Ein angeborener Auslösemechanismus (AAM) gilt im Rahmen der Instinkttheorie der klassischen vergleichenden Verhaltensforschung als vermittelnde Instanz zwischen einem Schlüsselreiz und einer – angeborenen - Instinktbewegung.
Diese klare Definition wurde allerdings aufgrund von experimentellen Studien rasch „aufgeweicht“, als man feststellte, dass manch ein AAM durch Erfahrung modifiziert werden kann. Da solche angeborenen Komponenten mit erlernten Komponenten einen unauflöslichen Verhaltenskomplex bilden, wird ein durch Erlernen veränderter AAM als EAAM bezeichnet. Schließlich gibt es noch zahlreiche „erworbene Auslösemechanismen“ (EAM), unter denen der „bedingte Reflex“ die wohl elementarste Form ist und zu denen auch durch Prägung erworbenes Verhalten gezählt werden kann.
AAM und Schlüsselreiz
Ähnlich Pawlows Verknüpfung von „bedingtem Reiz“ und „bedingtem Reflex“ hatte Konrad Lorenz 1936 das Konzept des Schlüsselreizes formuliert, um den spezifischen Reiz zu bezeichnen, der eine spezifische Aktion (Instinktbewegung) in Gang setzt. Als „Schaltstelle“, die dem spezifischen „Input“ einen spezifischen „Output“ folgen lässt, wurde ein der Instinktbewegung vorgeschaltes, analysierendes (filterndes) und das Individuum aktivierendes Teilsystem des Zentralnervensystems postuliert, eben der AAM. Es ist also der AAM, der die laut Instinkttheorie kontinuierlich erzeugte "Energie" für bestimmte Instinktbewegungen daran hindert, in unpassenden Situationen freigesetzt zu werden und - umgekehrt - dafür sorgt, dass sie nur in den passenden Situationen das Individuum in einer bestimmten, ererbten Weise aktiviert wird.
In gewissem Sinne füllt der AAM die von Behavioristen viel zitierte Black Box. Da der Nachweis einer angeborenen Verhaltensweise am leichtesten bei erfahrungslos aufgezogenen Testtieren möglich ist, waren so gut wie alle frühen Ethologen auf dem Gebiet der Ornithologie tätig.
- Ein Beispiel für einen AAM-vermittelte Koppelung von Schlüsselreiz und Instinktbewegung kann an Jungvögeln in einem Nistkasten beobachtet werden: Sobald ein Elternvogel den Kasten anfliegt, sperren die Jungvögel ihre Schnäbel auf - und dies ohne jedes individuelle Lernen, also schon beim ersten Anflug des Altvogels nach dem Schlüpfen der Jungen.
Da ein Schlüsselreiz zumindest gelegentlich über lange Zeitspannen hinweg ausbleiben kann, obwohl - der Instinkttheorie zufolge - stetig aktionsspezifische Energie für die ihm zugeordnete Instinktbewegung bereitgestellt wird, sagen die Vertreter der Instinkttheorie das "Hervorbrechen" der Endhandlung auch ohne Schlüsselreiz vorher und sprechen dann von einer Leerlaufhandlung (vergl. auch: Übersprungbewegung).
Die neurobiologische Basis
Das "angeborene Erkennen" einer biologisch relevanten Umweltsituation ist von Verhaltensforschern und Neurophysiologen vielfach nachgewiesen worden und gilt als gesichert - weniger gut gesichert ist in der Regel allerdings, wie genau der Umweltreiz ("Schlüsselreiz") beschaffen sein muss, der dank eines AAM situationsgerecht beantwortet werden kann. Auch die genaue Bestimmung neuronaler Ensembles, die eine neurophysiologische Entsprechung zum AAM darstellen, ist bisher nur in ersten Ansätzen möglich gewesen.
- Gleichwohl hat man bereits in den 1970er-Jahren zum Beispiel beim Wasserfrosch (Rana esculenta) nachgewiesen, dass bestimmte Zellen der Netzhaut (nur) auf bestimmte Bewegungen äußerer Objekte ansprechen (siehe: rezeptives Feld), und dass die verhaltensbiologisch relevanten äußeren Objekte „Beute“ und „Feind“ unterschiedliche Gruppen von Neuronen aktivieren. Jedoch sprachen die Befunde auch dafür, dass es keine spezifischen Nervenzellen für ein bestimmtes Objekt wie „Fliege“ oder „Wurm“ gibt, sondern dass das „Erkennen“ verhaltensrelevanter Reize der Umwelt das Ergebnis einer Zusammenarbeit unterschiedlichster Neuronenklassen an unterschiedlichen Stellen im Gehirn des Frosches ist.
Literatur
- Schleidt, Wolfgang M. (1962): Die historische Entwicklung der Begriffe "Angeborenes auslösendes Schema und "Angeborener Auslösemechanismus" in der Ethologie. in: Zeitschrift für Tierpsychologie 19, S. 697-722.
Siehe auch: Ethologie#angeboren oder erlernt?