Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Abzockerei»

Schweizer Volksinitiative
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Die Eidgenössische Volksinitiative «gegen die Abzockerei» (Französisch: Initiative populaire contre les rémunerations abusifs; Italienisch Iniziativa popolare contro le retribuzioni abusive) ist eine Schweizer Volksinitiative, die 2006 vom inzwischen für den Kanton Schaffhausen in den Ständerat gewählten Unternehmer Thomas Minder lanciert wurde. Die Initiative war eine Reaktion auf die exorbitanten Vergütungen gewisser Manager grosser Unternehmen und Banken, die gleichzeitig die weltweite Finanzkrise mitverursachten und das weltweite Finanzsystem in Gefahr brachten. Die Initiative wird am 3. März 2013 zur Abstimmung kommen.

Inhalt

Die Initiative bezeckt das Verbot von Abgangsentschädigungen und Vorauszahlungen für Verwaltungsräte börsenkotierter Unternehmen und ein Verbot des Organ- und Depotstimmrechts und verlangt, dass die Pensionskassen im Sinne ihrer Mitglieder an den Generalversammlungen abstimmen müssen. Gleichzeitig fordert sie die jährliche Wahl des Verwaltungsratspräsidenten und der einzelnen Verwaltungsratsmitglieder und verlangt die Einführung der elektronischen Fernabstimmung.

Der Initiativtext[1]

Eidgenössische Volksinitiative 'gegen die Abzockerei'

I

Die Bundesverfassung vom 18. April 19991 wird wie folgt geändert:

Art. 95 Abs. 3 (neu)

3 Zum Schutz der Volkswirtschaft, des Privateigentums und der Aktionärinnen und Aktionäre sowie im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensführung regelt das Gesetz die im In- oder Ausland kotierten Schweizer Aktiengesellschaften nach folgenden Grundsätzen:

a. Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Gesamtsumme aller Vergütungen (Geld und Wert der Sachleistungen) des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates ab. Sie wählt jährlich die Verwaltungsratspräsidentin oder den Verwaltungsratspräsidenten und einzeln die Mitglieder des Verwaltungsrates und des Vergütungsausschusses sowie die unabhängige Stimmrechtsvertreterin oder den unabhängigen Stimmrechtsvertreter. Die Pensionskassen stimmen im Interesse ihrer Versicherten ab und legen offen, wie sie gestimmt haben. Die Aktionärinnen und Aktionäre können elektronisch fernabstimmen; die Organ- und Depotstimmrechtsvertretung ist untersagt.

b. Die Organmitglieder erhalten keine Abgangs- oder andere Entschädigung, keine Vergütung im Voraus, keine Prämie für Firmenkäufe und -verkäufe und keinen zusätzlichen Berater- oder Arbeitsvertrag von einer anderen Gesellschaft der Gruppe. Die Führung der Gesellschaft kann nicht an eine juristische Person delegiert werden.

c. Die Statuten regeln die Höhe der Kredite, Darlehen und Renten an die Organmitglieder, deren Erfolgs- und Beteiligungspläne und deren Anzahl Mandate ausserhalb des Konzerns sowie die Dauer der Arbeitsverträge der Geschäftsleitungsmitglieder.

d. Widerhandlung gegen die Bestimmungen nach den Buchstaben a-c wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe bis zu sechs Jahresvergütungen bestraft.

II

Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt:

Art 197 Ziffer 8 (neu)

8. Übergangsbestimmung zu Artikel 95 Absatz 3

Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen erlässt der Bundesrat innerhalb eines Jahres nach Annahme von Artikel 95 Absatz 3 durch Volk und Stände die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

Geschichte

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts kam es in den weltweit tätigen Grossunternehmen zu immer grösseren Lohnexzessen bei den Spitzenmanagern, die sich selber Millionenvergütungen und Abfindungen auszahlten, während ihre Unternehmen zum Teil verluste schrieben und durch ihre Aktivitäten für die weltweite Finanzkrise verantwortlich waren. Diese Ereignisse schürten die Wut bei kleinen Leuten, die im Zuge dieser Ereignisse ihr Geld verloren. 2005 lancierte der schaffhauser Kleinunternehmen Thomas Minder praktisch im Alleingang die Eidgenössische Volksinitative gegen die

  • [http://www.abzockerei.ch Website der Initianten der Eidgenössischen Volksinitiative «gegen die Abzockerei», die er schliesslich am 26. Februar 2008 mit 118583 beglaubigten Unterschriften einreichte.[2]. Es folgte ein mehrjähriges Hickack im Parlament, welches schliesslich beschloss, keine Empfehlung zur Initiative herauszugeben und in From eines Gesetzesartikels einen indirekten Gegenvorschlag beschloss, der automatisch in Kraft tritt, sollte niemand das Refendum ergreifen und die Volksinitiative abgelehnt werden. Laut den Initianten werden in diesem Gesetzesartikel, welchen sie als zahnlosen Papiertiger bezeichnen, jedoch wesentliche Forderungen nicht umgesetzt. So bleiben überrissene Abgangsentschädigungen weiterhin möglich und auch die Organ- und Depotstimmrechtsvertretung wird nicht verboten und die Pensionskassen werden weiterhin nicht verpflichtet an den Generalversammlungen die Interessen ihrer Versicherten wahrzunehmen. Aus diesen Gründen verzichtete Minder auf einen Rückzug der Initiative und diese kommt so nun am 3.3.2013 zur Abstimmung. Im sehr erbittert geführten Abstimmungskampf investierten die Gegner der Initiative, allen voran die Unternehmervereinigung Economiesuisse bisher mehrere Millionen Franken, während dem Initiativekomite nur etwa 200000.- zur Verfügung stehen. Trotz dieses publizistischen Ungleichgewichts hat die Initiative nach aktuellen Umfragen im Januar eine Zustimmung von über 65% der Stimmberechtigten. Ob dieser Vorsprung der Befürworter jedoch ausreicht, um die Abstimmung zu gewinnen, ist noch offen, denn bei früheren Abstimmungen für Volksinitiativen hat sich regelmässig gezeigt, dass die Gegener zulegen, je näher der Abstimmungstermin rückt.

Einzelnachweise

  1. Quelle: Der text der Eidgenössischen Volksinitiative 'gegen die Abzockerei' auf der Website des Bundes (admin.ch)
  2. Quelle: Artikel auf der Website der Initianten