Samurai (侍 oder seltener 士) ist die übliche Bezeichnung für einen Krieger im vorindustriellen Japan. Eine passendere Bezeichnung, die während der Edo-Periode gebräuchlich war, ist bushi (wörtlich: „Kriegsmann“). Heute wird Samurai hingegen für den Kriegeradel verwendet und nicht z. B. für ashigaru (wörtlich: "schnelle Füße"; gemeint sind leichtgerüstete Fußsoldaten). Ein herrenloser Samurai, der keinem daimyo (Clan) angehörte, wurde ronin („Wellenmann“) genannt.
Etymologie
Der Ursprung des Wortes Samurai liegt im Japan der Vor-Heian-Periode. Es wurde saburai ausgesprochen und bedeutet „Diener“ oder „Begleiter“. Erst in der frühen Moderne, namentlich in der Azuchi-Momoyama-Periode und der frühen Edo-Periode des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts, bürgerte sich das Wort samurai an Stelle von saburai ein. Die Bedeutung hatte sich allerdings bereits lange Zeit vorher gewandelt.
Die Waffen der Samurai
Hauptwaffe der Samurai war ein Schwertpaar (daisho), von denen es eines für den Frieden und eines für den Kampf gab. Das Schwertpaar für den Frieden bestand aus dem langen Katana und dem kurzen Wakizashi bzw Kotetsu, das Schwertpaar für den Kampf aus dem langen Tachi und dem kurzen Tanto. Im Gegensatz zu dem geraden und wuchtigen Schwert der europäischen Ritter war das japanische Schwert leicht gebogen und weniger schwer. Die Schwertscheiden waren sehr reich verziert.
Eine andere Waffe der Samurai war der Dai-kyu (Langbogen), der wegen seiner enormen Größe, seiner gewaltigen Reichweite und seiner großen Durchschlagskraft gefürchtet war. Ein geübter Schütze konnte aus etwa 150 Metern Entfernung ein bewegliches Objekt von der Größe eines Hundes sicher treffen, aber auch Reichweiten von etwa 300 Metern waren möglich. Seine asymmetrische Form machte es zudem möglich, ihn auch vom Pferderücken aus abzufeuern, was ihn als Reiterwaffe gefürchtet machte.
Auch zwei Lanzen gehörten zur Ausrüstung eines Samurai: Die Klinge der Schwertlanze naginata war lang und leicht gebogen, die yari hatte eine relativ lange dolchartige Spitze und war beidseitig geschliffen.
Geschichte
Ursprung der Samurai
Während der Heian-Periode (794-1192) bezog sich saburai vor allem auf die Wachen des kaiserlichen Palastes und die Schwertträger. Diese Vorläufer der klassischen Samurai wurden vom Herrscher ausgestattet. Ihnen war vorgeschrieben, fortwährend ihre Beherrschung der Kampfkunst zu verbessern.
Die eigentlichen Armeen des Kaisers hingegen waren lediglich Gruppen von Wehrpflichtigen, die im Kriegs- oder Rebellionsfalle den entsprechenden Provinzen Japans zugeordnet wurden. Sie waren nach dem Vorbild chinesischer Armeen aufgebaut und bestanden aus einem Drittel der kampffähigen erwachsenen männlichen Bevölkerung. Im Gegensatz zu den kaiserlichen Wachen musste jeder Soldat für seine Waffen und Versorgung selbst aufkommen.
Während der frühen Heian-Periode im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert strebte Kaiser Kammu (737-806) nach einer Konsolidierung und Expansion seines Reiches in der nördlichen Honshū-Region. Er sandte seine Armeen aus, um die rebellierenden Emishi (Nachfahren der Ainu) zu unterwerfen, und führte den Titel des Shoguns ein, wobei er sich bei der Unterwerfung der Emishi auf die starken regionalen Clans (daimyo) verließ.
Diese daimyo bestanden usprünglich aus Bauern, welche durch die Tyrannei der durch den Kaiser zur Verwaltung und Besteuerung eingesetzten Magistraten zur Bewaffnung getrieben worden waren. Erfahren im Gebirgskampf und Bogenschießen, wurden sie vom Kaiser bald ausschließlich eingesetzt, um die Rebellionen zu beenden, während die Armeen vollständig aufgelöst wurden. In der Mitte der Heian-Periode hatten die daimyo schließlich Rüstung und Waffen nach japanischer Art übernommen und den Grundstein zum bushido gelegt.
Für den größten Teil der folgenden Feudalperiode, der Ära der Samurai-Herrschaft, blieb der Ausdruck yumitori (Bogenschütze) der Ehrentitel eines ausgezeichneten Kriegers, selbst als der Schwertkampf die größere Wichtigkeit erlangt hatte.
Aufstieg der Samurai
Ursprünglich waren die Samurai also nur Soldaten im Dienste des Kaisers und der Adelsstämme. Im Laufe der Zeit sammelten sie jedoch genügend Einfluss, um die Macht des Kaisers an sich zu reißen und die erste Samurai-dominierte Regierung zu bilden.
Während die regionalen daimyo sich zusammenschlossen und Arbeitskraft sowie Ressourcen sammelten, formten sie eine auf den toryo (Anführer) ausgerichtete Hierarchie. Dieser toryo war entweder ein entfernter Verwandter des Kaisers oder ein rangniedrigeres Mitglied einer der drei Adelsfamilien, der Fujiwara, der Minamoto oder der Taira. Obwohl die toryo ursprünglich nur auf vier Jahre befristet als Magistraten in die Provinzen entsandt worden waren, entschlossen sie sich zu bleiben, wohl wissend, dass sie nach ihrer Rückkehr nur Nebenrollen in der Regierung spielen würden. Ihre Söhne erbten ihre Positionen und leiteten von der Mitte bis zum Ende der Heian-Periode die daimyo weiter beim Niederschlagen der Rebellionen in ganz Japan.
Wegen ihrer militärischen und ökonomischen Stärke entwickelten sich die daimyo zu einem neuen Machtfaktor in der Politik am Kaiserhof. Ihre Beteiligung an der Hogen-Rebellion gegen Ende der Heian-Periode trug noch zur Konsolidierung ihrer Macht bei. Während der Heiji-Rebellion 1160 kam es zum Kampf der rivalisierenden Minamoto und Taira. Der siegreich aus der Rebellion hervorgehende Taira no Kiyomori (1118-1181) wurde als erster Krieger, der eine solche Position erreichte, kaiserlicher Berater und übernahm schließlich die Kontrolle über den Staat. Auf diese Weise bildete er die erste Samurai-dominierte Regierung und reduzierte den Kaiser auf eine bloße Symbolfigur.
Japan der Feudalzeit
Ein erneuter Zusammenstoß zwischen den Taira und den Minamoto 1180 führte zum Gempei-Krieg, der bis 1185 dauerte. Der siegreiche Minamoto no Yoritomo (1147-1199) ging 1190 nach Kyoto und wurde zum Seii Taishogun ernannt (wie der Titel shogun in voller Länge heißt). Er begründete das Kamakura-Shogunat (1192-1333).
Im Laufe der Zeit wurden mächtige Samurai-daimyo zu Kriegsadeligen (buke), die nur nominal der Aristokratie des Hofes (kuge) unterstanden. Während die Samurai höfische Sitten wie Kalligraphie, Dichtkunst und Musik übernahmen, wurden im Gegenzug von den kuge auch Samurai-Fähigkeiten übernommen. Trotz verschiedener Intrigen und kurzer Perioden unter der Herrschaft diverser Kaiser lag die wahre Macht in den Händen der Shogune und Krieger.
Während der sengoku jidai („Periode der Krieg führenden Provinzen“, 1467-1568) war das japanische Kastensystem noch so flexibel, dass sich auch Männer aus anderen sozialen Klassen manchmal als Krieger einen Namen machen und de facto zu Samurai werden konnten (auch wenn ein formaler bushido-Status bei 150 gleichzeitig um Einfluss kämpfenden Kriegsherren kaum einen Wert besaß). Dies änderte sich, als Toyotomi Hideyoshi (1536-1598), selber Sohn einer armen bäuerlichen Familie, erster Minister wurde. Er erließ 1586 ein Gesetz, das die Samurai-Kaste als permanent und erblich festschrieb und Nicht-Samurai verbot, Waffen zu tragen.
Während des Tokugawa-Shogunats bzw. der Edo-Periode (1603-1867) wurden Samurai vermehrt Höflinge, Bürokraten und Administratoren anstelle von Kämpfern und daisho. Das Schwertpaar der Samurai (Katana und Wakizashi) wurde mehr ein symbolisches Emblem der Macht denn eine Waffe des täglichen Gebrauchs. Samurai besaßen weiterhin das Recht, jeden Bürger niederzuschlagen, der ihnen nicht den gebührenden Respekt erwies; in welchem Maße von diesem Recht Gebrauch gemacht wurde ist aber nicht bekannt. Als die Regierung schließlich die daimyo zwang, die Größe ihrer Armeen zu reduzieren, wurden arbeitslose ronin zu einem großen gesellschaftlichen Problem.
Schüler schrieben das bushido in seiner schlussendlichen Form während der Tokugawa-Periode fest. Aus dieser Periode stammt auch das berühmteste Buch des kenjutsu, Musashi Miyamotos Das Buch der Fünf Ringe (1643).
Die Meiji-Restauration
Die letzte Sternstunde der ursprünglichen Samurai kam 1867, als Samurai der Choshu und Satsuma die Provinzen der kaisertreuen Streitkräfte des Shogunates bezwangen. Kaiser Meiji (eigentlich Mutsuhito, 1852-1912) hob den Samurai-Status jedoch zugunsten einer moderneren, westlich orientierten Armee auf und behielt lediglich das Katana für Offiziere bei.
Japanische Soldaten behielten bis zum Zweiten Weltkrieg eine gewisse Ähnlichkeit zum bushido. Manche Blutlinien der Samurai, wie das Haus Honda, haben in der japanischen Wirtschaft und Politik auch heute noch großen Einfluss.
Literatur
- Tsunetomo Yamamoto: Hagakure. Kabel-Verlag, 2003, ISBN 3-822-50644-3 (Hagakure ist der Samurai-Ehrenkodex)
- Yukio Mishima: Zu einer Ethik der Tat. Einführung in das Hagakure, die grosse Lehre der Samurai. Hanser-Verlag, München 1996, ISBN 3-446-14516-8
- Wolfgang Schwentker: Die Samurai. Verlag C.H. Beck, 2003, ISBN 3-406-47988-X
- Inazo Nitobe: Bushido - Die Seele Japans. Angkor Verlag, Frankfurt 2003, ISBN 3-936-01816-2
Weblinks
- www.samurai-archives.com (englisch)