Senioren-Convente (SC) sind Zusammenschlüsse von Corps an einer Universität oder Hochschule. Im Sinne der Subsidiarität sind sie das konstitutive Element des Kösener Senioren-Convents-Verbandes. Dagegen vereinigt der Weinheimer Senioren-Convent die einzelnen Corps, die zum Teil in ortsübergreifenden SC organisiert sind.
Die baltischen Verbindungen in Dorpat und Riga haben Chargierten-Convente (abgekürzt Ch!-C!).


Geschichte
Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert entstanden an deutschen Universitäten landsmannschaftliche Studentenvereinigungen. Im „rechtsfreien“ Raum der Universität (und in der Öffentlichkeit) gaben sie Studenten Schutz und Halt. Geführt wurden sie von Senioren, die im Seniorenconvent die Lösung gemeinsamer Aufgaben absprachen. Erhalten sind die ersten SC-Comments von Frankfurt/Oder (1798), Halle/Saale (1799), Erlangen (1802), Heidelberg (1803), Marburg (1807), Leipzig (1808), Tübingen (1808) und Jena (1809).[1]
An der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg vereinbarten Rhenania und Franco-Badenia 1803 den ersten und im Juli 1806 den zweiten SC-Comment. An der Philipps-Universität Marburg gab es eine Rheinische, eine Hessische und eine Westphälische Landsmannschaft.[2] An der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hatten sich Suevia, Teutonia und Helvetia zusammengetan.[3] An der Universität Jena entwarf Guestphalia einen SC-Comment.[4] Aus eigener Anschauung kannte August Jäger die Senioren-Convente in Jena, Halle, Heidelberg, Erlangen, Würzburg, Marburg, Gießen, Tübingen, Freiburg, München und Straßburg. Die humorvollen Schilderungen sind (manchmal noch heute) treffend und oft sarkastisch.
Die SC-Comments regelten Streitigkeiten und Duelle, die zu Anfang des 19. Jahrhunderts oft „zwanglos“ ausgetragen wurden. Der SC-Comment sollte solche regellosen Auseinandersetzungen unterbinden. Die Urburschenschaft zog auch Corpsstudenten an und stimulierte die Bildung von Kränzchen, aus denen in den 1820er Jahren viele Corps hervorgingen. In den Studentenschaften wuchs den Seniorenconventen die Führungsrolle zu, die sie noch in der Weimarer Republik behaupteten. Der Freistaat Preußen mit dem Kultusminister Carl Heinrich Becker machte sie ihnen streitig, der Nationalsozialismus zerstörte sie.
Senioren-Convente
Gemischte SC mit Kösener und Weinheimer Corps gibt es in München (und in Göttingen). Die österreichischen Corps kennen die Unterscheidung von akademischen und technischen Corps nicht.
Aachen
Aschaffenburg
Berlin
Berliner SC (KSCV)
Nach Eröffnung der Alma Mater Berolinensis 1810 bildeten fünf Landsmannschaften (Corps) den ersten Berliner SC:
- die von den Frankfurter Märkern fortgeführte Marchia für die vorwiegend aus der Mark Brandenburg stammenden Studenten;[5]
- eine Guestphalia für die anderen deutschen Studenten;[6]
- seit 1811 eine Vandalia für die mecklenburgischen,[7]
- eine Pomerania für die pommerschen[7] und
- eine Silesia für die schlesischen Studenten[7]
Als zweiter Rektor der Universität hatte Johann Gottlieb Fichte schon in seiner Antrittsrede scharf gegen Studentenorden und Landsmannschaften, insbesondere ihre „Duelle“, Stellung bezogen, konnte aber seine korporationsfeindliche Linie nicht durchsetzen und trat resignierend zurück [8] Die Befreiungskriege (in denen viele Aktive mitkämpften[9]), die Auseinandersetzungen mit der Urburschenschaft und die Karlsbader Beschlüsse führten oft zu Suspensionen, Rekonstitutionen und Neugründungen einzelner Corps. Unterschiedlich zusammengesetzt bestand erst um 1840 wieder ein starker SC, dem im Kaiserreich und in der Weimarer Republik folgende Corps in der vom SC bestimmten Reihenfolge angehörten (Stiftungsjahr in Klammern): Marchia (1810), Guestphalia (1845), Vandalia (1851), Normannia (1842), Teutonia (1866), Borussia (1873) und Neoborussia (1838). Nach der politisch erzwungenen Suspension der aktiven Corps 1935/36 versuchten ihre Altherrenschaften letztlich erfolglos, die gemeinsame SC-Tradition in einer Kameradschaft des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes fortzuführen. Das 1937 getarnt in Berlin rekonstituierte Pépinière-Corps Suevo-Borussia focht von 1941 bis 1943 22 Mensuren gegen die „Kriegsmärker“.[10]
In der Nachkriegszeit konnten sich im geteilten Berlin wieder Studenten in Verbindungen vereinigen: an der im britischen Sektor 1946 eröffneten Technischen Universität und an der im amerikanischen Sektor 1948 gegründeten Freien Universität. Den ersten SC bildeten Marchia (rekonstituiert 1951) und Borussia (rek. 1952). Hinzu kamen Vandalia-Teutonia (1953 gegründet von den beiden Muttercorps), Normannia (1953 aus Hamburg zurückgekehrt) und Guestphalia (1955 aus Mainz zurückgekehrt). Neoborussia rekonstituierte 1952 in Darmstadt und verlegte 1967 nach Bochum. Als sechstes Corps verstärkte die 1958 aus Erlangen nach Berlin übergesiedelte Lusatia Leipzig den SC bis 1992. Der Berliner SC trat geschlossen dem 1950 gegründeten Corporationsring Berlin bei, beteiligte sich aktiv an dessen Hochschulpolitik vor allem während der 68er-Bewegung und übernahm mehrmals den Vorsitz [11] Dem Berliner Consenioren-Convent schlossen sich an: Lusatia Leipzig von 1992 bis 2002, Masovia seit 2001 und Silesia Breslau zu Frankfurt (Oder) seit 2007 als Nachfolger von Borusso-Silesia. Der Berliner SC führte 1863, 1882, 1901, 1925, 1962, 1987 und 2013 den Vorort im Kösener SC-Verband.
Militärärztlicher Chargierten-Convent
SC zu Berlin (WSC)
- Corps Berlin (Fusionscorps von 2009)
- Corps Berolina (susp.)
- Corps Marchia Greifswald
Bonn
- Corps Rhenania Bonn
- Corps Borussia Bonn
- Corps Teutonia Bonn
- Corps Saxonia Bonn
- Corps Guestphalia Bonn
- Corps Hansea Bonn
Breslau
SC zu Breslau (KSCV)
- Corps Borussia Breslau zu Köln und Aachen (1819)
- Corps Silesia Breslau zu Frankfurt (Oder) (1821)
- Corps Lusatia Breslau (1832)
- Corps Marchia Breslau (1849–1860)
- Corps Marcomannia-Breslau zu Köln (1868)
Breslauer SC (WSC)
Der SC zu Breslau im WSC, auch SC der Technischen Hochschule Breslau genannt, war der Zusammenschluss der Weinheimer Corps an der TH Breslau.[12]
Nachdem die Technische Hochschule Breslau am 1. Oktober 1910 eröffnet worden war, übersiedelte das Corps Neo Franconia am 22. April 1913 von der Universität Breslau an die Technische Hochschule, und war damit das erste Corps an der TH. Neo Franconia war am 6. Dezember 1902 als freischlagende Verbindung Franconia an der Technischen Hochschule Stuttgart gegründet worden, am 15. Oktober 1909 nach Verschmelzung mit der freischlagenden Verbindung Franconia Hannover als freischlagende Verbindung Neo Franconia an die Universität Breslau übergesiedelt., hatte sich am 10. Mai 1910 zur Landsmannschaft erklärt und am 12. April 1913 zum Corps gewandelt. Am Tag der Übersiedlung zur TH trat Neo Franconia dem Rudolstädter Senioren-Convent (RSC) bei und bildete mit Silingia, die sich am 10. Juni 1911 zum Corps gewandelt hatte und dem RSC beigetreten war, und Frisia, die den gleichen Schritt wie Silingia am 11. Juli 1912 getan hatte, einen Senioren-Convent. Dieser Senioren-Convent war jedoch nicht einer einzelnen Hochschule oder Universität zuzuordnen.
Nachdem Frisia und Neo Franconia am 28. Februar 1920 aus dem RSC ausgetreten waren und Frisia zum Sommersemester 1920 von der Universität and die Technische Hochschule übergesiedelt war, gründeten beide Corps am 11. April 1920 den SC der Technischen Hochschule Breslau, der am 7. Mai 1920 dem Weinheimer Senioren-Convent beitrat. Am 1. Juli 1926 erfuhr der SC durch Aufnahme von Montania seine größte Ausdehnung auf drei Corps.
Silingia war durch den Austritt von Frisia und Neo Franconia als einziges verbliebenes Corps des RSC in eine isolierte Position geraten. Der RSC versuchte dem am 7. Juni 1921 durch Rekonstitution der freischlagenden Verbindung Lugia Breslau als Corps entgegenzuwirken.[13] Lugia konnte sich aber nicht halten und ging am 1. August 1930 in Silingia auf. Silingia trat am 4. November 1933 aus dem RSC aus und verschmolz am gleichen Tag mit Montania zu Montania-Silingia.
Nachdem sich Montania-Silingia am 17. Juni 1934 in Silingia umbenannt hatte, bestand der SC der Technischen Hochschule Breslau bei seiner Auflösung im Herbst 1935 aus den drei Corps Neo Franconia, Frisia und Silingia. Neo Franconia ging nach dem Zweiten Weltkrieg am 5. Dezember 1953 im Corps Hannovera Hannover auf. Frisia rekonstituierte am 28. April 1951 an der Technischen Hochschule Braunschweig. Silingia rekonstituierte zunächst am 30. April 1952 in Marburg unter Verschmelzung mit dem dortigen Corps Normannia. Nachdem die Verschmelzung am 16. November rückwirkend aufgehoben worden war, verschmolz Silingia am 31. Dezember 1953 mit Baltia Berlin und rekonstituierte am 25. Juli 1954 an der Universität Köln.
Brünn
Der erste SC zu Brünn wurde am 1. November 1877 durch die Corps Marchia und Austria gegründet. Er bestand bis zur Suspension Austrias am 18. Mai 1880. Am 19. Januar 1903 gründeten die Corps Marchia und Frankonia den zweiten SC zu Brünn. Dieser wurde nach Kriegsunterbrechung durch die beiden Corps am 26. Juni 1919 wiederbegründet und am 5. Juli 1919 durch die rekonstituierte Austria auf drei Corps erweitert.
Am 20. September 1919 wurde der SC zu Brünn SC mit seinen drei Mitgliedscorps in den KSCV aufgenommen. Mit der Suspension der Austria am 20. Dezember 1924 hatte der SC wieder zwei Mitgliedscorps. Am 27. Oktober 1933 trat der SC zu Brünn wegen der Gleichschaltung und der Einführung des Führerprinzips im Deutschen Reich aus dem KSCV aus und gründete mit dem SC zu Prag den Prager Senioren-Convents-Verband.
Sowohl bei Marchia als auch bei Frankonia wurden Kösener Corpsstudenten aus dem Deutschen Reich als Mehrbändermänner aktiv.[14] Mit Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren suspendierten Marchia und Frankonia am 16. März 1939. Der SC zu Brünn hörte damit auf zu bestehen.
Clausthal
Der Clausthaler SC ist an der Technischen Universität Clausthal der Zusammenschluss der drei Weinheimer Corps Hercynia (gegründet 1866), Montania (gegründet 1868) und Borussia (gegründet 1875).[15][16] Als Vorläufer des Clausthaler SC war am 23. September 1867 ein „Seniorenconvent“ gegründet worden, um ein Gremium zur Schlichtung von Streitigkeiten zwischen den Studierenden zu schaffen. Diesem Seniorenconvent gehörten die drei Chargierten des Corps Hercynia sowie die Vorsitzenden des 1867 gegründeten „Vereins zum lustigen Arschleder“ an, aus dem am 11. Juli 1868 das heutige Corps Montania hervorging. Dieser Tag gilt auch als Gründungstag des Clausthaler SC. Als drittes Corps an der Bergakademie Clausthal wurde am 25. Oktober 1875 das Corps Borussia als zunächst freie Verbindung gegründet. Borussia wurde am 11. Februar 1892 als stimmberechtigtes Corps in den Clausthaler SC aufgenommen, schied aber bald wieder aus, als das Corps 1903 nach Aachen und von dort 1907 nach München wechselte. Erst im Oktober 1920 kehrte Borussia wieder nach Clausthal zurück. 1874 wurde der Clausthaler SC in den WSC aufgenommen. Nachdem der WSC sich 1883 aufgelöst hatte und im folgenden Jahr wieder erneuert wurde, dauerte es bis 1905, bis auch der Clausthaler SC wieder aufgenommen wurde. Während des Ersten Weltkrieges ruhte der Vorlesungsbetrieb der Bergakademie und damit auch der Corpsbetrieb, zum 1. Januar 1919 wurde dieser wieder aufgenommen.
Nachdem der WSC und nachfolgend auch die drei Corps Ende 1935 aufgelöst worden waren, wurden die Studenten in Kameradschaften des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes zusammengefasst. Hieraus ging 1937 die „Kameradschaft III“ hervor, die aus den Mitgliedern der drei ehemaligen Corps bestand. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren in Clausthal zunächst nur Freundschaftsbünde erlaubt, als ein solcher wurde in Juli 1946 der „Bergakademische Verein“ als Nachfolger der Kameradschaft III gegründet. Aus diesem restituierte 1951 als erstes das Corps Montania, im Sommer 1952 wurden auch die beiden Corps Hercynia und Borussia wieder aufgemacht. Mit diesen drei Corps besteht der Clausthaler SC auch heute.
Danzig
Der SC zu Danzig war der Zusammenschluss der Weinheimer Corps an der Technischen Hochschule Danzig zwischen ihrer Gründung im Jahre 1904 und der durch die Nationalsozialisten erzwungene Suspension im November 1935.
Nachdem am 18. Oktober das Corps Saxonia Danzig durch drei Angehörige des Corps Saxonia Hannover gestiftet worden war und vier Karlsruher Friesen am 2. Mai 1905 die alte Karlsruher Landsmannschaft Baltica als Corps Baltica Danzig rekonstituiert hatten, traten Saxonia und Baltica am 4. Mai 1905 zum SC zu Danzig zusammen. Am 30. Oktober 1906 wurde Borussia in den SC aufgenommen. Am 16. Juni 1910 fiel Borussia in Verruf und musste am 25. Juni 1910 suspendieren, nachdem es nach dem Kaiserkommers 1910 im Deutschen Haus zu Beleidigungen der Borussia durch einen Angehörigen der Turnerschaft Cimbria gekommen war und Borussia anfangs nicht commentgemäß gefordert hatte. Borussia konnte erst nach dem Ersten Weltkrieg rekonstituieren. Den zweiten Rückschlag erlebte der SC, als Saxonia am 2. April 1912 von der Hochschule für ein Jahr suspendiert wurde. Zu der Suspension war es gekommen, nachdem ein aktiver Sachse einem anderen Studenten, der ihn in einem Schreiben beleidigt hatte, eine schwere Säbelforderung zugestellt hatte und ihn vor dem Zusammentritt des Ehrengerichts tätlich angegangen hatte. Der Vorfall fand in den folgenden Wochen ein breites Echo in der Danziger Presse. Saxonia konnte sich von diesem Ereignis nicht wieder erholen, blieb suspendiert und verschmolz am 27. Februar 1922 mit seinem Muttercorps Saxonia Hannover. Durch die Suspension Saxonias hörte der SC auf zu bestehen, und Baltica war bis zur kriegsbedingten Suspension zu Beginn Wintersemester 1914/15 einziges Corps in Danzig.
Baltica rekonstituierte als erster Corps nach dem Ersten Weltkrieg am 31. Mai 1919. Nach der Rekonstitution Borussias am 16. Januar 1922 konnten beide Corps wieder zu einem SC zusammentreten. Am 17. Juli 1925 wurde von drei WSC-Angehörigen das Corps Cheruscia gestiftet, das die ehemaligen Angehörigen der Verbindung Rothenburg aufnahm. Der SC bestand nunmehr wieder bis zu seiner Auflösung im November 1935 aus drei Corps, als Cheruskia Ende Oktober/Anfang November 1935, Borussia am 27. Oktober 1935 und Baltica am 2. November 1935 suspendierten. Baltica und Borussia verschmolzen am 23. Mai 1952 zum Corps Baltica-Borussia, das am 12. September 1952 in Hannover rekonstituierte. Cheruskia ging 1938 durch Verschmelzungen der Altherrenschaften im Corps Cheruskia Karlsruhe auf.[17]
Darmstadt
Die Technische Universität Darmstadt kennt nur Weinheimer Corps.
- Corps Hassia Darmstadt
- Corps Franconia Darmstadt
- Corps Obotritia Darmstadt
- Corps Rhenania Darmstadt
- Corps Chattia Darmstadt
Dresden
- Corps Altsachsen Dresden im WSC
- Corps Silvania Dresden im KSCV
Düsseldorf
Seit dem 12. Mai 1962 bestand mit der Rekonstitution des Corps Marchia Brünn an der Medizinischen Akademie ein Kösener Corps, jedoch zunächst als Mitgliedscorps des SC zu Köln. Nach Ausbau der Medizinischen Akademie zur Vollfakultät und Gründung der Universität Düsseldorf am 1. Januar 1966 wurde Düsseldorf durch oKC-Beschluss am 2. Juni 1966 eigenständiger SC mit Marchia als Einzelcorps. Mit der Suspension Marchias in Düsseldorf am 15. Juli 1991 hörte der SC zu Düsseldorf auf zu bestehen.
Erlangen
- Corps Onoldia Erlangen (1798)
- Corps Baruthia Erlangen (1803)
- Corps Bavaria Erlangen (1821)
- Corps Rhenania Erlangen (1873) → Corps Rhenania-Brunsviga
- Corps Guestphalia Erlangen
Frankfurt am Main
- Corps Austria Frankfurt am Main
- Corps Palaio-Alsatia
Frankfurt (Oder)
Der Abschnitt ist Egbert Weiß zu verdanken.
1798
Die 1506 gegründete Alma Mater Viadrina war nach dem Muster der Karls-Universität Prag und der Universität Leipzig in vier „Nationen“ als Selbstverwaltungskörperschaften gegliedert; in Frankfurt waren es die der Märker, Franken, Schlesier und Preußen. Neben dieser amtlichen Einteilung entwickelten sich private landsmannschaftliche Vereinigungen, die das gesellige Leben der Studenten prägten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gewannen die in Anlehnung an die Freimaurerei gegründeten Studentenorden schließlich eine beherrschende Stellung. Auswüchse ihres Comments erregten den Unmut einzelner Ordensbrüder und anderer Studenten. Unter Führung eines aus der Mark Brandenburg stammenden Studenten gründeten sie 1786 als Gegenbewegung zu den Orden das Märkische Kränzchen, auch Märkische Gesellschaft genannt. Etwa ein Jahr später teilten sie es in vier Landsmannschaften oder Kränzchen.[18] Nach den hauptsächlichen Herkunftsprovinzen ihrer Mitglieder nannten sie sich Märker, Schlesier, Preußen (Ost- und Westpreußen) und Pommern. Sie wurden jeweils von „Senioren“ geleitet und vertreten. In den „Allgemeinen Kartellgesetzen der 4 respektiven Kränzchen auf der Universität zu Frankfurt a.O.“ vom 16. Februar 1798 – dem ersten bekannten SC-Comment – regelten sie ihr Verhältnis untereinander. Als gemeinsamen Zweck legten sie „die Ausrottung schädlicher Ordensverbindungen und die Aufrechterhaltung eines vernünftigen Studentenkomments“ fest. Insbesondere lenkten sie das „Duellwesen“ in geordnete Bahnen.[19] Als ihr schärfster Gegner erwies sich Friedrich Ludwig Jahn, der 1801 als Frankfurter Student dem Unitistenorden angehörte. Von 1800 bis 1807 bestand der SC aus drei Landsmannschaften, weil sich die Pommern vorübergehend den Märkern anschlossen.[20] Als die Viadrina nach Breslau verlegt wurde, löste sich 1810/11 der Frankfurter SC auf. Preußen, Schlesier und ein Teil der Märker pflegten ihre Tradition in Breslau weiter, der überwiegende Teil der Märker übersiedelte an die neue Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin und setzte hier ihre Frankfurter Tradition fort.
1998
Im Juli 1991 wurde in Frankfurt die neue Europa-Universität Viadrina gegründet, die auch einen hohen Anteil polnischer Studenten aufnehmen sollte. Diesem Ziel wollte das als erste örtliche Studentenverbindung am 22. Juni 1995 konstituierte Corps Borussia-Polonia Rechnung tragen. Nach seiner Renoncierung im Kösener SC-Verband, für die drei Mensuren im Berliner SC nötig waren, wurde es am 9. Juli 1997 in den Verband rezipiert. Der oKC 1998 verlieh ihm die SC-Rechte; der Vorortsprecher stellte am 5. Juli 1998 offiziell die Rekonstitution des SC zu Frankfurt an der Oder fest. Am 28. Mai 2000 rekonstituierte das vormals in Köln und Aachen ansässige Corps Silesia in Frankfurt unter dem Namen Borusso-Silesia. Es recipierte die Corpsburschen und Inaktiven der gleichzeitig suspendierten Borussia-Polonia.[21] Es genießt ebenfalls die SC-Rechte, führt seit dem 7. Dezember 2007 wieder den alten Namen Silesia und ist dem Consenioren-Convent des Berliner SC angeschlossen.
Freiberg
- Franconia
- Montania
- Teutonia
Freiburg im Breisgau
Göttingen
Der erste überlieferte Göttinger SC-Comment wurde im Frühjahr 1809 mit dem Titel „Allgemeiner Komment der Göttinger Burschenschaft“ von vier Corpslandsmannschaften unterzeichnet.[22] Bei den Unterzeichnern handelte es sich um das Corps Guestphalia, die mit der Rhenania vereinigte Hannovera, die (baltische) Ruthenia und die mit der Pommerania vereinigte Vandalia. Der Comment limitierte die Anzahl der Corpslandsmannschaften an der Göttinger Universität auf maximal fünf. Fünfte Corpslandsmannschaft wurde später im Sommer 1809 die Ostfrisia.[23] Am 15. März 1809 wurde erstmals SC-Meldungen zur Personalstärke erstellt, die den Mitgliederstand der einzelnen Corps wiedergeben, soweit sie sich erhalten haben. Dieser Göttinger SC schuf 1809 auch einen „Paukcomment“. Durch die Gendarmen-Affäre, ausgelöst durch einen Ausritt der Hannoveraner am 17. August 1809, und die damit einhergehenden Untersuchungen des Prorektors Gustav von Hugo und des Generaldirektors des öffentlichen Unterrichts bei Regierung des Königreichs Westphalen in Kassel Leist, kamen die Aktivitäten der Corps in Göttingen zunächst weitgehend zum Erliegen und wurden erst unter dem Prorektor Tychsen im Wintersemester 1810/11 wieder aufgenommen.[24] Im November 1811 kam es zu neuerlichen Ermittlungen der akademischen Behörden gegen die Corps, nachdem ein Pfeifenkopf mit den Namen von 33 Mitgliedern der Vandalia beschlagnahmt werden konnte. Aufgrund dieser Untersuchungen tarnten sich die im Göttinger SC zusammengeschlossenen Corps immer wieder gegenüber der Universität als harmlose Clubbs von Studenten gleicher landsmannschaftlicher Herkunft. Am 2. April 1813 wurde der SC-Comment von den inzwischen sieben Göttinger Corpslandsmannschaften neu gefasst. Eine gute Darstellung der Verhältnisse des Göttinger SC um 1825/26 ist in der 1829 in New York erschienen Reisebeschreibung Norddeutschlands des Amerikaners Henry Edwin Dwight enthalten. Das Corps Agronomia Hallensis zu Göttingen hat im SC Sitz ohne Stimme.
Gießen
Graz
- Corps Joannea Graz
- Corps Vandalia Graz
- Corps Teutonia Graz
Greifswald
Halle (Saale)
- Corps Marchia Halle
- Corps Saxonia Halle
- Corps Guestphalia Halle
- Corps Neoborussia Halle
- Corps Palaiomarchia Halle
- Corps Borussia Halle
Hamburg
Der SC zu Hamburg entstand im Oktober 1919, als die suspendierten KWA-Corps Suevo-Borussia, Franconia und Saxonia an der neuen Universität Hamburg rekonstituierten und in den KSCV aufgenommen wurden. Am 12. März 1950 gründeten Königsberger Balten, Hanseaten und Littauer das Corps Albertina. Die schwarze Thuringia Jena war schon am 6. Juni 1948 in die Hansestadt gekommen; als erste Korporation Deutschlands verlegte sie 1990 zurück in die DDR. Vorübergehend traten vom 23. Oktober 1951 bis zum 31. März 1953 die ebenfalls schwarze Normannia Berlin und vom 9. Mai 1952 bis zum 27. Juli 1956 die blaue Lusatia Breslau zum SC zu Hamburg. Concordia Rigensis, das 1869 in Riga gegründete und 1939 vertagte Baltencorps, reaktivierte sich am 13. Oktober 1956 in Hamburg. Sie bildet heute mit Albertina den SC zu Hamburg.
Hannover
An der Technischen Hochschule Hannover, der heutigen Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, sind von jeher nur Weinheimer Corps akkreditiert.
Hannoversch Münden
Heidelberg
Innsbruck
Jena
Kiel
Seit 1865 im KSCV.
- Corps Holsatia Kiel (1813)
- Corps Saxonia Kiel (1838)
- Corps Palaiomarchia-Masovia (1950)
1882 renoncierten die Rostocker Corps Borussia und Saxonia II bei Holsatia; Saxonia Kiel war suspendiert. Am 8. Februar 2000 nahm der SC die 1997 rekonstituierte Masovia als viertes Corps auf. Damit bewahrte er Masovia vor dem Untergang.
Köln
Königsberg
Aus Albertinas Burschenbrauch (1824) entwickelte sich bis 1848 der SC-Comment. Am 30. Juni 1851 bildeten die drei Corpslandsmannschaften einen SC. Nachdem die Silber-Litthauer dem KSCV 1864 beigetreten waren, folgte 1865 der SC mit Masovia und Baltia. Ihm schlossen sich Normannia (1873), Hansea (1876) und die Landsmannschaft Littuania (1894) an. Von 1876 bis 1880 war Masovia als ältestes Corps nicht im SC. 1882 war Normannia als jüngstes Corps für ein halbes Jahr allein im SC. Ein bislang ungesungenes SC-Lied ist die Erinnerung an Königsberg.
Landshut
In der Zeit von 1806 bis 1814 bestanden an der Universität Landshut die „Landsmannschaften“ der Bayern, Schwaben, Franken, Pfälzer und Tiroler.[25][26]
Leipzig
Leoben
- Corps Erz Leoben
- Corps Montania Leoben
- Corps Schacht Leoben
Mainz
Mainz war über 40 Jahre der „schwärzeste SC“ des KSCV.
- Corps Hassia-Gießen zu Mainz
- Corps Borussia Greifswald (1949–1996)
- Corps Borussia Halle (1955–1991)
Marburg
München
Der erste SC-Comment der heutigen Münchener Corps entstand noch in Landshut (s. o.). Ludwig I. (Bayern) genehmigte 1832 die Münchener Corps; Isaria wurde aufgelöst. Der Münchener Senioren-Convent ist der einzige „gemischte“ SC. Als größter SC vereinigt er 11 Kösener, 7 Weinheimer, ein verbandsfreies und 5 angegliederte auswärtige Corps.[27] Das SC-Lied ist „Nein, ihr könnt uns nicht begreifen“ von Thomas Hübbe (Turnerschaft Cimbria Greifswald).
Münster
- Corps Rheno-Guestphalia (1908)
- Corps Guestphalia Halle (1958–2006)
Prag
Rostock
Straßburg
Tharandt
- Corps Silvania Dresden (1859)
- Corps Hubertia Tharandt (1883)
Trier
Mit der Rekonstitution des Corps Marchia Brünn am 5. September 1992 bestand an der Universität Trier erstmals ein Kösener Corps. Zum oKC 1993 anlässlich der Pfingsttagung in Würzburg wurde Trier eigenständiger SC mit Marchia als Einzelcorps. Im Geschäftsjahr 2008/2009 hatte der SC zu Trier die Vorortgeschäfte im KSCV inne.
Tübingen
Wien
Würzburg
Zürich
Kösener Einzel-SC
- Augsburg: Rhaetia
- Bochum: Neoborussia-Berlin
- Konstanz: Saxonia
- Linz: Alemannia
- Mainz: Hassia
- Frankfurt am Main: Austria
- Frankfurt (Oder): Silesia
- Münster (Westfalen): Rheno-Guestphalia
- Passau: Budissa-Leipzig
- Potsdam: Masovia
- Regensburg: Franconia Jena
- Saarbrücken: Frankonia-Prag
- Salzburg: Frankonia-Brünn
- Trier: Marchia Brünn
- Zürich: Tigurinia II
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Alte SC-Comments
- ↑ Einst und Jetzt, Sonderheft 1967, S. 63
- ↑ Einst und Jetzt, Sonderheft 1967, S. 85
- ↑ Einst und Jetzt, Sonderheft 1967, S. 105
- ↑ Albert Marth: Geschichte des Korps Marchia zu Berlin. Berlin 1919, S. 57 ff.
- ↑ Erich Bauer: Neues zur Geschichte altsuspendierter Corps. Einst und Jetzt, Bd. 9 (1964), S. 104 ff.
- ↑ a b c Kurt Meyer: Die farbentragenden Korporationen an der Berliner Universität von 1810 bis 1870. Einst und Jetzt, Bd. 6 (1961), S. 130 ff.
- ↑ Wilhelm Weischedel: Idee und Wirklichkeit einer Universität. Gedenkschrift der FU Berlin 1961, S. 231 ff.
- ↑ Harald Seewann: Der deutsche Student in den Jahren der Volkserhebung 1813-1815. Graz 1984
- ↑ Paulgerhard Gladen: Das freie Corps Marchia – eine waffenstudentische Verbindung an der Militärärztlichen Akademie Berlin 1941-43. Einst und Jetzt, Bd. 50 (2005), S. 369 ff.
- ↑ Egbert Weiß: Aus der Geschichte des Corporationsrings Berlin, 4 Teile. Einst und Jetzt, Bd. 31 (1986), S. 81 ff.; Bd. 32 (1987), S. 59 ff., 283; Bd. 33 (1988), S.153 ff.; Bd. 35 (1990), S.219 ff.
- ↑ Literatur zum SC zu Breslau: Hans Schüler: Weinheimer S.C.-Chronik, S. 659-667, Darmstadt 1927; Die Corps des WSC und die örtlichen SC. Nach Aufzeichnungen der Historischen Kommission, Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten e.V., 1980; Paulgerhard Gladen: Geschichte der studentischen Korporationsverbände, Band 1, S. 56-72, Würzburg 1981
- ↑ Lugia wurde am 22. Oktober 1892 als freischlagende Verbindung an der Universität Breslau gegründet und hatte am 2. Juni 1909 suspendiert
- ↑ Kösener Corpslisten 1996, S. 289
- ↑ Technische Universität Clausthal (Hrsg.): Technische Universität Clausthal. Zur Zweihundertjahrfeier 1775–1975. Band I: Die Bergakademie und ihre Vorgeschichte. Piepersche Buchdruckerei und Verlagsanstalt, Clausthal-Zellerfeld 1975, S. 66–67 und 76–77.
- ↑ Hermann Meyer: 100 Jahre Corps Hercynia zu Clausthal 1866–1966. Druckerei Carl Blech, Mülheim (Ruhr), 1966.
- ↑ Literatur zum SC zu Danzig: Hans Schüler: Weinheimer S.C.-Chronik, S. 565-591, Darmstadt 1927; Die Corps des WSC und die örtlichen SC. Nach Aufzeichnungen der Historischen Kommission, Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten e.V., 1980; Paulgerhard Gladen: Geschichte der studentischen Korporationsverbände, Band 1, S. 49-59, Würzburg 1981
- ↑ Erich Röhlke: Über das Kränzianertum an der Viadrina [Frankfurt a. d. O. 1763/86–1811]. Einst und Jetzt. Bd. 17 (1972), S. 113–125
- ↑ Erich Bauer: 14 der ältesten SC-Komments vor 1820. Einst und Jetzt, Sonderheft 1967, S. 5-8
- ↑ Albert Marth: Geschichte des Korps Marchia zu Berlin. Berlin 1919, S. 21-56
- ↑ Jörg Loke: Zur Entstehung und kurzen Geschichte des Corps Borussia-Polonia an der Europa-Universität Frankfurt an der Oder (1997-2000). Einst und Jetzt, Bd. 48 (2003), S. 315-325
- ↑ Abgedruckt bei Götz von Selle im Göttinger Universitätstaschenbuch 1929
- ↑ Franz Stadtmüller: Geschichte des Corps Hannovera zu Göttingen, S. 30 ff.
- ↑ Franz Stadtmüller: Geschichte des Corps Hannovera zu Göttingen, S. 38 ff., S. 51 ff..
- ↑ Josef Schmidt: Die Landsmannschaften in Landshut 1806 bis 1814. Einst und Jetzt, Bd. 18 (1973), S. 67–97
- ↑ Landshut. SC-Comment von etwa 1809. Einst und Jetzt, Sonderheft 1967, S. 135–145
- ↑ Webseite des Münchner SC
Literatur
- Wilhelm Fabricius: Die Deutschen Corps. Frankfurt am Main 1926