Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift

Bibelübersetzung der Zeugen Jehovas
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Die Neue-Welt-Übersetzung der Heiligen Schrift (Abk. NWÜ) ist eine englische Übersetzung der Bibel, die von der Wachtturm-Gesellschaft herausgegeben und die in viele Sprachen übersetzt wurde. Sie wird von den Zeugen Jehovas verwendet.

Geschichte

Nathan Knorr, der dritte Präsident der Watch Tower Society, schlug im Oktober 1946 vor, eine neue Bibelübersetzung anzufertigen. Die Übersetzung am Neuen Testament begann nach Aussagen der Wachtturm-Gesellschaft in ihrem Geschichtsbuch "Jehovas Zeugen - Verkündiger des Königreiches Gottes" am 2. Dezember 1947.

Weiter heißt es dort: Am 3. September 1949 berief Bruder Knorr dann eine Sitzung der Vorstandsmitglieder der New Yorker und der pennsylvanischen Körperschaft ein. Er teilte ihnen mit, dass das Neue-Welt-Bibelübersetzungskomitee die Arbeit an einer neuzeitlichen Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften beendet und das Manuskript der Gesellschaft zur Veröffentlichung übergeben habe.

Die Übersetzer wollten ungenannt bleiben, da sie wünschten, dass alle Ehre Jehova Gott, dem Urheber seines inspirierten Wortes, zukomme. Raymond Franz, ein ehemaliges Mitglied der leitenden Körperschaft der Zeugen Jehovas, nennt in seinem Buch "Der Gewissenskonflikt" (ISBN 353262074X Seite 55) die Namen des Übersetzungskomitees. Danach haben ihm Fred Franz, Nathan Knorr, Albert Schröder, George Gangas und Milton Henschel angehört. Diese Aussage wird von Seiten der Zeugen Jehovas mit dem Hinweis auf die oben genannte Bitte einer Nichtveröffentlichung der Mitglieder des Übersetzungskommitees dementiert. Weiterhin wird angeführt, dass Raymond Franz - obwohl der Neffe von F.Franz - nicht über die erforderlichen Informationen verfügen könne, da er selbst nicht in die Übersetzungsarbeit involviert war. Sein Buch wird von Zeugen Jehovas als politisch motiviertes Werk eines Kritikers gesehen.

Als Grundlage für die Bibelübersetzung der englischen Ausgabe wurde für den hebräischen Text die Biblia Hebraica von Rudolf Kittel (Ausgaben 1951 bis 1955) und für den griechischen Text "The New Testament in the Original Greek" von B. F. Westcott und F. J. A. Hort von 1881 verwendet. Berücksichtigt wurden auch andere Ausgaben von D. Ginsberg, Nestle-Aland u.a. Für den Fußnotenapparat der Studienausgabe wurde auch die Biblia Hebraica Stuttgartensia berücksichtigt.

Die deutsche Ausgabe ist eine Übersetzung der englischen Ausgabe unter Berücksichtigung der hebräischen, griechischen und aramäischen Ursprache, also keine direkte Übersetzung aus der Ursprache.

Die Neue-Welt-Übersetzung wurde während der Jahre 1950 bis 1960 in sechs Teilen zuerst in englischer Sprache veröffentlicht. 1986 erschien eine Studienausgabe.

Ausgaben und Revisionen

  • 1963: 27 Bücher der Christlich Griechischen Schriften (Neues Testament), beruht auf der englischen Ausgabe 1961
  • 1971: gesamte Bibel mit überarbeiteten Griechischen Schriften, beruht auf der englischen Ausgabe 1970
  • 1985: mit mehr als 125.000 Querverweisen (revidiert 1986), beruht auf der englischen Ausgabe 1984

Sie wird in 45 Sprachen in Teil- und Vollausgaben herausgegeben. Die Gesamtauflage in allen Sprachen beträgt über 122 Millionen Exemplare. Herausgeber ist die "Watchtower Bible and Tract Society of New York, Inc." und die "International Bible Students Association Brooklyn, New York, USA." In Deutschland wird sie von der Wachtturm-Gesellschaft in Selters/Taunus gedruckt.

Erhältlich ist die NWÜ in Standardgröße mit Querverweisen, als Deluxe-Ausgabe mit Querverweisen, als Studienbibel mit Fußnoten und Querverweisen und als gebundene Taschenausgabe. Hinzu kommt die bald veröffentlichte Standard-Ausgabe der NWÜ mit Softcover-Einband und eine Taschenausgabe der Soft-Cover-Ausgabe, die die gebundene Taschenausgabe ersetzen wird.

Besondere Merkmale

  • Der Text ist in der Regel modernes, einfaches Deutsch. So wie die ersten Christen nicht das klassische Griechisch, sondern die griechische Gemeinsprache (Koine) verwendeten, damit der Text vom allgemeinen Volk leicht verstanden werden konnte.
  • Es wurde möglichst einem Wort der Ursprache ein Wort in der deutschen Sprache zugeordnet. So kann das hebräische Wort rav "viele" (2. Mose 5, 5), den Teil eines Titels (Rabschake in 2. Könige 18, 17), "oberster" (Daniel 1, 3) und Bogenschütze (Jeremia 50, 29) bedeuten.
  • Sie unterscheidet deutlich Begriffe, auch wenn sie eng verwandt sind. Beispiele:
  • Sie unterscheidet die Adjektive kalós (vortrefflich, ausgezeichnet, vorzüglich, auserlesen) und agathós (meistens: moralisch gut).
  • Das Hebräische unterscheidet fünf Wörter für Mensch: adám = Erdenmensch (also der Mensch als irdisches Geschöpf), enósch = sterblicher Mensch (Winzigkeit und Schwäche des Menschen), géber = kräftiger Mensch, ísch = Mann im Gegensatz zu ischschá = Frau oder Person, zakár = männlich (bezüglich Geschlechtsbeziehungen)
  • Sie unterscheidet griech. syntéleia (Abschluss) von télos (Ende).
  • Sie hält die Begriffe kósmos (Welt), aión (System der Dinge) und oikouméne (bewohnte Erde) auseinander.
  • Sie unterscheidet zwischen gnósis (Erkenntnis) und epígnosis (genaue Erkenntnis), z.B. in Philipper 1, 9 und 3, 8.
  • Hilfsverben dienen dazu, Aktionsarten der hebräischen Sprache heraus zu arbeiten. In 1. Mose 2, 2f "begann er ... zu ruhen".
  • Es wird zwischen einer einzigen und einer wiederholten oder fortwährenden Handlung unterschieden:
  • 1. Johannes 2, 1 (Aorist, ein Akt) und 1. Johannes 3, 6 (fortlaufend "Sünde treiben")
  • Beharrlichkeit, wie in Lukas 11, 5-10: Bittet unablässig, sucht fortwährend, klopft unaufhörlich an. Ähnlich auch in Matthäus 7, 7.
  • Matthäus 6, 33: "So fahrt denn fort, zuerst das Königreich zu suchen".
  • Sie drückt eine Negation deutlich aus. Beispiel Matthäus 6, 16: "Hört auf ... ein trübseliges Gesicht zu machen". Oder Matthäus 7, 1: "Hört auf zu richten". Wenn der Aorist vorkommt, wird die Handlung als zu keinem Zeitpunkt erlaubt ausgedrückt: "Macht euch also niemals Sorgen um den nächsten Tag" (Matthäus 6, 34).
  • Als Eigenheiten der Neuen-Welt-Übersetzung erkannte Textwiedergaben müssen nicht notwendigerweise falsch sein.
  • Lukas 23, 43 ("Wahrlich, ich sage dir heute: Du wirst mit mir im Paradies sein.") wird auch von anderen Übersetzern wie Michaelis wiedergegeben und durch Texte wie Apostelgeschichte 2, 27-31 und 10, 39f gestützt.
  • Die Wiedergabe von griech. estin mit "bedeutet" in Matthäus 26, 26 "Dies bedeutet meinen Leib" ist gemäß dem Wörterbuch zum Neuen Testament von Walter Bauer zulässig.
  • Die Wiedergabe von Johannes 1, 1 mit "das WORT war ein Gott" wird von fünf anderen deutschen Übersetzungen (Jürgen Becker, Jeremias Felbinger, Oskar Holtzmann, Friedrich Rittelmeyer, Siegfried Schulz) ebenso gewählt. Mindestens dreizehn weitere schreiben Ausdrücke wie "göttlichen Wesens", "Gott von Art" oder "ein göttliches Wesen".

Die Verwendung des göttlichen Namens Jehova

Die Übersetzer gehen davon aus, dass das Tetragrammaton als Jehova ausgesprochen werden soll.

Die Neue Welt Übersetzung verwendet den Namen Jehova an 6973 Stellen im Alten Testament und an 237 Stellen im Neuen Testament.

Deren Übersetzer schreiben an 6827 Stellen Jehova, in der er in der Biblia Hebraica Stuttgartensia und der Biblia Hebraica von Rudolf Kittel als Tetragrammaton wiedergegeben ist (Ri 19,18 übernahmen die Übersetzer nicht).

Des weiteren fügten sie den Namen an 133 der 134 Stellen ein, die die Masoreten als unzulässige Veränderung des Tetragrammatons in Adonaj durch die jüdischen Sopherim auflisteten. Sie folgten außerdem dem Bibelgelehrten Christian David Ginsburg, der acht Stellen identifizierte, an denen die Sopherim ihn durch Elohim ersetzt hatten. Schließlich fügten sie das Tetragrammaton gemäß der Lesart der Septuaginta an drei Stellen ein, was konform zu den Fußnoten der Biblia Hebraica ist.

Besonders auffällig ist die Verwendung des Namens Gottes im griechischen Text des Neuen Testaments an 237 Stellen, an denen im griechischen Text kyrios, theos oder eine deren Formen steht. Diese Stellen sind mit einer ausführlichen Begründung im Anhang der Bibelausgaben aufgelistet. In den überlieferten griechischen Manuskripten wird allerdings an keiner dieser Stellen das Tetragrammaton verwendet.

Die Übersetzer der Neue-Welt-Übersetzung sehen es nicht als erwiesen an, dass der Name Gottes im 1. Jahrhundert der allgemeinen Öffentlichkeit nicht bekannt gewesen sei oder seine Aussprache zu jener Zeit bereits unbekannt war. Als Beleg verweisen sie dabei auf zehn Handschriftenfunde griechischer Übersetzungen des Alten Testaments, die belegen, dass zur Zeit der ersten Christen auch in den griechichen Handschriften des Alten Testaments (der sogenannten Septuaginta) der Name Gottes verwendet wurde. Daher geben sie den Namen Gottes im Neuen Testament unter anderem in vielen Zitaten aus dem Alten Testament wieder.

Im Anhang der Neuen-Welt-Übersetzung werden die ältesten deutschsprachigen Übersetzungen aufgeführt, bei denen im Neuen Testament der Name Gottes als Jehova wiedergeben wurde, z.B. im Neuen Testament des evangelischen Theologen Johann Christoph Friedrich Schulz, Leipzig, 1774. Außerdem wird auf hebräische Übersetzungen des Neuen Testaments verwiesen, die mindestens bis in 14. Jahrhundert zurückgehen. Schließlich verweisen sie auf die Fußnote zu Matthäus 1, 20 in der Elberfelder Bibel, gemäß der "'Herr', ohne Artikel, hier und an vielen anderen Stellen den Namen 'Jehova'" bezeichne.

Neue-Welt-Übersetzung aus kirchlicher Sicht

Von katholischer und protestantischer Seite wird die Übersetzung vorwiegend abgelehnt. Zu den meist angeführten Gründen zählt, dass diese Übersetzung Texte wie Johannes 1,1 oder Kolosser 1,15-20 im Sinne einer Widerlegung der Trinität wiedergibt, den Namen Jehova im Neuen Testament verwende und dass die nicht-englischen Übersetzungen von der englischen Übersetzung und nicht direkt aus den Ursprachen abgeleitet seien.

Siehe auch

Literatur

  • Jason BeDuhn: Truth in Translation - Accuracy and Bias in English Translations of the New Testament, ISBN 0761825568 (engl.)

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