Internationales Mühlenmuseum Gifhorn
Das Internationale Wind- und Wasser- Mühlenmuseum in Gifhorn (Niedersachsen) ist mit seinen Mühlen eine in Westeuropa einzigartige Einrichtung. Auf einem ca. 16 ha großen Freigelände des Museums befinden sich derzeit 16 originale oder originalgetreu nachgebaute Mühlen aus 14 verschiedenen Ländern mit zahlreichen bedeutsamen originalen Gegenständen des Mühlen- und Müllereiwesens. Die Museumsanlage ist verkehrsgünstig in der Nähe des Kreuzungspunktes der Bundesstraßen B 4 und B 188 gelegen.

Museumsvorgeschichte
Die Geschichte des Mühlenmuseums ist eng verbunden mit ihrem Gründer und Besitzer Horst Wrobel. 1965 entdeckte er bei einem Ausflug zum Elm in Abbenrode eine alte Bockwindmühle, die noch in Betrieb war. Horst Wrobel baute die Mühle im Maßstab 1:25 nach sammelte danach sämtliches Material über Wind- und Wassermühlen. 1974 richtete er in Suhlendorf ein privates Museum mit seinen inzwischen nachgebauten Mühlenmodellen ein. Um eine Einrichtung im größeren Maßstab zu schaffen, kam es 1977 zu ersten Kontakten zum Landkreis Gifhorn, der das Projekt aktiv unterstützte. Im gleichen Jahr schlossen die beiden Parteien einen Erbbaurechtsvertrag über das künftige Museumsgelände.
Von 1980 bis heute
Das Mühlenmuseum öffnete 1980 seine Pforten, nachdem zwei Jahre lang umfangreiche Geländearbeiten durch den Aller-Ohre-Verband stattfanden. Mit Hilfe von Planierraupen und Schwemmbaggern wurde eine Modellierung des Geländes vorgenommen, bei der zahlreiche Gräben und Teiche sowie der 5 ha großen Mühlensee entstanden. Der See dient gleichzeitg als Rückhaltebecken für den Hochwasserschutz und der Wasserregulierung der Ise. Als erste Bauten entstanden die Ausstellunghalle sowie drei Mühlen (Kellerholländer, Bockwindmühle und Tiroler Wassermühle).
Mühlenmodelle
Kernstück der Museumsanlage ist die 800 m2 große Ausstellungshalle. Darin sind 49 Wind- und Wassermühlen-Miniaturmodelle (naturgetreu und maßstabsgerecht den Originalen in allen Einzelheiten verkleinert nachgebaut) aus 20 Ländern ausgestellt. Sie geben Auskunft, zu welchen Arbeitsvorgängen sich Menschen vor der Erfindung der Dampfmaschine die Wind- und Wasserkraft zunutze machten, um schwere Arbeiten zu verrichten. Die Ausstellung beherbergt außerdem Utensilien aus dem Mühlen- und Müllereiwesen.
Dorfplatz
Mittelpunkt des Freilicht-Museums ist der Dorfplatz mit einem Bauensemble von drei Fachwerkhäusern im Niedersachsen-Stil, die im Stil eines Rundlingsdorfes plaziert sind. Das Backhaus wurde 1983 als Restaurationsbetrieb in Betrieb genommen und bietet als "Vierständer-Niedersachsenhaus" Platz für 250 Gäste. Für die Museumsbesucher fertigen Bäcker in Steinbacköfen Brot und Kuchen nach alten Rezepten. Später kamen als weitere Bauten das Müllerhaus und das Trachtenhaus mit Platz für 500 Gäste hinzu.
Mühlen
Bockwindmühle Viktoria
Die Bockwindmühle stammt aus dem nahe gelegenen Ort Osloß und ist somit als Einheimische zu bezeichnen 1882 stellte sie dort ein Müller auf, der die Mühle im Kreis Neuhaldensleben erworben hatte. Als Baujahr ist die Jahreszahl 1816 an der Mühle vermerkt. 1940 stellte sie ihren Betrieb ein.
Der Landkreis Gifhorn kaufte die verfallene Mühle 1977 und gab sie dem Museumsbetreiber Horst Wrobel in Obhut. Mit Spendengeldern wurde sie restauriert und in einen funktionsfähigen Zustand gesetzt.
Der Name Bockwindmühle bezeichnet das ganze Mühlenhaus, das auf einem Gerüst, einem Bock, steht, beziehungsweise, technisch korrekt ausgedrückt, hängt. Das Mühlenhaus wird samt Einrichtung jeweils vor Arbeitsbeginn gegen den Wind gedreht. Die Bockwindmühle galt nach dem Allgemeinen Landrecht für Preußen von 1794 nicht als Bauwerk im engeren Sinne, sondern als Maschine. Deshalb entfiel für seine Besitzer damals die Pflicht, für seine Arbeitsstätte Hauszinssteuer zu zahlen.
Kellerholländer Mühle Immanuel
Die Mühle stammt aus Westdorf im Landkreis Dithmarschen, die dort unter dem Namen Immanuel 1848 errichtet wurde. Sie gehörte zu den ersten drei Original-Mühlen, die im Museum ihren Platz fanden. Sie wird als "Berg-" oder auch "Kellerholländer" bezeichnet. Damit ist einerseits gemeint, dass die Mühle auf einem kleinen Hügel errichtet ist und andererseits, dass sie einen Keller hat, in den Fuhrwerke einfahren konnten. Im Laufe ihrer Geschichte entwickelte sich die Anlage durch zahlreiche Umbauten zu einer hochtechnischen Mühle, u.a. mit automatischer Windrose. Die Jalousieflügel konnten der Windstärke angepasst werden. 1969 bot der letzte Müller in einer Zeitungsanzeige an, sie zu verschenken unter der Bedingung, dass sie wiederaufgebaut wird. Der Zeitungsverleger Axel Springer erwarb die Mühle und ließ sie restaurieren. Später schenkte er sie dem Mühlenmuseum, wo sie 1979 wieder aufgebaut wurde.
Tiroler Wassermühle
Die etwa 300 Jahre alte Wassermühle aus Iselsberg-Stronach bei Lienz /Tirol ist ebenfalls eine der ersten drei Mühlen des Museums und wurde hier 1979aufgebaut. Sie stand zuvor an einem Wildbach im Lesachtal in Osttirol und auf dem Museumsgelände von einem Teich angetrieben. Die Mühle aus massiven Lärchenstämmen verfügt über zwei oberschlächtige Wasserräder, die zwei Mahlgänge antreiben.
Deutsche Rossmühle
Die wahrscheinlich größte Roßmühle Deutschlands aus Hüllhorst-Oberbauerschaft im Kreis Minden-Lübbecke aus dem Jahre 1797 wurde 1982 als Nachbau errichtet. Sie ist ein achteckiger Fachwerkbau, in dessen Inneren Zugpferde im Kreis laufen mit je einer Pferdestärke (PS) ein Zahnradwerk in Bewegung setzen.
Galerie-Holländer Mühle Sanssouci
Seit 1984 steht auf dem Dorfplatz des Museumsgeländes eine Mühle, die ein Abbild der historischen Mühle neben dem Schloss Sanssouci in Potsdam darstellt. Das 40 m hohe Original entstand 1788, brannte 1945 bei letzten Kampfhandlungen im Zweiten Weltkrieg ab und wurde 1993 in Potsdam wieder aufgebaut. Berühmt geworden ist die Mühle nahe der Königsresidenz durch die Legende, das ihr Klappern Friedrich den Großen störte. Als der König mit Enteignung drohte, habe der Müller auf das Kammergericht in Berlin hingewiesen.
Griechische Mühle Irini
Bei einer Museumserweiterung 1987 entstand auf einer künstlichen Insel auf dem Gelände ein Nachbau einer Windmühle von der griechischen Kykladeninsel Mykonos. Die Mühle stellt eine weiße Turmmühle mit Spitzdach und zwölf Segelflügeln dar.
Ukrainische Mühle Natascha
Der Mühlennachbau wurde 1988 in Beisein des Generalkonsuls der UDSSR eingeweiht und sorgte für positive Kontakte zur damaligen UDSSR. Das Vorbild der Mühle steht in der Partnerstadt von Gifhorn in Korsun-Schewtschenkowski nahe Kiew. Die Mühle hat einen massiven Unterbau im Blockhausstil und einen schlanken Turm. Wie alle ukrainischen Bauwerke ist sie reich verziert.
Donau-Schiffsmühle aus Ungarn
1989 wurde die Schiffsmühle an der Ise in Betrieb genommen. Sie besteht aus zwei hölzernen Schiffen, zwischen denen sich ein Schaufelrad dreht. Im größeren Hauptschiff sind das Mahlwerk und die Müllerstube untergebracht. Das kleinere Schiff trägt die Welle des Schaufelrades, das sich im Flusswasser dreht. Erbaut wurde die Mühle von Werftarbeitern und Museumsfachleuten des Freilichtmuseums in Szentendre bei Budapest, wo noch ein Vertreter dieses Mühlentyps erhalten blieb. Derartige Mühlen an Flüssen sind aus dem heutigen Landschaftsbild verschwunden, denn ihre Lebensdauer betrug nur rund 50 Jahre.
Portugiesische Windmühle Anabela
Der Mühlennachbau entstand 1993 neben der griechischen Mühle und stammt aus Torres Vedras in Mittelportugal. Er entspricht dem Mühlentyp, wie er auch an der portugiesischen Algarveküste zu finden ist.
Mallorquinische Mühle
Die Getreidemühle entstand im Jahre 2000 nach dem Vorbild von Mühlen nahe Palma de Mallorca auf der Baleareninsel Mallorca. In ihrem großzügigen Unterbau ist eine Ausstellung über Mühlen von Mallorca, gestern - heute zu sehen.
Russische Bauernwindmühle
Die originale Bockwindmühle stammt aus dem Gebiet Archangelsk und wurde dem Mühlenmuseum 2001 von der Andrej-Rublijow-Stiftung aus Moskau gestiftet.
Provenzalische Mühle
2002 entstand der Nachbau einer Turmmühle aus der Provence in Frankreich. Bei dem Vorbild handelte es sich um die Mühle in Fontvieille, die der Dichter Alphonse Daudet im 19. Jahrhundert in seinem Buch Briefe aus meiner Mühle beschrieb. 1936 erschien sie auf einer fanzösischen Briefmarke.
Hammermühle aus Korea
2003 entstand als erste asiatische Mühle eine Getreidestampfmühle aus Korea, die aus Holz und Bambus besteht. Sie ist eine Wassermühle aus der Bergregion von Sobaek und Taeback San in der Provinz Gang-won-do in Korea.
Schottische Windmühle Lady Devorgilla
Es handelt sich um den Nachbau einer schottischen Windmühle auf Corbey Hill von etwa 1790. Das Original steht in Gifhorns schottischer Partnerstadt Dumfries. In Gifhorn dient die Mühle als romantische Kulisse für Trauungen.
Wassertretmühle
Von der Insel Taiwan stammt eine Wassertretmühle mit der Wasser auf ein höher liegendes Feld geschöpft wird. Dies ist der einzige Mühlentyp, der in diesem Land existiert. Der Nachbau des historischen Wassertretrades ist eine Leihgabe der Berufsbildenenden Schulen des Landkreises Gifhorn, die eine Schulpartnerschaft nach Taiwan unterhalten.
Die russische Stabkirche
Bei der 27 m hohen Stabkirche mit acht vergoldeten Kuppeln auf dem Museumsgelände handelt es sich um einen Nachbau der russisch-orthodoxen Holzkirche, die dem Heiligen Nikolaus gewidmet ist. Sie wurde 1765 als Christi-Verklärungskirche im zentralrussischen Dorf Kosljatjewo erbaut. Der Moskauer Patriarch weihte sie seinerzeit persönlich ein. In der Kirche ist eine Ausstellung mit liturgische Gegenständen (Ikonen, Öllampen, Leuchter, Gewänder, Stickereien, Taufgefäße, Bibeln) aus der Manufaktur des Moskauer Patriarchats zu sehen. Die Innenbesichtigung des mit Ikonenmalereien verzierten und kathedralenähnlichen Bauwerkes kostet jedoch zusätzlichen Eintritt.