Selbstkostenverlag

Publikationsdienstleister für Selbstverleger
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Ein Bezahlverlag ist kein Verlag sondern ein Unternehmen, das meist in Verbindung mit einer eigenen Druckerei Dienstleistungen für den Selbstverlag u. a. von Büchern und E-Books anbietet. Die Bandbreite der Bezahlverlage reicht von Anbietern, die sich selbst u. a. als Book-on-Demand-Publikationsdienstleister eindeutig von Verlagen abgrenzen bis zu jenen, die in einer Grauzone agieren und trotz dieses Geschäftsmodells auch auf die Bezeichnung „Verlag“ abheben. Für letztere hat sich neben den Selbstbezeichnungen Dienstleisterverlag, Druckkostenzuschussverlag, Privatverlag und Verlagsdienstleister etc. die Bezeichnung Pseudoverlag etabliert.

Geschichte

Die Anfänge der Bezahlverlage sind zeitlich nicht exakt zu bestimmen. Ihre Vorläufer dürften aber insbesondere Kleinverlage wie z. B. der deutsch-österreichische J. G. Bläschke Verlag gewesen sein, der anfangs ganz traditionell auf eigene Kosten Werke von möglichst zugkräftigen Autoren verlegt hatte. Ab den 1970ern hatte dieser Verlag jedoch sein Geschäft um die Annahme von Werken unbekannter Autoren erweitert, die für das Verlegen ihrer Werke einen Druckkostenzuschuss zu leisten hatten. Dieser eingeforderte Druckkostenzuschuss, der per se nur einen Teil der Herstellungskosten abdeckt, wurde von einigen Zuschussverlagen (österr., schweizerisch: Selbstzahlerverlage) nach und nach immer höher angesetzt, bis sie nunmehr als Bezahlverlage den Kunden nicht nur die Herstellungskosten, sondern auch noch darüber hinausgehende Honorare abverlangten.

Am 28. Februar 1983 machte sich mit dem Slogan „Verlag sucht Autoren“ als einer der ersten in Deutschland der Frieling-Verlag als Bezahlverlag kenntlich.

Mit Einführung des im Gegensatz zur bisher üblichen Buchherstellung weit preisgünstiger zu kalkulierenden Book on Demand-Verfahrens hat der Markt für Bezahlverlage Ende der 1990er einen weiteren Aufschwung genommen. Die Bezahlverlage splitten sich seither in reine „Book-on-Demand-Publikationsdienstleister“ wie die Books on Demand GmbH und jenen, die wie der „Privatverlag“ Frieling oder die Frankfurter Verlagsgruppe als „Pseudoverlage“[1] auftreten.

Einen weiteren Schub versprechen sich gerade auch Bezahlverlage durch die sich im deutschen Sprachraum seit ca. 2005 immer mehr verbreitenden E-Book-Reader und die dafür noch kostengünstiger als die Book on Demand-Printmedien zu produzierenden E-Books.

Definition

Der Begriff „Bezahlverlag“ wird bislang von den Unternehmen als Selbstbezeichnung generell vermieden. Dies korreliert in gewisser auch mit dem Wunsch vieler Autoren, möglichst den Begriff „Selbstverlag“ für die Publikation ihrer Werke durch einen Bezahlverlag zu umgehen.

Die aktuell von einigen Anbietern genutzte Selbstbezeichnung „Dienstleisterverlag“ ist ein Oxymoron. Denn ein Dienstleister wird bezahlt – „Dienstleisterverlage“ sind von daher „Bezahlverlage“, während der Ursprung des Wortes „Verlag“ von „vorlegen“ kommt, wozu auch das Autorenhonorar zählt.[2] Die Bezeichnung „Bezahlverlag“ für diese Geschäftsform wird deshalb auch unter anderem vom Börsenblatt angewendet.[3] Sie korrespondiert zudem mit den Bezeichnungen dafür in anderen Sprachen wie das französische Édition à compte d'auteur und das italienische Editoria a pagamento.

Die englische Bezeichnung Vanity press leitet sich hingegen nicht von den Anbietern selbst sondern von ihrer größten Zielgruppe – den „Vanity publishern“ – ab, deren Eitelkeit meist weit höher als ihre schriftstellerische Begabung eingeschätzt wird und die den Ansprüchen eines regulären Buchverlages nicht genügen. Doch auch anerkannte Autoren nutzen Bezahlverlage, u.a. wenn ihre in regulären Verlagen veröffentlichten Publikationen „vergriffen“ sind. Zudem gibt es auch Bezahlverlage, die u. a. auch für andere Verlage die Herstellung von Büchern im Book-on-Demand-Verfahren übernehmen.

Zu Leistungen und Risikoverteilung

Nicht selten verfügen Bezahlverlage über eine eigene Druckerei, die Grundlage für ihr Geschäftsmodell ist.

Rein technisch übernehmen Bezahlverlage die gleichen Aufgaben wie ein regulärer Verlag (→ siehe hierzu z. B.: Publikumsverlag), nur dass sie eben nicht in einen Autor investieren (verlegen = vorlegen),[4] sondern dem Autor jedwede Leistung mit mehr oder weniger großer Gewinnspanne für sich in Rechnung stellen. Kunden eines Bezahlverlags sind somit per se in erster Linie die Autoren und nur im Sinne eines Nebengeschäfts auch die von den Autoren gesuchten Käufer und Leser ihrer Publikationen. Dies hat für Autoren zugleich den kontraproduktiven Effekt, dass Bezahlverlage ihre Gewinne über die „Masse“ einzelner Aufträge zu erzielen suchen, die einander in proportional dazu anwachsender Konkurrenz stehen. Auch dies im Gegensatz zu einem regulären Verlag, der seinerseits auf die Werke von ihm ausgewählter Autoren durch gezielte Werbung aufmerksam zu machen sucht. Ein Bezahlverlag trägt somit keinerlei Risiko, da die Herstellung der Bücher vorfinanziert wird und er sich auch nicht von sich aus um deren Absatz kümmern muss.[5] Im Umkehrschluss heißt das, dass die Auftraggeber nicht nur alles im Voraus zu bezahlen, sondern sich auch allein um den Absatz ihrer Werke zu kümmern haben – u. a. auch dadurch, indem sie dem Bezahlverlag für Marketing- und Vertriebsleistungen ein Extrahonorar zahlen.

Grob lassen sich Bezahlverlage in zwei bzw. drei Unternehmensformen unterteilen:

  • Digitaldienstleister mit Schwerpunkt auf die Herstellung
  • Pseudoverlage
  • Mischunternehmen, die zugleich als Digitaldienstleister, Pseudoverlag und zuweilen auch noch als Verlag auftreten

Das Preis-Leistungs-Verhältnis divergiert erheblich wie auch die Art und Weise der Erhebung von Honorarforderungen seitens der Bezahlverlage sehr vielfältig ist:

  • Regulär werden bereits auf der Webseite eines Bezahlverlags klare und eindeutige Angaben darüber gemacht, welche Leistungen zu welchem Preis zu haben sind. So sorgen zuweilen auch Preiskalkulatoren unter Bezugnahme auf bestimmte Angebote, Papier, Umschlag, Format und Seitenzahl für transparente Kostenvoranschläge.[6] Dies erlaubt insbesondere Auftraggebern mit entsprechenden Vorkenntnissen am PC zur Erstellung eines druckfähigen Manuskripts und der Covergrafik ein vergleichsweise günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis zu erzielen wie auch den Vergleich mit anderen Anbietern.
  • Insbesondere Pseudoverlage halten sich jedoch mit den Angaben zur Preisgestaltung eigentümlich zurück: Sie rücken sie erst zur Gänze heraus, nachdem man eine scheinbar alles abdeckende Pauschale gezahlt hat, der dann dennoch weitere Honorarforderungen folgen. Noch „geheimnisvoller“ sind Angebote von Bezahlverlagen, die scheinbar alle Leistungen kostenlos erbringen, allerdings dann für zuvor nicht aufgeführte notwendige Leistungen u. a. zu einer „Clubmitgliedschaft“ mit monatlich zu entrichtenden Mitgliedsbeiträgen „einladen“.

Von sich ordert aus der Buchhandel in der Regel keine Bücher aus den Programmen der Bezahlverlage. Autoren, die lediglich selbstfinanzierte Buchveröffentlichungen wie z. B. in Bezahlverlagen vorweisen können, werden nicht vom Verband deutscher Schriftsteller aufgenommen.[7]

Digitaldienstleister (Book on Demand, E-Book)

Zu den Bezahlverlagen zählen auch reine Digitaldienstleister, die sich schwerpunktmäßig als Hersteller von Buchpublikationen im digitalen Book-on-Demand- und E-Book-Verfahren positionieren, damit jedoch vor allem in Konkurrenz zu Druckereien mit anderen Herstellungsverfahren stehen. Sie bieten zwar meist gegen Extra-Honorar auch Beratung, Lektorat, ISBN-Nummern und über den „Online-Shop“-Vertrieb hinausgehendes Markting an, dies jedoch nicht unter dem Vorzeichen eines den Selbstverlag der Auftraggeber kaschierenden Verlagsnamens. Zudem zeichnen sie sich auch meist durch eine transparente Preisgestaltung aus. Als Bezahlverlag europäischer Marktführer in der digitalen Publikation für Autoren und Verlage gilt derzeit die Books on Demand GmbH.

Neben den zu Bezahlverlagen zählenden Book-on-Demand- und E-Book-Dienstleistern gibt es inzwischen auch einige, die für „Selfpublisher“ die Book-on-Demand- und/oder E-Book-Ausgaben kostenlos erstellen.[8] (Siehe hierzu auch den Abschnitt: Online-Plattformen für Self Publishing unter Selbstverlag)

Pseudoverlage

Zahlreiche Bezahlverlage nutzen für ihre Angebote auch Begriffsverbindungen wie „Druckkostenzuschussverlag“. Diese suggerieren fälschlicherweise eine Ähnlichkeit mit Zuschussverlagen, die ihrer Klientel und ihren Leistungen nach eine weit bessere Reputation genießen. Oder sie setzen auf Selbstbezeichnungen wie Privatverlag, Verlagsdienstleister und Dienstleisterverlag, um ihren Kundern zu suggerieren, sie würden sich wie ein Verlag um die Interessen jedes einzelnen Autoren kümmern. Dies wird zuweilen auch dadurch unterstrichen, wenn Bezahlverlage als „Mischunternehmen“ in einer Nebenschiene einen Bruchteil ihrer Veröffentlichungen tatsächlich unter dem Vorzeichen eines Verlags als selbst verantwortete Editionen herausgeben.

Im Buchhandel und unter Autoren ist für diese Art von Anbietern die von einem Gericht sanktionierte Bezeichnung „Pseudoverlag“[1] gebräuchlich geworden, um diese Veröffentlichungsform noch deutlicher von Zuschussverlagen und erst recht von Verlagen abzugrenzen.

Ein gern genutztes Werbeargument solcher „Pseudoverlage“ sind berühmte Autoren aus dem 18. und 19. Jahrhundert, welche die Kosten für den Druck ihrer Werke ganz oder teilweise selbst übernommen haben. Dabei wird jedoch die sich noch in der Entwicklung befindliche Buchverlagslandschaft außer Acht gelassen und dass es sich dabei nicht um Nutzer eines Bezahlverlages, sondern um Druckereien direkt beauftragende Selbstverleger handelte.[9]

Im Rahmen des internationalen Aktionsbündnisses für faire Verlage (Ak Fairlag) klärten über 60 Autorenverbände und Literatureinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam über die Geschäftspraktiken von Bezahlverlagen als „Pseudoverlage“ auf und machten mit der Fairlag-Erklärung „Und alles selbst bezahlt! Gefahren einer Veröffentlichung in sog. Druckkostenzuschussverlagen / Selbstzahlerverlagen und Pseudoverlagen“ auf die ihrer Ansicht nach nicht zu tolerierende einseitige Abwälzung des unternehmerischen Verlagsrisikos auf die Autoren aufmerksam.[10]

Vor Gericht als „Pseudoverlag“ bestätigt wurde u. a. die Frankfurter Verlagsgruppe Holding AG August von Goethe.[1]

Rechtliches

In der Regel wird ein Bezahlverlag zwar im Impressum genannt, doch die gesamten Urheberrechte verbleiben bei den Auftraggebern. Die Auftraggeber räumen jedoch den Bezahlverlagen für meist von ihnen auch gewünschte Vertriebsleistungen notwendigerweise ein eingeschränktes Vertriebsrecht ein.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b c Oberlandesgericht München definiert Pseudoverlag. auf: buchmarkt.de, 7. August 2009.
  2. Begriffsbestimmung (unter „Pseudoverlag“) Aktionsbündnis für faire Verlage
  3. boersenblatt.net Verwendung des Begriffs „Bezahlverlag“ im Glossar des Börsenblatts
  4. Seit Mitte des 17. Jahrhunderts wurde "verleger besonders für den gebräuchlich, der die kosten und den vertrieb von druckwerken übernimmt". (Grimms Wörterbuch)
  5. Welche Verlage und Literaturagenten wir Ihnen empfehlen können Literatur-Café-Redaktion, 23. Januar 2009
  6. bod.de Kalkulieren Sie die Kosten für Ihre Buchveröffentlichung; Beispiel eines Preiskalkulators bei Books on Demand
  7. Wer kann VS-Mitglied werden VS – Verband deutscher Schriftsteller bei verdi.de
  8. focus.de Matthias Matting: Neuer Trend Self Publishing – Bestseller ohne Verleger, online im Focus vom 14. Oktober2011
  9. Bundesverband junger Autoren und Autorinnen (Hrsg.): Druckkostenzuschussverlage – Fallen im Literaturbetrieb. Ein Leitfaden. Bonn 1997
  10. Fairlag-Erklärung deutscher, österreichischer und schweizerischer Autorenverbände, zu den Gefahren einer Veröffentlichung in sog. Druckkostenzuschussverlagen / Selbstzahlerverlagen bzw. Pseudoverlagen, Aktionsbündnis für faire Verlage (Ohne Datum, ca. April 2008)