Das Reinheitsgebot sind gesetzliche Regelung(en) über erlaubte Inhaltsstoffe im Bier, vorwiegend im deutschsprachigen Raum. Das Reinheitsgebot lässt sich im Wesentlichen auf folgenden Nenner bringen: "Ins Bier gehören nur Hopfen, Malz und Wasser"
Geschichte
Das Reinheitsgebot hat eine mittlerweile fast fünfhundert Jahre alte Geschichte. Im Laufe dieser Zeit hat es drei wesentliche Ausprägungen durchlebt.
- Das bayerische Reinheitsgebot von 1516, eine der ältesten lebensmittelrechtlichen Regelungen überhaupt.
- Die Übernahme in nationales Recht, insbesondere das Deutsche Reinheitsgebot, definiert im deutschen Biersteuergesetz
- Die Überführung in EU-Recht im Zuge der Liberalisierung des EG-Binnenmarktes. Die erlaubten Zusatzstoffe werden in der "Zusatzstoffverordnung" geregelt, Bier nach "Deutschem Reinheitsgebot" wird als sog. "traditionelles Lebensmittel" geschützt.
Zum Leidwesen der Bayern wurde das älteste Reinheitsgebot in Thüringen gefunden, es ist ganze 82 Jahre älter als das bis dahin älteste Reinheitsgebot, das in Bayern erlassen wurde. Bereits 1351 hielt ein Innungsartikel der Stadt Erfurt fest, daß "nyemant mit Rysich noch Stro bruwen sall". Der Münchner Stadtrat übernahm die Aufsicht übers Bier erst 1363. Der erste bayerische Hinweis auf die Verwendung von Gerste, Hopfen und Wasser stammt aus dem Jahr 1453. Da war die Thüringer Verordnung schon fast 20 Jahre in Kraft. Das Schriftstück welches 1434 in Weißensee (Thüringen) verfasst wurde, fand man 1999 in der mittelalterlichen Runneburg nahe Erfurt.
Brauordnungen
Noch vor dem ersten "richtigen" Reinheitsgebot gab es in vielen Städten Brauordnungen, die die Bierherstellung und den Bierausschank regelten.
So zum Beispiel eine Verordnung der freien Reichsstadt Nürnberg von 1290, die allerdings auf das Sparen von wertvollem, zu Brot verarbeitbaren Getreide und nicht auf die Reinheit des Bieres abzielte. 1409 erließ Landshut eine Brauordnung. Erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde eine Stadtverordnung aus dem thüringschen Weißensee: Diese Wirtshausverordnung von 1434 definiert bereits Hopfen, Malz und Wasser als die alleinigen Inhaltsstoffe für Bier. Aus Regenburg stammt eine Brauordnung von 1453, die allerdings nur feststellt, was nichts im Bier verloren hatte: Samen, Gewürz, Gestrüpp, und dergleichen. München wurde 1447 aktiv, 1453 legte es zum erstenmal die alleinigen Inhaltsstoffe Gerste, Hopfen und Wasser fest. Die Brauer sollten prewen nur allein von gersten, hopfen und wasser und sonst nichts darein oder darunter thun noch sieden oder man straffte es.
Zwischen diesen Stadtverordnungen und dem bald folgenden "bayerischen" Reinheitsgebot gibt es noch einen wichtigen Zwischenschritt: Herzog Georg der Reiche erließ für das Herzogtum Bayern-Landshut, das alte bayerische Kerngebiet, die Vorschrift, dass die Brauer nur Malz, Hopfen und Wasser verwenden durften - "bei Vermeidung von Strafe an Leib und Gut".
Das Bayerische Reinheitsgebot
Das bayerische Reinheitsgebot wurde am 23. April 1516 von dem bayerischen Herzog Wilhelm IV. (Bayern) erlassen. Dieser Erlass regulierte einerseits die Preise, andererseits die Inhaltsstoffe des Bieres:
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Item wir ordnen, setzen und wollen mit Rathe unnser Lanndtschaft das füran allenthalben in dem Fürstenthumb Bayrn auff dem Lande auch in unsern Stettn vie Märckthen da desáhalb hieuor kain sonndere ordnung gilt von Michaelis bis auff Georij ain mass über zwen pfennig müncher werung un von Sant Jorgentag biß auf Michaelis die mass über zwen pfennig derselben werung und derenden der kopff ist über drey haller bey nachgeferter Pene nicht gegeben noch außgeschenckht sol werden. Wo auch ainer nit Merrzn sonder annder pier prawen oder sonst haben würde sol erd och das kains weg häher dann die maß umb ainen pfennig schenken und verkauffen. Wir wollen auch sonderlichhen dass füran allenthalben in unsern stetten märckthen un auf dem lannde zu kainem pier merer stüchh dan allain gersten, hopfen un wasser genommen un gepraucht solle werdn. Welcher aber dise unsere Ordnung wissendlich überfaren unnd nie hallten wurde den sol von seiner gerichtsobrigkait dasselbig vas pier zustraff unnachläßlich so offt es geschieht genommen werden. jedoch wo ain brüwirt von ainem ainem pierprewen in unnsern stettn märckten oder aufm lande jezuzeutn ainen Emer piers zwen oder drey kauffen und wider unnter den gemaynen pawrfuolck ausschenken würde dem selben allain aber sonstnyemandes soldyemaßs oder der kopfpiers umb ainen haller häher dann oben gesetzt ist zugeben un ausschenken erlaube unnd unuerpotn.
Einer der Gründe für die Verordnung war neben der Preisregelung wohl wieder die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung: Der wertvollere Weizen oder Roggen war den Bäckern vorbehalten. Der Lebensmittelchemiker Udo Pollmer sieht einen weiteren Grund darin, den beruhigenden und zugleich konservierenden Hopfen zum Brauen zu verwenden und andere "aufmüpfige" Zutaten, etwa Rosmarin, zu verbieten.
Interessanterweise ist bis hier nirgends von Hefe die Rede, obwohl sie für den Brauprozesses unabdingbar ist. Der Grund dafür ist, daß die Existenz derartiger Mikroben schlicht noch unbekannt war.
Deutsches Biersteuergesetz
Das "Deutsche Biersteuergesetz" regelte mit seinem Paragraph 9 das Reinheitsgebot für die Bundesrepublik Deutschland von 1952 ab. Für untergäriges Bier waren Gerstenmalz, Hopfen, Hefe und Wasser als Zutaten zugelassen, für obergäriges Bier waren auch andere Malzsorten sowie definierten Zuckerarten und Farbstoffe erlaubt. Ausgenommen von diesen Regelungen waren schon hier die Hausbrauer, die Bier nur in ganz geringen Mengen herstellen. Außerdem konnten Ausnahmen gestattet werden für die Bereitung besonderer Biere und für Biere, die zum Export bestimmt waren.
Das Biersteuergesetz regelte weiterhin, zu welchem Zeitpunkten im Brauprozess bestimmte Schritte (zum Beispiel die Zugabe von Wassen) erlaubt waren, und wann nicht.