Knut Hamsun (* 4. August 1859 in Lom, Norwegen; † 19. Februar 1952 in Nørholm) war einer der bedeutendsten norwegischen Schriftsteller und erhielt 1920 den Literaturnobelpreis.

Leben
Knut Hamsun wurde 1859 als viertes von sieben Kindern eines Schneiders geboren. Mit bürgerlichen Namen hieß er ursprünglich Knud Pedersen. Nach einer unbeschwerten Kindheit auf einem Bauernhof kam er als Neunjähriger für mehrere Jahre zu seinem Onkel Hans Ohlsen in Presteide, um im Pfarrhof aus dem Bibelboten vorzulesen. In seiner Erzählung Bjørger verarbeitete er Teile seiner finsteren Zeit, die er rückblickend als Martyrium bezeichnet. Später, nach seiner Konfirmation, war er bei dem Kaufmann Walsöe in Tranöy als Ladegehilfe beschäftigt und bekritzelte die Türrahmen des Ladens mit ersten Versen.
Die ersten literarischen Versuche unternahm Hamsun Ende der 70-er Jahre des 19. Jahrhunderts. Zu Beginn der 80-er Jahre wanderte er in die USA aus, arbeitete dort u. a. als Straßenbahnschaffner in San Francisco und kam 1885 schwer erkrankt nach Norwegen zurück. Nach seiner Genesung reiste er im folgenden Jahr erneut in die USA und kehrte 1888 nach Norwegen zurück. Hamsun vermochte in Amerika nie richtig Fuß zu fassen. Der "american way of life" stieß ihn von vornherein ab. Dies wird auch in mehreren Essays aus jener Zeit deutlich.
1890 erschien Hamsuns erster Roman Hunger, mit dem er seine literarische Anerkennung erreicht. In den nächsten Jahren lebte er für mehrere Jahre in Paris und unternahm danach ausgedehnte Reisen in verschiedene Länder (Finnland, Russland, Türkei, Persien).
1898 ehelichte er Bergljot Bech, von der er sich bereits 1906 wieder scheiden ließ. Drei Jahre später heiratete er die 22 Jahre jüngere Schauspielerin Marie Andersen. Danach wurde Hamsun sesshaft und erwarb einen Hof bei Grimstad an der Südküste Norwegens.
1917 erschien sein bekanntester Roman, Segen der Erde, für den er 1920 den Literaturnobelpreis erhielt.
Hamsun war von Deutschland fasziniert. Er war auch Anhänger des Nationalsozialismus und griff 1934 und 1935 Carl von Ossietzky, der in dem deutschen KZ Papenburg-Esterwegen gefangen saß, mehrfach scharf an, u.a. in der Zeitung "Aftenposten". "Wenn die (deutsche) Regierung Konzentrationslager einrichtet, so sollten Sie und die Welt verstehen, dass das gute Gründe hat", schrieb er an einen Ingenieur, der sich für Ossietzky eingesetzt hatte. Als Carl von Ossietzky 1936 den Friedensnobelpreis erhielt, äußerte Hamsun öffentlich massive Kritik. 33 norwegische Schriftsteller (u.a. Sigrid Undset) veröffentlichten damals einen Aufruf, der u.a. folgenden Satz enthielt: "Wir bedauern, dass Knut Hamsun das Wort gegen einen wehrlosen und mundtot gemachten Gefangenen ergreift, zugunsten eines tyrannischen politischen Regimes, das die Elite der deutschen Schriftsteller, Hamsuns Berufskollegen, aus dem Land vertrieben hat." Ferner rief Hamsun 1936 zur Wahl des Führers der norwegischen Nasjonal Samling, Vidkun Quisling, auf und appellierte 1940 anlässlich des deutschen Angriffs auf Norwegen an seine Landsleute: "Norweger! Werft das Gewehr weg und geht wieder nach Hause! Die Deutschen kämpfen für uns alle und brechen jetzt Englands Tyrannei über uns und alle Neutralen."
Schließlich hielt Hamsun 1945 eine Rundfunkrede, in der er Hitler einen großen "Feldherrn" nannte. Er forderte darin seine Landleute auf die Besetzung Norwegens durch die Deutschen zu akzeptieren; besonders junge Norweger sollten nicht ihr Leben opfern. Die Rede wurde am Tag der deutschen Kapitulation gesendet.
Es scheint allerdings, dass Hamsun trotz seiner ideologischen Nähe zum Nationalsozialismus bis zu einem gewissen Grad kritische Distanz zum konkreten politischen Handeln der Nazis hielt. Er setzte sich für einige Norweger ein, die von der Besatzungsmacht hingerichtet werden sollten, bei anderen tat er das nicht, obwohl er dazu aufgefordert worden war. 1943 suchte er Goebbels und Hitler auf. Gegenüber Hitler kritisierte er die Anzahl der Hinrichtungen in Norwegen und die Politik des "Reichskommissars" Josef Terboven. Hitler, der anscheinend über Blut und Boden sprechen wollte, brach das Gespräch daraufhin wütend ab.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wird Hamsun nach einem Prozess zu einer "Entschädigung" von 325000 Kronen zuzüglich Zinsen und Verfahrenskosten verurteilt wegen "Schaden gegenüber dem norwegischen Staat". Die Geldstrafe war so hoch, dass sie den finanziellen Ruin für Hamsun bedeutete. Er wurde zudem zunächst für "psychisch geschwächt" erklärt (er ist immerhin über 80 Jahre alt) und in eine Psychiatrie eingewiesen. Die Verurteilung als "dauernd seelisch geschwächt" widerlegt Hamsun mit seinem letzten, bei klarem Verstand und mit offensichtlich unverminderter Seelenkraft geschriebenen Buch "Auf überwachsenen Pfaden" (1949), in dem er sein Verhalten zu begründen sucht, ohne irgend etwas zu bereuen.
1952 starb Hamsun auf seinem Gut Nørholm bei Grimstad.
Werke (in Auswahl)
- Hunger, (1890, dt. 1890) ISBN 3-423-11398-7
- Mysterien (1892, dt. 1894) ISBN 3-423-11157-7 Hörspiel 1959, Regie: Gert Westphal Musik Bernd Scholz ISBN 3-898-13341-9
- Neue Erde, (dt. 1894)
- Redakteur Lynge, (dt. 1898)
- Pan (1894, dt. 1895.) ISBN 3-423-12709-0
- Victoria. Die Geschichte einer Liebe. (1898, dt. 1899) ISBN 3-423-12639-6
- Im Märchenland. Erlebtes und Geträumtes aus Kaukasien, (dt. 1903)
- Unter Herbststernen, (dt. 1906)
- Benoni, (dt. 1909)
- Rosa, (dt. 1909)
- Gedämpftes Saitenspiel, (dt. 1910)
- Kämpfende Kräfte, (dt. 1910)
- Kinder ihrer Zeit, (dt. 1914)
- Die Stadt Segelfoss (1915, dt. 1916)
- Segen der Erde, (1917, dt. 1918) ISBN 3-423-11055-4
- Das letzte Kapitel, (1923, dt. 1924)
- Landstreicher, (dt. 1927)
- Die Weiber am Brunnen (dt. 1921)
- Der Ring schließt sich (1936, dt. 1936)
- Auf überwachsenen Pfaden (dt. 1949) ISBN 3-423-12942-5
- Fra det moderne Amerikas Aandsliv
Literatur
- Uta von Bassi: Hansen, Hamsun und die Wahrheit. Eine Studie zur dänischen Dokumentarliteratur am Beispiel von Thorkild Hansens "Hamsun-Prozess". Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1984. (= Beiträge zur Skandinavistik; 2) ISBN 3-8204-5291-5
- Walter Baumgartner: Knut Hamsun. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 1997. (= Rowohlts Monographien; 543; Rororo-Monographien), ISBN 3-499-50543-6
- Martin Beheim-Schwarzbach: Knut Hamsun. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. 1990. (= Rowohlts Monographien; 3; rororo-bildmonographien) ISBN 3-499-50003-5
- Horst Bien: Werke und Wirkungen Knut Hamsuns. Eine Bestandsaufnahme. Leverkusen: Literaturverl. Norden Reinhardt. 1990. (= Artes et litterae septentrionales; 6) ISBN 3-927153-23-0
- Akos Doma: Die andere Moderne. Knut Hamsun, D. H. Lawrence und die lebensphilosophische Strömung des literarischen Modernismus. Bonn: Bouvier. 1995. (= Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft; 396) ISBN 3-416-02585-7
- Per Olov Enquist: Hamsun. Eine Filmerzählung. München u. a.: Hanser. ISBN 3-446-20541-1
- Thomas Fechner-Smarsly: Die Wiederkehr der Zeichen. Eine psychoanalytische Studie zu Knut Hamsuns "Hunger". Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1991. (= Texte und Untersuchungen zur Germanistik und Skandinavistik; 25) ISBN 3-631-42946-0
- Robert Ferguson: Knut Hamsun. Leben gegen den Strom. Biographie. München: Dt. Taschenbuch Verl. 1992 (= dtv; 11491) ISBN 3-471-77543-9
- Wilhelm Friese: Knut Hamsun und Halldór Kiljan Laxness. Anmerkungen zu Werken und Wirkung. Tübingen u. a.: Francke. 2002. ISBN 3-7720-2780-6
- Tore Hamsun: Mein Vater Knut Hamsun. München: Langen-Müller. 1993. ISBN 3-7844-2460-0
- Thorkild Hansen: Knut Hamsun. Seine Zeit, sein Prozess. München u. a.: Langen Müller. 1985. ISBN 3-7844-1875-9
- Aldo Keel: Knut Hamsun und die Nazis. Neue Quellen, neue Debatten. In: Neue Zürcher Zeitung vom 9. Februar 2002.
- Ulrich Kriehn: Knut Hamsuns Frühwerk im Kontext. Übergänge vom Naturalismus zur Neuromantik. Frankfurt an der Oder: Viademica-Verl. 1997. (= Edition Kulturwissenschaften; 4) ISBN 3-932756-25-8
- Gabriele Schulte: Hamsun im Spiegel der deutschen Literaturkritik 1890 bis 1975. Frankfurt am Main u. a.: Lang. 1986. (= Texte und Untersuchungen zur Germanistik und Skandinavistik; 15) ISBN 3-8204-5597-3
- Heiko Uecker (Hrsg.): Neues zu Knut Hamsun. Frankfurt am Main u. a.: Lang. 2002. (= Texte und Untersuchungen zur Germanistik und Skandinavistik; 51) ISBN 3-631-39020-3
Weblinks
- Vorlage:PND
- Kurzbiografie zu Knut Hamsun
- Lars Frode Larsen: Knut Hamsun (1859-1952)
- Tabellarische Kurzbiografie, Fotos und Bücher zu Knut Hamsun
- Der Nobelpreis für Literatur 1920
- Knut Hamsun and Nazism
Personendaten | |
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NAME | Hamsun, Knut |
KURZBESCHREIBUNG | norwegischer Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 4. August 1859 |
GEBURTSORT | Lom, Norwegen |
STERBEDATUM | 19. Februar 1952 |
STERBEORT | Nørholm |