Meteor von Tscheljabinsk

Meteor bei Tscheljabinsk vom 15. Februar 2013, Russland
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Der Meteor von Tscheljabinsk war ein am 15. Februar 2013 um etwa 9:20 Uhr Ortszeit (4:20 Uhr MEZ)[3] weithin sichtbarer Meteor in der Tscheljabinsker Oblast rund um die Stadt Tscheljabinsk im russischen Ural,[4] nachdem ein Meteoroid bzw. kleiner Asteroid in die Erdatmosphäre eingetreten war. Nach Rekonstruktion der Bahn zählt dieser mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Gruppe der erdnahen Asteroiden vom Apollo-Typ.[5][6]

Rauchspur des Meteors von Jekaterinburg aus,[1] etwa 200 km von Tscheljabinsk entfernt
Rekonstruierte Flugbahn des Meteors[2]
Projektion der Flugbahn in größerem Maßstab

Es handelt sich um den größten Meteor seit dem Eintritt des Sikhote-Alin Meteorit am 12. Februar 1947. Bisher einmalig für einen Meteoritenfall ist auch die hohe Zahl der verletzten Personen.

Folgen

Der Meteor wurde vielfach beobachtet und gefilmt.[7] Unter anderem existieren viele Videoaufnahmen, die mit den in Russland weit verbreiteten Autokameras (sog. Dashcams) aufgenommen wurden.[8] Das Ereignis ging zeitverzögert mit einem lauten Knall einher. Eine Druckwelle verursachte zahlreiche Schäden, vor allem zerbrochene Fenster. Schätzungsweise 3700 Gebäude wurden beschädigt.[9] Das Dach einer Fabrik stürzte ein.[10] Nach Angaben der Behörden gab es Schäden in sechs Städten der Region. 1491 Menschen wurden verletzt[11] und suchten medizinische Hilfe. Die meisten davon erlitten Schnittwunden durch splitterndes Glas sowie Prellungen.[12] 43 Personen mussten stationär ins Krankenhaus.

Presseberichten zufolge stürzte ein Meteoritenbruchstück in den Tschebarkulsee nahe der gleichnamigen Stadt etwa 80 Kilometer südwestlich von Tscheljabinsk, wo sich ein Loch von sechs Metern Durchmesser in der Eisdecke des zugefrorenen Sees bildete.[13][14] Später wurde für einige Zeit ein Zusammenhang zu dem Meteoriten verneint.[15] Die Analyse der um das Loch gefundenen Fragmente in einer Größe von 5 bis 10 mm ergab jedoch, dass es sich um Meteoritengestein handelt, und zwar um gewöhnliche Chondriten.[16][17] Der Meteorit wurde vorläufig nach der nächstgelegenen Ortschaft Tschebarkul benannt, die endgültige Namensgebung erfolgt durch die Meteoritical Society.[18][19] Das größte gefundene Stück des Meteoriten wog über ein Kilogramm.[20][21]

Wissenschaftliche Auswertung

Durch Auswertung von Sensoren der Bundesregierung der Vereinigten Staaten stellte die NASA eine Eintrittsgeschwindigkeit von 18,6 km/s, sowie eine Explosionsenergie von 90 Kilotonnen TNT-Äquivalent fest, wodurch die Gesamtenergie des Eintritts auf 440 Kilotonnen bestimmt wurde. Daraus wurde eine Masse in der Größenordnung von 11.000 Tonnen und ein Durchmesser von 18 Metern gefolgert.[22]

Der Aufprallwinkel auf die Erdatmosphäre betrug etwa 20°. Das Objekt erzeugte beim Eintritt in die Atmosphäre kurzzeitig ein Glühen, das heller als die Sonne war.[23] Die Internationale Astronomische Union klassifizierte das Ereignis als „Superbolide“.[24] Im Rahmen des Kernwaffenteststopp-Vertrages von der CTBTO installierte Infraschall-Messstellen detektierten das bislang stärkste Ereignis seit Beginn der Messungen.[25] Seismographen des USGS und Wettersatelliten wie Meteosat-9 und 10, Fengyún 2 und MTSAT-2 lieferten ebenfalls Daten.[26][27] Eine erste Rekonstruktion der elliptischen Bahn des Meteoroiden durch die NASA ergab, dass diese über den Marsorbit hinausführte.

Koinzidenz 2012 DA14

 
Die Bahnen des Tscheljabinsk-Meteoroiden und 2012 DA14 sind komplett verschieden

Der Meteoritenfall fand nur ca. 20 Stunden vor der größten Erdannäherung des Asteroiden 2012 DA14 statt. Dieser hat etwa den doppelten Durchmesser des Tscheljabinsk-Meteoroiden und eine geschätzte Masse von 130.000 Tonnen.[28] Laut der Europäischen Weltraumorganisation und der NASA[23][22] haben beide Ereignisse aufgrund stark unterschiedlicher Bahnen der Objekte nichts miteinander zu tun.[29]

Commons: Meteor bei Tscheljabinsk vom 15. Februar 2013 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Flickr-Seite mit Angabe des Kameraorts
  2. Zeichnung auf Grundlage von Zuluaga, J.I. and Ferrin, I. "A preliminary reconstruction of the orbit of the Chelyabinsk Meteoroid.", ArXiv e-prints, arxiv:1302.5377 February 2013. (21. Feb. 2013)
  3. Russian Meteor. NASA, abgerufen am 15. Februar 2013.
  4. Rund 500 Verletzte durch Meteoriteneinschlag am Ural. In: RIA Novosti. 15. Februar 2013, abgerufen am 15. Februar 2013.
  5. Daniel Lingenhöhl: Dem Tscheljabinsk-Meteorit auf der Spur. Meldung vom 25. Februar 2013 bei Spektrum.de.
  6. Jorge I. Zuluaga, Ferrin, Ferrin, Ignacio: A preliminary reconstruction of the orbit of the Chelyabinsk Meteoroid. 1302. Jahrgang, 2013, S. 5377, arxiv:1302.5377, bibcode:2013arXiv1302.5377Z.
  7. Fireball sparks alarm in Russia. Abgerufen am 15. Februar 2013 (englisch).
  8. Kathrin Spoerr: Warum Russen Armaturenbrett-Kameras haben. In: Die Welt vom 15. Februar 2013. Abgerufen am 16. Februar 2013.
  9. http://online.wsj.com/article/SB10001424127887324162304578305163574597722.html?mod=WSJ_hpp_LEFTTopStories#
  10. 400 injured by meteorite falls in Russian Urals. Abgerufen am 15. Februar 2013 (englisch).
  11. Число пострадавших при падении метеорита приблизилось к 1500 (russisch)
  12. Hunderte Verletzte durch Meteoritenschauer in Russland. Abgerufen am 15. Februar 2013.
  13. Militär entdeckt Sechs-Meter-Krater. Abgerufen am 15. Februar 2013.
  14. 20 Minuten Online: Wettersatellit filmte Eintritt in die Erdatmosphäre. Abgerufen am 15. Februar 2013.
  15. http://www.tagesschau.de/ausland/meteoritural102.html
  16. Russische Wissenschafter (SIC!) finden Teile des Meteoriten zeit.de; Wissenschaftler: Fragmente des Meteoriten in Russland gefunden derstandard.at
  17. Russians Wade Into the Snow to Seek Treasure From the Sky nytimes.com, abgerufen am 19. Februar 2013
  18. Russian Meteorite May Be Named Chebarkul en.rian.ru, abgerufen am 2. März 2013
  19. Ученые: Фрагменты метеорита найдены у озера Чебаркуль (russisch)
  20. Уральские ученые нашли килограммовый осколок метеорита (russisch)
  21. Rianovosti: One-Kilo Meteorite Fragment Found (25. Februar 2013)
  22. a b Additional Details on the Large Fireball Event over Russia on Feb. 15, 2013. NASA/JPL, 1. März 2013, abgerufen am 24. März 2013.
  23. a b NASA Jet Propulsion Laboratory: Russia Meteor Not Linked to Asteroid Flyby. Abgerufen am 16. Februar 2013.
  24. CBET 3423:20130223: Trajectory and Orbit of the Chelyabinsk Superbolide, Astronomical Telegrams, International Astronomical Union, cbat.eps.harvard.edu; repro.
  25. Russian Fireball Largest Ever Detected by CTBTO’s Infrasound Sensors, 18. Febr. 2013
  26. Magnitude ? (uncertain or not yet determined) - URAL MOUNTAINS REGION, RUSSIA; M0.0 - Meteor Explosion Near Chelyabinsk, Russia usgs.gov, abgerufen am 21. Februar 2013
  27. Meteorite Slams into Atmosphere Above Chelyabinsk, Russia noaa.gov; Satellite Views of Meteor Vapor Trail Over Russia wisc.edu
  28. NASA-Bericht vom 4. Februar 2013
    veraltete Schätzung der ESA vom 15. März 2012
  29. 500 Menschen bei Meteoritenregen verletzt. Abgerufen am 15. Februar 2013.

Koordinaten: 55° 9′ 17″ N, 61° 22′ 33″ O