Yoga

indische philosophische und religiöse Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen umfasst
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 9. Dezember 2005 um 16:41 Uhr durch Timo Müller (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Yoga ist eine indische philosophische Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen wie Asanas, Pranayama, Meditation oder Askese umfasst. Der Begriff Yoga (Sanskrit, m., योग, yoga, von yuga „Joch“, yui für: „zusammenbinden, anspannen, anschirren, anjochen“) kann sowohl als „Vereinigung“ oder „Integration“ als auch als „Unterjochung“ der Bewusstseins-Regungen (chitta-vrittis) im Sinne der „Selbstbeherrschung“ übersetzt werden.

Datei:Yoga instructor.jpg
Asana-Übung

Yoga ist eine der sechs klassischen Schulen (Darshanas) der indischen Philosophie. Es gibt viele verschiedene Formen des Yoga, alle mit ihrer eigenen Philosophie und Praxis. In Westeuropa und Nordamerika denkt man bei dem Begriff Yoga aufgrund deren Popularität oft nur an die körperlichen Übungen, die Asanas oder Yogasanas genannt werden.

Einige meditative Formen von Yoga legen ihren Schwerpunkt auf die geistige Konzentration, andere konzentrieren sich eher auf körperliche Übungen und Positionen (die Asanas) oder beschränken sich eher auf Askese. Die philosophischen Grundlagen des Yoga wurden vor allem von Patanjali im Yoga-Sutra formuliert, doch auch die Bhagavad Gita enthält grundlegende Weisheiten zum Yoga.

Geschichte des Yogas

In den klassischen indischen Schriften werden 4 Yogawege beschrieben:

Vom Ursprung her war Yoga vermutlich ein rein spiritueller Weg, und es ging vor allem um Erleuchtung durch Meditation. Die vielen Asanas entstanden erst im Laufe der Zeit, und ihr primäres Ziel war zunächst, den Körper so zu kräftigen und zu mobilisieren, dass er mühelos und beschwerdefrei über einen längeren Zeitraum im Meditationssitz - also in der Regel im vollen Lotossitz - verweilen konnte. Mit der Zeit wurde immer mehr die positive Wirkung der körperlichen Übungen auf das gesamte Wohlbefinden des Menschen erkannt. So wurden die Asanas immer weiter entwickelt, und die körperliche Arbeit im Yoga bekam einen immer höheren Stellenwert (vor allem im Westen). Die eher körperbetonten Yoga-Arten werden unter dem Oberbegriff Hatha Yoga zusammengefasst. Einen ersten Niederschlag fand diese Entwicklung in der „Hatha Yoga Pradipika“ - dem ältesten erhaltenen Text zum Hatha Yoga. Der Hatha Yoga gilt als Vorstufe/Vorbereitung zum Raja Yoga.

Yoga-Schulen

Zusätzlich zu den traditionellen Richtungen des Yogas werden besonders im Zuge des Fitness- und Wellness-Trends immer wieder „neue“ Yoga-Arten kreiert, so dass mittlerweile eine fast unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Yoga-Schulen existiert. Da gibt es beispielsweise das Kundalini Yoga (Yoga des Bewusstseins mit dem Ziel der Erweckung und -lenkung der Kundalini). Die eher körperbetonten Yoga-Arten werden unter dem Oberbegriff Hatha Yoga zusammengefasst. Zu den jüngsten Richtungen gehört das Bikram Yoga, ein körperlich forderndes Yoga bei hohen Raumtemperaturen. Auch gibt es mit Kum Nye ein buddhistisches Heilyoga und mit Yantra Yoga ein tibetisches Yoga, das als Meditationsunterstützung eingesetzt wird. Tibetisches Traumyoga erweitert den Anwendungsbereich geistig-yogischer Übungen auf den Bereich des Schlafs. Im Marma Yoga werden technisch präzise eingenommenen Haltungen als ein Test gesehen, bei dem man seinem Körper die Chance geben soll, zu „sprechen“. Eher sektenartig strukturiert ist das Sahaja Yoga.

Von Boris Sacharow (bekannter Schüler Shivanandas und einer der Wegbereiter des Yoga im Westen) stammt folgendes Zitat: „Von Tag zu Tag schießen neue Yogapilze aus dem durch üppige Phantasie übersättigten Boden der Orientalistik, und es werden solche neuen Namen zutage gefördert wie Sattva Yoga, Buddhi Yoga, Purna Yoga usw. usw. – als ob die klassischen Yoga-Arten, wie man die ersten fünf zu nennen pflegt (nämlich Karma, Bhakti, Hatha, Raja und Jnana), nicht vollauf genügt hätten.“

Yoga und Religion

Obwohl viele Menschen Yoga praktizieren, um spirituelle Erleuchtung zu finden, wird Yoga nicht als Religion aufgefasst. Daher steht Yoga nicht im Widerspruch mit religiösen Werten. Yoga bietet vielen Menschen eine individuelle und undogmatische spirituelle Bereicherung, völlig unabhängig von ihren religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen.

Spirituelle Bedeutung

Yogaübungen verfolgen in der Regel einen ganzheitlichen Ansatz, der Körper, Geist und Seele zugleich in Einklang bringen soll. In der Regel wird es vor allem in den westlichen Ländern in Unterrichtseinheiten vermittelt. Dabei werden Asanas, Phasen der Tiefenentspannung, Atemübungen sowie eine Meditationsübungen miteinander kombiniert. Die Ausübung der Asanas soll dem Übenden das Zusammenspiel von Körper, Geist, Seele und Atem verdeutlichen. Angestrebt wird innere Gelassenheit mit einhergehender verbesserter Vitalität. Beispielsweise sollen im Yoga durch die Kombination von Körperhaltungen, Bewegungsabläufen, inneren Konzentrationspunkten, Atemführung sowie dem Gebrauch von Mantras (Meditationsworten) und Mudras (Handgesten/„Fingeryoga“) die Lebensenergie derart stimuliert werden, dass sie beginnt, durch die Energiebahnen entlang der Wirbelsäule zu den Chakren (Energiezentren) aufzusteigen. In der Regel wird empfohlen, diese Übungen unter Anleitung eines qualifizierten Yogalehrers durchzuführen. Der spirituelle Hintergrund differiert bei verschiedenen Yoga-Schulen erheblich und entspringt verschiedenen Entwicklungen aus Geschichte und Wurzeln im asiatischen Raum. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Sichtweisen bezogen auf den Sinn von und die Herangehensweise an Yoga. Während zum Beispiel das Iyengar-Yoga sehr körperbetont ist, ist der Raja-Yoga vor allem ein Weg der spirituellen Entwicklung.

Yoga-Philosophie

Damit Yoga mehr ist, als reine Körperertüchtigung, ist eine Auseinandersetzung mit den philosophischen Grundlagen unerlässlich. Da Yoga ursprünglich aus Indien stammt, liegen die Wurzeln der Yoga-Philosophie im Hinduismus und Buddhismus. Der wichtigste Quelltext des Yoga ist das Yoga-Sutra des Patanjali. Des Weiteren geben in der Bhagavad-Gita die Kapitelüberschriften jeweils eine besondere Form des Yoga an, z.B. Karma-Yoga oder Jnana-Yoga usw. Sie vermittelt dem praktizierenden Yogi für das Verständnis des Yoga wichtige philosophisch-religiöse Erkenntnisse. Unter anderem enthält sie ethische Unterweisungen, die z.B. die Yamas und Niyamas verdeutlichen. In dem Text geht es u.a. um Karma (Ursache und Wirkung), Reinkarnation, Meditation, Selbstverwirklichung Gotteserkenntnis und glaubensvolle Gottesliebe. Es gibt auch viele bildhafte Beispiele (die Verwandten, die Arjuna bekämpfen soll, als Sinnbild für die Kleshas, von denen sich der Yogi reinigen will). Darüber hinaus enthält die Bhagavad-Gita klare und direkte Anweisungen für den Yogi.

Ein sehr gutes Beispiel ist das 6. Kapitel, in dem es um die Versenkung (Dhyana) geht. In Vers 8 heißt es:

yogi yunjita satatam atmanam rahasi sthitah – ekaki yatachittama nirashir aparigraha. „Der Yogi soll beständig sich mühen in der Einsamkeit – Allein, bezähmend Sinn und Selbst, nichts hoffend, ohne Besitz“.

Vers 11 dieses Kapitels enthält dann direkte Anweisungen für die Sitzhaltung und sogar die passende Sitzunterlage. In Vers 12 heißt es: „Den Geist auf einen Punkt gerichtet, zügelnd Denken, Sinne und Tun – sich setzend auf den Sitz übe er Andacht zur Reinigung seiner selbst“. Vers 13: „Gleichmäßig Körper, Nacken, Haupt unbewegt haltend bleib er fest – Schauend auf seine Nasenspitze, nicht blick er hier und dorthin aus“. In Vers 33/34 gibt Arjuna dann zu bedenken, dass der Geist ungefähr so schwer zu zügeln sei, wie der Wind, und Krishna antwortet ihm, dass man den Geist durch Anstrengung und Entsagung zwingen kann. Arjuna fragt, was denn mit jenen sei, die sich nicht zähmen können, aber gläubig sind, ob die denn auf immer verloren seien. Krishna tröstet ihn mit dem Hinweis auf die Reinkarnation, die dem Menschen weitere Chancen gebe, Samadhi zu erreichen.

Auch das 5. Kapitel enthält Anweisungen, die sich direkt auf Yoga beziehen. So z.B. Vers 27: „Sich lösend von der Außenwelt, starr auf die Nasenwurzel schauend - Den Hauch und Aushauch (Ein-/Ausatmung) regelnd gleich, die durch der Nase Innres gehen“. Vers 28 schließt an: „Zügelnd die Sinne, Herz und Geist, ganz der Erlösung zugewandt - Befreit von Wünschen, Furcht und Zorn, so ist für immer er erlöst.“

Yoga und Gesundheit

Grundsätzlich hat Yoga einige positive Effekte sowohl auf die physische als auch auf die psychische Gesundheit. Auch kann Yoga unter Umständen zu einer Linderung bei verschiedensten Krankheitsbildern führen, etwa bei Durchblutungsstörungen, Schlafstörungen, nervösen Beschwerden, chronischen Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen.

Der Nutzen von Yoga bei Krankheit oder zur Erhaltung der Gesundheit wird unterschiedlich bewertet und wird selbst unter den verschiedenen Yogarichtungen unterschiedlich gewichtet. Zum Teil wird er lediglich als eine Begleiterscheinung angesehen oder er ist manchmal auch zentraler Punkt der Herangehensweise. Dabei spielt die Art der Reflexion über den persönlichen Standort im sozialen Geschehen eine wichtige Rolle.

Bei der Durchführung der Asanas werden Kraft, Flexibilität, Gleichgewichtssinn und Muskelausdauer trainiert. Beispielsweise kommt es durch die Aktivierung der Muskeln, Sehnen und Blutgefäße bei den Asanas zu einer verbesserten Durchblutung. Die Rückenmuskulatur wird gekräftigt, was widerum zu einer verbesserten Körperhaltung führen kann. Überbelastung oder falsch durchgeführte Übungen können allerdings auch zu erheblichen Schäden führen.

Yoga wird auch geübt, um eine innere Ausgeglichenheit zu unterstützen und somit zum Stressabbau zu dienen. Darüber hinaus bieten Atemübungen und Meditation Möglichkeiten, das eigene Verhalten zu reflektieren und gegenüber seinen Mitmenschen positiver zu gestalten. Regelmäßige Yogapraxis kann damit zur inneren Ruhe und emotionalen Ausgeglichenheit führen.

Siehe auch

Upanishaden, weitere Artikel zum Thema: Kategorie Yoga

Literatur

  • Patañjali: Die Wurzeln des Yoga: Die klassischen Lehrsprüche des Patañjali - die Grundlage aller Yoga-Systeme. O.W. Barth Bei Scherz (2003) ISBN 3502611165
  • B.K.S. Iyengar: Licht auf Yoga. O.W. Barth Bei Scherz ISBN 3502633347
  • BDY - Berufsverband der Yogalehrenden in Deutschland (Hrsg.) Der Weg des Yoga. Verlag Via Nova
  • Paramhans Swami Maheshwarananda: Yoga im täglichen Leben - Das System. Ibera (2000) ISBN 3-85052-009-9
  • Swami Vishnudevananda: Das große illustrierte Yoga Buch. J. Kamphausen Verlag ISBN 3-591081-83-3
  • B.Tatzky, A.Trökes, J.Pinter-Neisse: Theorie und Praxis des Hatha-Yoga. Verlag Via Nova
  • Paramahansa Yogananda: Autobiographie eines Yogi. (2001) ISBN 0876120877
  • T.K.V. Desikachar: Yoga Tradition und Erfahrung - Die Praxis des Yoga nach dem Yoga Sutra des Patanjali Via Nova Verlag (1997), ISBN 3-928632-00-0