Projekt Babylon

Bau von Superkanonen des kanadischen Ingenieurs Gerald Bull für den Irak
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Februar 2013 um 11:48 Uhr durch Beademung (Diskussion | Beiträge) (erg). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Projekt Babylon oder Projekt 839, war der Bau von Superkanonen des kanadischen Ingenieurs Gerald Bull für den Irak. Das Projekt begann im März 1988, noch während des Ersten Golfkriegs, und endete mit der Zerstörung der Superkanonen im November 1991 unter Aufsicht der UN-Inspektoren.[1]

Jabal Hamrin (Irak)
Jabal Hamrin (Irak)
Jabal Hamrin
Irakische Superkanone, 1000 mm zwei Teilstücke
Irakische Superkanone, 1000 mm Teilstück

Anfänge

Um seine Forschungen zu finanzieren, nahm Gerald Bull den Auftrag an, für den Irak unter Saddam Hussein fünf Superkanonen zu entwickeln, ähnlich der früheren deutschen V3-Kanone. Sie sollten in der Lage sein, auch Israel zu erreichen.[2] Das Projekt 839 sah den Bau folgender Kanonen vor:

  • zwei Kanonen mit Kaliber 1000 mm
  • zwei Kanonen mit Kaliber 350 mm und 30 Meter Rohrlänge sowie
  • eine Kanone mit Kaliber 350 mm und 52,5 Meter Rohrlänge.[1]

Kaliber 1000 mm

Das Rohrsystem sollte aus 26 Teilstücken zu je 5–6 m Länge aufgebaut sein und eine maximale Länge von 150 m aufweisen. Die Komponenten wurden von der irakischen Oil Equipment Company bestellt, von 13 europäischen Firmen hergestellt und teilweise geliefert, bevor der britische Geheimdienst Secret Intelligence Service im Jahre 1990 weitere Lieferungen vereitelte. Eine Kanone sollte, horizontal montiert, für Testversuche im Gebiet um Jerf Al-Sakhar aufgebaut und später, bei erfolgreichen Tests, im 45 Grad Winkel bei Dschabal Sindschar aufgebaut werden. Die maximale Reichweite sollte 760 km betragen. Die Endmontage wurde nie abgeschlossen, da wichtige Teile den Irak nicht erreichten; ebenso gab es kein Projektil für die Superkanone.[1]

Kaliber 350 mm

Der Irak verfolgte relativ früh die Entwicklung der 350 mm Kanone voranzutreiben, nachdem die 1000 mm Kanone nicht den Erwartungen entsprach. Die 30 m Version bestand aus drei Abschnitten mit je 10 m Rohrlänge, die 52,5 m Version aus fünf Abschnitten, wobei der letzte Abschnitt 12,5 m betrug. Nur die 52,5 m-Version wurde jemals komplett montiert und getestet; zunächst auf einer Eisenbahn-Lafette, als Eisenbahngeschütz, später im 45-Grad-Winkel bei Jabal Hamrin. Die 52,5 m-Version wurde (systembedingt) für eine maximale Reichweite von 491 Kilometer und einer maximalen Mündungsgeschwindigkeit von 2.510 m/s ausgelegt, die kürzere 30 m-Version auf 270 Kilometer Reichweite und einer Mündungsgeschwindigkeit von 1.937 m/s ausgelegt. Die aus Aluminium gefertigten Projektile wogen 67 kg (bei einer Nutzlast von 15 kg), die dabei benutzten Treibladungen bis zu 277,2 kg.[1]

Wunsch und Wirklichkeit

Laut einer Aussage des irakischen Generals Hussein Kamel sollte die Waffe verwendet werden, um feindliche Satelliten lahmzulegen.[Anm. 1]

“It was meant for long-range attack and also to blind spy satellites. Our scientists were seriously working on that. It was designed to explode a shell in space that would have sprayed a sticky material on the satellite and blinded it.”

„Es war für Angriffe auf große Entfernung und für die Blendung von Spionagesatelliten ausgelegt. Unsere Wissenschaftler haben tatsächlich daran gearbeitet. Es wurde so entworfen, dass eine Granate im All explodieren und ein haftendes Material auf den Satelliten versprühen sollte, um ihn zu blenden.“

[3]

„Diktator Saddam Hussein läßt Monster-Geschütze bauen, die Satelliten ins All schießen können, aber auch chemische oder atomare Sprengköpfe in den ganzen Nahen Osten.“

DER SPIEGEL 17/1990

Tatsächlich wurden bei Schießversuchen mit der 52,5 m Kanone vom 3. Juni bis 24. September 1990 eine maximale Reichweite von 229 km und eine maximale Flughöhe von 62 km erzielt.[1] Die UNMOVIC konnte in ihrem Abschlussbericht die Verwendung der Superkanonen für den Verschuss von Massenvernichtungswaffen (atomar, biologisch, chemisch) gänzlich ausschließen.[1]

Mediale Verwertung

Im Spielfilm Doomsday Gun von 1994 wird die Geschichte der Superkanone thematisiert. Siehe: imdb.de

Anmerkungen

  1. Diese Aussage in der New York Times vom 10. September 2006, auch in Howard L. Salter: Defending Liars, ISBN 978-159800-750-3, und Sharad S. Chauhan: War on Iraq, ISBN 978-817648-478-7, erwähnt, liegt gemeinsam ein Zitat von globalsecurity.org zugrunde. Worauf sich John E. Pike beruft bleibt unklar; Pike bezeichnete Bull als „größtes Artilleriegenie dieser Generation“. → Siehe: DER SPIEGEL 17/1990
  • fas.org Bild der 52,5 m Kanone von der Mündung

Einzelnachweise

  1. a b c d e f UNMOVIC :Chapter IV, Missile Programme (39,7 MB)
  2. Akte Saddam (II): Der gefährlichste Mann der Welt. In: Der Spiegel. Nr. 6, 2003 (online).
  3. James Glanz: Shades of Supergun Evoke Hussein’s Thirst for Arms. nytimes.com, 10. September 2006, abgerufen am 1. Januar 2011 (englisch).