Verwaltungsakt (Deutschland)
Der Verwaltungsakt bezeichnet eine Form des Handelns staatlicher oder hoheitlicher Organe, die einzelne Fragen im Verhältnis zwischen Bürger und Staat oder zwischen verschiedenen Hoheitsträgern für beide Seiten rechtlich verbindlich festlegt. Das ist jede Verfügung, Entscheidung oder sonstiges hoheitliches Handeln, das die unten genannten Voraussetzungen erfüllt. Eine in der Praxis häufig anzutreffende Form von Verwaltungsakten sind behördliche Bescheide. Aber auch Maßnahmen, bei denen man nicht auf den ersten Blick einen Verwaltungsakt vermuten würde, sind darunter zu zählen. So zum Beispiel auch die Handzeichen eines Polizisten.
Geregelt ist der Verwaltungsakt in den §§ 35-52 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) sowie den entsprechenden verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften der Bundesländer, spezialgesetzlich für die Finanzbehörden in den §§ 118-133 der Abgabenordnung (AO) und für den Bereich der Sozialversicherung in den §§ 31-51 des Sozialgesetzbuch X (SGB X). Die Regelungen der AO unterscheiden sich in diesem Bereich fast nicht von denen des VwVfG.
Ob eine staatliche Maßnahme einen Verwaltungsakt (oder im Gegenteil einen Realakt) darstellt, ist in vielerlei Hinsicht von Bedeutung: Die Verwaltungsverfahrensgesetze legen fest, wie das Verfahren vor Erlass eines Verwaltungsaktes beschaffen sein und wie der Verwaltungsakt aussehen muss. Und die Gerichtsordnungen (Verwaltungsgerichtsordnung VwGO, Finanzgerichtsordnung FGO und Sozialgerichtsgesetz SGG) knüpfen bestimmte Rechtsfolgen an das Vorliegen eines Verwaltungsaktes, etwa im Hinblick auf den Rechtsschutz gegen die Maßnahme.
Damit der Verwaltungsakt seine Aufgabe erfüllen kann, zwischen Staat und Bürger verbindliche Rechtsfolgen zu setzen, ist er mit Rechtsmitteln nur innerhalb bestimmter Fristen angreifbar (s. Rechtsschutz). Sind diese Fristen verstrichen oder waren alle Rechtsmittel erfolglos, erwächst der Verwaltungsakt in Bestandskraft. Er wirkt dann für die Verwaltung wie ein Urteil und bildet die Grundlage für die Vollstreckung. Will zum Vergleich ein Bürger gegenüber einem anderen etwa eine Geldforderung durchsetzen, benötigt er ebenfalls einen Vollstreckungstitel, den er sich aber vor Gericht erstreiten muss. Er kann dem anderen keine Frist setzen, nach deren Ablauf er zur Vollstreckung schreiten kann. Diese Funktion des Verwaltungsakts, auf einfache Weise einen Vollstreckungstitel zu erlangen, macht den Verwaltungsakt zu einem wichtigen Instrument des Staates.
Voraussetzungen
Die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes nennt § 35 Satz 1 VwVfG (der § 118 Satz 1 AO und § 31 Satz 1 SGB X wörtlich entspricht):
- Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Hieraus leitet man insgesamt fünf Voraussetzungen für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes ab:
- Es muss sich um eine hoheitliche Maßnahme handeln. Hoheitlich handelt die Behörde, wenn sie aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften handelt. Zur Abgrenzung von öffentlichem und privatem Recht gibt es verschieden Theorien. Die gebräuchlichste ist die s.g. Sonderrechtstheorie, nach der ein Gesetz dem öffentlichen Recht zuzuordnen ist, wenn es einseitg den Staat zum Handeln ermächtigt.
- Diese muss von einer Behörde ausgehen. Behörde im Sinne des VwVfG ist gem. § 1 Abs. 4 jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
- Es muss sich bei der Maßnahme um eine Einzelfall Regelung handeln, es muss also vom Empfänger ein Tun oder Unterlassen verlangt werden oder das Bestehen oder Nichtbestehen eine Rechtsverhältnisses festgestellt werden
- Diese Regelung muss sich auf einen Einzelfall beziehen, also eine individuelle Regelung sein.
- Und die Maßnahme muss Außenwirkung entfalten, also eine Person betreffen, die außerhalb der Verwaltung steht, und mit Wissen und Wollen der Behörde deren Bereich verlassen
Eine besondere Form des Verwaltungsaktes ist die s.g. Allgemeinverfügung. Sie liegt vor, wenn o.g. Maßnahme nicht den Einzelfall regelt, sondern eine Vielzahl von Fällen. Die bekannteste Form der Allgemeinverfügung sind Verkehrszeichen, die ein Ge- oder Verbot enthalten.
Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, muss aus Sicht des konkreten oder eines potenziellen Adressaten beurteilt werden. Dabei spricht der äußere Anschein sowie die Vermutung, eine Behörde wird in erster Linie durch Verwaltungsakte handeln, zumeist für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes. Insbesondere wenn die Maßnahme der allgemeinen Form eines Verwaltungsaktes entspricht, etwa "Bescheid" als Überschrift trägt, im Briefkopf eine Behörde aufgeführt ist, und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung abschließt, spricht dies für das Vorliegen eines Verwaltungsaktes.
Zwingend sind diese Anzeichen jedoch nicht, maßgeblich sind die oben genannten Voraussetzungen. Deshalb kann auch das Winkzeichen eines Polizisten ein Verwaltungsakt sein: Der Polizist ist erkennbar Vertreter einer Behörde (der Straßenverkehrsbehörde), er will mit seiner Handbewegeung einen Einzelfall nicht nur ansprechen, sondern konkret regeln (Stehenbleiben! Weiterfahren!), und handelt hierbei auch auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (nämlich des Straßenverkehrsrechts). Schließlich betrifft die Maßnahme auch einen Externen (auch wenn der Polizist im Einzelfall vielleicht mal einen Kollegen anhält, der jedoch wie jeder andere auch gehorchen muss). Dass das Winken keine bestimmte Form einhält, etwa nicht schriftlich ist, nicht begründet ist und auch keine Belehrung über den richtigen Rechtsbehelf enthält, ist unschädlich: Für bestimmte Verwaltungsakte gelten Ausnahmen zu diesen Formvorschriften, gleichwohl bleiben sie Verwaltungsakte.
Arten des Verwaltungsaktes
Man unterscheidet folgende Arten des Verwaltungsaktes:
- Einzelverfügung (siehe auch: Einzelfallentscheidung)
- Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 1. Alt. VwVfG)
- Sachbezogene Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 2. Alt. VwVfG)
- Mehrstufiger Verwaltungsakt (Mitwirkung anderer Behörden erforderlich, vgl. Einvernehmen)
- Mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt (z.B. Antragstellung oder Entgegennahme einer Ernennungsurkunde erforderlich)
- Begünstigender Verwaltungsakt (Begründung oder Bestätigung eines Rechts, Beseitigung einer Belastung oder Rechtsbeschränkung)
- Belastender Verwaltungsakt (verlangt ein Tun, Dulden oder Unterlassen, lehnt einen Antrag ab, beschränkt oder entzieht ein Recht)
- Verwaltungsakt mit Drittwirkung (neben dem Empfänger ist auch ein Dritter betroffen, der eine ist begünstigt, der andere belastet)
- Gestaltender Verwaltungsakt (Rechtsverhältnis wird begründet oder geändert)
- Feststellender Verwaltungsakt (Feststellung eines Rechtsverhältnisses, ohne es zu ändern)
- Dauer-Verwaltungsakt (Entstehung eines dauerhaft wirkenden Rechtsverhältnisses, z.B. Widmung)
Sachverhalt | |||
---|---|---|---|
abstrakt | konkret | ||
Adressat | generell | Rechtsnormen | VA (Allgemeinverfügung) |
individuell | VA | VA (Einzelverfügung) |
Formvorschriften
Die Verwaltungsverfahrensgesetze enthalten auch Vorschriften zur Form des Verwaltungsaktes. Danach müssen alle Verwaltungsakte inhaltlich hinreichend bestimmt sein, § 37 Abs. 1 VwVfG. Der Bürger als Adressat muss wissen können, was von ihm verlangt wird oder welche Rechte ihm verliehen werden.
Im übrigen können Verwaltungsakte schriftlich, mündlich, elektronisch oder in sonstiger Weise, etwa konkludent erlassen werden. In sonstiger Weise erlassen ist ein Verwaltungsakt beispielsweise, wenn nur eine kommentarlose Auszahlung einer beantragten Leistung erfolgt (sog. Schalterakt oder Schalter-VA). Die Behörde hat die Wahl zwischen den verschiedenen Formen, und unter ihnen nach pflichtgemäßem Ermessen auszuwählen. In vielen Bereichen wird die Form des Verwaltungsaktes aber vorgeschrieben, etwa die Schriftform für Baugenehmigungen, oder die Urkundsform für die Beamtenernennung. In anderen wird eine zu strenge Form unangebracht sein, etwa bei der Verkehrsregelung durch den Polizisten, die kaum schriftlich geschehen kann.
Schriftliche und elektronische Verwaltungsakte müssen die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten, § 37 Abs. 1 VwVfG. Die Unterschrift und die Namenswiedergabe können fehlen, wenn der Verwaltungsakt mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird ("Dieser Bescheid wurde mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen und ist deshalb auch ohne Unterschrift gültig"). Schriftliche und elektronische Verwaltungsakte müssen auch begründet werden, wenn dies nicht ausnahmsweise einmal unnötig oder unangebracht ist, § 39 VwVfG.
Für elektronische Verwaltungsakte gilt die Besonderheit, dass sie vom Adressaten empfang- und lesbar sein müssen. Deswegen kann hier der Adressat die konkrete Form des Verwaltungsaktes bestimmen, wenn die Behörde sich für die elektronische Form entscheidet, und etwa bestimmte Dateiformate ausschließen, § 3 a Abs. 1 VwVfG. Soll mit dem elekronischen Verwaltungsakt eine Schriftformvorschrift erfüllt werden, muss der Verwaltungsakt qualifiziert signiert sein, § 3 a Abs. 2 VwVfG.
Ein Verwaltungsakt sollte mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein, die den Empfänger über seine Widerspruchs- und Klagemöglichkeiten aufklärt, §§ 58 ff. Verwaltungsgerichtsordnung VwGO. Fehlt diese, verlängert sich die Frist zur Anfechtung des Verwaltungsaktes erheblich. Sie beträgt dann ein Jahr, § 58 VwGO.
Wirksamkeit
Verwaltungsakte sind nur dann wirksam, wenn sie dem Betroffenen bekanntgegeben wurden. Wird ein Verwaltungsakt mit der Post zugestellt, so gilt er am 3. Tag nach Aufgabe als bekanntgegeben, wenn er bis dahin angekommen ist, § 41 VwVfG.
Schreib-, Rechenfehler oder andere so genannte offenbare Unrichtigkeiten führen nicht zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes, sondern können jederzeit berichtigt werden, § 42 VwVfG.
Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange er nicht aufgehoben wurde oder sich durch Zeitablauf oder auf sonstige Weise, etwa durch Wegfall des Regelungsobjektes, erledigt hat, § 43 VwVfG. Solange er wirksam ist, muss (und kann) er von jedermann beachtet, vom Adressaten muss er befolgt werden bzw. kann er daraus Rechte herleiten, etwa das Recht Auto zu fahren bei einer Fahrerlaubnis. Mit der Rücknahme und dem Widerruf gem. §§ 48 und 49 VwVfG bietet das Verwaltungsverfahrensrecht Möglichkeiten, einen Verwaltungsakt durch die Behörde aufzuheben bzw. aufheben zu lassen.
Keine Wirksamkeit entfaltet der nichtige Verwaltungsakt, der jedoch ein absoluter Ausnahmefall ist. Für die Nichtigkeit ist insbesondere nicht der einfache Rechtsverstoß ausreichend. Vielmehr muss der Verwaltungsakt unter einem schweren und offensichtlichen Rechtsfehler leiden, § 44 VwVfG.
Ein Verwaltungsakt, der nicht mehr mit einem Rechtsbehelf oder Rechtsmittel angefochten werden kann, erlangt Bestandskraft.
Rechtsschutz
Beim Rechtsschutz ist zunächst zwischen folgenden Ausgangssituationen zu unterscheiden:
- Der Empfänger eines belastenden Verwaltungsakts möchte sich gegen diesen zur Wehr setzen.
Beispiele hierfür: Gegenüber dem Erbauer eines ohne Genehmigung errichteten Wochenendhäuschens wird angeordnet, dieses abzureißen. Einem Gewerbebetrieb wird aufgegeben, die Belastung des Firmengrundstücks mit Altlasten durch einen Gutachter untersuchen zu lassen. - Der Empfänger eines ablehnenden Bescheids begehrt den Erlass eines ihn begünstigenden Verwaltungsakts.
Beispiele hierfür: Dem Abiturient wird die Einschreibung in ein Studienfach verweigert. Ein Glühweinverkäufer erhält keinen Standplatz auf dem städtischen Weihnachtsmarkt zugewiesen.
Beiden Situationen gemein ist aber, dass in der Regel ein Vorverfahren, im allgemeinen Verwaltungsrecht das Widerspruchsverfahren nach §§ 68 ff. VwGO, in Abgabensachen der Einspruch nach §§ 347 ff. AO durchzuführen ist, bevor ein Gericht angerufen werden kann. Widerspruch (bzw. Einspruch) sind regelmäßig innerhalb einer Frist von einem Monat (§ 70 VwGO bzw. § 356 AO) einzulegen. Daraufhin überprüft die Behörde den Verwaltungsakt und es ergeht entweder ein Abhilfebescheid wenn der Widerspruch anerkannt wird, oder eine zumeist andere, höhere Behörde wird mit dem Fall befasst. Diese erlässt dann einen Widerspruchsbescheid.
Wie in der dem Verwaltungsakt anhängenden Rechtsbehelfsbelehrung ausgeführt, hat der Empfänger einen Monat (also nicht vier Wochen oder 30 Tage) nach Bekanntgabe Zeit, diesen außergerichtlichen Rechtsbehelf zu ergreifen. Bekanntgabe liegt vor, wenn dem Adressaten die Maßnahme mit dem Willen der Behörde offiziell eröffnet wurde, etwa übersandt oder zugestellt. Bei postalisch oder elektronisch nur übermittelten (nicht zugestellten) Verwaltungsakten gilt die Drei-Tages-Sonderregel des § 41 VwVfG: Der Verwaltungsakt gilt mit dem dritten auf die Absendung folgenden Tag als bekannt gegeben.
Die Monatsfrist bemisst sich im Allgemeinen nach den §§ 187, 188 BGB: Die Frist läuft an dem Tag des Folgemonats ab, der seiner Bezeichnung nach dem Tag entspricht, in den die Bekanntgabe fällt. Ein Beispiel für einen per einfachen Brief übermittelten Verwaltungsakt: Bescheid vom 3. Mai, versandt am 4. Mai, im Briefkasten am 6. Mai, gelesen am 8. Mai. Hier läuft die Monatsfrist am 7. Juni ab: Die Bekanntgabe ist Absendung plus 3, also der 7. Mai. Dass er vorher im Briefkasten war, ist zugunsten des Bürgers egal, dass er erst am 8. Mai gelesen wurde, fällt in seinen eigenen Verantwortungsbereich. Und die Monatsfrist endet an dem Tag des Folgemonats Juni, der seiner Zahl nach dem Bekanntgabetag entspricht, also dem 7. Juni.
Eine Sonderregel besteht, wenn die Frist am Wochenende oder an einem Feiertag endet: Dann gilt der nächste Werktag als Fristende.
Ist ein solches Vorverfahren aus Sicht des Empfängers des belastenden Verwaltungsakts oder des Ablehnungsbescheids erfolglos verlaufen, kann er nun Rechtsschutz vor den zuständigen Gerichten suchen.
Rechtsmittel gegen belastende Verwaltungsakte
Rechtsmittel gegen belastende Verwaltungsakte (Bsp.: Abrissanordnung der Bauaufsichtsbehörde, Verbot einer gewerblichen Betätigung) sind bei allgemeinen Verwaltungsakten und analog nach anderen Gesetzen bei Abgabenangelegenheiten (Steuersachen):
- die Anfechtungsklage gemäß § 42 VwGO, § 40 Finanzgerichtsordnung
War der Widerspruch bzw. Einspruch nicht erfolgreich, kann der Empfänger des Verwaltungsaktes die Entscheidung anfechten. Die Verwaltungsgerichtsbarkeit oder in Abgabenangelegenheiten die Finanzgerichtsbarkeit überprüft dann die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. - Die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß §113 Abs. 1 Satz 4 VwGO
Hat sich der Verwaltungsakt durch Zeitablauf, Vollzug oder Rücknahme erledigt ist eine Anfechtungsklage nicht mehr möglich, da kein Klagebedürfnis des Klägers mehr besteht. In diesem Fall hat der Kläger die Möglichkeit die Klage umzustellen oder von vornherein die Fortsetzungsfeststellungsklage zu erheben, wenn sich der Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung erledigt hat. Durch diese Klage wird der Verwaltungsakt nicht mehr aufgehoben, stattdessen wird lediglich festgestellt, daß sein Erlass rechtswidrig war. Sie ist daher nur zulässig, wenn besondere Gründe vorliegen, die es gerechtfertigt erscheinen lassen das Verwaltungsgericht mit dieser Fragestellung zu befassen. Dies ist insbesondere der Fall bei Wiederholungsgefahr, einem besonderen Rehabilitationsinteresse, wenn die Feststellung für einen Amtshaftungsprozess relevant ist oder eine wesentliche Grundrechtsposition beeinträchtigt wurde. Bei Erledigung des belastenden Verwaltungsakts vor Klageerhebung ist § 113 Abs.1 S.4 wegen der Rechtsschutzgarantie des Art.19 Abs.4 S.1 GG analog anzuwenden.
Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte haben in der Regel aufschiebende Wirkung. Das bedeutet: Bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist oder, wenn ein Rechtsmittel eingelegt ist, bis zum Ablauf des Rechtsbehelfsverfahrens, ist die Wirksamkeit des Verwaltungsaktes gehemmt, er muss (noch) nicht beachtet werden und verleiht noch keine Rechte. In bestimmten Fällen, wie dem oben erwähnten Winken des Polizisten, und auch in Steuersachen, gilt dies nicht. Solche Verwaltungsakte sind sofort vollziehbar. Auch kann die erlassende Behörde den Verwaltungsakt im Einzelfall selbst für sofort vollziehbar erklären. Das ist etwa von Versammlungsverboten bekannt, die ja zumeist rasch wirksam sein sollen. In einem solchen Fall kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage gegen den Verwaltungsakt auf Antrag vorläufig anordnen bzw. wiederherstellen, § 80 Abs. 5 VwGO. Dabei berücksichtigt es zumeist die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. In vielen Bereichen, wie etwa dem Versammlungs- oder dem Ausländerrecht, ist dieser so genannte vorläufige Rechtsschutz aufgrund der zeitlichen Situation oft der einzig wirksame Rechtsschutz.
In wichtigen Bereichen des Verwaltungsrechtes sind aber Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte nicht mit aufschiebender Wirkung versehen, da der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung durch ein Gesetz verhindert wird. Dies ist zum Beispiel im Baugesetzbuch (BauGB) geschehen. Dort wird geregelt, dass ein Rechtsbehelf eines Dritten (meist ein Nachbar) keine aufschiebende Wirkung hat (§ 212a BauGB). Damit möchte der Gesetzgeber verhindern, dass Dritte das Bauen auf unbestimmte Zeit verhindern können.
Rechtsmittel, um den Erlass eines Verwaltungsakts zu erzwingen
Will der Empfänger eines ablehnenden Bescheids den begehrten Verwaltungsakt vor Gericht erzwingen, eröffnen sich folgende Rechtsmittel:
- Die Verpflichtungsklage gemäß § 42 VwGO
Mit der Verpflichtungsklage erreicht der Kläger, dass das Gericht überprüft, ob ein Anspruch auf Erlass des Verwaltungsakts besteht. Besteht ein Anspruch auf Erlass genau des begehrten Verwaltungsakts, wird die Verwaltung durch Urteil dazu verpflichtet, diesen zu erlassen. Es gibt indes auch Situationen, in denen das Gericht zwar feststellt, dass die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig war, dass aber der Behörde hinsichtlich der Ausgestaltung des konkreten Verwaltungsakts vom Gesetzgeber noch ein Ermessensspielraum eingeräumt worden ist. In diesem Fall darf das Gericht nicht das Ermessen der Verwaltungs selbst ausüben. Vielmehr verurteilt es die Verwaltung zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Eine darauf gerichtete Klage wird Bescheidungsklage genannt. - Eine besondere Form der Verpflichtungsklage ist die so genannte Untätigkeitsklage. Lehnt die Behörde den Erlass des begehrten Verwaltungsakts nicht einmal mehr ab, sondern entscheidet "ohne zureichenden Grund in angemessener Frist" gar nicht, kann der Bürger nach § 75 VwGO auch ohne einen ablehnenden Bescheid und damit auch ohne Vorverfahren auf Erlass des Bescheides klagen. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit Antragsstellung erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
- Die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO
Hierbei ist § 113 Abs.1 S.4 VwGO analog anzuwenden, da die sog. Verpflichtungsfortsetzungsfeststellungsklage keine Stütze in der entsprechenden Vorschrift findet. Diese Analogie ist allgemein insbesondere wegen der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs.4 S.1 GG anerkannt. Die Fortsetzungsfeststellungsklage spielt wiederum dann eine Rolle, wenn sich der Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts durch Zeitablauf oder anderweitig erledigt hat (Bsp.: Der Anspruch auf Zulassung eines Glühweinstandes auf dem städtischen Weihnachtsmarkt ist mit der Schließung desselben wertlos und erledigt.) Auch hier müssen wieder besondere Gründe vorliegen, um das Gericht jetzt noch, nachdem der konkrete Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann, mit der Feststellung zu befassen, dass die Ablehnung des begehrten Verwaltungsakts rechtswidrig war. Erledigt sich der begehrte Verwaltungsakt vor Klageerhebung, so ist § 113 Abs.1 S.4 VwGO wegen der Rechtschutzgarantie des Art. 19 Abs.4 S.1 GG in doppelter Analogie anzuwenden.
Weblinks
- Verwaltungsakt: Vorlage:Gesetz-D
- Widerspruchsbescheid: Vorlage:Gesetz-D
- Alexander Kochs lawww.de
- Ibisch: Der elektronische Verwaltungsakt - ein neuer Dokumententyp im Verwaltungsverfahrensgesetz (JurPC Web-Dok. 210/2001)
- Skrobotz: Probleme des elektronischen Verwaltungsakts (JurPC Web-Dok. 86/2002)