Tiberius

zweiter römischer Kaiser
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Tiberius Claudius Nero (* 16. November 42 v. Chr., † 16. März 37 n. Chr.) war Römischer Kaiser von 14 n. Chr. bis 37 n. Chr. und zweiter Kaiser der so genannten julianisch-claudischen Dynastie. Tiberius war von Geburt her ein "doppelter" Claudier: sein Vater war Tiberius Claudius Nero, die Mutter Livia Drusilla war ebenfalls Claudierin, deren Zweig der Familie allerdings durch Adoption in das plebejische Geschlecht der Livier übergegangen war. Nach der von Octavian erzwungenen Scheidung von Tiberius Claudius Nero heiratete sie Octavian im Jahr 38 v.Chr., wodurch Tiberius sein Stiefsohn wurde. Mit der Adoption durch Augustus am 26. Juni 4 n.Chr. wurde er in das Geschlecht der Julier aufgenommen. Die nachfolgenden Kaiser gehörten in unterschiedlichen Graden bis hin zu Nero beiden Familien an und waren Mitglieder dieser Doppel-Dynastie.

Tiberius

Tiberius war ein hervorragender Heerführer: 20 v.Chr. gewann er die römischen Feldzeichen zurück, die Crassus 53 v.Chr. in der Schlacht von Carrhae verloren hatte. 16 v.Chr. eroberte er gemeinsam mit seinem Bruder Drusus Rätien. 12-9 v.Chr. leitete er die Eroberung Pannoniens und als 9 v.Chr. Drusus in Germanien an den Folgen eines Sturzes vom Pferd starb, übernahm er den römischen Oberbefehl in Germanien. 6-9 n.Chr. unterwarf er den Aufstand in Pannonien und Illyrien.

Weniger glücklich verlief sein Privatleben: 12 v. Chr. war er aus politischen Gründen gezwungen worden, sich von seiner ersten Frau Vipsania Agrippina, der Tochtes des Marcus Vipsanius Agrippa, scheiden zu lassen, und Julia, die Tochter des Augustus (und deshalb auch seine eigene Stiefschwester) zu heiraten. Allein ihre unterschiedlichen Charaktere (sie lebenslustig, er eher ernst mit einer gewissen Neigung zur Düsternis) trugen dazu bei, dass diese Ehe nicht glücklich war. 6 v.Chr. zog sich Tiberius nach Rhodos zurück und unterbrach damit seine Laufbahn. Der Tod der präsumtiven Nachfolger des Augustus, seiner Enkelkinder und Adoptivsöhne Gaius und Lucius machte Tiberius zum einzig möglichen Nachfolger des Augustus, zumal er auch die beiden dafür notwendigen Ämter bereits innehatte: das Imperium Proconsulare und die tribunicia potestas; 13 n.Chr. - also ein Jahr vor dem Tod des Augustus wurden diese Ämter auf weitere 10 Jahre verlängert.

Als Tiberius im Jahr 14 n.Chr. die Nachfolge des Augustus antrat, war er 56 Jahre alt. Tiberius war ein tüchtiger Verwalter des Reiches und vermied größere Kriege zur Ausdehnung des Reiches. 27 n.Chr. zog er sich auf die Insel Capri zurück und überließ seinem Freund und Gardepräfekten Lucius Aelius Sejanus die Kontrolle über Rom. Als dieser immer mehr Macht an sich zog und schließlich einen Umsturzversuch plante, ließ Tiberius ihn 31 n.Chr. hinrichten.

Das Bild, das wir noch heute von Tiberius haben, ist weitgehend von Tacitus geprägt, dessen vernichtendes Urteil jedoch von der modernen Wissenschaft mehr und mehr angezweifelt wird: "Völlig desillusioniert, ohne Glauben an die Menschheit, voll ingrimmiger Verachtung gegenüber den meisten seiner Standesgenossen, Fatalist, aber echter Religion und Philosophie kaum zugänglich, ist er doch nicht unter der Last des Verhängnisses zerbrochen. Seine stählerne Natur widerstand allen Belastungen und Bedrohungen, äußeren wie inneren. Er war ein echter Claudier, langsam in seinen Entschlüssen, aber nach reiflicher Überlegung blitzartig hervorbrechend, ein Mann, der bis ins höchste Alter mit rücksichtsloser Härte auch gegen sich selbst einen Lebenswandel beibehielt, der ihm alles abverlangte, und noch in den letzten Jahren Proben seiner ungebrochenen Willenskraft ablegte. So wird man von ihm, auch wenn mit der Zeit die dunkleren Seiten seines Wesens immer beherrschender hervortraten, nicht ohne Anteilnahme scheiden." (KOESTERMANN Erich, Kommentar zu Cornelius Tacitus, Annalen. Bd. II, Buch 4-6, Heidelberg 1965, S10).

In der Bibel wird Tiberius' Name nur einmal im Lukasevangelium (3, 1-2) erwähnt: Es war im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius; Pontius Pilatus war Statthalter von Judäa; Herodes Tetrarch von Galiläa, sein Bruder Philippus Tetrarch von Ituräa und Trachonitis, Lysanias Tetrarch von Abilene; Hohepriester waren Hannas und Kajaphas. Da erging in der Wüste das Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias.. Während dieser Zeit predigte auch Jesus Christus und in seinen Predigten gibt es viele Referenzen zu Caesar (oder dem Kaiser in einigen Übersetzungen), ohne weiter auf Tiberius einzugehen.

Herodes Antipas benannte die Stadt Tiberias an der Westküste des See Genezareth zu Ehren von Tiberius.

Vollständiger Titel zum Zeitpunkt des Todes

Tiberius Caesar Divi Augusti filius Augustus, Pontifex Maximus, Tribuniciae potestatis XXXIIX, Imperator VIII, Consul V

Ehefrauen

   1. Vipsania Agrippina 16 v. Chr. 
   2. Julia 11 v. Chr. (geschieden 2 v. Chr.)

Kinder

Nero Claudius Drusus (mit Vispinia) ein Sohn mit Julia, starb kurz nach der Geburt

Literatur

  • BAAR Manfred*, Das Bild des Kaisers Tiberius bei Tacitus, Sueton und Cassius Dio, Beiträge zur Altertumskunde Bd. 7, Stuttgart 1990
  • JAHN Ralf G.*, Der Römisch - Germanische Krieg (9-16 n. Chr.). Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, Bonn 2001.
  • KUNTZE Claudia*, Zur Darstellung des Kaisers Tiberius und seiner Zeit bei Velleius Paterculus, Europäische Hochschulschriften, Reihe 3, Bd. 247, Frankfurt/Main 1985
  • SCHAFFNER Gerhard, Tiberius. Kommentar zu biographischen Textstellen aus Tacitus, Sueton und Velleius Paterculus, Frankfurt/Main, 1968
  • SCHRÖMBGES Paul, Tiberius und die Res Publica Romana. Untersuchungen zur Institutionalisierung des frühen römischen Principats, Bonn 1986
  • SYME Ronald, History or Biography. The Case of Tiberius Caesar, Historia 23 (1974), S 481-496
  • YAVETZ Zwi, Tiberius. Der traurige Kaiser, München 1999


Vorgänger:
Augustus (27 v. Chr. - 14 n. Chr.)

Römische Kaiser

Nachfolger:
Caligula (37 - 41)