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Prohibition

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Als Prohibition (von lat.: prohibere = verhindern) bezeichnet man das vollständige Alkoholverbot, zum Beispiel das Verbot des Alkoholverkaufs und -genusses in einigen arabischen Ländern. Als Prohibition wird auch die Zeit, in der in den USA und Finnland (1919-1932) der Handel und Konsum von Alkohol per Gesetz verboten war, bezeichnet.

Vorgeschichte der Prohibition in den USA

Bereits im Jahre 1893 formierte sich eine kleine Gruppe mit dem Zweck, eine alkoholfreie USA zu schaffen. Diese "Anti-Saloon-Liga" vereinigte die Frauengruppe "Vereinigung christlicher Frauen für Mäßigkeit" und weitere Gruppen, die für eine saubere, "trockene" USA kämpften. Sie verbreiteten sich bis 1916 über das ganze Land und erreichten schließlich eine Zwei-Drittel-Mehrheit im US-Kongress.

Einführung

Das Gesetz zur Einführung der Prohibition wurde schließlich am 18. Dezember 1917 vom Kongress verabschiedet, am 16. Januar 1919 unter Herbert C. Hoover ratifiziert und als 18. Zusatzartikel in die Verfassung der USA aufgenommen; dies war nötig, da laut Verfassung solche Handelsbestimmungen bis dahin den einzelnen Bundesstaaten vorbehalten waren und der Kongress somit auf dem Wege der normalen Gesetzgebung kein bundesweites Handelsverbot erlassen konnte. Das Gesetz trat am 16. Januar 1920 in Kraft. Präsident Franklin D. Roosevelt schafft diesen Zusatzartikel Ende 1933 wieder ab.

Durch die Prohibition sollte den mit der Herstellung und Vertrieb beschäftigten Unternehmen die Lizenz entzogen und damit automatisch dem Konsum Einhalt geboten werden. Zu den betroffenen Unternehmen gehörten Brauereien, Destillerien, Winzereien und der Groß- und Kleinhandel.

Eine der Ursachen war die Einführung der Bierbraukunst in der Neue Welt durch die deutschen Einwanderer. Zusammen mit der neuen Geschmacksrichtung, den damals neuen elektrischen Kühlmethoden und der schnellern Verteilung des Getränks über die Eisenbahn kam es zu einem wachsenden Absatz. Saloonbesitzer versuchten ihren Profit durch Glücksspiel und Prostitution zu vergrössern. Wodurch die „Anti-Saloon-Liga“ entstand, der zuerst meist Frauen angehörten (schließlich waren die meisten Besucher von Saloons Männer). Sie fand so schnell neue Anhänger, dass die ersten lokalen Prohibitionen ausgesprochen wurden. Diese Bewegung war ein Bestandteil des (wie man meinte) fortschrittlichen Denkens jener Zeit und der frühen Frauenbewegung. Nicht zufällig wurde fast zur gleichen Zeit auch ein Verfassungszusatz zum Frauenwahlrecht verabschiedet.

In einer Volksabstimmung, beschrieben in Jack Londons Buch König Alkohol, entschied sich die Nation schließlich für die Prohibition. Unterstützt von den großen protestantischen Kirchen, allen voran den weitverbreiteten Methodisten, stellten sich die Prohibitionsführer ein Land gänzlich ohne Alkohol vor. Im ersten Jahr sank der Alkoholabsatz auf 30 Prozent des ursprünglichen Verbrauches.

Allerdings entwickelte sich in den Folgejahren das illegale Geschäft sehr zügig. Die US-Amerikaner wollten sich nicht so stark in ihr Leben eingreifen lassen und griffen nach dem illegalen Alkohol. Als Straftat wurde der bloße Konsum damals nicht betrachtet, sondern nur der Verkauf. Damit gelang der Kriminalität ein beachtlicher Aufschwung. Der Druck der "illegalen" Branche und der nachwachsenden Generation von Kriegsheimkehrern aus dem Ersten Weltkrieg, die dem Gesetz Unverständnis entgegenbrachten, wuchs ständig und brachten die Prohibition schließlich ins Wanken. Kriminelle wie Johnny Torrio und Al Capone in Chicago beispielsweise bauten sich regelrecht eine eigene komplette Alkohol-Industrie auf, auch das "Moonshining" - Brauen und Destillieren in häufig von Einzelpersonen aus der Unterschicht unterhaltenen illegen Kleinstbetrieben - hatte Konjunktur.

Ziele und Scheitern der Prohibition

Ein Formular für ein ärztliches Rezept ("Medicinal Alcohol" form)

Zweck der Prohibition war es,

Erreicht wurde stattdessen der Anstieg des Alkoholkonsums durch:

  • illegale Kneipen (nur Mitglieder haben Zutritt),
  • Trinken der leichter illegal zu transportierenden harten Spirituosen anstelle von Bier oder Wein,
  • Steigerung des Verkaufs von medizinischem (95 %) Alkohol um 400 %,
  • gesteigerten Verkauf von unsauber destilliertem, giftigem Alkohol von 1 % auf 4 %,
  • Wegfall der staatlichen Einnahmen aus Alkoholsteuern, stattdessen Finanzierung der Mafia durch harmlose Bürger.

Mit dem Begriff Pipeline bezeichnete man in den USA der Prohibitionszeit ein von den Schmugglerbanden betriebenes Transportnetz. Dieses bestand unter anderem aus Tunnels und präparierten Lastwagen (für den Schmuggel aus Mexiko und Kanada) sowie einer ganzen Flotte von Schmuggelschiffen. Im kubanischen Varadero befindet sich eine Villa, die Al Capone als Schnapsdepot diente; heute befindet sich dort das Restaurant 'Casa de Al'. Von Kuba wurde der Alkohol auf Yachten nach Florida transportiert.

Auch das Ziel, die Kriminalität zu senken, wurde nicht erreicht. Allein von 1920 bis 1921 stieg die Kriminalität um 24 Prozent an. Auch über die ganzen 1920er Jahre nahm die Kriminalität stark zu:

  • 78 % mehr Morde in großen Städten
  • 13 % mehr schweren Verbrechen
  • 81 % mehr Fälle der Trunkenheit am Steuer (wobei hier allerdings der gleichzeitige Anstieg der Zahl der überhaupt vorhandenen Autos berücksichtigt werden muss)
  • 9 % mehr andere Delikte

Abschaffung der Prohibition

Die verheerenden Folgen der Prohibition im Hinblick auf den Anstieg der Kriminalität, insbesondere des organisierten Verbrechens, und auf die Volksgesundheit führten schließlich zur Aufhebung des 18. Zusatzartikels durch den 21. Zusatzartikel vom 20. Februar 1933. Wie die Einführung der Prohibition musste auch ihre Aufhebung durch die einzelnen Bundesstaaten umgesetzt werden. Am 5. Dezember 1933 endete die Prohibition landesweit, als mit Utah der 36. Bundesstaat den 21. Zusatzartikel der Verfassung ratifizierte, womit die nötige Quote von 3/4 der (damals 48) Staaten erreicht war. Dieser Zusatzartikel stellte es den Bundesstaaten jedoch frei, die Prohibition auf eigene Faust fortzuführen. 1948 bestand sie immer noch in drei Staaten, und erst 1966 schaffte mit Mississippi auch der letzte US-Bundesstaat sie wieder ab. Es gibt jedoch einzelne Städte und Landkreise in den Südstaaten, die bis heute "trocken" geblieben sind, und in vielen US-Bundesstaaten ist der Kauf von Alkohol weiterhin nur in staatseigenen Läden erlaubt, die teilweise nur in relativ geringer Anzahl existieren und für amerikanische Verhältnisse sehr beschränkte Öffnungszeiten haben. In einigen Staaten ist auch das Mitbringen von Alkohol aus anderen Bundesstaaten weiterhin ein Verbrechen.

Spätfolgen

  • Obwohl den Alkoholschmugglern durch das Ende der Prohibition ihr 'Kerngeschäft' genommen wurde, blieben die Strukturen des organisieren Verbrechens bestehen und suchten nach neuen Geschäftsfeldern. Diese bestanden vor allem im Handel mit weiterhin illegalen Betäubungsmitteln wie Opium, woraus sich der bis heute bestehende organisierte Drogenhandel entwickelte.
  • Der riesige staatliche Apparat, der zur Bekämpfung von Alkoholschmuggel errichtet worden war, und der nach dem Ende der Prohibition drohte nutzlos zu werden, wurde auf die Bekämpfung der bis dahin noch weitgehend legalen Cannabis-Produkte umgestellt.
  • Die Machtbalance in den USA war dauerhaft verändert, zugunsten der Washingtoner Bundesregierung, und zulasten der Einzelstaaten.
  • Von einigen tausend kleinen und mittleren Brauereien vor der Prohibition blieb in den USA nur noch eine Handvoll Multis übrig, auch das Fachwissen der Braumeister ging weitestgehend verloren.
  • Durch die großflächige Rodung von Weinbergen lag der Weinbau noch jahrzehntelang darnieder.
  • Cocktails, meist aus starken Spirituosen und nichtalkoholischen Getränken gemischt, blieben auch nach der Prohibition in den USA noch lange beliebter als Wein und Bier.

Siehe auch

Literatur