Helmut Berger (* 29. Mai 1944 in Bad Ischl, Österreich, eigentlich Helmut Steinberger) ist ein österreichischer Filmschauspieler. Er zählte vor allem in den 1960er- und 1970er Jahren zu den populärsten Stars des europäischen Kinos. Als künstlerisch herausragend gilt seine Zusammenarbeit mit dem italienischen Regisseur Luchino Visconti, mit dem er auch in einer Beziehung lebte. Er personifizierte den sexuellen Tabubruch im europäischen Kino. So wurde er insbesondere für seine Darstellung narzisstischer bisexueller Charaktere bekannt.[1] Berger bekannte sich offen zu seiner Bisexualität und hatte zahlreiche Affären mit bekannten Stars der damaligen Zeit.[2]
In jüngerer Zeit war Berger in der Independent-Szene unterwegs und drehte unter anderem mit Regisseur Peter Kern.[3] Außerdem sorgte er mit mehreren kontrovers diskutierten Auftritten in Talkshows und Reality-Formaten für Aufsehen.[4][5]
Leben
Jugend und Karrierebeginn
Helmut Berger wurde als Sohn einer Hoteliersfamilie geboren und besuchte ein Internat in Feldkirch. Obwohl er kein Interesse an der Gastronomie und Hotellerie hatte, lernte und arbeitete er zunächst in diesem Bereich. Im Alter von 18 Jahren zog Berger nach London, schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch und nahm parallel Schauspielunterricht. In London arbeitete er zum ersten Mal als Model. So machte er Werbung für den Sherry "Fino la ina".[6] Nach Sprachstudien in Perugia zog Berger nach Rom. Er arbeitete als Fotomodel und Filmstatist.[7]
Durchbruch, Arbeit mit Visconti und internationale Berühmtheit
1964 traf Berger erstmals Luchino Visconti, dessen Lebensgefährte er später wurde. Visconti gab Berger seine erste Rolle in der von ihm verantworteten Episode „La Strega Bruciata Viva“ in dem Episodenfilm Hexen von Heute (1967). Seinen internationalen Durchbruch erlebte er als Martin von Essenbeck in Viscontis Die Verdammten (1969), für die er eine Nominierung für den Golden Globe Award als Bester Nachwuchsdarsteller erhielt. In seiner wohl bekanntesten Szene überhaupt persifliert Berger in dieser Rolle die Lola, wie sie von Marlene Dietrich in Der blaue Engel gespielt wird. Bergers Filme waren populär und wurden mehrfach mit internationalen Preisen ausgezeichnet. Der Garten der Finzi Contini wurde mit einem Oscar ausgezeichnet und Billy Wilder stellte fest, dass es ein Jammer sei, dass Italiens bester Schauspieler in Wirklichkeit ein Österreicher sei. Der Stern lobte, dass Berger „intellektueller als Alain Delon und makelloser als Robert Redford“ war.[8]
Als der Höhepunkt von Bergers schauspielerischem Schaffen gilt Viscontis Ludwig II., in dem er den bayerischen König Ludwig II. von der blühenden Jugend bis zum bitteren Ende porträtierte und dabei den von eigenen Schwächen und psychischen Untiefen gezeichneten, nervös-paranoiden Verfall des Herrschers nachzeichnete. In Gewalt und Leidenschaft verfilmte Visconti seine Beziehung zu Berger. Burt Lancaster spielte einen älteren Kunstprofessor, der sich zum jugendlichen Berger hingezogen fühlt.
Berger wurde durch seine Rollen zum Weltstar. Er modelte für Modezeitungen und zierte als erster Mann überhaupt das Cover der Zeitschrift Vogue. Bekannte Fotografen wie Helmut Newton, Mary Ellen Mark oder David Bailey veröffentlichten Bilderreihen mit ihm. Die Vogue bezeichnete ihn als „schönsten Mann der Welt“.[9] Berger war kein Beau, kein Schönling, sondern „ein Mann von atemberaubender Schönheit“. Seine hohen Wangenknochen gaben ihm etwas Aristokratisches.[10] Berger galt als Mann des Jetsets und führte ein extravagantes Leben. Die Medien berichteten über seine ausschweifenden Exzesse mit Alkohol und Drogen und seine zahlreichen Affären.[11]
Nachlassender Erfolg, weitere Projekte und Fernsehauftritte
Der Tod Viscontis 1976 stürzte Berger in eine tiefe persönliche Krise. Viscontis Testament, in dem Berger als Erbe eingesetzt worden sein soll, war überraschenderweise nicht mehr auffindbar. Bergers massive persönliche Schwierigkeiten zeigten sich in einem Suizidversuch am ersten Todestag Viscontis wie auch in seinen anhaltenden Problemen mit Alkohol und anderen Drogen. Mit dem Schwächeln des europäischen Films konnte auch Berger an die großen filmischen Erfolge nicht mehr anknüpfen. Im Zuge der Produktion des Films Der Tollwütige ließ sich Berger an der Seite von Marisa Mell für den italienischen Playboy nackt ablichten.[12] Der Regisseur Quentin Tarantino zeigte in dem Film Jackie Brown Ausschnitte aus dem Film und bedankte sich im Abspann bei Helmut Berger für dessen überzeugenden Auftritt. Der Film selber war bei seinem Erscheinen kein finanzieller Erfolg.
Claude Chabrol besetzte Berger 1980 in der Rolle des Fantômas. In der Folge hatte Berger Schwierigkeiten, in größeren Produktionen mitzuwirken. Die italienische Filmindustrie hatte massiv Marktanteile verloren. Hinzu kam auch, dass sein jugendliches und gutes Aussehen nachzulassen begann, so folgten ab Ende der 1970er-Jahre neben Auftritten in B-Movies und kleineren, ambitionierten Produktionen auch Arbeiten für das Fernsehen (Der Denver-Clan).[4]
An alte Erfolge konnte er in der Folgezeit kaum mehr anknüpfen, Ausnahmen bildeten seine Rolle als fanatischer Standartenführer Ritter im Kriegsfilm Codename: Emerald (1985), sein Auftreten im italienischen Mehrteiler Die Verlobten (1989), sowie seine Rolle im letzten Teil von Francis Ford Coppolas Trilogie Der Pate – Teil III (1990). 1993 spielte Berger in dem von Kritikern hochgelobten Filmdrama Ludwig 1881 erneut die Rolle des Königs Ludwig II.
1992 spielte Berger in dem Video der Sängerin Madonna für den Titel Erotica mit. Für ihr Buchprojekt SEX steuerte Berger Bilder und Texte bei. Madonna bezeichnete Berger als Idol.[13] Mehrfach trat Berger in der Harald Schmidt Show auf. Das Magazin Vice lobte seine Auftritte bei Schmidt als „ikonisch“.[14] 1999 wirkte Berger im Musikvideo zu Tausend Tränen tief der deutschsprachigen Hamburger Band Blumfeld mit. Er spielte hier den älteren Mann in einer homoerotischen Beziehung.[15]
Neben seinem filmischen Schaffen ist Helmut Berger wegen seines ausschweifenden Lebens und seiner offen bekannten Bisexualität ein immer wieder gern gesehener Gast in Talksendungen. Unter anderem erzählte er von seiner Beziehung mit der Schauspielerin Marisa Berenson – die ihn angeblich heiraten wollte – sowie von erotischen Abenteuern mit Rudolf Nurejew, Britt Ekland, Ursula Andress, Nathalie Delon, Florinda Bolkan, Elizabeth Taylor, Marisa Mell, Anita Pallenberg, Marilù Tolo, Jerry Hall, Bianca und Mick Jagger und weiteren Rockstars aus den siebziger und achtziger Jahren. In seiner 1998 erschienenen Autobiographie „Ich“ bezeichnet er sich als Viscontis Witwe. Sein Leben teilt er wie seine Autobiographie in Phasen vor, mit und nach Visconti ein.
Rückzug aus der Öffentlichkeit, Comeback als Medien-Ikone
2004 zog Berger, dabei mit viel Aufmerksamkeit von österreichischen Medien bedacht, von Rom nach Salzburg zu seiner Mutter, bestritt jedoch finanzielle Schwierigkeiten und betonte, lediglich auf der Suche nach einer neuen römischen Bleibe zu sein. Zudem gab er an, jeglichen Drogen abgeschworen zu haben. Seine Mutter starb Ende 2009. In der österreichischen Late Night Show „Willkommen Österreich“ (2011) erzählte Helmut Berger unter anderem, dass er mit dem Kapitel Rom abgeschlossen habe.
Im Jahr 2009 spielte er die Hauptrolle in Peter Kerns Drama Blutsfreundschaft. Der Film lief im Februar 2010 auf der Berlinale und kam im Herbst 2010 in die deutschen Kinos. Darin spielt Berger einen homosexuellen Wäschereibesitzer, der eine Beziehung mit einem jugendlichen Neonazi anfängt.
Nachdem Berger im Oktober 2012 mit einem Auftritt in der Talkshow Markus Lanz erneut in den Fokus der Aufmerksamkeit geriet,[16] war er ab dem 11. Januar 2013 in der siebten Staffel der Fernsehsendung Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! als Bewohner des Dschungelcamps zu sehen.[7] Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel urteilte im Vorfeld der Sendung, dass von dem Mann, der einst „mehr Sex ausstrahlte als Robert Pattinson und Leonardo DiCaprio zusammen“, wenig geblieben sei. Der Sender RTL wurde dafür kritisiert, Berger in einem schlechten Gesundheitszustand im Fernsehen zu präsentieren, um gute Quoten zu erzielen. Die Zurschaustellung eines „offensichtlich kranken Mannes“ sei ein Grenzfall.[17] Nach Ausstrahlung der ersten Folge revidierte der Spiegel seine Meinung und begrüßte die Verpflichtung Bergers. Dieser sei „selbst im Liegen […] interessanter als die herumhüpfenden Hampelmänner“. Aufgrund Bergers Anwesenheit „würde es sich lohnen, diese Sendung weiter anzusehen“.[18]
Berger verließ das Dschungelcamp am 12. Januar, dem dritten Tag seines Aufenthaltes wegen gesundheitlicher Probleme.[19] In den Medien wurde kritisiert, dass Berger sich nur eine kurze Zeit im Camp aufgehalten hat. Der Tagesspiegel schrieb, dass der Auftritt des „interessantesten, tiefgründigsten, geheimnisvollsten Kandidaten der RTL-Show…kein Triumph, sondern eine Tragödie war.“[20] Im Nachhinein äußerte Berger sich positiv über die Erfahrung und gab bekannt, mit RTL über eine erneute Teilnahme an der nächsten Staffel zu verhandeln,[21] und auch die englische Ausgabe des Dschungelcamps sei an einer Verpflichtung von ihm interessiert.[22]
Zuletzt wirkte Berger im Musikvideo zu dem Song Besser gehts nicht aus dem Album Du bist gut der Sängerin Nena mit.[23]
Auszeichnungen
Berger wurde für seine Rolle in „Die Verdammten“ als bester männlicher Nachwuchsschauspieler 1970 für den Golden Globe nominiert und gewann 1973 den David di Donatello für seine Darstellung in „Ludwig II“. 2007 erhielt er einen „SPECIAL Teddy Award“, den schwullesbischen Preis der Berlinale für sein Gesamtwerk.
2011 wurde er in Tschechien auf dem 18. Prague International Film Festival Febiofest mit dem Kristián-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet.[24]
Filmografie
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Literatur
- Paola-Ludovika Coriando: La poesia del volto: ritratto di Helmut Berger attore viscontiano in: Cineforum, n. 452 (März 2006).
- Helmut Berger, mit Holde Heuer: Ich, Die Autobiographie. Ullstein, Berlin 1998, ISBN 3-550-06969-3.
- Helmut Berger: Helmut Berger – Ein Leben in Bildern. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2012.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Helmut Berger im Prisma Starguide, abgerufen am 1. November 2012
- ↑ "Ich" - Helmut Berger's Autobiography auf der Website der Journalistin Holde Heuer, abgerufen am 16. Januar 2013
- ↑ Christoph Huber: "Blutsfreundschaft": Butterbrot und Brutalität, DiePresse.com, 5. November 2009. abgerufen am 6. Januar 2013.
- ↑ a b Helmut Berger: Absturz eines Märchenkönigs in Zeit Online vom 7. November 2012
- ↑ Karrieren: Heute kein König in Der Spiegel, Ausgabe 51/2012
- ↑ http://www.zeit.de/kultur/2012-11/fs-helmut-berger-2 "Der Liebling der Götter" erschienen in der Zeit vom 7. November 2011
- ↑ a b Dschungelcamp 2013: Kandidat Helmut Berger auf RTL.de vom 7. Januar 2013
- ↑ "Sexsymbol und Exzentriker Das Bildnis des Helmut Berger" Der Stern vom 13. Januar 2013
- ↑ http://www.gala.de/lifestyle/kultur/200591/Helmur-Berger-Ich-habe-alles-erlebt.html Helmut Berger: "Ich habe alles erlebt" erschienen in der Gala vom 6. November 2012
- ↑ Helmut Schödel: Ein Drama - eine Reise mit dem Weltstar Helmut Berger, in Süddeutsche Zeitung vom 7/8. Mai 2011
- ↑ Park Avenue Ausgabe 10/2006
- ↑ Personalien: Helmut Berger in Der Spiegel, Ausgabe 36/1977
- ↑ http://allaboutmadonna.com/madonna-interviews-articles/aperture-magazine-summer-1999 Madonna im Interview mit dem Aperture Magazin im Sommer 1999
- ↑ Vice Magazin: "Wäre ich schwul, würde ich Helmut Berger bumsen" von Felix Nicklas
- ↑ Jochen Distelmeyer (Blumfeld) über die Zusammenarbeit mit Berger beim Dreh von Tausend Tränen tief
- ↑ Helmut Berger rastet in der Lanz-Show völlig aus. Welt.de, 1. November 2012.
- ↑ Der Spiegel "Heute kein König" von Alexander Kühn erschienen in der Ausgabe Nr. 51 vom 17. Dezember 2012, S.160
- ↑ Spiegel Online: "Dschungelcamp, Tag 1 Im Gestrüpp der finsteren Seele" von Stefan Kuzmany erschienen am 12. Januar 2013
- ↑ Dschungelcamp, Tag 2: Berger, das Hitzeopfer, Spiegel Online vom 13. Januar 2013
- ↑ Helmut Berger ist raus – und der Beschiss da Der Tagesspiegel vom 13. Januar 2013.
- ↑ Ich frag’ mich: Bin ich es wirklich?“. Kurier (Tageszeitung), 8. Februar 2013.
- ↑ Berger will zurück ins Dschungelcamp – Mach's noch einmal, Helmut. Stern.de, 8. Februar 2013.
- ↑ Nena dreht Videoclip mit Helmut Berger. Focus.de, 19. März 2013.
- ↑ Kristián-Preis für den österreichischen Schauspieler Helmut Berger auf Radio Praha vom 31. März 2011 abgerufen am 2. April 2011
Personendaten | |
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NAME | Berger, Helmut |
ALTERNATIVNAMEN | Steinberger, Helmut |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Filmschauspieler |
GEBURTSDATUM | 29. Mai 1944 |
GEBURTSORT | Bad Ischl |