Nordfriedhof (Wiesbaden)

Friedhof in Wiesbaden
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Der Nordfriedhof ist mit einer Fläche von 14,5 Hektar der zweitgrößte Friedhof Wiesbadens.

Plan des Nordfriedhofs Wiesbaden

Lage und Geschichte

Der Nordfriedhof liegt im stadtnahen Bereich des Walddistrikts Höllkund auf einem schmalen, langgestreckten Höhenrücken zwischen Nerotal und Adamstal und wurde 1877 eingeweiht.

Nachdem die Kapazität auf dem nahe gelegenen Alten Friedhofs erschöpft waren und der Beschluss gefasst war, in der der Stadt gehörenden Gemarkung Walddistrict Höllkund (später Hellkund genannt) den neuen städtischen Friedhof zu errichten, erfolgten ab 1875 die Rodungsarbeiten.

 
Eingangstor Nordfriedhof Wiesbaden mit Pförtnerhaus im Winter

Die Stadtverwaltung stand unter Zeitdruck, da die Einwohnerzahl Wiesbadens im Lauf des 19. Jahrhunderts von 2.000 Einwohnern auf über 100.000 angewachsen war und viele zugezogene wohlhabende Wiesbadener darüber hinaus eine repräsentable Grabstätte wünschten. Hinzu kam, dass bedeutende Wiesbadener Persönlichkeiten sich lieber auf dem Nordfriedhof beerdigen ließen, anstatt auf dem für sie zuständigen Bezirksfriedhof.

Viele der Grabmäler aus der Erstbelegung sind im Stil des Historismus' gestaltet, aber auch der Jugendstil ist mit bedeutenden Werken vertreten. Auch heute noch ist der Gesamteindruck durch Grabmäler aus der Wilhelminischen Epoche geprägt.

Bisher wurden insgesamt 85.000 Personen auf dem Friedhof begraben.

Hauptportalanlage

Das Arbeiten am Hauptportal begannen 1878, es besteht aus drei Bogen und ist in Backstein ausgeführt. Die Hauptpforte misst sieben Meter Höhe und 3,50 Meter breit, die beiden Nebentore sind halb so hoch.

Das Haupttor wird gekrönt durch ein zwei Meter hohes Sandstein-Kreuz. Die Seitenportale, die zur Platter Straße und gegenüber zum Wald hin liegen, sind gleichartig gestaltet. Insgesamt mussten an den Toren seit Erbauung kaum Ausbesserungsarbeiten durchgeführt werden. Die Mauern des Friedhofs haben sich nicht als so stabil erwiesen, so dass an den Außenmauern in den Jahren 2008 und 2009 umfangreiche Sicherungs- und Ausbesserungsarbeiten notwendig wurden.

Pförtnerhaus

Das Pförtnerhaus in unmittelbarer Nähe des Haupteinganges wurde in einem Fachwerkstil, Schweizerhaus-Stil genannt, errichtet. In ihm befand sich sowohl das Wohnhaus für den Friedhofswärter und seine Familie als auch die Friedhofsverwaltung.

Geländegestaltung und Bepflanzung

Der Nordfriedhof verfügt über einen umfangreichen Baumbestand, insbesonder Lebensbäume und Scheinzypressen sind häufig vertreten. Die Erstbepflanzung umfasste 1130 Stück Zierholz, 100 hochgewachsene Ziertannen und 50 Koniferen, heute sind auch die ursprünglich vor der Rodung vorhandenen Eichen und Buchen wieder nachgepflanzt.

Der Lebensbaum ist darüber hinaus Ausdruck eines selbstbewussten Bürgertums, das seine Leistungen nicht nur durch aufwändige Grabgestaltung, sondern auch durch hochwachsende und seltene Bäume ausdrücken wollte.

Bei der Anlage der Wege versuchte man, die natürliche Linienführung der Landschaft mit einzubeziehen und kam hierdurch den Anforderungen des englischen Landschaftsgartens nahe.

Geometrische Formen wurden durch die Krumme Linie entschärft, womit auch eine Grundstruktur einer sozialen Trennung von Grablagen erleichtert wurde, die den differenzierten Ansprüchen einer hierarchischen Klassengesellschaft entsprach.

Gelehrte, Künstler, Beamte, die Vertreter angesehener Berufszweige wie Ärzte, Kaufleute, Fabrikanten, Bankiers und andere Vertreter eines neureichen Großbürgertums forderten Plätze auf dem Friedhof, die ihrem Rang und Ansehen entsprachen.

 
Kolumbarium auf dem Nordfriedhof Wiesbaden

Kolumbarium

Auf dem Friedhofsgelände steht ein Kolumbarium, das ist ein Gebäude zur Aufnahme von Urnen. Das Kolumbarium bietet 512 Nischen für Urnen. Es wurde 1902 eröffnet und ist im neoromanischen Stil ausgeführt, einige Details, wie die Schriftgestaltung, lassen jedoch den anbrechenden Jugendstil bereits erahnen.

Da Wiesbaden zu diesem Zeitpunkt noch über kein Krematorium verfügte, mussten die Leichen in umliegenden Städten eingeäschert werden, was die Kosten einer Beerdigung nicht unwesentlich in die Höhe trieb. Erst 1912 wurde ein Krematorium auf dem Gelände des Südfriedhofs eröffnet.

Das Kolumbarium wurde vom Stadtbaumeister Felix Genzmer entworfen, die Ausführung kostete 35.000 Mark.

Dort werden auch gegenwärtig noch Urnen deponiert.

Über dem Eingang steht die Inschrift DIE LIEBE HOERET NIMMER AUF (Satz aus dem 1. Brief des Paulus an die Korinther, im 13. Kapitel).

Patenschaften

Es gibt mittlerweile fast hundert Patenschaften für alte Grabsteine. Verbunden mit der Übernahme von Kosten zur Erhaltung der Grabmäler ist das Recht des Paten, selbst einen Platz in dem Grab zu finden.

 
Kolumbarium Innenansicht

Gräber

 
Darstellung des Todes - Grabmal auf dem Nordfriedhof Wiesbaden

Zwei jüdische Friedhöfe

 
Alt-Israelitischer Friedhof von 1877

Im Norden des Geländes des Nordfriedhofs an der Platter Straße liegt der einzige jüdische Friedhof Wiesbadens, auf dem noch heute Beerdigungen stattfinden.

Die Anlage wurde ab 1870 geplant, als sich abzeichnete, dass der bisher genutzte Friedhof an der Schönen Aussicht nicht mehr ausreichen würde. 1889 kam es zu einer vertraglichen Einigung mit der Stadt Wiesbaden, welche der Israelitischen Kultusgemeinde den Boden kostenlos zur Verfügung stellte.

Der neue jüdische Friedhof wurde am 1891 vom zuständigen Bezirksrabbiner Dr. Silberstein eingeweiht.

Abgetrennt hiervon liegt im Osten des Nordfriedhofs ein weiterer jüdischer Friedhof, der der alt-israelitischen Gemeinde vorbehalten war, einer Abspaltung von Gläubigen der Israelitischen Kultusgemeinde Wiesbadens, welche die vorherrschende liberale und weltzugewandte Ausrichtung nicht mittragen wollten. Er wurde 1877 angelegt, eine letzte Beisetzung fand 1942 statt.[1]

Verkehrsanbindung

  • mit Stadtwerke-Bus der Linien 3 und 6, Haltestelle: Nordfriedhof

Einzelnachweise

  1. Jüdische Friedhöfe in Wiesbaden Alemannia Judaica
Commons: Nordfriedhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 50° 6′ 6″ N, 8° 13′ 8″ O