Der Richter und sein Henker

Kriminalroman von Friedrich Dürrenmatt (1952)
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Der Richter und sein Henker ist ein Roman des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt aus dem Jahr 1950.

Die Hauptfigur ist Kommissär Bärlach, der kurz vor seinem Tod steht und mit seinem Gehilfen Tschanz den Mordfall an einem Berner Polizeileutnant aufklären muss. Schon zu Anfang des Romans erkennt Bärlach, dass Tschanz, geleitet von seinem Neid auf den Polizeileutnant, der wahre Mörder ist. Im Verlauf der Handlung trifft Bärlach Gastmann, dieser hatte aus einer Laune heraus vor Bärlachs Augen einen Mord begangen, wobei Bärlach nie in der Lage war Gastmann dieses Verbrechen nachzuweisen. Geschickt spielt Bärlach den Mörder Tschanz gegen Gastmann aus, so dass dieser Gastmann tötet. Als Bärlach Tschanz dann offenbart, dass er weiß, dass Tschanz der eigentliche Mörder ist, versucht dieser zu flüchten, wird aber vom Zug erfasst, als er mit seinem Wagen einen Bahnübergang durchfahren will.

Die Beziehung zwischen Bärlach und Gastmann reicht vierzig Jahre zurück. Gastmann erinnert Bärlach daran: „Ich hielt die kühne Wette, in deiner Gegenwart ein Verbrechen zu begehen, ohne dass du imstande sein würdest, mir dieses Verbrechen beweisen zu können.“ Gastmann behielt Recht. Ein zentrales Thema des Buchs ist infolge dieses Geschehens die Frage, ob es gerechtfertigt ist, einen Menschen zu richten, der ein Verbrechen begangen hat, dessen Verbrechen aber nicht nachweisbar ist. Bärlach bejaht die Frage, als er zu Gastmann sagt: „Es ist mir nicht gelungen, dich der Verbrechen zu überführen, die du begangen hast, nun werde ich dich eben dessen überführen, das du nicht begangen hast“ - und gibt damit seine Niederlage als Kriminalist zu.

Man kann den Roman auch als Frage auffassen, wann der Mensch sich selbst bestimmt, wann er über andere bestimmt (als Richter) und wann er zum Instrument anderer (als Henker) wird. Tschanz zu Bärlach am Ende der Geschichte: „Dann waren Sie der Richter und ich der Henker“. Kurz darauf tötet Tschanz sich selbst.

Verfilmung

Eine vielbeachtete Adaption gelang 1975 Maximilian Schell, der das Drehbuch schrieb und Regie führte.

Die Hauptrollen übernahmen Jon Voight als Walter Tschanz, Jacqueline Bisset in der Rolle der Anna Crawley, der Regisseur Martin Ritt, der Hans Baerlach darstellte sowie Robert Shaw als Richard Gastmann. Weitere Rollen übernahmen Helmut Qualtinger und Friedrich Dürrenmatt, der einen Kurzauftritt als Friedrich übernahm.


Zusammenfassung

Am 3. November 1948 findet ein Dorfpolizist, Alphons Clenin, in der Nähe des Schweizer Ortes Lamboing in einem blauen Mercedes die Leiche des erschossenen Polizeileutnants Ullrich Schmied. Die Ermittlungen werden eingeleitet und an den Polizeikommissar Bärlach, der Schmieds Vorgesetzter war, in Bern übergeben. Kommissar Bärlach fährt sofort zur Wohnung des Ermordeten und nimmt dort eine Akte mit, in der sich Beweismittel gegen Gastmann, einen alten Bekannten von Bärlach, befinden. Der junge Kollege Tschanz wird als Stellvertreter Bärlachs hinzugezogen, da Bärlach todkrank ist. Die Ermittlungen richten sich schnell gegen besagten Gastmann, einem mysteriösen Mann, in dessen Villa regelmäßig Treffen reicher Leute und Diplomaten stattfinden. Als Tschanz und Bärlach um Gastmanns Haus schleichen, wird Bärlach von einem Hund angefallen, sodass Tschanz den Hund erschießen muss. Zuhause angekommen zieht Bärlach einen Revolver aus der Manteltasche und entfernt einen dicken Schutz von seiner linken Hand. Der Vorgesetzte von Bärlach wird am nächsten Tag von Gastmanns Anwalt dazu gebracht, die Ermittlungen gegen diesen einzustellen. Während Bärlach seine Ermittlungen auf die Fakten und das Wesentliche begrenzt, will Tschanz deutlich machen, dass Gastmann der Mörder sein muss. Als am nächsten Abend Bärlach sein Haus betritt, sitzt Gastmann in der Bibliothek. Es stellt sich heraus, dass die beiden sich kennen, denn sie sprechen von einer Wette, die sie einst abgeschlossen haben. Gastmann behauptete damals, dass Bärlach nie in der Lage sein würde ihm ein Verbrechen nachzuweisen. Zur Verdeutlichung tötete Gastmann gleich darauf vor den Augen Bärlachs einen Kaufmann; das Gericht ging von Selbstmord aus, da der Kaufmann kurz vor dem Konkurs stand. Als Bärlach seinen Arzt aufsucht, erfährt er, dass er in drei Tagen operiert werden muss und ein Jahr später sterben wird. Zudem erfährt er, dass seine Krankenakte bei einem Einbruch besichtigt wurde (von Gastmann). In der selben Nacht wird Bärlach bei sich zu Hause überfallen und überlebt nur knapp. Am nächsten Morgen bricht Bärlach zu einem Erholungsaufenthalt auf und lässt Tschanz die Ermittlungen führen. In dem Taxi, mit dem er zum Bahnhof fahren will, sitzt Gastmann...

Hauptpersonen

Bärlach

Bärlach ist ein bekannter Schweizer Kommissär für die Stadt Bern, der auch zeitweise im Ausland gearbeitet hat (Istanbul). Er ist aufrecht, zielstrebig, furchtlos und ein Realist. Als langjähriger Gegenspieler von Gastmann verkörpert er das „Gute“. Bärlach leidet an Magenkrebs und hat nur noch kurze Zeit zu leben.

Tschanz

Der junge, ambitionierte Polizist fühlt sich von allen vernachlässigt und zeigt wenig Gefühle. In seinen Ermittlungen ist er fixiert auf Gastmann. Er ist höflich, ungeduldig, vorsichtig aber auch sehr eifrig. Seine Leichtgläubigkeit macht ihn zu einem Spielball von Bärlach. Tschanz beneidet sein Mordopfer Schmied um dessen Freundin, dessen berufliche Karrierre und dessen Ruf. Er versucht den Job von Schmied zubekommen, indem er den Fall löst.

Gastmann

Der Nihilist Gastmann verkörpert das „Böse“; er ist heimtückisch, aber auch brillant. Mit seinem vielen Geld bezahlt er die Steuern der Dorfbewohner und erkauft sich so sein Ansehen. Er veranstaltet oft Treffen mit wichtigen Personen. Dürrenmatt beschreibt ihn so: „Er wird nie das Böse tun, um etwas zu erreichen, wie andere ein Verbrechen begehen, um Geld zu besitzen, eine Frau zu erobern oder Macht zu gewinnen, er wird es tun, wenn es sinnlos ist, vielleicht, denn bei ihm sind immer zwei Dinge möglich, das Schlechte und das Gute, und der Zufall entscheidet.“ .

Siehe auch: Walter Lüthi (wird im Roman erwähnt)