Benutzer:Stoerzer/Spielwiese

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Der Begriff Linearer Operator wurde in der Funktionalanalysis (einem Teilgebiet der Mathematik) eingeführt und ist synonym zum Begriff der linearen Abbildung. Eine lineare Abbildung ist eine strukturerhaltende Abbildung zwischen Vektorräumen über einem gemeinsamen Körper. Werden Vektorräume über dem Körper der reellen oder komplexen Zahlen betrachtet und sind diese mit einer Topologie versehen (lokalkonvexe Räume, normierte Räume, Banachräume), so spricht man vorzugsweise von linearen Operatoren.

Im Gegensatz zu endlichdimensional Räumen, wo lineare Operatoren stets beschränkt sind, tauchen bei unendlichdimensionalen Räumen auch unbeschränkte lineare Operatoren auf.

Definition

Linearer Operator

Es seien   und   reelle oder komplexe Vektorräume. Eine Abbildung   von   nach   heißt linearer Operator, wenn für alle   und   die folgenden Bedingungen gelten:

  1.   ist homogen:  
  2.   ist additiv:  .

Antilinearer Operator

Seien   und   komplexe Vektorräume. Ein Operator   von   in   heißt antilinearer Operator, wenn für alle   und   die folgenden Bedingungen gelten:

  1.   ist antihomogen:  
  2.   ist additiv:  .

Beispiele

Lineare Operatoren

  • Es sei   eine reelle  -Matrix. Dann ist die lineare Abbildung   ein linearer Operator von   in  .
  • Für eine stetige Funktion   ist der Multiplikationsoperator   definiert durch   ein linearer Operator.
  • Der Ableitungsoperator  , der einer Funktion ihre Ableitung zuordnet   ist ein linearer Operator.
  • Für   offen und einer messbare Funktion   als Integralkern ist der Integraloperator   ein linearer Operator zwischen zwei Vektorräumen.


Bemerkung Auch Distributionen können als Integralkerne verwendet werden. So gibt es zu jedem linearen Operator   eine eindeutige Distribution   so dass   für alle   gilt. Diese Distribution   nennt man Schwartz-Kern.

Antilinearer Operator

  • Ist   ein komplexer Hilbertraum und   sein Dualraum, so gibt es nach dem rieszschen Darstellungssatz zu jedem   genau ein  , so dass   für alle   gilt. Die Abbildung   ist antilinear. Diese liegt darin begründet, dass ein komplexes Skalarprodukt   in der zweiten Variablen antilinear ist.

Bedeutung und Anwendungen

Die Bedeutung linearer Operatoren besteht darin, dass sie die lineare Struktur des unterliegenden Raumes respektieren, d.h. sie sind Homomorphismen zwischen Vektorräumen.

Anwendungen linearer Operatoren sind:

  • In der Vierpoltheorie (Elektrotechnik) werden die Beziehungen zwischen den Eingangsgrößen (Stromstärke und Spannung) und den Ausgangsgrößen (Stromstärke und Spannung) als wechselseitig voneinander linear abhängig betrachtet. Die Abhängigkeiten können durch 2x2 Matrizen beschrieben werden.


Beschränkte lineare Operatoren

Definitionen

Seien   und   zwei normierte Vektorräume und   ein linearer Operator. Die Operatornorm von   ist definiert durch:

 

Oder äquivalent

 

Es gilt:  

Ein Operator heisst beschränkt, falls die Operatornorm endlich ist, d.h.   Andernfalls heisst der Operator unbeschränkt.

Die Menge aller beschränkten linearen Operatoren vom normierten Raum   in den normierten Raum   nenn man  . Durch die Definition der Addition   und skalaren Multiplikation   wird   selbst zu einem Vektorraum. Mit der Operatornorm ist dieser selbst ein normierter Vektorraum. (sogar ein Banachraum, falls   vollständig ist[1]) Falls   ist, wird auch abkürzend   geschrieben. Der Raum   heisst der Dualraum von  . Seine Elemente sind die stetigen linearen Funktionale auf  

Charakterisierung beschränkter linearer Operatoren

Die beschränkten linearen Operatoren lassen sich wie folgt charakterisieren:

Ist   ein linearer Operator, dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:

  1.   ist beschränkt, d.h. in   enthalten.
  2.   ist gleichmässig stetig.
  3.   ist stetig.
  4.   ist stetig in einem Punkt  .


Beweis 1.)   2.): Aufgrund der Linearität und der Beschränktheit von   gilt

  für ein   Somit ist   gleichmässig stetig.

Die Implikationen 2.)   und 3.)   4.) sind offensichtlich.

4.)   1.): OBdA   ist stetig in   Angenommen   ist nicht beschränkt. Dann existiert eine Folge   mit   und   Für die Folge   gilt   für   und   Das ist aber ein Widerspruch zur Stetigkeit von   in   Somit ist   beschränkt.

Beispiele beschränkter linearer Operatoren

  •   mit  , wobei   der identische Operator auf   ist.
  •   mit  , wobei die Folge   beschränkt ist und als Diagonaloperator auf dem Folgenraum   mit   interpretiert wird.
  • Der Shiftoperator   ist beschränkt mit  , wobei   auf dem Folgenraum   mit   definiert ist.
  • Es sei   eine kompakte Menge und   der Banachraum der stetigen Funktionen auf   mit der Supremumsnorm. Weiter sei   und der lineare Operator   ist definiert durch   für  . Dann ist   und  .
  • Es sei   ein Maßraum und   der Lp-Raum der Äquivalenzklassen der in p-ter Potenz integrierbaren, messbaren Funktionen auf   mit der Lp-Norm für  . Weiter sei   und der lineare Operator   definiert durch   für  . Dann ist   und  .

Anwendungen

  • Funktionalkalkül, d.h. für eine beschränkte, reelle bzw. komplexwertige messbare Funktion f und einen beschränkten linearen Operator T kann f(T) definiert werden.

Klassen beschränkter linearer Operatoren auf Hilberträumen

Seien   und   Hilberträume.

Adjungierter Operator

Für   ist der adjungierte Operator   definiert durch   für alle  

Beispiel

  • Auf   ist für   der Fredholmsche Integraloperator
  stetig auf  .
Sein adjungierter Operator   lautet  

Selbstadjungierter Operator

Ein Operator   heisst selbstadjungiert, falls   gilt.

Beispiel

  • Der Fredholmsche Integraloperator auf   ist für   selbstadjungiert.

Unitärer Operator

Ein Operator   heisst unitär, falls   gilt.

Beispiel

  • Sei   der Shiftoperator auf   definiert durch   Es gilt   und   aber  . Somit ist   auf   nicht unitär.
  • Betrachtet man den Shiftoperator auf   dann ist   unitär.

Normaler Operator

Ein Operator   heisst normal, falls   gilt.

Beispiele

  • Jeder selbstadjungierte Operator ist normal.
  • Jeder unitäre Operator ist normal.

Projektionsoperator

Ein Operator   heisst Projektion, falls   gilt. Eine Projektion ist genau dann eine Orthogonalprojektion, wenn sie selbstadjungiert ist.

Beispiel

  • Für   mit   ist   eine Orthogonalprojektion.

Kompakter Operator

Ein Operator   heisst kompakt, falls er beschränkte Mengen auf relativ kompakte Mengen abbildet, d.h. für eine beschränkte Menge   in   ist der Abschluss von   kompakt in  

Beispiel

  • Auf   ist für eine stetige Funktion   der Fredholmsche Integraloperator
 
ein kompakter Operator.

Unbeschränkte lineare Operatoren

Die Theorie der unbeschränkten Operatoren wurde von John von Neumann 1929 begründet. Im Jahr 1932 unabhängig von von Neumann entwickelte Marshall Harvey Stone die Theorie der unbeschränkten Operatoren.[2]

Das Interesse an unbeschränkten Operatoren ist durch die Untersuchung von Differentialoperatoren und deren Eigenwertspektrum und Observablenalgebren begründet.

Definitionen

Seien   und   Banachräume. Ein unbeschränkter linearer Operator

 

ist eine lineare Abbildung   von einem linearen Unterraum   — die Domäne von   — nach   Dieser Unterraum muss im allgemeinen weder abgeschlossen noch dicht definiert sein. Der Operator wird als partielle Abbildung aufgefasst.

Ein Operator   heisst dicht definiert, falls   dicht in   ist. Das bedeutet, dass man zum Beispiel bei Betrachtung unbeschränkter Operatoren auf Hilberträumen auch einen Prähilbertraum als Definitionsbereich zulässt.

Wenn der Graph   von   ein abgeschlossener Untervektorraum in der Produkttopologie   ist, dann nennt man   abgeschlossen.

Ein Operator   heisst abschliessbar, falls der Abschluss  von   ein Graph eines Operators   ist. In diesem Fall ist   eindeutig und wird als Abschluss von   bezeichnet.

  ist eine Fortsetzung (oder Erweiterung) eines Operator  , falls   d.h.   und   für   Man schreibt  

Zwei Operatoren heissen gleich, falls   und   oder äquivalent:   und   für  

Summe und Produkt zweier Operatoren   sind durch   und   definiert.

Beispiel

 
auf dem Hilbertraum  , der Äquivalenzklassen aller quadratisch integrierbaren, messbaren Funktionen auf   mit der Domäne  , der Menge aller stetig differenzierbaren Funktionen auf   ist ein unbeschränkter Operator, da für die Funktionen   auf   mit   gilt   aber  
Der Operator ist dicht definiert und nicht abgeschlossen.

Abgeschlossener Operator

Definitionen und Eigenschaften

Eine große Klasse unbeschränkter linearer Operatoren bilden die abgeschlossenen Operatoren. Das sind Operatoren  ,die folgende äquivalenten Eigenschaften erfüllen:

  • Der Graph   ist in   abgeschlossen.
  •   ist ein Banachraum bezüglich der Graphennorm   für  .
  • Für jede Folge   in   mit   und   gilt   und  

Beispiele

  • Jeder stetige Operator   ist abgeschlossen. Sind   und   Banachräume, so gilt nach dem Satz vom abgeschlossenen Graphen (s.u.) auch die Umkehrung. Doch i.Allg. gilt die Umkehrung nicht wie das folgende Beispiel zeigt:
 
auf dem Banachraum   der stetigen Funktionen auf dem Intervall   mit der Supremumsnorm. Wählt man als Definitionsbereich   die einmal stetig differenzierbaren Funktionen   dann ist   ein abgeschlossener Operator, der nicht beschränkt ist. Denn für die Folge   ist   für alle   aber für   gilt   für  

Abschliessbarer Operator

Definitionen und Eigenschaften

Ein linearer Operator   heisst abschliessbar, falls folgende äquivalenten Eigenschaften erfüllt sind:

  •   besitzt eine abgeschlossene Fortsetzung.
  • Der Abschluss   des Graphen von   ist der Graph eines Operators.
  • Für jede Folge   in   mit   und   gilt  

Der Kern (oder Gen) eines abschliessbaren Operators ist ein Unterraum   von  , falls   gilt.

Beispiel

  • Auf   sei der Operator   definiert durch   und   Für die Folge   in   mit   gilt
  für  
aber   Deshalb ist   nicht abschliessbar.

Anwendungen

  • Die Darstellung von Observablen der Quantenmechanik erfordert unbeschränkte lineare Operatoren, da die den Observablen zugeordneten Operatoren i. Allg. unbeschränkt sind.

Klassen unbeschränkter linearer Operatoren auf Hilberträumen

Seien   und   Hilberträume.

Adjungierter Operator

  • Die Operatoren   und   heißen zueinander formal adjungiert, falls
  für alle   und   gilt. Unter diesen Voraussetzungen ist   im Allgemeinen nicht eindeutig durch   gegeben. Ist   dicht definiert, so existiert ein zu   eindeutig bestimmter maximaler, formal adjungierter Operator  . Diesen nennt man den adjungierten Operator von  .

Symmetrischer Operator

Ein linearer Operator   heisst symmetrisch, falls   für alle  

Beispiel

 
mit   ist absolut stetig und   abgeschlossen und symmertrisch, aber nicht selbstadjungiert.[3]

Wesentlich selbstadjungierter Operator

Ein linearer Operator   heisst wesentlich selbstadjungiert, falls   dicht definiert ist und   gilt.

Beispiel

 
auf   mit   der Raum aller glatten Funktionen mit kompaktem Träger auf   wesentlich selbstadjungiert.[4]

Selbstadjungierter Operator

Ein linearer Operator   heisst selbstadjungiert, falls   dicht definiert ist und   gilt.

Beispiel

  • Sei   ein Maßraum,   eine messbare Funktion. Dann ist der Multiplikationsoperator
 
auf   mit   dicht definiert und selbstadjungiert.

Resolvente und Spektrum

Sei   ein linearer i.Allg. unbeschränkter dicht definierter Operator auf einem Banachraum  . Dann ist   in der Resolventenmenge   von   falls der Operator   bijektiv und   beschränkt ist. Aus dem Satz des abgeschlossen Graphen folgt, dass die Resolvente für alle   beschränkt ist, wenn   abgeschlossen ist. Für   ist die Resolvente von   definiert durch   Die Menge   heisst Spektrum von  

Das Spektrum   eines linearen i.Allg. unbeschränkten Operator   kann folgendermaßen unterteilt werden:

  • Das Punktspektrum   ist nicht injektiv  ist die Menge der Eigenwerte.
  • Das kontinuierliche Spektrum   ist injektiv und hat dichtes Bild, aber ist nicht surjektiv 
  • Das Residualpektrum ist die Menge   ist injektiv, aber das Bild ist nicht dicht 


Das Spektrum eines linearen Operator kann jede abgeschlossen Menge sein, sogar   und   Eine wichtige Rolle spielt dabei die Domäne des Operators wie folgendes Beispiel zeigt:

Beispiel

Betrachte den Banachraum   und die Operatoren   mit   und  

Für   gilt   Dann ist  
Für die lineare Differentialgleichung   existiert eine eindeutige Lösung   Diese definiert eine Inverse für   Somit gilt  

Hauptsätze über lineare Operatoren

Satz von Hahn-Banach

Sei   ein Vektroraum über  ,   ein Untervektorraum. Sei   eine sublineare Abbildung und   ein lineares Funktional mit   für alle  
Dann existiert ein lineares Funktional   mit

  •   und
  •   für alle  

Satz von Banach-Steinhaus (Prinzip der gleichmässigen Beschränktheit)

Sei   ein Banachraum,   ein normierter Raum,   eine Indexmenge und  
Ist   punktweise beschränkt, d.h.

  für alle  

dann ist   gleichmässig beschränkt, d.h.

 

Satz von der offenen Abbildung

Seien   Banachräume und   surjektiv. Dann ist   offen.
Insbesondere gilt: Satz vom stetigen Inversen Ist   bijektiv und stetig, dann ist die Inverse   stetig.

Satz vom abgeschlossenen Graphen

Seien   Banachräume und   linear und abgeschlossen. Dann ist   stetig.

Satz vom abgeschlossenen Bild

  Banachräume und  . Dann sind folgende Aussagen äquivalent:

  •   ist abgeschlossen in  
  •   ist abgeschlossen in  
  •  
  •  

Konvergenzbegriffe / Topologien auf Operatorräumen

Ist der zugrundeliegende Vektorraum endlichdimensional mit Dimension  , so ist   ein Vektorraum der Dimension  . In diesem Fall sind alle Normen äquivalent. d.h. sie liefern den gleichen Konvergenzbegriff und die gleiche Topologie.

Im Unendlichdimensionalen gibt es dagegen verschiedene nicht-äquivalente Topologien. Seien nun   und   Banachräume und   eine Folge (oder auch ein Netz) in  .

Normtopologie

  konvergiert in der Normtopologie gegen   genau dann wenn:

 

Die Normtopologie ist die Topologie, die durch die offenen Kugeln erzeugt wird.

Starke Operatortopologie

  konvergiert in der starken Operatortopologie (kurz stop) gegen   genau dann wenn es punktweise konvergiert:

 

oder anders ausgedrückt:

 

Die zugehörige Topologie ist die Initialtopologie, die durch die Menge von linearen Abbildungen

 

erzeugt wird. Dies ist die kleinste Topologie, in der all diese Abbildungen stetig sind.   mit der starken Operatortopologie ist also ein lokalkonvexer Raum.

Alternativ ausgedrückt: Die starke Operatortopologie ist die Produkttopologie aller Funktionen von   nach   eingeschränkt auf die (evtl. beschränkten) linearen Operatoren.

Schwache Operatortopologie

  konvergiert in der schwachen Operatortopologie gegen   genau dann wenn:

 

oder anders ausgedrückt:

 

(Hierbei bezeichnet   den stetigen Dualraum von F)

Die zugehörige Topologie ist die Initialtopologie, die durch die Menge von linearen Funktionalen

 

erzeugt wird. Dies ist die kleinste Topologie, in der all diese Funktionale stetig sind.   mit der schwachen Operatortopologie ist also ebenfalls ein lokalkonvexer Raum.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Dirk Werner: Funktionalanalysis. 5., erweiterte Auflage. Berlin: Springer 2005. ISBN 3-540-21381-3. Satz II.1.4 (b)
  2. Dirk Werner: Funktionalanalysis. Berlin: Springer 2007. ISBN 978-3-540-72533-6. Kapitel VII.6
  3. Reed, Michael; Simon, Barry: Functional Analysis. Academic Press 1973. 2.Auflage. Seite 257 Example
  4. Michael E. Taylor: http://math.unc.edu/Faculty/met/chap8.pdf Proposition 2.4

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