus liegen in der Hand des Bauherren.
Ausbauhäuser werden häufig in verschiedenen Ausbaustufen angeboten, beispielsweise mit oder ohne Elektroinstallation, Fußböden oder Sanitärinstallation. Je nach Fähigkeiten und handwerklichem Geschick kann der Grad des Innenausbaus gewählt werden. Einige Anbieter bieten auch in Kooperation mit Baumärkten fertige Ausbaupakete an, die jeweils individuell auf das Haus zugeschnitten sind. Die Pakete beinhalten unterschiedliche Materialien, die der Bauherr für den Innenausbau seines Hauses benötigt. Der Vorteil besteht darin, dass im Paket bereits alle Komponenten enthalten sind, die für den jeweiligen Bauabschnitt benötigt werden. So ist zum Beispiel im Tapetenpaket nicht nur die Tapete enthalten, sondern auch der erforderliche Tapetenkleister und der Tiefgrund.
Natürlich wirkt sich die Eigenleistung je nach Umfang auch dementsprechend positiv auf den Preis aus. Außerdem kann der Ausbau des Hauses in beliebig langer Zeit erfolgen, da es aufgrund der fertigen Außenhülle vor der Witterung geschützt ist.
Schlüsselfertiges Haus
Beim schlüsselfertigen Haus wird auch der gesamte Ausbau vom Anbieter durchgeführt. Dabei wird entweder das Haus vom Anbieter vor Ort schlüsselfertig gemacht (Wasser-, Heizungs- und Elektroinstallation etc.) oder weitestgehend vorgefertigt angeliefert. Der Grad der Vorfertigung hängt von den Fähigkeiten, Wünschen und Vermögensverhältnissen der Bauherren ab. Da der Begriff „Schlüsselfertig“ nicht geschützt ist, legt jede Firma die Leistung nach eigenem Ermessen auf, so dass häufig Bodenbeläge sowie Tapeten und Farbarbeiten nicht im Preis enthalten sind.
Bei manchen Firmen sind Kanal- und Versorgungsanschlüsse nicht berücksichtigt.
Vorteile
Die Vorteile der Bauweise sind der schnelle Bauverlauf, die Präzision bei der Herstellung und eine bessere Kostenkontrolle. Dadurch, dass das Haus schnell aufgebaut wird, kann nur wenig Feuchtigkeit in den Bau eindringen. Außerdem werden so Lohnkosten gespart, die in Deutschland der wesentliche Kostenfaktor beim Bauen sind.
Fertighäuser in Holztafelbauweise sind oft preiswerter als Häuser in Massivbauweise. Ein weiterer Vorteil ist die bessere Raumausnutzung durch dünnere Wände als bei einem Massivhaus bei gleicher oder besserer Wärmedämmung.
Nachteile
Standardisierte Haustypen bieten weniger Raum für Individualität als ein Architektenentwurf, anderseits sind heute viele Firmen auf dem Markt, die die Häuser nach Kundenwunsch fertigen und somit eine „freie Planung“ ermöglichen. Die notwendige Planung erfolgt in der Regel durch die Fertighausfirma. Bei älteren Haustypen macht sich ein höherer Wertverlust gegenüber konventionellen Häusern bemerkbar. Dies gilt insbesondere für die sogenannten Plattenbauten und für Gebäude aus Holztafelbauweise mit Beplankung aus Flachpressplatten (Spanplatten). Holzfertighäuser werden von Gebäudeversicherern in der Feuer- und Leitungswasserversicherung mit einem höheren Risiko bewertet, daher sind gegenüber Häusern aus Massivbaustoffen höhere Versicherungsprämien zu zahlen.
Einfluss auf regionale Bauweisen
Durch die in der Mehrzahl angebotene offene Bauweise der Fertigteilhäuser wird es der Fertigteilhausindustrie ermöglicht, mit wenigen Haustypen auf dem gesamten europäischen Markt aufzutreten. Über Jahrhunderte gewachsene, regionaltypische Bauweisen und Baustile können dadurch in den Hintergrund geraten. Fertighaus-Siedlungen sind zwar von der Industrie leicht und günstig zu errichten, sehen jedoch in jedem Land Europas ähnlich aus.
Siehe auch
Einzelnachweise
Literatur
- Kottjé, Johannes und Raab, Angela: So entsteht ein Holzhaus : von der Planung bis zum Einzug. Dt. Verl.-Anst., München 2007, ISBN 978-3-421-03567-7.
- Oliver Gerst: Ausbauhäuser: Eigenleistung im Fertighausbau. Spartipps, Praxisberichte, Beispielhäuser. 1. Aufl. 2005, ISBN 978-3-89367-637-8
- Oliver Jahn, Arnt Cobbers: Prefab Houses, Taschen-Verlag, Köln 2010 ISBN 978-3-8365-0753-0
Weblinks
- Budenzauber aus der Konserve, Katja Iken, einestages, September 2010