Robin Hood

Gestalt englischer Balladen und Legenden; historische Belegbarkeit umstritten
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Robin Hood [ˌrɒbɪn hʊd] ist der zentrale Held mehrerer spätmittelalterlicher bis frühneuzeitlicher englischer Balladenzyklen, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu der heutigen Sage formten. Die Handlungen der Balladen wurden fortwährend umgedichtet und weiterentwickelt, auch neue Balladen wurden hinzuerfunden. So wird Robin Hood in den ältesten schriftlichen Quellen aus der Mitte des 15. Jahrhunderts noch als gefährlicher Wegelagerer einfacher Herkunft geschildert, der vorzugsweise habgierige Geistliche und Adlige ausraubt. Im Zuge seiner Auseinandersetzungen mit Feinden kommt es auch zu mittelalterlich-grausamen Praktiken. Später wird er immer positiver dargestellt. Die Dichtung macht ihn zum enteigneten angelsächsischen Adeligen und zum gegen die Normannen kämpfenden angelsächsischen Patrioten. Im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts wandelt sich die Figur auch zum Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit, der den Reichen nimmt und den Armen gibt. Die Existenz Robin Hoods als reale historische Figur ist nicht belegt.

Robin-Hood-Denkmal vor dem Schloss in Nottingham

Laut den mittelalterlichen Balladen betreibt Robin Hood sein Räuberhandwerk mit Vorlage:"-en, u. a. Little John, Friar Tuck und Will Scarlet. Sie sind Geächtete und verstecken sich vor dem Gesetz, in Gestalt des Sheriffs von Nottingham, im Sherwood Forest und Barnsdale Forest. Später kommen noch Robins romantische Liebe zu Maid Marian und der Barde Alan-a-dale hinzu. Der abenteuerliche Stoff blieb bis heute populär. Er wurde in Dramen, Romanen und Opern, seit dem 19. Jahrhundert auch in der Jugendliteratur und seit dem 20. Jahrhundert auch in diversen Filmen aufgegriffen.

Entstehung und Entwicklung der Legende

Robin Hood war im 13. Jahrhundert ein in England gebräuchlicher Spitz- oder Beiname, der synonym für „Gesetzesbrecher“ benutzt wurde. In den Jahren von 1261 bis 1296 taucht dieser Beiname im ganzen Land sieben Mal in verschiedenen Quellen auf. Darin sieht die heutige Forschung einen Beleg, dass Balladen über die Taten Robin Hoods bereits seit Mitte des 13. Jahrhunderts im Volk verbreitet waren. Der älteste schriftliche Hinweis auf die Existenz solcher Balladen stammt aus einer um das Jahr 1377 von William Langland verfassten Sammlung volkstümlicher Gedichte mit dem Titel The Vision of Piers Plowman. In einem der Gedichte brüstet sich ein die Trägheit (Sloth) symbolisierender Priester, dass er sich zwar kaum an das Vaterunser erinnern kann, dafür aber Verse über Robin Hood auswendig kennt:

I kan nought parfitly my Paternoster as the preest it singeth
but I kan rhymes of Robyn hood and Randolf Earl of Chestre

Der englische Dichter Geoffrey Chaucer scheint sich für die Gestalt des Teufels in seiner Friar’s Tale auf Robin Hood als Vorbild zu stützen. Sodann finden sich in drei spätmittelalterlichen schottischen Geschichtswerken Hinweise auf Robin Hood und seinen Gefährten Little John. Andrew Wyntoun erwähnt in seiner um 1420 verfassten Chronik die beiden Geächteten unter den Jahren 1283–1285, Walter Bower in seiner in den 1440-Jahren entstandenen und auf John Forduns Werk aufbauenden Scotichronicon unter dem Jahr 1266, wobei er sie als „berühmte Mörder“ bezeichnet. Schließlich verlegt John Major in seiner Historia majoris Britanniae (1521) die Notiz über Robin Hood in die Zeit der Gefangenschaft des englischen Königs Richard Löwenherz beim deutschen Kaiser Heinrich VI von 1192 bis 1194. Bereits diese frühen Historiker scheinen Robin Hood ausschließlich aus damals – wohl mündlich – kursierenden Balladen gekannt zu haben.

Quellenlage

Ausführlich dargestellt wird die Volkserzählung zu Robin Hood in spätmittelalterlichen Balladen, deren älteste erhaltene Beispiele jedoch erst über zwei Jahrhunderte nach dem Einsetzen der Legendenbildung niedergeschrieben wurden. Nur diese frühesten Balladen kommen für die Forschung als einigermaßen authentische Quellen für den ältesten Kern der Legende in Frage. Aus dem Jahr 1450 stammt dabei die älteste, nur in Fragmenten erhaltene Ballade Robin Hood and the Monk ("Robin Hood und der Mönch"). Die älteste vollständig erhaltene Ballade Robin Hood and the Potter ("Robin Hood und der Töpfer") wurde gegen 1500 schriftlich fixiert. Anerkannt wichtigster Quellentext für die heutige Forschung zur spätmittelalterlichen Überlieferung ist die erstmals etwa 1500 bis 1510 in Antwerpen gedruckte und später auch in England aufgelegte Balladensammlung A Gest of Robyn Hode ("Die Geschichte von Robin Hood"), von der drei Exemplare im Original erhalten geblieben sind. A Gest of Robyn Hode geht auf eine ältere Vorlage zurück, deren Datierung nicht sicher ist; vermutet werden Zeiträume um das Jahr 1390 bis 1450, wobei das spätere Datum meist als wahrscheinlicher gilt. Die Gest liefert durch Aneinanderreihung damals umlaufender Einzelepisoden eine grob chronologisch konstruierte "Vita" des Helden.

In dem 1765 veröffentlichten Werk Zeugen altenglischer Dichtung (Reliques of Ancient English Poetry) überlieferte der irische Bischof Thomas Percy (1729–1811) drei weitere und möglicherweise ins 15. Jahrhundert zu datierende Balladen mit den Titeln Robin Hood’s Death (Robin Hoods Tod), Robin Hood and Guy of Gisborne (Robin Hood und Guy von Gisborne) sowie die Ballade Robin Hood and the Curtal Friar (Robin Hood und der Mönch mit kurzer Kutte).

Das Bild Robin Hoods in den frühesten Balladen

Viele Eigenschaften, die das populäre Bild Robin Hoods bis heute prägen, werden ihm schon in den ältesten erhaltenen Balladen zugeschrieben oder sind zumindest ansatzweise vorhanden. Er lebt als Räuberhauptmann mit seinen Gefährten Little John, Will Scarlet und Much, dem Müllersohn als Geächteter unter anderem im Sherwood Forest (Nottinghamshire); häufiger werden seine Handlungen jedoch anfangs in Barnsdale (South Yorkshire) angesiedelt. Er widersetzt sich dem repressiven Jagdverbot in den königlichen Forsten und ist Feind der als korrupt und habgierig beschriebenen weltlichen und geistlichen Oberschicht, aus der seine bevorzugten Opfer stammen. Charakterisiert wird er als lustig, tollkühn, listig sowie als ausgezeichneter Kämpfer und Bogenschütze. Obwohl er der Feind der Kleriker ist, erscheint er als sehr fromm, insbesondere als Verehrer der Jungfrau Maria. Seine größten Gegner sind der Sheriff von Nottingham und der Abt des Benediktinerklosters St. Mary’s in York. Das Bild des englischen Königs wird jedoch (typisch für Volkserzählungen) im Gegensatz zu dem des Adels positiv gezeichnet.

Robin Hood behandelt die einfachen Leute, insbesondere die Frauen, freundlich, doch fehlt in den frühen Balladen noch das heute so bekannte Motiv, dass er seine Räubereien zugunsten der Verteilung seiner Beute an die arme Landbevölkerung begeht. Bei Konfrontationen mit dem Sheriff und dessen Männern geht es häufig äußerst gewalttätig zu. Nicht nur wird der Sheriff schließlich durch Pfeilschüsse getötet, sondern auch der Kopfgeldjäger Guy of Gisborne enthauptet, sein Kopf auf einer Pfeilspitze aufgespießt und seine Gesichtszüge entstellt.

Durch die Unzugänglichkeit der Verstecke in den Wäldern, den gekonnten Umgang mit Waffen, Listenreichtum und geschickte Verkleidung können die ihrem Anführer treu verbundenen Geächteten den Kampf mit der Obrigkeit bestehen. Nach einem vorübergehenden Dasein in königlichen Diensten endet Robin Hoods Abenteuerleben durch den Verrat einer Frau, der Priorin von Kirklees, die ihn während eines Aderlasses heimtückisch verbluten lässt. In Kirklees soll er auch begraben sein.

Umformungen der Legende in der frühen Neuzeit

Bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts wurden zu den oben genannten ursprünglichen Balladen immer weitere hinzugedichtet, bis der Gesamtzyklus auf etwa 40 Balladen angewachsen war. Seit dem 16. Jahrhundert fanden sie in sogenannten broadsides, einseitig bedruckten Flugschriften, als neuem Medium Verbreitung. Erst im 18. Jahrhundert wurde beispielsweise erfunden, dass Robin Hood noch im Sterben einen Pfeil abschoss, um so die Stelle zu markieren, an der er begraben werden wollte.

Die neuzeitliche Legende enthält im Vergleich zu den frühen Quellen eine Reihe von Veränderungen: So tauchen in den frühen Balladen weder Richard Löwenherz noch dessen Bruder Prinz John, eigentlich Johann Ohneland, auf, als deren Zeitgenosse Robin Hood in den meisten Bearbeitungen seit dem späten 16. Jahrhundert erscheint. Ferner wird Robin Hoods sozialer Status ursprünglich als bäuerlich beschrieben. Demnach ist er yeoman (Freisasse), während er später häufig – zuerst vom Antiquar John Leland in der Mitte des 16. Jahrhunderts – als Adliger geschildert wird. Zunehmend erscheint er auch als edler Held. Schließlich trugen wohl die zuerst 1425 in Exeter bezeugten Robin-Hood-Spiele, die bis in die frühe Neuzeit Teil des englischen Maifestes waren, zu Robin Hoods im 16. und 17. Jahrhundert erfolgter Wandlung zum Sozialrevolutionär bei. Im Rahmen dieser Spiele führten als Robin Hood und dessen Gefährten verkleidete Schauspieler mancherorts Wohltätigkeitssammlungen durch, so dass sie – kirchlich sanktioniert – den Reichen nahmen und die Armen beschenkten. Dieses Bild wurde später weiterentwickelt. Städtische Autoritäten verboten aber im 16. Jahrhundert bisweilen auch die Robin-Hood-Spiele, wenn befürchtet wurde, dass diese Volksfeste aus dem Ruder laufen könnten.

Ein Bestandteil des Maifestes war auch eine Art von volkstümlichem Tanztheater. Dabei kamen zu Robin Hoods Bande weitere Charaktere hinzu, so zum Beispiel seine Geliebte Maid Marian, die in den frühen Balladen noch nicht auftaucht. Der 1. Mai wurde bisweilen als Robin Hood’s Day bezeichnet. Robin und Marian verkörperten im 16. Jahrhundert häufig die beiden Hauptdarsteller (Maikönig und Maikönigin). Vorbild war hier wohl die französische Hirtenromanze Jeu de Robin et Marion, verfasst um das Jahr 1283 von Adam de la Halle. Die Erzählung wurde in England durch fahrende Sänger bekannt gemacht. Um das Jahr 1500 erscheint Maid Marian erstmals in der englischen Literatur, als sie – ebenso wie Robin Hood – als Motiv fröhlicher Lieder im Ship of Fools des englischen Dichters Alexander Barclay erwähnt wird.

In der elisabethanischen Ära wurde Robin Hood von Anthony Munday und Henry Chettle in deren einflussreichen Dramen The Downfall and Death of Robert, Earl of Huntington (1601) mit dem im Titel genannten Grafen identifiziert. In diesen Werken flieht die zur normannischen Adligen erhobene Maid Marian – die mit Matilda, der Tochter von Robert Fitzwalter, gleichgesetzt wird – vor Prinz John und wird Robin Hoods Geliebte. 1637 verfasste der englische Dramatiker Ben Jonson sein unvollendetes Stück The Sad Shepherd, or a Tale of Robin Hood.

1670 wurde die später häufig neu aufgelegte Balladensammlung Robin Hoods Garlands veröffentlicht. 1678 erschien eine volkstümliche Prosafassung des Stoffs unter dem Titel The Noble Birth and Gallant Atchievements of that Remarkable Outlaw Robin Hood.

Spätere Bearbeitungen in Literatur, Musik und Film

Seit dem 18. Jahrhundert wurden Robin-Hood-Opern komponiert, so 1730 von J. Watts sowie 1860 von George Alexander Macfarren mit einem Libretto von J. Oxenberg. Die komische Oper Robin Hood des amerikanischen Komponisten Reginald De Koven wurde 1890 in Chicago uraufgeführt.

Der Antiquar Joseph Ritson (1752–1803) sammelte Ende des 18. Jahrhunderts alle ihm bekannten Balladen und gab sie im Jahr 1795 als Anthologie heraus. Diese unkritische Edition gilt unter heutigen Historikern zwar nicht als Standardwerk, prägte aber das populäre Bild von Robin Hood und die Bildung seiner Legende nachhaltig. So beeinflusste Ritsons Buch maßgeblich auch den 1819 veröffentlichten Roman Ivanhoe von Walter Scott (1771–1832). Zwar nimmt Robin Hood darin unter dem Namen Robin von Locksley als Parteigänger für Richard Löwenherz gegen die Usurpationsversuche von dessen Bruder John sowie als angelsächsischer Widerstandskämpfer gegen die Normannen nur eine Nebenrolle ein, aber Scott schafft mit seinem Roman das Bild Robin Hoods, an dem sich viele spätere Autoren orientieren sollten und das bis heute Bestand hat. Dabei wird der Held zum edlen, ritterlichen und gerechten Banditen und englischen Patrioten gemacht, allerdings nicht als Adliger, sondern erneut als yeoman dargestellt.

Der Kurzroman Maid Marian (1822) des britischen Satirikers Thomas Love Peacock stellte eine Parodie auf die mittelalterlichen Romanzen dar. In hohem Alter schuf Alfred Tennyson 1892 mit dem Drama The Foresters ein wenig erfolgreiches Drama um Robin Hood.

Eine Auswahl von Ritsons Balladen diente 1820 als Basis für eine Jugendbuchausgabe. In demselben Genre war die Prosafassung von Howard Pyle (The Merry Adventures of Robin Hood …, 1883) ein Standardwerk und noch im 20. Jahrhundert maßgeblich. Darin wird der Titelheld als wahrer Menschenfreund dargestellt, aber nicht als Adliger, wie es für den amerikanischen Republikanismus passend ist. Er erscheint auch nicht wie bei Scott als nationaler Kämpfer für König Richard, der nur am Rande auftaucht. Ferner verfasste u. a. Enid Blyton (Robin Hood and his merry men, 1930) eine Jugendbearbeitung des Stoffes.

Im 20. Jahrhundert wurde das Bild von Robin Hood überwiegend durch Film und Fernsehen geprägt und verhalf ihm zu weltweiter Bekanntheit (siehe die unten stehende Filmliste). Bekannte Darsteller des Helden waren insbesondere Douglas Fairbanks, Errol Flynn, Sean Connery, Kevin Costner und Russell Crowe. Zahlreiche Fernsehserien, nicht nur in Großbritannien, den USA, sondern auch in Frankreich, haben sich seit den 60er Jahren des Erzählstoffes bedient, um eine große Anzahl unterschiedlicher gesellschaftlicher Botschaften zu verbreiten.[1]

Zusammenfassung der Gest of Robin Hood

 
Darstellung des Sheriffs von Nottingham aus dem Jahr 1912; Buchillustration

Die Gest of Robin Hood ist der längste und anerkannt zuverlässigste Quellentext für die älteste Überlieferung der Geschichten rund um Robin Hood. Unterteilt ist die Gest in acht „fyttes“, was etwa mit „Liedern“ zu übersetzen ist; sie besteht aus insgesamt 456 vierzeiligen Strophen.

Im ersten Lied werden zunächst Robyn Hode (Robin Hood) und dessen Gefährten Litell John (Little John), Scarlok (Will Scarlett) und Much (den Müllerssohn) vorgestellt. Bis ins zweite Lied handelt die Gest weniger von den Taten Robin Hoods, sondern dreht sich um den verarmten Ritter Richard of the Lee und dessen Auseinandersetzungen mit geldgierigen Mönchen. Robin Hood hilft Richard, indem er ihm Geld leiht, worauf sich zwischen beiden im Laufe der Dichtung langsam eine Art Freundschaft entwickelt.

Im dritten Lied wird Little John ein Diener des Sheriffs, prügelt sich betrunken mit dessen Koch und stiehlt des Sheriffs Silber. Der Sheriff verfolgt ihn in den Sherwood Forest, wo er von Robin und dessen Männern gefangen und zur Teilnahme an einem gemeinsamen Mahl gezwungen wird. Robin lässt den Sheriff schwören, dass er keinem von Robins Gefährten jemals wieder etwas antun werde.

Im vierten Lied rauben Robin Hood und Little John aus dem Hinterhalt Mönche der St.-Mary’s-Abtei aus.

Im fünften Lied arrangiert der Sheriff einen Bogenschieß-Wettbewerb, um Robin in eine Falle zu locken; ein Kampf zwischen den Männern des Sheriffs und Robins Gesetzlosen bricht aus.

Im sechsten Lied unternimmt der Sheriff eine letzte Anstrengung, um Robin Hood zu fangen, indem er Richard of Lee ins Gefängnis wirft. Robin eilt zu dessen Rettung, tötet den Sheriff und befreit Richard.

Im siebten und achten Lied begibt sich König Edward selbst in einer Verkleidung in den Sherwood Forest, um Robin und Richard of the Lee zu ergreifen. Während eines Bogenschützen-Wettbewerbs gibt sich der König zu erkennen und macht Robin zu einem Mitglied seines Hofstaates. Obwohl drei verschiedene Könige (Eduard I. bis III.) gemeint sein könnten, bezieht sich die Gest nach heutigem Forschungsstand auf Eduard II., dessen 1323 erfolgte Reise nach Nottingham beschrieben wird. Dieser Teil der Gest muss also nach 1323 verfasst sein, womit eines der wenigen sicheren Daten für die Entwicklung der frühen Robin-Hood-Legende feststeht.[2]

Das Ende der Gest schildert den Verrat an Robin Hood und seinen durch einen Aderlass herbeigeführten Tod in der Kirklees Priory (West Riding, Yorkshire).[3]

Theorien über die Historizität Robin Hoods

Laut dem Anfang der 1440er Jahre schreibenden Walter Bower war Robin Hood ein Anhänger des Simon de Montfort, Earl of Leicester, dessen Rebellion 1265 scheiterte, während John Major 1521 als erster den Standpunkt vertrat, dass Robin Hood ein Zeitgenosse des berühmten Richard Löwenherz gewesen sei, eine Meinung, die sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts fest etablierte. Im Gegensatz zu den älteren Balladen glaubte John Leland, dass der berühmte Geächtete einen adligen Stammbaum gehabt habe. Um 1632 vertrat der Balladenschreiber Martin Parker in seiner angeblich aus Informationen der zuverlässigsten englischen Chroniken zusammengetragenen True Tale of Robin Hood die Ansicht, dass der legendäre Räuber mit dem 1198 verstorbenen Robert, Earl of Huntington, identisch sei. Im Nachlass der Papiere von Thomas Gale, Dean von York († 1702), fand sich ein Epitaph sehr fragwürdiger Authentizität, der den Balladenhelden ebenfalls als Earl of Huntington tituliert, dessen Todesjahr jedoch als 1247 überliefert. Der englische Historiker Ralph Thoresby beschrieb in seinem Werk Ducatus Leodiendsis (1715) den angeblichen Grabstein Robin Hoods nahe dem Kloster Kirklees mit einer unleserlichen Inschrift. Der Antiquar William Stukeley konstruierte 1743 in seiner Palaeographia Britannica eine in der heutigen Forschung für absurd gehaltene Ahnentafel, derzufolge Robin Hood ein Enkel von Ralph Fitzooth, einem normannischen Gefolgsmann Wilhelm des Eroberers, gewesen sei.

Der französische Historiker Augustin Thierry vertrat in seiner Histoire de la Conquête de l’Angleterre par les Normands (1825) als erster die Auffassung, dass Robin Hood zur Zeit von König Richard Löwenherz der Anführer einer Schar der unterworfenen und entrechteten Angelsachsen gewesen sei, die sich patriotisch den normannischen Eroberern widersetzte. Der Altertumsforscher Thomas Wright, der sich u. a. auf Jacob Grimms Deutsche Mythologie stützte, war dagegen 1846 einer der Begründer der These, dass Robin Hood keine historische Figur, sondern mythischen Ursprungs sei. Er sei im ursprünglichen Mythos ein Waldgeist gewesen, verwandt mit Robin Goodfellow oder dem Grünen Mann. Diese noch von der britischen Anthropologin Margaret Murray (God of the Witches, 1933) vertretene Theorie wird in der heutigen Wissenschaft aber fast einhellig verworfen.

Joseph Hunter kam in einer 1852 veröffentlichten Untersuchung zu dem Schluss, dass der historische Robin Hood mit einem 1316/17 in den Manor Rolls von Wakefield (Yorkshire) genannten Robert Hood identisch sei (s. u.). Der amerikanische Gelehrte Francis James Child meinte 1888 in seiner kritischen Standardausgabe englischer und schottischer Balladen hingegen, dass die Figur Robin Hood eine reine Schöpfung der Balladenmuse sei. Hunters Theorie wurde von J. W. Walker (Robin Hood identified, 1944) und P. Valentine Harris (The truth about Robin Hood, 1952) durch neu gefundenes Urkundenmaterial gestützt, sie ist jedoch mindestens teilweise von James C. Holt widerlegt worden. Dieser englische Mediävistik-Professor ist vielmehr der Meinung, dass ein in den späten 1220er Jahren in den Pipe Rolls als flüchtig erwähnter Robert Hod das ursprüngliche Vorbild für den Balladenhelden gewesen sein könnte. Dessen Legende sei spätestens seit der Mitte des 13. Jahrhunderts verbreitet gewesen und vermutlich unter Einbezug weiterer historischer Personen immer mehr ausgestaltet worden, so dass die Figur in mehreren "echten" Robin Hoods wurzle. Historisches Original für den Richard at the Lee der Balladen war vielleicht der Ritter Richard Foliot, jenes von Friar Tuck wohl der Pfarrer Robert Stafford, der von etwa 1417 bis 1429 mit einer Bande kriminelle Handlungen und sogar Morde in Surrey und Sussex verübte, wobei er sich den Decknamen Friar Tuck zulegte.

Der Historiker David Crook wies 1984 auf zwei lateinische Quellen aus den Jahren 1261 und 1262 hin. In der ersten Quelle wird ein William, Mitglied einer Räuberbande, als Sohn von Robert le Fevre, erwähnt, der flüchtig sei und dessen Güter der Prior von Sandleford ohne Recht beschlagnahmt habe. In der zweiten Quelle wird dem Prior hierfür Straferlass durch den König gewährt und der benannte William als „Willelmi Robehod fugitivi“ bezeichnet. Hieraus sei, so Crook, zu schließen, dass bereits 1262 Bezeichnungen wie Robin Hood oder Varianten wie Robehod verbreitete Spitznamen für flüchtige Räuber waren, so dass ein etwaige historischer Robin Hood vor diesem Datum gelebt haben müsse.

Es folgt eine Auswahl der vielversprechendsten Kandidaten für ein historisches Vorbild von Robin Hood:

  • In einer sogenannten Pipe Roll aus dem Jahr 1225, einer Art Verwaltungsakte, findet sich ein „Rob. Hod Fug.“ (Robert Hod, flüchtig) mit dem Vermerk, dass 32 Shilling von ihm eingezogen worden waren. Geburts- oder Todesdatum sind nicht überliefert. Die Eintragung des „Rob. Hod“ wiederholt sich in den nächsten sieben Jahren. So ist zum Beispiel im Jahr 1226 der Verkauf von Hods Besitz beurkundet, weitere Einträge belegen, dass Hod den Beinamen „Hobbehod“, ebenfalls ein Synonym für „Gesetzesbrecher“, trug und ein Pächter des Erzbistums York war. Einige Historiker sehen darin einen Beleg für die historische Person Robin Hood. Andere Historiker führen als Gegenargument an, dass sich im Laufe des 13. Jahrhunderts insgesamt rund ein Dutzend solcher Eintragungen mit an Robin Hood erinnernden Namen in den Pipe Rolls in ganz England finden. Als weiteres Argument wird die „Überinterpretation“ des Begriffs „fugitive“ genannt, da man zu jener Zeit schon ein flüchtiger Gesetzloser war, wenn man nicht zu einem Gerichtstermin erschien. Viele Personen ersparten sich die Kosten und Mühen der Reise, wenn der Ausgang der Verhandlung klar war.
  • Weiterer Kandidat für das historische Vorbild Robin Hoods ist Robert Fitzooth, Earl of Huntington (1160–1247). Fitzooth wurde im 12. Jahrhundert geächtet und enteignet und seine Ländereien dem Earl of Chester zugesprochen, der auch in einer der ursprünglichen Balladen über Robin Hood erwähnt wird. Zudem wurde Fitzooth in Loxley, dem in den Balladen erwähnten Heimatort Robin Hoods, geboren.
  • Der Angelsachse Robert de Kyme (etwa 1210–1285) wurde im Jahr 1226 wegen Diebstahls und Landfriedensbruchs geächtet, aber bereits ein Jahr später wieder begnadigt. Er soll während seiner Acht in den Sherwood Forrest geflohen sein. Als weiterer Beleg wird genannt, dass auch Robert de Kyme angeblich Ansprüche auf die Grafschaft Huntington hatte.
  • Roger Godberd terrorisierte in den Jahren nach der Montfort-Rebellion (1265) als Anführer einer Geächtetenschar die Grafschaften Nottinghamshire, Derbyshire und Leicestershire, konnte erst nach jahrelanger Verfolgung festgenommen werden und starb 1276 im Gefängnis zu Newgate. Ihm wurde unter anderem Diebstahl in einer Abtei und die Ermordung eines Mönches vorgeworfen. Godberd war laut Anklage von einem Ritter namens Richard Foliot beschützt worden, der deshalb seine Burg Fenwick übergeben musste – eine auffällige Parallele zu Richard of the Lee in der Balladenerzählung.
  • Robert Hood (1290–1347) wird in den Jahren 1315 und 1316 in den sogenannten Manor Rolls von Wakefield (Yorkshire) erwähnt. Laut Joseph Hunter war er 1322 an der gescheiterten Rebellion von Thomas Plantagenet, 2. Earl of Lancaster gegen König Edward II. beteiligt und wurde deshalb geächtet. Er soll sich während seiner Acht in den Barnsdale Forest geflüchtet haben. Im Jahr darauf wäre er vom nach Nottingham gereisten König begnadigt und dessen Kammerdiener geworden; ein solcher namens Robyn Hod taucht nämlich 1324 in den königlichen Schatzkammerakten auf und schied Ende dieses Jahres wegen Arbeitsunfähigkeit mit einer finanziellen Zuwendung aus dem Dienst aus. Diese Theorie passt zur Darstellung der Gest, die wohl – wie erwähnt – die Reise Eduards II. von 1323 erzählt sowie anschließend die Pardonierung Robin Hoods und dessen Aufnahme in Eduards Hofstaat. Doch Hunters „Robin Hood“ scheint zu spät aufzutreten. J. C. Holt konnte außerdem zeigen, dass der bezeugte Kammerdiener für den König schon sechs Monate vor dessen Ankunft in Nottingham arbeitete, womit zweifelhaft erscheint, dass die beiden Männer namens Robert Hood und Robyn Hod ein und dieselbe Person sind.

Filme und Fernsehserien (Auswahl)

  • 1950 - Robin Hoods Vergeltung, ein B-Movie, das einige Jahre nach den Ereignissen der Sage spielt. Alan Hale war das letzte Mal als Little John zu sehen.
  • 1951 – Tales of Robin Hood mit Robert Clarke, amerikanische Low-Budget-Produktion, in der auch kurz Robins Jugend beleuchtet wird.
  • 1967 – A Challenge for Robin Hood (Robin Hood – Der Freiheitsheld) mit Barrie Ingham und James Hayter
  • 1973 – Walt Disney produzierte mit Robin Hood die bekannteste animierte Version der Legende, in der die verschiedenen Charaktere als Tiere dargestellt wurden, wie etwa Robin Hood und Maid Marian als Füchse oder Prinz John als Löwe (im Deutschen wie im Original gesprochen von Peter Ustinov).
  • 1984–1986 – Die britische Fernsehserie Robin of Sherwood (deutscher Titel: Robin Hood), war eine New-Age-Fantasyserie mit Michael Praed als Robin, später ersetzt durch Jason Connery (dem Sohn von Sean Connery) als Robert, genannt Robin. In dieser Version tragen die beiden Robins nur selten Hüte. Die Filmmusik von Clannad gewann 1985 den BAFTA-Fernsehpreis für die beste Original Fernseh-Filmmusik. Autor Richard Carpenter (Catweazle) fügte viele mystische Elemente hinzu, ebenso entstand die Figur des Nasir, eines mit zwei Schwertern kämpfenden Sarazenen. Dieser Begleiter von Robin Hood wurde für die Costner-Verfilmung 1991 für die Rolle von Morgan Freeman übernommen.
  • 2005 – Premiere des deutschsprachigen Musicals Robin Hood für Liebe und Gerechtigkeit im Theater Bremen produziert von La Belle Musical. In den Hauptrollen: Robin – Jesper Tydén, Marian – Sabine Neibersch, Lady Isabelle Daniela Ziegler, Sheriff von Nottingham Ethan Freeman und Bischof von Herford Mathieu Carrière
  • 2006 – Premiere der britischen Fernsehserie Robin Hood, produziert von der BBC, die einen „modernen“ Robin Hood präsentiert.

Sonstiges

 
Robin-Hood-Schuss
 
Aufgeschlitzter Alu-Pfeil nach einem Robin-Hood-Schuss

Juli/August 2011: Münchner Uraufführung und Erstaufführung des komischen Singspiels "Robin Hood" von Hartmut Zöbeley im Nymphenburger Schlosspark und beim Münchner Musiksommer im Olympiapark.

Literarische Verwurstung

  • Mac P. Lorne: Das Herz des Löwen, (Hist. Roman über den 3. Kreuzzug aus der Sicht von Robin Hood), 06/2011, ISBN 978-3981008494
  • Mac P. Lorne: "Das Blut des Löwen", (Hist. Roman um Robin Hood, König John und die Zeit der Magna Carta), 11/2012, ISBN-13: 978-3927454217
  • Geoffrey Trease: Pfeile gegen Barone, Büchergilde Gutenberg 1982. ISBN 3-7632-2597-8 (Belletristik; Titel des 1934 in England erschienen Romans: Bows against the Barons)
  • Howard Pyle: Robin Hood, Bindlach 2004. ISBN 3-8112-2438-7 (Titel des 1883 zuerst erschienen Romans amerikanischen Or* J. B. Bessenger Jr. The Gest of Robin Hood Revisited. In The Learned and the
  • Francis James Child: The English and Scottish Popular Ballads. 5 vols, Boston 1883–1898. Rpt. New York: Dover, 1965.
  • A Gest of Robyn Hode („Lettersnijder“ edn.). Antwerp: Van Doesbroch, ca. 1510. National Library of Scotland
  • Joseph Ritson, ed. Robin Hood, A Collection of All the Ancient Poems, Songs, and Ballads Now extant Relative to the Celebrated English Outlaw. 2 vols. London: Egerton and Johnson, 1795.
  • Sir Walter Scott, Alexandre Dumas, Theodor Fontane u.a.: Robin Hood, Geschichten und Geschichte, Norderstedt 2009, ISBN 3-8370-2238-2

Literatur

  • Stephanie L. Barczewski: Myth and national identity in nineteenth-century Britain: the legends of King Arthur and Robin Hood, Oxford [u. a.]: Oxford University Press 2000, 274 S., ISBN 0-19-820728-X
  • James C. Holt: Robin Hood. Die Legende von Sherwood Forest, Düsseldorf [u. a.] 1991. ISBN 3-430-14771-9 (Sachbuch über die historische Wahrheit hinter dem Mythos)
  • James C. Holt: Hood, Robin (supp. fl. late 12th–13th cent.). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Band 27: Hickeringill–Hooper. Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861377-6, S. 926–929; doi:10.1093/ref:odnb/13676 (Lizenz erforderlich), Stand: Januar 2007. Vorlage:OxfordDNB – Artikelkennung keine Zahl
  • Sidney Lee: Hood, Robin. In: Sidney Lee (Hrsg.): Dictionary of National Biography. Band 27: Hindmarsh – Hovenden. MacMillan & Co, Smith, Elder & Co., New York City / London 1891, S. 266–269 (englisch, Volltext [Wikisource] – (Seitenzuordnung fehlerhaft, S. 258–261 auf Papier)).Bitte den veralteten Parameter Verfasser durch Autor ersetzen
  • J. B. Bessenger Jr. The Gest of Robin Hood Revisited. In The Learned and the Lewed: Studies in Chaucer and Medieval Literature. Harvard University Press, 1974.
  • Kevin Carpenter: Robin Hood: The Many Faces of that Celebrated English Outlaw. Oldenburg: Bibliotheks- und Informationssystem der Universität Oldenburg, 1995
Commons: Robin Hood – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Richard Utz, "Robin Hood, Frenched," in: Medieval Afterlives in Popular Culture, hrsg. von Gail Ashton und Daniel T. Kline (New York: Palgrave Macmillan, 2012): 145-58.
  2. James C. Holt: Hood, Robin (supp. fl. late 12th–13th cent.). In: Henry Colin Gray Matthew, Brian Harrison (Hrsg.): Oxford Dictionary of National Biography, from the earliest times to the year 2000 (ODNB). Band 27: Hickeringill–Hooper. Oxford University Press, Oxford 2004, ISBN 0-19-861377-6, S. 927; doi:10.1093/ref:odnb/13676 (Lizenz erforderlich), Stand: Januar 2007. Vorlage:OxfordDNB – Artikelkennung keine Zahl
  3. Kindlers Literaturlexikon
  4. www.maxi-pedia.com